Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Sindelfingen (Kreis Böblingen)
 Jüdische Geschichte 

Übersicht:  

bulletZur jüdischen Geschichte in Sindelfingen 
bulletBerichte aus der jüdischen Geschichte in Sindelfingen   
bulletFotos / Darstellungen   
bulletLinks und Literatur   

   

Zur jüdischen Geschichte in Sindelfingen          
     
In Sindelfingen gab es zu keiner Zeit eine jüdische Gemeinde. Nur wenige jüdische Personen lebten zeitweise in der Stadt. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts war keine Niederlassung jüdischer Personen möglich.       

Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden bei den Volkszählungen einzelne, vermutlich meist ortsanwesende und nicht ortsansässige jüdische Personen in Sindelfingen festgestellt: keine Personen bei den Volkszählungen bin einschließlich 1871; 1875 eine Person, 1880 drei Personen, 1885 eine Person, dann erst wieder 1905 eine Person, 1925 vier, 1933 neun Personen. 
  
In der Stadt trugen seit den 1860er-Jahren mehrere - auswärts lebende - jüdische Fabrikanten wesentlich zur Industrialisierung bei. Es bestanden unter anderem (Quelle: Beitrag von H. E. Specker s.Lit.):
 
- 1865 bis 1873 eine Niederlassung der Textilfabrik Steinhart, Herz & Co. (Sitz in Göppingen),
- 1864 bis 1891 eine Filiale der Seidenfabrik Sigmund Sax (Sitz in Stuttgart). 
- 1864 bis 1883 eine Filiale der Korsettfabrik J.M. Ottenheimer und Söhne (Sitz in Stuttgart) und
- 1898 bis 1910 die Mechanische Buntweberei Bachert und Eppstein.  
 
 
1912 wird erstmals im Gewerbekataster in Sindelfingen der Rindviehhändler Elias Ullmann (sen.) aus Haigerloch genannt. Er hatte sich im Haus Lange Straße 14 (daher genannt "Judenstall") eingemietet (Haus besteht nicht mehr, wurde abgebrochen und ähnlich wieder aufgebaut).

Zur Familie Ullmann: Elias Ullmann (geb. 17. Mai 1862 in Haigerloch als Sohn von Seligmann Salomon Ullmann und der Fanny geb. Fröhlich, gest. 16. Januar 1940 in Haigerloch) war verheiratet mit Johanna (Hannchen) geb. Weil (geb. 4. Oktober 1869 in Haigerloch als Tochter von Wolf Weil und der Isabella geb. Bernheim). Die beiden hatten zwölf Kinder, von denen mehrere früh verstorben sind:
Genealogie zur Familie (erstellt auf Grundlage von Familienregister Haigerloch, pdf-Datei und https://www.geni.com/people/Elias-Ullmann/6000000043291019435. dunkelblau markierte Personen sind in der NS-Zeit umgekommen) 
- Siegfried Ullmann (geb. 9. November 1889), lebte später in Sindelfingen; war verheiratet mit Lilly geb. Hess (geb. 11. Februar 1893 in Malsch bei Wiesloch); beide wurden am 1. Dezember 1941 ab Stuttgart nach Riga deportiert und ermordet. 
- Wilhelm Ullmann
(geb. 2. Dezember 1890 in Haigerloch), Ausbildung in der Präparandenanstalt Brebach bei Saarbrücken, danach Lehrerseminar in Köln, zunächst Lehrer in Oelde im Münsterland, Soldat im Ersten Weltkrieg mit Auszeichnungen, schwer verwundet; von 1919 bis 1935 Lehrer, Prediger und Kantor in Castrop-Rauxel, verheiratet mit Klara geb. Eichwald aus Castrop; 1935 bis Ende 1938 Lehrer in Gelsenkirchen, konnte 1939 über England in die USA emigrieren, nannte sich nun William Georg Ullmann. 18 Jahre Vorsitzender der jüdischen Gemeinde Harlan/Kentucky/USA, gest. 1970, siehe in der Seite http://www.synagogengemeinde-castrop-iw.de/: http://85.214.249.120/synagogengemeinde-castrop-iw/bilder/tafel7_40p.JPG; Stolperstein in Castrop-Rauxel), Stolpersteine auch für seine Frau Klara und für die Tochter Ingrid Ullmann-Judy (geb. 1927).
Saly (Salli) Ullmann (geb. 20. Juni 1892 in Haigerloch), verheiratet mit
Frieda geb. Herrmann (geb. 17. Dezember 1894 in Tholey): zwei Töchter Trude (geb. 1924, 1941 von Berlin nach Riga deportiert, jedoch gerettet und in die USA emigriert, verheiratet mit Lewis R. Schloss, genealogische Informationen und Foto https://www.geni.com/people/Trude-Schloss/6000000043290725122) und Erna (geb. 1928 in Pforzheim); Salli war Inhaber eines Eisen-, Baumaterial- und Ofengeschäftes in Pforzheim; im Oktober 1940 wurde die Familie deportiert nach Gurs/Südfrankreich, von dort wurden Saly und Frieda 1942/43 nach Auschwitz deportiert, beide wurden ermordet; die Tochter Erna wurde durch Nonnen gerettet; Stolperstein in Pforzheim vor der Schule von Erna:  https://de.m.wikipedia.org/wiki/Datei:Stolperstein_Pforzheim_Erna_Ullmann.jpg  und https://www.pforzheim.de/stadt/stadtgeschichte/gedenken/juedische-buerger.html?tx_glossary2_glossary%5Bletter%5D=U&cHash=affed8c19973cd6bd0deec402463248f
Emil genannt Louis Ullmann (geb. 23. März 1894 in Haigerloch), verheiratet seit 24. Juni 1923 mit Jette (Jettchen) geb. Levi (geb. 15. Juli 1900 in Haigerloch als Tochter von Jakob (Maier) Levi und der Klara geb. Levi): eine Tochter Margarethe (Grete, geb. 5. Mai 1924 in Haigerloch). War zeitweise Viehhändler in Sindelfingen. Die Familie lebte in Stuttgart und Haigerloch.Genealogische Informationen und Foto siehe https://www.geni.com/people/Emil-Ullmann/6000000043290926472. Emil Louis Ullmann, seine Frau Jette und Margarete wurden im Dezember 1941 in das Ghetto Riga-Jungfernhof deportiert und ermordet. Tochter Margarete kam August 1944 noch in das KZ Stutthof und ist umgekommen.  
Bella Ullmann (geb. 26. Dezember 1895), seit 20. August 1922 verheiratet mit ihrem Cousin zweiten Grades Sigmund Ullmann (geb. 6. August 1897 in Haigerloch als Sohn von Salomon/Seligmann Ullmann und der Bella geb. Levi); beide verzogen nach Sindelfingen; Kinder: Irene (geb. 23. März 1923 in Stuttgart), Helmut (später John Helmuth, geb. 7. Juni 1926 in Sindelfingen, vgl. Gedenkblatt für seine Mutter unten; gest. 2007 in England) und Edith (geb. 31. Dezember 1928 in Sindelfingen). Familie Ullmann verzog 1935 nach Stuttgart und wohnte hier in der Tübinger Straße 45. Sigmund und Bella sowie die Tochter Irene wurden 1942 ab Stuttgart in das Ghetto Izbica deportiert; alle drei wurden ermordet. Tochter Edith ist nach Frankreich emigriert und wurde ab Drancy am 11. September 1942 nach Auschwitz deportiert und ermordet. Genealogische Informationen und Foto siehe https://www.geni.com/people/Bella-Ullmann/6000000043293344045 sowie  https://www.geni.com/people/Sigmund-Ullmann/6000000043292199537
Siehe Website "Stolpersteine für Stuttgart": Über Sigmund, Emil und Bella Ullmann und ihre Tochter Irene (ausführliche Familiengeschichte)
Ein jüngerer Bruder von Sigmund war
Emil Ullmann (geb. 4. Oktober 1899 in Haigerloch als Sohn von Salomon/Seligmann Ullmann und der Bella geb. Levi): wohnte später in Sindelfingen, betrieb hier eine Herrenschneiderei, war taubstumm; verzogen 1936 nach Stuttgart; deportiert am 26. April 1942 von Stuttgart nach Izbica und ermordet.
 
-  Jakob Ullmann (geb. 2. März 1897, früh verstorben).
Benno Ullmann (geb. 2. September 1898, früh verstorben).
Rosa Ullmann (geb. 9. April 1900), verheiratet nach Frankfurt am Main.
Isak Ullmann (geb. 10. August 1901, früh verstorben).
Simon Ullmann (geb. 21. Oktober 1902, früh verstorben) 
Fanny Ullmann (geb. 2. April 1907), verheiratet mit Julius Leidecker (geb. 1897 in Frankfurt am Main), wohnt in Frankfurt am Main, 1938 in die USA emigriert.
Jettchen Ullmann (geb. 8. März 1910), nach Erinnerungen in Sindelfingen "eine schöne dunkelblonde Frau, die Geliebte des Stadtarztes Dr. Gußmann"; 1938 in die USA emigriert.
 
Vor 1917 werden als Inhaber der Viehhandlung in Sindelfingen "L. und S. Ullmann" genannt. Von November 1919 bis 1. Juni 1922 wurde von Familie Ullmann auch ein Handel mit Häuten und Fellen betrieben, vom 1. Dezember 1920 bis 1. April 1923 betrieb Elias allein einen Nutzviehhandlung. Um 1923 zogen aus Haigerloch das Ehepaar Sigmund Ullmann und seine Frau Bella geb. Ullmann zu. Sigmund Ullmann war gleichfalls als Viehhändler tätig. Das Ehepaar Ullmann kaufte in Böblingen das Wohn- und Stallgebäude Obere Vorstadt 1 (Haus besteht nicht mehr, wurde zusammen mit dem 1935 vom Sigmund Ullmann erkauften Haus Wurmbergstraße 4 Mitte der 1960er-Jahre abgebrochen und durch einen Sichtbetongroßbau ersetzt). Sigmund betrieb in der Folgezeit eine Viehhandlung zusammen mit seinem Vetter und Schwager Siegfried Ullmann (Bruder seiner Frau Bella). Als Teilhaber der Viehhandlung, die seit 1925 unter "Gebrüder Ullmann, Viehhandlung" firmierte, werden Elias Ullmann jun., Salomon Ullmann (Vater von Sigmund) und Louis (Bruder von Bella) genannt. Im Haus Obere Vorstadt 1 sind vermutlich auch Siegfried und Emil eingezogen. Sigmund wohnte mit seiner Familie erst Gartenstraße 9, dann Grabenstraße 21 in Miete. Zwischen 1923 und 1928 bekam das Ehepaar Sigmund und Bella Ullmann drei Kinder: Irene (1923), Helmut (1926) und Edith (1928). 
 
1933 lebten neun jüdische Personen in Sindelfingen: die achtköpfige Familie Ullmann sowie die Frau eines nichtjüdischen Friseurs. Die acht Personen der Familie Ullmann waren Sigmund und Bella mit ihren drei Kindern, Siegfried und seine Frau Lilly, dazu Sigmunds taubstummer Bruder Emil, der die Herrenschneiderei betrieb. 

In der NS-Zeit versuchten die Ullmanns ihre Viehhandlung weiterzubetreiben, solange es irgendwie möglich war. Ab 1937 wurde die Firma unter Mithilfe des damaligen Bürgermeisters Karl Pfizer wirtschaftlich in den Ruin getrieben; am 30. August 1938 erlosch die Firma, ein Weiterbetrieb war nicht mehr möglich.  Bereits seit 1935 war die Familie nach Stuttgart gezogen, zumal die Kinder in Sindelfingen keine öffentliche Schule mehr besuchen könnten. Die Familie wohnte in der Tübinger Straße 34 im 3. Stock. 
Am 26. April 1942 wurden Sigmund und Bella sowie ihre Tochter Irene und Sigmunds taubstummer Bruder Emil nach Izbica bei Lublin deportiert. Hier verliert sich ihre Spur. Ob die Deportierten schon in Izbica starben oder in einem der Vernichtunslager Belzec oder Majdanek, ist nicht bekannt. 
  
Von den in Sindelfingen geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Bella Ullmann geb. Ullmann (1895), Edith Ullmann (1928), Emil Ullmann (1894), Emil Louis Ullmann (1899), Irene Ullmann (1923), Lilli (Lily) Ullmann geb. Heß (1893), Siegfried Ullmann (1889), Sigmund Ullmann (1897).  
Unter den Sindelfinger Opfern der NS-Zeit wird auch der Stuttgarter Rechtsanwalt Alfred Bach (geb. 5. März 1874 in Ulm) genannt, der 1935 im Krankenhaus an Suizid starb.
   
Am Rathaus Sindelfinger erinnert eine Gedenktafel an die "Bürgerinnen und Bürger, die unter nationalsozialistischer Gewaltherrschaft ermordet wurden". Genannt werden Bella Ullmann, Emil Ullmann, Irene Ullmann, Lily Ullmann, Siegfried Ullmann und Sigmund Ullmann.      
    
    
Berichte aus der jüdischen Geschichte in Sindelfingen      
    
Erinnerungen an den Viehhändler Ullmann  
Geschichte vom pflichtbewussten Viehtreiber  
(Quelle: Sindelfinger Geschichten. Anekdoten und Erzählungen. Herrn Bürgermeister Oskar Reuff zum 60. Geburtstag. Gesammelt von Oskar Reuff und Willi Stadler unter Mitarbeit von Dieter E. Hülle, ergänzt durch Geschichten der Sammlungen von Dr. Fritz Heimberger und Stadtamtmann Frohnmaier sowie einem Beitrag von Eugen Wolff.          

"Der pflichtbewusste Viehtreiber. Von dem Viehhändler Ullmann wurde wieder ein Transport Kühe, Rinder und Kälber auf dem Bahnhof aus den großen Viehwagen ausgeladen. Die Tiere wurden am Kopf mit dem Strick festgebunden und einzeln oder mit mehreren zusammen von den Viehtreibern vom Bahnhof in den Stall westlich des Markbrunnens geführt. 
Einem Viehtreiber ist ein besonders rabiates Stück Jungvieh scheu geworden und durchgegangen. Der Viehtreiber wollte mit aller Macht das Rind halten und hat ja, wie es üblich war, den Strick um seine Hand gewickelt gehabt, einschließlich dem Daumen. Das Ring war stärker und ging auf und davon und hat dem Viehtreiber mit dem Strick den Daumen herausgerissen. 
Wie hart diese Burschen waren, lässt sich daran erkennen, dass der Mann sein farbiges Taschentuch nahm, herumwickelte, vielleicht noch mit Urin desinfizierte, seine Arbeit weiter verrichtete und von dem Zeitpunkt ab nur noch einen Daumen hatte." 
 
 

    
    
Fotos/Abbildungen 

     
 Bella Ullmann mit ihren Töchtern Irene (links)
 und Edith (rechts) Anfang der 1930er-Jahre 
 (Quelle: stolpersteine-stuttgart.de)
  Stolpersteine in Stuttgart (Tübinger Straße 45)
für Sigmund, Bella und Irene Ullmann
(Quelle: Wikimedia Commons) 
 Siegfried Ullmann und Lilly geb. Hess 
(Quelle Yad Vashem / Gedenkblätter s.u.)
 
     
 Gedenkblätter (Pages of Testimony) in der Gedenkstätte Yad Vashem Jerusalem (Quelle: https://yvng.yadvashem.org/  
 
Gedenkblätter für Sigmund Ullmann und Bella geb. Ullmann
 ausgefüllt vom Sohn Helmut Ullmann 
Gedenkblatt für Irene Ullmann
ausgefüllt vom Bruder Helmut Ullmann 
Gedenkblätter für Siegfried und Lilly Ullmann,
ausgefüllt durch den Neffen Ernest J. Sicher

  
  
 
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte       

Juni 2020: Verlegung von "Stolpersteinen" ist geplant     
Artikel von Gerlinde Wicke-Naber in den "Stuttgarter Nachrichten" vom 30. Juni 2020: "NS-Gedenken Stolpersteine für einstige Sindelfinger Bürger
Über alle Parteigrenzen hinweg wollen die Stadträte das Erinnern an die Opfer der NS-Zeit intensivieren.
Sindelfingen -
Mehr als 25 000 Stolpersteine in 25 Ländern gibt es bereits. Jetzt sollen solche Erinnerungssteine an die Opfer des Nationalsozialismus auch in Sindelfingen installiert werden. So fordert es der Gemeinderat der Stadt in einem interfraktionellen Antrag. Unterschrieben haben den Antrag Vertreter aller im Gemeinderat vertretenen Fraktionen und Gruppen: CDU, Grüne, SPD, Freie Wähler, FDP und Linke. Finanziert werden sollen die Steine, die jeweils an eine bestimmte Person erinnern, von Paten. Jeder, der sich beteiligen möchte, kann einen Stein bezahlen: 120 Euro kostet ein Gedenkstein. Ins Leben gerufen hat die Stolperstein-Initiative im Jahr 2006 der Künstler Günter Demnig. In quadratische Messingtafeln schlägt er mit Hand die Namen und Daten von Menschen ein, die während der NS-Zeit zu Opfern wurden. Diese Steine werden in den Boden eingelassen, an Orten, zu denen die betreffende Person einen Bezug hatte, beispielsweise an deren ehemaligem Wohnhaus.
Auch in Böblingen, Holzgerlingen und Waldenbuch gibt es bereits Stolpersteine Im Kreis Böblingen gibt es solche Stolpersteine bereits in Böblingen, Holzgerlingen und Waldenbuch. In Sindelfingen existieren bisher andere Denkmale, die an die Schicksale von Menschen erinnern, die in der NS-Zeit drangsaliert worden sind: eine Tafel mit den Namen der ums Leben gekommenen Menschen und ein Denkmal für die Familie Ullmann am Kaufhaus Domo. Dort hatten die Viehhändler ihr Haus. 1937 wurde die mit Hilfe des damaligen Bürgermeisters in den Ruin getrieben. 'Wir müssen aufpassen, dass wir das Gedenken nicht doppeln', sagt der Sindelfinger Kulturamtschef Horst Zecha. Grundsätzlich findet er die Stolpersteine 'eine sehr gute Forum der Geschichtsvermittlung'. Er sagt: 'Man muss nicht extra zu einem Denkmal gehen, sondern stolpert im Alltag darüber und kommt ins Nachdenken.' Vieles habe man in Sindelfingen schon aufgearbeitet, sagt Zecha. So gab es bereits vor 25 Jahren eine Kooperation des Goldberg-Gymnasiums mit dem Stadtarchiv. Schüler arbeiteten die Geschichte jüdischer Bürger auf, die im Nationalsozialismus vertrieben und deportiert worden waren. Doch seien auf der Tafel am Rathaus nicht alle Namen vermerkt: 'Als wir die Tafel vor 25 Jahren angebracht haben, lebten noch viele der Angehörigen von Menschen, die durch die Euthanasie umgekommen sind. Da haben wir bewusst vermieden, die Namen aufzuschreiben.' Gedacht wird ihrer mit dem Satz: 'Zwölf Menschen wurden als Behinderte getötet.' Doch nun sei viel Zeit vergangen, sagt Zecha. Sollte die Idee der Stolpersteinverlegung umgesetzt werden, sei das die Gelegenheit, auch namentlich an das Schicksal der Menschen zu erinnern.
Nur noch wenige Zeitzeugen leben. Die Idee der Stolpersteine gibt es schon länger. Die Grünen hatten sie in ihrem letzten Kommunalwahlprogramm. Nun hat sie der Jungstadtrat Maximilian Reinhardt von der FDP aufgegriffen. 'Bei Gesprächen mit älteren Kollegen war ich erstaunt, wie viel über die Familien der NS-Opfer noch in der Stadt bekannt ist', sagt Reinhardt. 'Solange es noch Zeitzeugen gibt, die sich erinnern, müssen wir dies nutzen.' Reinhardt wünscht sich Aktionen wie andernorts: 'Dort gibt es einmal im Jahr eine große Putzaktion der Steine, das ist immer ein besonderes Erlebnis.'"  
Link zum Artikel  

    
     

    
Links und Literatur   

Links:  

bulletStolpersteine für Stuttgart: Über Sigmund und Bella Ullmann und ihre Tochter Irene   
bulletArtikel in der "Stuttgarter Zeitung" vom 27. Oktober 2013: Kreis Böblingen: In der Pogromnacht blieb es ruhig im Kreis 

Literatur/Quelle:  

bulletHans Eugen Specker: Die Ansiedlung der Firma Daimler-Benz AG in Sindelfingen. Ein Beitrag zur Industriegeschichte der Stadt. Sindelfinger Jahrbuch 1967 S. 322-355.  
bulletBurr: Schreiben betr. "Juden in Sindelfingen" vom 26. September 1985 (pdf-Datei, online eingestellt)    

  
    

                   
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Stand: 30. Juni 2020