Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Seligenstadt (Kreis Offenbach) 
Jüdischer Friedhof  
   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde              
    
Siehe Seite zur Synagoge in Seligenstadt (interner Link) 
    
    
Zur Geschichte des Friedhofes           
    
Der jüdische Friedhof stammt aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts (angelegt um 1714). Er wurde 1888 und 1926 erweitert. Bereits 1919 wurde der Friedhof geschändet. In der NS-Zeit wurde der Friedhof von 1942 bis 1945 als Pferdeweide missbraucht; die Grabsteine abgeräumt, zerschlagen und großenteils verbaut.  
    
Die Friedhofsfläche umfasst 14,94 ar. 
   
Nach 1945
wurde das Friedhofgrundstück - soweit noch möglich - wieder hergerichtet. Es sind auch noch zwei Beisetzungen vorgenommen worden (1954 und 1965).  
  
Die 1942 abgeräumten Grabsteine wurden teilweise zur Anlage des Kellerfundamentes eines Gebäudes an der Einhardstraße zweckentfremdet. Im Herbst 2000 wurden sie beim Abbruch dieses Hauses gefunden (siehe Bericht unten). Einige Grabsteine konnten zusammengesetzt und an der Friedhofsmauer aufgestellt werden. Die übrigen Grabstein-Fragmente wurden als Denk- und Mahnmal auf dem Friedhof zusammengelegt (siehe Fotos unten). 
 
Nach Erinnerungen älterer Seligenstädter Einwohner wurde ein weiterer Teil der Grabsteine des jüdischen Friedhofes bei anderen Baumaßnahmen verwendet, vermutlich beim Bau einer Gartenmauer am ehemaligen Feuerwehrhaus sowie beim Bau des Luftschutzbunkers unterhalb des Marktplatzes. Nach einem weiteren vorliegenden Bericht hatten Jugendliche einen über Nacht abgestellten und mit Grabsteinen beladenen Anhänger gesehen und einzelne Grabsteine vom Anhänger herunter geworfen. Als Strafe hätten sie am Seligenstädter Bahnhof einen Waggon mit Kohle über Nacht ausladen müssen. 
    
    
    
Über die Auffindung und Rekonstruktion einzelner Grabsteine des Friedhofes (2000/2001)
:  

Oktober 2000: Auffindung der Grabsteine in einem Haus an der Einhardstraße   
Seligenstadt PA 10102000.jpg (264910 Byte)Artikel in der "Offenbach-Post" vom 10. Oktober 2000: "'Vermutlich war der komplette Keller aus Grabmalen gemauert'. Weitaus mehr Funde als erwartet ruhten in den Fundamenten des Abrisshauses. 
Seligenstadt (kai). Das Ausmaß der Schändung von Grabmälern, die in der Nazizeit mutmaßlich vom jüdischen Friedhof in Seligenstadt gestohlen, zertrümmert und als Mauerwerk verwendet wurden, ist weit größer als bisher vermutet..." 
Zum weiteren Lesen bitte Textabbildung anklicken.  
 
Frühjahr/Sommer 2001: Grabsteinfragmente werden zusammengesetzt  
Jüdische Geschichte als steinernes Puzzle - Artikel von Claudia Bucci in der Frankfurter Rundschau am 19. Juni 2001.  

Bruchstücke von im Jahr 1942 zerstörten Grabsteinen setzen Wissenschaftler und Jugendliche auf dem jüdischen Friedhof in Seligenstadt (Kreis Offenbach) zusammen. Möglichst viele der Grabmale sollen rekonstruiert werden, zugleich ist ein Mahnmal geplant. 
   
SELIGENSTADT. Ausgerüstet mit Gummistiefeln und Arbeitshandschuhen machten sich Schülerinnen und Schüler der Hermann-Hesse-Gesamtschule in Obertshausen ans Werk. Sie sichteten und sortierten Grabsteinfragmente auf dem jüdischen Friedhof in Seligenstadt. Die Grabsteine seien um das Jahr 1942 zerschlagen und zum Bau eines Kellerfundaments zweckentfremdet worden, sagt Klaus Werner, der Initiator des Projekts. Als das Haus im Herbst vergangenen Jahres abgerissen wurde, sei knapp die Hälfte der Steine vor der endgültigen Zerstörung bewahrt worden. 
Nach Augenmaß sortieren die Jugendlichen die Steine und hieven sie auf große Holzpaletten. "Man muss nun jeden Stein reinigen und sie dann wie ein Puzzle zusammenstellen", sagt die Judaistin Christa Wiesner, die für die Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen schon mehrfach hebräische Grabinschriften übersetzt hat. Während sie mit einer Bürste die eingemeißelten Schriftzeichen sorgfältig freilegt, schleppen zwei Jugendliche einen großen Stein herbei. Es ist das fehlende Puzzleteil zu einem Grabstein, der damit größtenteils wieder zusammengesetzt werden kann. (...) Nach den ersten Vermutungen der Judaistin handelt es sich um das Grabmal eines im Jahr 1849 gestorbenen Mannes. Noch drei weitere Steine können an diesem Nachmittag zumindest zur Hälfte wieder zu einem Teil zusammengefügt werden.  
Sehr zufrieden mit diesem Ergebnis zeigt sich Klaus Werner, Professor für Politikwissenschaften am Fachbereich Polizei der Verwaltungsfachhochschule in Wiesbaden. Er erwartet, dass nicht mehr als fünf Grabmale wiederhergestellt werden können. Seine Idee ist es, die rekonstruierbaren Grabsteine von einem Steinmetz zusammensetzen zu lassen und sie an der Friedhofsmauer entlang aufzustellen, sagt Werner, der zugleich der Berater für jüdische Friedhöfe des Landesverbands der jüdischen Gemeinden in Hessen ist. Ein genauer Termin stehe noch nicht fest, so der Historiker, geplant sei eine solche Aktion jedoch für den Herbst. Aus den Steinfragmenten, die nicht wieder zusammengefügt werden können, soll ein Mahnmal auf dem Friedhof in Seligenstadt gestaltet werden, der Eigentum des Landesverbands der jüdischen Gemeinden in Hessen ist.  
"Etwas unheimlich" sei der Umgang mit den Grabsteinen schon, sind sich die Schülerinnen Lidia, Claudia und Daniela einig. Aber jetzt könnten sie sich viel besser vorstellen, wie ein solcher Friedhof früher aussah und sich ihr eigenes Bild machen, sagen sie. Sollte das Projekt fortgesetzt und ein Denkmal errichtet werden, wollen die Jugendlichen wieder mit von der Partie sein. (...)  
      
Text der Informationstafel am Friedhofseingang: "Jüdischer Friedhof Seligenstadt. Begräbnisstätte der Jüdischen Gemeinde Seligenstadt ab 1714. Während der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft geschändet durch die Zerstörung von Grabsteinen sowie die Nutzung als Viehweide. Letzte Beisetzung im Jahre 1965. Der Besuch an jüdischen Feiertagen und am Sabbat ist untersagt. Der Schlüssel ist im Rathaus erhältlich".      

     
     
Die Lage des Friedhofes  
    
Der Friedhof liegt unmittelbar südlich der Würzburger Straße / Ecke Einhardstraße (gegenüber Matthias-Grünewald-Straße).  
    
    
Fotos 
(Neuere Fotos: Hahn, Aufnahmedatum: 18.4.2008)  

Historisches Foto von 1930   Seligenstadt Friedhof 1930.jpg (162809 Byte)
   Das Foto wurde am 26. August 1930 von Hermann Laube erstellt und 
freundlicherweise von Thomas Laube, Seligenstadt zugesandt. 
       
  Neuere Fotos      
Seligenstadt Friedhof 165.jpg (57357 Byte) Seligenstadt Friedhof 166.jpg (73104 Byte) Seligenstadt Friedhof 151.jpg (89983 Byte)
Blick auf die Friedhofsmauer entlang der Einhardstraße Das Eingangstor
   
Seligenstadt Friedhof 150.jpg (73022 Byte) Seligenstadt Friedhof 152.jpg (78467 Byte) Seligenstadt Friedhof 161.jpg (76937 Byte)
Informationstafel - 
Texte siehe oben
Blick über den Friedhof 
vom Eingangstor
Blick über den Friedhof von der dem
 Eingang gegenüberliegenden Seite
     
Seligenstadt Friedhof 158.jpg (71253 Byte) Seligenstadt Friedhof 154.jpg (102533 Byte) Seligenstadt Friedhof 153.jpg (110269 Byte)
Wenige erhaltene Grabsteine aus 
dem 18. Jahrhundert 
Grabstein für Lissmann Oestreich 
und Marianne geb. Sondhelm 
(aus Kleinlangheim) mit Gedenktafel für die 
in der NS-Zeit ermordeten Kinder und Enkel 
aus den Familien Östreich und Nassauer
Teilansicht  
  
   
   
     
Seligenstadt Friedhof 157.jpg (96441 Byte) Seligenstadt Friedhof 155.jpg (116080 Byte) Seligenstadt Friedhof 156.jpg (98270 Byte)
Teilansicht  Links Grabstein für Moses Hamburger
 (geb. in Hörstein 1845, gest. 1935)  
   
Die beiden letzten Beisetzungen nach 1945:
 Isaak Hamburger (1874-1965) und 
Sally Hamburger (1891-1954) 
  
     
Seligenstadt Friedhof 163.jpg (89021 Byte) Seligenstadt Friedhof 162.jpg (104319 Byte) Seligenstadt Friedhof 164.jpg (67087 Byte)
Das Mahn- und Denkmal aus Grabsteinfragmenten   Grabsteinfragmente
   
Seligenstadt Friedhof 159.jpg (107483 Byte) Seligenstadt Friedhof 160.jpg (109003 Byte)  
Hebräischer Text - Anfang des Totengebetes (Kaddisch): "Verherrlicht und geheiligt werde Sein erhabener Name in der Welt, 
die ER nach Seinem Ratschluss geschaffen hat. Er lasse sein Reich kommen, sodass ihr alle mit dem ganzen Haus Israel in unseren Tagen, 
bald und in naher Zeit es erleben möget. Darauf sprechet: Amen. 
Ihre Seelen seien eingebunden in den Bund des Lebens
."  
   

   
   

Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte       

November 2019: Schüler wollen sich um den Friedhof kümmern      
Artikel von Markus Terharn in der "Offenbach-Post - op-online.de" vom 28. November 2019: "Einhardgymnasium. Patenschaft für jüdischen Friedhof: Schüler-AG will aufräumen und Schilder anbringen - Schüler des Einhardgymnasiums in Seligenstadt wollen eine Patenschaft für den jüdischen Friedhof übernehmen.
Seligenstadt
– Eine einmalige Angelegenheit sollte es sein, eine einzigartige Sache ist es geworden: Im März 2018 trafen sich fünf Seligenstädter Einhardschüler, um den Besuch des Holocaust-Überlebenden Heinz Hesdörffer vorzubereiten. Inzwischen zählt die Gruppe zwölf Jugendliche im Alter von 15 bis 17 Jahren. Ihr Ziel: 'Wir wollen eine Patenschaft für den jüdischen Friedhof neben dem Gymnasium übernehmen', erzählt Schülerin Marie. Kontakt zu Daniel Neumann, Präsident des Landesverbands der Jüdischen Gemeinden in Hessen mit Sitz in Frankfurt, haben sie hergestellt. Nach Hesdörffers erschütterndem Bericht im Mai 2018 blieben viele Schüler dran. Einige waren dabei, als er vor einem Jahr das Bundesverdienstkreuz erhielt. Just am 3. Mai dieses Jahres, als ein Synagogenbesuch geplant war, starb er, 96 Jahre alt.
Neue Schüler stießen dazu, andere schieden nach dem Abitur aus. Mehr als 20 Mal trafen sie sich, meist in ihrer Freizeit. Aus dem Organisationskomitee wurde die 'Arbeitsgemeinschaft jüdisches Leben in Seligenstadt'. Versammlungsort ist mal die Schulbibliothek, mal das Zuhause von Gisela Meutzner, bekannt durch ihre Stadtführungen auf Spuren jüdischer Seligenstädter. Sie hatte den Kontakt zu Hesdörffer hergestellt, später zur Auschwitz- und Buchenwald-Überlebenden Éva Fahidi, die kürzlich in der Einhardstadt von ihren Leiden erzählte. Was plant die AG konkret? 'Zunächst wollen wir den Friedhof allen Schülern und Lehrern bekannt machen', so die Mitglieder. 'Sie sollen ihn besuchen und kennenlernen.' Viele wüssten nämlich gar nicht, was sich hinter der Mauer verberge, die Hinweistafel an der Ecke sei schlecht einsehbar, das Gemäuer trotz Halteverbots oft zugeparkt. 'Außerdem wollen wir die Anlage von Müll befreien.' Was es da an Müll gebe? 'Alles', fasst Moritz in einem Wort zusammen und zählt mit den anderen auf: 'Autofelgen, volle oder leere Flaschen, Dosen oder Verpackungen, Kleidung, Batterien, Feuerzeuge, Zeitungen', kurz alles, was sich auch im Hausabfall finde. 'Einmal lagen 20 gute Äpfel da', erinnert sich Meutzner. Ein andermal war's ein Unkrautvernichtungsmittel. Auch am Synagogenplatz war die AG schon aktiv; auch dort wird viel weggeworfen, wurden Tafeln beschädigt. Da setzt eine weitere Idee an: 'Wir wollen die Namen derer feststellen, die auf dem Friedhof begraben sind, nach Bildern und Lebensgeschichten suchen und nach Angehörigen forschen.' Die Namen der Bestatteten sollen an der Mauer angebracht werden. Der Gefahr, dass auch diese Beschilderung zerstört wird, sind sich die Aktivisten wohl bewusst. 'Dann sieht man wenigstens, was manche Leute so denken', meint Gisela Meutzner achselzuckend. Zur Erreichung des Fernziels Patenschaft braucht es einen langen Atem. Das ist allen klar, auch Lehrerin Barbara Koch, zuständig für den Kontakt zwischen AG und Schule. Zwar hat sie ebenso wenig jüdische Wurzeln wie Meutzner, doch sie betont: 'Das ist auch mein Thema.' In den katholischen Religionsunterricht kann sie das einbringen. Ihr Urteil über das Engagement der Einhardschüler: 'Tolle Geschichte!'."  
Link zum Artikel  

   
   

Links und Literatur

Links:  

bulletWebsite der Stadt Seligenstadt  
bulletZur Seite über die Synagoge in Seligenstadt (interner Link)  

Literatur:    

bulletBenno Szklanowski: Jüdischer Friedhof Seligenstadt - hebräische Grabinschriften (Hrsg.: Magistrat der Stadt Seligenstadt). Seligenstadt 1991. 

     
       

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 15. Oktober 2013