Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Oberweilersbach - Mittelweilersbach (Gemeinde Weilersbach, Kreis Forchheim)
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:  

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen  
bulletLinks und Literatur   

    

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde       
   
Vor den Verwaltungsreformen bildete Oberweilersbach eine politische Gemeinde, zu der Mittelweilersbach gehörte, wo der Schwerpunkt der jüdischen Ansiedlung war. In den Dokumenten des 19./20. Jahrhunderts ist meist auf Grund der politischen Zugehörigkeit meist von Oberweilersbach die Rede.  
   

In dem vom 16. bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts unterschiedlichen Herrschaften gehörenden Rittergut Mittelweilersbach bestand eine kleine jüdische Gemeinde bis 1876. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17. Jahrhunderts zurück. 1685 sind erstmals jüdische Familien nachweisbar. In dem Bericht des für den Ort zuständigen Kirchehrenbacher Pfarrers hieß es: "Seint 30 Juden klein und groß im Mittlernwallersbacher Schloss". Bis Ende des 18. Jahrhundert lebten die jüdischen Familien in Nebengebäuden des Schlosses, ab 1716 auch im Schloss selbst, das als Wohnung für den Verwalter des Rittergutes damals nicht mehr gebraucht wurde. Im Laufe des 18. Jahrhunderts stieg die Zahl der hier lebenden Juden von 30 (1685), 34 (1708), 60 (1718), 90 (1742) auf 105 im Jahr 1749, 98 1750, 103 1759. Das ehemalige Wasserschloss war freilich in immer stärker baufälligem Zustand. 1763 wird von verfaultem Holzwerk und Balken gesprochen und von der Gefahr, dass das ganze Schloss einfallen könnte. Eine Instandsetzung war zu teuer. Daher ließ der Mittelweilersbacher Dorfamtmann das Schloss abbrechen und im Bereich des Schlosses/"Judenhofes" neue Wohngebäude für die jüdischen Familien erstellen.  
   
Ihre Blütezeit erlebte die Gemeinde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Nun durften sich die jüdischen Familien auch außerhalb des "Judenhofes" Wohngebäude erwerben. 1809/10 wurden 81 jüdische Einwohner gezählt (19,0 % von insgesamt 425 Einwohnern), 1811/12 72 (17 % von 423), 1829 84 (20,2 % von 415), 1852 102 (22,3 % von 458). Die jüdischen Familien lebten zunächst überwiegend vom Handel mit Waren, Schnittwaren und Vieh. Durch den Erwerb bäuerlicher Anwesen konnten nach 1824 mehr Juden als Bauern tätig sein: 1843 lebte die Hälfte der jüdischen Familien von der Landwirtschaft (10 von 20 Haushaltsvorständen). Dennoch lebten die Familien insgesamt weiter in sehr armseligen Verhältnissen.
   
An Einrichtungen waren eine Synagoge (s.u.), eine Religionsschule (in demselben Gebäude wie die Synagoge) ein rituelles Bad vorhanden. Das rituelle Bad ist im Anwesen Schlossplatz 7/9 bis heute vorhanden, aber nicht zugänglich. Die Toten der jüdischen Gemeinde wurden in Pretzfeld beigesetzt (nachgewiesen bereits zwischen 1692/93 und 1696/97 und 1769/73). Ein eigener jüdischer Friedhof bestand nicht (im Grundstück "Judenanger" haben jedoch manche schon einen jüdischen Begräbnisplatz vermutet, was jedoch durch keine Urkunden bestätigt werden kann).
  
Auch einen Religionslehrer konnte man bis Anfang der 1860er-Jahre anstellen. 1829 wird Raphael Dietenhöfer als zunächst provisorischer Lehrer genannt; er wirkte bis 1864 am Ort. Als freilich 1863 die beiden wohlhabendsten Familien die Gemeinde verlassen und nach Forchheim gezogen waren, konnte man den Religionslehrer kaum noch bezahlen. 1865/66 wirkte J. Schwanthaler als letzter Lehrer und Vorbeter der Gemeinde. Ab 1866 blieb die Lehrerstelle unbesetzt. 
   
Durch Aus- und Abwanderung ging die Zahl der jüdischen Einwohner in den folgenden Jahren stark zurück: 1867 waren es nur noch 28 jüdische Einwohner (7,0 % von insgesamt 399, 1871 26 (5,9 % von insgesamt 437). Am 10. März 1876 fassten die noch in Mittlerweilersbach lebenden jüdischen Einwohner angesichts des in Bälde zu erwartenden Erlöschens der Gemeinde den Beschluss, die Gemeinde aufzulösen. Bis Ende 1876 waren alle jüdischen Einwohner vom Ort weggezogen.  
    
Bis zur Gegenwart erhalten sind die ehemaligen "Judenhäuser" (Fachwerkhäuser mit jeweils zwei Wohnungen) im Bereich des Schlossplatzes und der Schlossgasse (hier zwei zusammengebaute Viererreihen von Wohnhäusern). Der Schlossplatz ist bis zur Gegenwart im Besitz des Verbandes der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern.
    
    
    
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde  
    
Es wurden - außer dem Bericht zur Einweihung der Synagoge (s.u.) noch keine Berichte in jüdischen Periodika des 19./20. Jahrhunderts gefunden.   
    
    
    
Zur Geschichte der Synagoge        
    
Spätestens um 1718 dürfte eine Synagoge im Schloss eingerichtet wurden sein, nachdem der damalige Rittergutsbesitzer Karg von Bebenburg das Schlossgebäude den jüdischen Familien ganz zur Verfügung stellte. Möglicherweise war bereits zuvor (Ende 17. Jahrhundert) ein Betsaal eingerichtet, der sich - wie die jüdischen Wohnungen - im Bereich der Nebengebäude des Schlosses befand. Nach Abbruch des Schlosses wurde im Bereich des Schlosshofes / Judenhofes eine Synagoge erbaut / eingerichtet. Im Grundsteuerkataster von 1849 wird die Synagoge mit zwei Wohnungen unter der alten Haus-Nr. 57 aufgeführt. Bereits 1845 wurde vom schlechten baulichen Zustand der Synagoge gesprochen.  
    
1865 wurde die Synagoge mit einem Aufwand von 1.400 Gulden völlig erneuert und in Anwesenheit zahlreicher Behörden- und Kirchenvertreter durch Distrikts-Rabbiner Dr. J. Königshöfer am 17. Dezember 1865 neu eingeweiht. 

Weilersbach Israelit 07021866.jpg (214138 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Februar 1866: "Weilersbach (im Artikel: Wailersbach), 28. Januar (1866). Am 17. vorigen Monats (17. Dezember 1865) wurde die Synagoge in Weilersbach bei Forchheim eingeweiht. Es hatten sich zu diesem Behufe sehr viele Freunde von Nah und Fern eingefunden, da ein derartiges Fest in unserer Gegend seit langer Zeit nicht mehr begangen worden. auch der königliche Herr Bezirksamtmann von Suttner, der die weltliche Behörde für diesen Bezirk vertritt, hatte sich schon in der Frühe hierher gegeben und nahm mit sichtlich freudigem Gemüte Anteil an diesem religiösen Akte. Auch der Ortsgeistliche war anwesend, und sehr viele Lehrer jeder Konfession aus der Umgegend hatten sich eingefunden. Nachdem sich der Festzug geordnet hatte, begann die Feierlichkeit vor dem Hause, in welchem seither der Gottesdienst war abgehalten worden. Es wurden hier Gebete verrichtet, worauf sich der Zug in Bewegung setzte. Vor der Synagoge angekommen, wurde dem königlichen Bezirksamtmann der Schüssel überreicht. Bevor der Beamte die Türe des Tempels öffnete, hielt er an die Gemeinde folgende Ansprache: "Indem ich hiermit die Pforten dieses Hauses erschieße, so gebe ich die Tora zurück den Hallen, für die sie bestimmt ist. Ihr aber befolget sie zu dem Zwecke, zu dem sie gegeben worden." In feierlicher Stimmung zog man in die Synagoge, um dort zum ersten Male heiße Gebete zum Schöpfer empor zu senden. Es wurden mehrere Einweihungslieder vom Chore mit Musikbegleitung vorgetragen, die allgemeines Lob von den Anwesenden erhielten. Sodann folgte die Einweihungsrede, abgehalten vom Herrn Distrikts-Rabbiner Dr. J. Königshöfer, die auf die Anwesenden einen tiefen Eindruck macht und mit großem Beifall aufgenommen wurde. 

Mit der Renovierung der Synagoge hatte sich die jüdische Gemeinde finanziell übernommen. Sie musste die Behörden um die Genehmigung zur Durchführung einer Kollekte in den jüdischen Gemeinden Bayerns bitten. Die Kollekte wurde genehmigt und im Sommer 1867 durchgeführt.  
  
Kollekte zur Erneuerung der Synagoge in Mittelweilersbach (1867)       

Anzeige im "Königlich Bayerischen Kreis-Amtsblatt von Unterfranken und Aschaffenburg" vom 19. Juni 1867: 
"An sämtliche Distriktspolizeibehörden des Regierungsbezirkes. Das Gesuch der israelitischen Kultusgemeinde Mittelweilersbach um Bewilligung einer Synagogen-Kollekte betreffend. 
Im Namen Seiner Majestät des Königs. 
Seine Majestät der König haben inhaltlich Entschließung des königlichen Staatsministeriums des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten vom 5. vorigen Monats (Ministerialblatt Nr. 10) entsprechend der von den Israeliten zu Mittelweilersbach, königlichen Bezirksamts Ebermannstadt, gestellten alleruntertänigsten Bitte, zum Zwecke der Aufbringung der Baukosten für die Herstellung des Synagogengebäudes daselbst die Vornahme einer Kollekte in den Synagogen der sämtlichen Regierungsbezirke dieseits des Rheins allerhuldvollst zu genehmigen geruht. 
Hiervon werden die Distriktspolizeibehörden des Regierungsbezirkes mit dem Auftrage in Kenntnis gesetzt, die Rabbiner und Kultusvorstände ihrer Amtsbezirke zur sofortigen Vornahme der bezeichneten Kollekte zu beauftragen, sich deren Ergebnis einsehen zu lassen und solches an das Expeditionssamt der unterfertigten Stelle zu übersenden, gleichzeitig aber und zwar innerhalb längstens 6 Wochen Anzeige über den Ertrag anher zu erstatten.  
Würzburg, den 15. Juni 1867. 
Königliche Regierung von Unterfranken und Aschaffenburg, Kammer des Innern. Freiherr von Zu Rhein.   Mees."      
Anzeige im "Königlich Bayerischen Kreis-Amtsblatt von Unterfranken und Aschaffenburg" vom 30. September 1867: "Das Gesuch der israelitischen Kultusgemeinde Mittelweilersbach um Bewilligung einer Synagogen-Kollekte betreffend.  
Im Namen Seiner Majestät des Königs. Unter Bezugnahme auf das Ausschreiben vom 15. Juni laufenden Jahres bezeichneten Betreffs (Kreis-Amtsblatt S. 841) wird in nachstehender Zusammenstellung das Ergebnis der fraglichen Kollekte veröffentlicht. 
Würzburg, den 25. September 1867.  
Königliche Regierung von Unterfranken und Aschaffenburg, Kammer des Innern. 
In Abwesenheit des königlichen Regierungs-Präsidenten: Der königliche Regierungs-Direktor: von Buchner.  Mees.  
Zusammenstellung des Ergebnisses der Synagogen-Kollekte für die israelitische Gemeinde Mittelweilersbach, Bezirksamts Ebermannstadt, vorgenommen im Kreise Unterfranken..."     
Die Kollekte erbrachte den Betrag von 167 fl. 7 Kr.   

  
Das Problem der Begleichung der Bauschulden hatte sich vor allem dadurch ergeben, dass gerade in den 1860er-Jahren eine sehr starke Abwanderung der jüdischen Familien in die Städte eingesetzt hatte, wo diese bessere Erwerbsmöglichkeiten fanden. 1875 lebten nur noch 13 jüdische Personen am Ort. Die nötige Zehnzahl der jüdischen Männer zum Abhalten eines Gottesdienstes war nicht mehr gegeben. So entschieden sich die letzten jüdischen Einwohner mit dem Beschluss vom 10. März 1876, die Gemeinde aufzulösen, auch dafür, die Synagoge sowie die übrigen Gebäude der Gemeinde und die Einrichtungsgegenstände meistbietend zu veräußern. Am 15. Mai 1876 wurden durch den letzten Kultusvorstand Max Rosenbaum in Anwesenheit von Rabbiner Kohn aus Baiersdorf sämtliche beweglichen und unbeweglichen Gegenstände verkauft.  
     
     
Adresse/Standort der SynagogeSchlossplatz gegenüber dem Anwesen Schlossplatz 7/9; das Synagogengebäude ist abgebrochen, an seiner Stelle steht ein Zweifamilienhaus.  
    

    
Fotos / Plan  

Mittelweilersbach Plan 01.jpg (79370 Byte)  
Plan von Mittelweilersbach - Situation in den Jahren 1786-1788 mit Eintragung der 
jüdischen Wohnungen und der Synagoge (Quelle:  Knörlein s.Lit. 1987 S. 63).
 
     
Der Schlossplatz im Frühjahr 2007 mit dem Gedenkstein an die jüdische Gemeinde
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 9.4.2007)
 
Oberweilersbach Synagoge 251.jpg (81003 Byte) Oberweilersbach Synagoge 250.jpg (68338 Byte) Oberweilersbach Synagoge 253.jpg (99814 Byte)
Blick zum Schlossplatz  Straßenschild  Auf dem Schlossplatz 
     
Oberweilersbach Synagoge 252.jpg (102169 Byte) Oberweilersbach Synagoge 254.jpg (106569 Byte) Oberweilersbach Synagoge 255.jpg (127915 Byte)
Der Gedenkstein mit der Aufschrift: "Zur Erinnerung an die jüdischen Bürger, die bis weit in das 19. Jahrhundert hinein in vielen Dörfern der Fränkischen Schweiz lebten. Das Wohnviertel der Weilersbacher Juden befand sich mit Synagoge und Schule auf diesem einst Judenhof benannten Platz. Landkreis Forchheim - Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern - Gemeinde Weilersbach". 
 
  

Weilersbach_Juedische_Traufhaeuser-1.jpg (126755 Byte)Links: die von der "Lokalen Aktionsgruppe Kulturerlebnis Fränkische Schweiz e.V.") aufgestellte Informationstafel zur jüdischen Geschichte in Weilersbach (zum Lesen bitte Textabbildung anklicken; auch als pdf-Datei eingestellt).  

   
    

Links und Literatur

Links:  

bullet Website der Gemeinde Weilersbach  
bulletHartmut Heller / Herbert Popp: Kulturlandschaftliche Relikte jüdischen Lebens in der Fränkischen Schweiz. Erstellt 09/2019.  http://landschaften-in-deutschland.de/exkursionen/81_e_504-kulturlandschaftliche-relikte-juedischen-lebens-in-der-fraenkis.../   

Literatur:  

bulletBaruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979 S. 147.
bulletIsrael Schwierz:  Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 218.
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany - Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 198.
bulletKlaus Guth (Hg.) u.a.: Jüdische Landgemeinden in Oberfranken (1800-1942). Ein historisch-topographisches Handbuch. Bamberg 1988. Zu Oberweilersbach S. 236-243 (mit weiteren Quellenangaben). 
bulletForchheimer Land T01.jpg (37188 Byte)Georg Knörlein: Jüdisches Leben im Forchheimer Land.  Verlag Medien und Dialog. Haigerloch 1998. 
bulletders.: Die jüdische Gemeinde Mittelweilersbach (Gemeinde Weilersbach, Lkr. Forchheim). In Reihe: Schriften des Fränkische-Schweiz-Museum Band 2. Jüdische Landgemeinden in Franken. Beiträge zu Kultur und Geschichte einer Minderheit. 1987 S. 61-67. 

  
    

                   
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Stand: 30. Juni 2020