Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Ober-Mockstadt mit Ranstadt (Gemeinde Ranstadt, Wetteraukreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge   

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde   
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen   
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen 
bulletErinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte   
bulletLinks und Literatur   

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)              
    
In Ober-Mockstadt bestand eine jüdische Gemeinde bis Anfang der 1930er-Jahre. Ihre Entstehung geht mindestens bis in das 18. Jahrhundert zurück. Im benachbarten Ranstadt (Fürstlich Stollbergsche Lande) wurden Juden erstmals 1548 genannt (Fürstlich Stollbergsches Archiv Ortenberg X,48).   
   
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1828 34 jüdische Einwohner, 1861 43 (6,0 % von insgesamt 712 Einwohnern), 1880 41 (6,3 % von 654), 1897 40 (in elf Familien), 1899 37, 1900 34 (5,1 % von 661), 1910 35 (5,4 % von 643). Zur Gemeinde gehörten seit 1849 auch die in Ranstadt lebenden jüdischen Einwohner (1830 21 jüdische Einwohner, um 1898 25, 1905 18), die bis dahin zur Gemeinde in Nieder-Mockstadt gehört hatten.    
  
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule, ein rituelles Bad und ein Friedhof. Einen eigenen Lehrer hatte die Gemeinde nur in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts (bis 1899 Lehrer Freienstein). Nach Wegzug der Familie Oppenheimer konnte sich die Gemeinde keinen Lehrer mehr leisten. Um 1897 gab es noch 12 jüdische Kinder, die Religionsunterricht erhielten. Ein paar Jahre später gab es zeitweise keine schulpflichtigen jüdischen Kinder mehr am Ort (z.B. 1905). Ansonsten wurde den Kindern der Gemeinde der Religionsunterricht durch auswärtige Lehrer erteilt.
     
Die Gemeinde gehörte zum orthodoxen Provinzialrabbinat Oberhessen mit Sitz in Gießen.      
  
Von den Gemeindevorstehern wird genannt: um 1897 S. Halberstadt, L. Halberstadt und J. Kaufmann.  
 
Im Ersten Weltkrieg wurde Moritz Siesel für seine Kriegsteilnahme bereits 1915 mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet. Im Jahr darauf erhielt der Feldunterarzt Siegfried Meier das Eiserne Kreuz.     
 
Um 1924, als zur Gemeinde noch 21 Personen gehörten (in sieben Familien; 3,3 % von insgesamt 638 Einwohnern, dazu 14 jüdische Personen in vier Familien aus Ranstadt), war Gemeindevorsteher Moritz Siesel. Die damals zwei schulpflichtigen jüdischen Kinder der Gemeinde erhielten ihren Religionsunterricht durch Lehrer Jung. 1932 war Gemeindevorsteher weiterhin Moritz Siesel.        
     
1933 lebten 27 jüdische Personen in Ober-Mockstadt (4,3 % von insgesamt 632 Einwohnern). In den folgenden Jahren sind alle von ihnen auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Bis 1938 sind neun Personen aus Ober-Mockstadt verzogen (davon eine Person nach Palästina emigriert, eine nach Straßburg verzogen). 1938 war die Gemeinde bereits offiziell aufgelöst. Im Februar 1939 wurden keine jüdischen Einwohner mehr am Ort gezählt.  
    
Von den in Ober-Mockstadt geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Kathinka (Käthe) Cohn geb. Meier (1891), Franziska Guttman geb. Siesel (1873), Sophie Oppenheimer geb. Strauss (1897), Isidor Reichenberg (1877).
     
Aus Ranstadt sind umgekommen: Max Heß (1887), Karl (Carl) Kahn (1878), Moritz Kahn (1873), Irene Krämer geb. Hess (1888).    
  
Zum Gedenken an die jüdischen Familien Reichenberg, Maier, Blumhof und Siesel wurde im November 2013 ein Gedenkstein (Basaltfindling) auf dem Platz vor dem Alten Rathaus enthüllt (siehe Pressebericht unten). Auf der Plakette ist zu lesen: "In mahnender Erinnerung an die nationalsozialistische Gewaltherrschaft zwischen 1933 und 1945".       
     
     
     
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
    
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde 

70. Geburtstag von Meier Siesel II. (1912)  

Obermockstadt FrfIsrFambl 01121912.jpg (24835 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 1. Dezember 1912: "Obermockstadt bei Friedberg. Meier Siesel II., Veteran der Kriege von 1866 und 1870/71 und einer der geachtetsten Bürger unseres Ortes, feiert dieser Tage seinen 70. Geburtstag."   

  
  
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Einzelpersonen  
Anzeige von Anschel Siesel (1894)         

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. März 1894: "Für meine Tochter, die noch nicht gedient, jedoch in jeder Arbeit bewandert ist, suche Stellung bei ordentlicher Familie. Näheres bei
Anschel Siesel
in Ober-Mockstadt bei Friedberg."    

  
Stellensuche von Jakob Kahn in Ranstadt für seine Tochter (1899)
     

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Februar 1899: "Suche per sofort in einem kleinen Haushalt ein ordentliches Mädchen, welches alle Hausarbeit versteht, gegen guten Lohn.
Jakob Kahn
, Ranstadt, Ober-Hessen."    

    
Stellensuche von Isidor Reichenberg für seinen Sohn (1925)      

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Februar 1920: "Suche für meinen Sohn
eine Lehrstelle in einem Manufakturwarengeschäft. Derselbe besitzt gute Schulkenntnisse. Erwünscht wird Sabbat und Jonteff (sc. Feiertag) geschlossen und Kost und Logis im Hause. Gefällige Anfragen erbittet
Isidor Reichenberg, Ober-Mockstadt
bei Nidda (Oberhessen)."   

          
Verlobungsanzeige von Toni Strauss und Ludwig Leopold (1926)   

Anzeige in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des "Central-Vereins") vom 7. Januar 1927:
"Toni Strauss - Ludwig Leopold. Verlobte.   Ober-Mockstadt  -  Bleichenbach (Oberhessen)    Dezember 1926.". 

        
        
   
     
Zur Geschichte der Synagoge      
      
    
Eine
Synagoge (Betraum) wurde um 1800 eingerichtet. Über ihre Geschichte liegen noch keine weiteren Informationen vor. Beim Gebäude handelte sich um ein Fachwerkhaus. Bereits um 1925 wurden keine Gottesdienste mehr am Ort abgehalten; es wurden die Gottesdienste in Friedberg besucht. 
   
Über die weitere Geschichte der Synagoge beziehungsweise des Gebäudes mit dem Betraum ist nicht bekannt. 
  
Bitte weitere Informationen gegebenenfalls an den Webmaster senden; Adresse siehe Eingangsseite
.   
   
   
Adresse/Standort der Synagoge      Untergasse     
   
   
Fotos  

Zur jüdischen Geschichte in Ober-Mockstadt liegen noch keine Fotos oder Darstellungen vor; 
über Hinweise oder Zusendungen freut sich der Webmaster der "Alemannia Judaica"; 
Adresse siehe Eingangsseite.  
  
        

  
  
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte    

November 2013: Erinnerungstafel zum Gedenken an die Ober-Mockstädter jüdischen Familien eingeweiht  
Artikel im "Kreis-Anzeiger" vom 11. November 2013 (Link zum Artikel): "Ranstadt. In der Kirche herrschte Schweigen
FEIERSTUNDE Stein mit Gedenktafel auf Platz vor dem Alten Rathaus erinnert an vier jüdische Familien
OBER-MOCKSTADT - (rin). Zum Gedenken der Familien Reichenberg, Maier, Blumhof und Siesel, die Opfer der Nationalsozialisten wurden, fand in Ober-Mockstadt eine Feier statt. Ortsvorsteherin Liane Becker enthüllte mit Pfarrer Manuel Eibach, dem stellvertretenden Ortsvorsteher Dieter Mickel-Grundy und dem Historiker Erich Harth eine Gedenktafel auf dem Platz vor dem Alten Rathaus.
‚In mahnender Erinnerung an die nationalsozialistische Gewaltherrschaft zwischen 1933 und 1945‘, steht auf der Plakette, die, angebracht auf einem Basaltfindling aus dem Steinbruch Bergheim, an die Opfer der Nazis in Ober-Mockstadt erinnern soll. Abwechselnd trugen Mickel-Grundy und Harth Augenzeugenberichte Ober-Mockstädter Bürger vor, die die schrecklichen Taten des SA-Sturmbandführers und des damaligen Bürgermeisters mit ansehen mussten. So gab August Weimann bei einer Vernehmung am 15. Juni 1945 zu Protokoll: 'Der Bürgermeister, der SA-Sturmführer und der NS-Zellenleiter forderten die Jugend auf, sie sollten die Juden aus ihrer Wohnung herausholen, schlagen und die Wohnung demolieren'. Weimann sei hinzugekommen, wie ein Mitbürger durch ein NSDAPParteimitglied zusammengeschlagen wurde. Dies habe in der Bevölkerung zwar Empörung hervorgerufen, jedoch habe sich niemand dagegen aufgelehnt, da diese Männer doch die Herren des Ortes gewesen seien. Auch Pfarrer Ludwig Kientz sei Zeuge gewesen, als jüdische Bürger aus ihren Häusern getrieben wurden. Doch auf die Hilferufe von Augenzeugen habe er nicht reagiert. 1933 sollen noch 27 jüdische Personen in Ober-Mockstadt gelebt haben. In den folgenden Jahren zogen viele von ihnen aufgrund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weg oder wanderten aus. 1938 war die Gemeinde offiziell aufgelöst. Im Februar 1939 gab es keinen jüdischen Einwohner mehr im Ort.
'Über eine Million Menschen fanden den Tod, die zerstörten Synagogen und die Gewalttaten waren nur eine Station auf dem Weg zur massenhaften Vernichtung der Juden', betonte Pfarrer Eibach in seiner Ansprache. In den Kirchen habe damals jedoch mehrheitlich Schweigen, Wegschauen bis hin zur offenen Zustimmung geherrscht. Die Frage nach dem Warum bedränge die Christen noch heute. Nach dem Anzünden von vier Kerzen für die jüdischen Familien sprach Eibach ein Gebet für die Opfer, das bei jüdischen Trauerfeiern gesprochen wird. Die feierliche Stunde beendete der Volkschor mit dem Lied 'Stumm schläft der Sänger' von Friedrich Silcher."    
 


   
Links und Literatur

Links:  

bulletWebsite der Gemeinde Ranstadt   
bulletListe der Kulturdenkmäler in Ober-Mockstadt  https://denkxweb.denkmalpflege-hessen.de/3282/  
bulletSeite zum jüdischen Friedhof Ober-Mockstadt (interner Link)  

Literatur:  

bulletPaul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. II S. 153-154.   
bulletKeine Abschnitte zu Ober-Mockstadt bei Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945? 1988 und  dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994 und Neubearbeitung der beiden Bände. 2007.
bulletStudienkreis Deutscher Widerstand (Hg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 332.   
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume III: Hesse -  Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992 (hebräisch) S.  45.    
bulletWetterau GBl TitelblattBand60.jpg (25254 Byte)Michael Strecker: Warum war die Hitlerbewegung in unseren Dörfern bei freien Wahlen so erfolgreich? Ranstadt, Dauernheim und Ober-Mockstadt von 1918 bis 1933. Wetterauer Geschichtsblätter Band 60/2011. Hrsg. von Lutz Schneider im Auftrag des Friedberger Geschichtsvereins. ISBN 978-3-87076-113-4. 14,80 €. 

  
    


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Ober-Mockstadt Hesse. The community numbered 43 (6 % of the total) in 1861 and 27 in 1933. Thirteen Jews left before Kristallnacht (9-10 November 1938) and by February 1939 none remained.    
   
     

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 30. Juni 2020