Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


Eingangsseite

Aktuelle Informationen

Jahrestagungen von Alemannia Judaica

Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft

Jüdische Friedhöfe 

(Frühere und bestehende) Synagogen

Übersicht: Jüdische Kulturdenkmale in der Region

Bestehende jüdische Gemeinden in der Region

Jüdische Museen

FORSCHUNGS-
PROJEKTE

Literatur und Presseartikel

Adressliste

Digitale Postkarten

Links

 

  
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"  
zur Übersicht "Synagogen im Elsass"      
   

Niedernai (Niederehnheim, Dep. Bas-Rhin, Alsace / Unterelsass) 
Jüdische Geschichte  /  Synagogue / Synagoge   
         

Übersicht:   

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde  
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Aus der Geschichte des Rabbinates
Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde    
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen    
bulletLinks und Literatur   

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde                   
   
In Niedernai bestand eine zeitweise relativ große jüdische Gemeinde bis Anfang des 20. Jahrhunderts. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17. Jahrhunderts zurück.
 
Das jüdische Wohngebiet konzentrierte sich auf die "Judengasse" (rue des Juifs). 
 
Im 18. Jahrhundert nahm die Zahl der jüdischen Einwohner zu, bis 1784 die Höchstzahl von 37 jüdischen Familien am Ort mit zusammen 178 Personen erreicht wurde.  

Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1807 138 jüdische Einwohner, 1846 169, 1861 146, 1865 131, 1898 32 (in zehn Haushalten), 1900 42, 1910 25.  

An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule und ein rituelles Bad. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Kantor und Schochet tätig war. Um 1887/98 hatte diese Aufgaben ein Herr Bloch inne.
  
Die Gemeinde war spätestens im 18. Jahrhundert Sitz von einem der drei Großrabbiner im Nieder-Elsass (und Sitz eines Beit Din, Rabbinatsgerichtes). Einer der bekanntesten Rabbiner war Josef Steinhart, der 1763 von Niederehnheim nach Fürth, wo er bis zu seinem Tod 1776 Oberrabbiner war. 1853 wurde der Rabbinatssitz unter Rabbiner Joachim Lévy (siehe unten) nach Itterswiller und 1867 nach Obernai verlegt wurde (Rabbinat de Niedernai-Itterswiller-Obernai).  
 
Gemeindevorsteher war um 1893 ein Herr Straus. 
 
1936 wurden noch vier jüdische Einwohner in Niedernai gezählt. Diejenigen, die in den folgenden Jahren den Ort nicht verlassen konnten, wurden unter der deutschen Besatzung 1940 nach Südfrankreich deportiert.   
.
  
Von den in Niedernai geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Rosine Gintzburger geb. Bloch (1868), Louis Hallel (1895), Emanuel Meyer (1864), Lina Simon geb. Levy (1865).      
    
    
    
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
   
Aus dem jüdischen Gemeindeleben 
Allgemeine Notiz zum Niedergang der Gemeinde (1843)   

Mitteilung in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 26. Juni 1843: "Niedernai, ehemals Sitz eines der drei Groß-Rabbinen des Niederelsass, jetzt gänzlich gesunken".   

      
Da ein Minjan nicht mehr zustande kommt, besuchen die Niederehnheimer die Gottesdienste in Oberehnheim
(1913) 

Artikel in "Das jüdische Blatt" vom 9. Mai 1913: "Oberehnheim. Die neue Synagogenverwaltung hat sich in der kurzen Zeit ihrer Wirksamkeit sehr gut angelassen. Zunächst sei hervorzuheben, dass trotz der umwälzenden Änderung in der Verwaltung der Friede in der Gemeinde voll und ganz aufrecht erhalten blieb, was beiden Parteien hoch anzurechnen ist. Die Armenkasse, die seit einigen Jahren aufgehört hatte, ist infolge der Bemühungen des neuen Parneß, Herrn A. Neher, neu gegründet worden und wird ehrenamtlich verwaltet durch Frau Neher und Herrn Kantor Kaufmann unter Aufsicht einer Kommission. An den letzten Feiertagen wurde der Gottesdienst verschönt durch ein prachtvolles Quartett. Die Herren A. Neher, N. Lehmann, O. Alexandre sangen zusammen mit dem Kantor verschiedene Stücke aus dem Festritual und ernteten für ihre tadellosen Gesang den Dank der ganzen Gemeinde. Die Synagoge war gedrängt voll. Neben vielen Fremden, die zum Besuch hier weilten, waren auch die Niederehnheimer Gemeindemitglieder erschienen, da Niederehnheim, früher und zwar seit uralten Zeiten Sitz des Rabbinats, heute nicht mehr über Minjan verfügt. – Herr N. Strauss, der Schwiegervater des Synagogenvorsitzenden, hat zum ehrenden Angedenken an seine vor einem Jahre verstorbene selige Frau ein drittes silbernes Ez-Chajim-Paar zum Schmucke der Torarollen gestiftet."       

  
 
 
Aus der Geschichte des Rabbinates   

Über Rabbiner Joseph Ben-Menahem Steinhart bzw. Josef ben Menachem Mendel aus Steinhart (um 1700 in Steinhart - 1776 in Fürth, 1755 bis 1764 Rabbiner in Niederehnheim)   
A
nmerkung: Joseph Ben-Menhem Steinhart (um 1700 in Steinhart - 1776 in Fürth): Rabbiner, zunächst in Rixheim, danach Oberrabbiner des Unter-Elsass, 1755 Oberrabbiner von Niederehnheim, seit 1763 Rabbiner in Fürth. Großer Talmudist. Verfasste das Buch Sichron Josef (erschien Fürth 1773). Vgl. Seite bei Steinhardt's Familybook.  
W
eiterer ausführlicher Beitrag zu Josef Steinhart in: Jahrbuch der Jüdisch-Literarischen Gesellschaft VI 5669 1909 S. 190-203 (eingestellt als pdf-Datei, etliche Bezüge zu Niederehnheim).    

Artikel in der Zeitschrift "Der Orient" vom 16. April 1847:   
Der Artikel konnte noch nicht abgeschrieben werden - zum Lesen bitte Textabbildungen anklicken. 
Steinhart Orient 16041847a.jpg (429075 Byte) Steinhart Orient 16041847b.jpg (82545 Byte)

    
50jähriges Amtsjubiläum des Rabbiners Joachim Lewy (Levy) (1886 in Obernai; Lewy war 1835 bis 1853 Rabbiner in Niedernai)  
Anmerkung: Joachim Lévy (auch Yauchéné Lévy, Yohanan d'Obernai) ist 1808 in Minversheim geboren als Sohn des Abraham Levy und der Judith geb. Müller.  Er war seit 1832 verheiratet mit Anna geb. Bloch (1798 geborene Tochter des Rabbiners Emanuel Bloch). Levy war seit 1835 Rabbiner in Niedernai, 1846 war er in der Opposition gegen die Verordnung über die Neuorganisation des Kultes von 1844; 1853 wurde das Rabbinat nach Itterswiler verlegt, 1867 nach Obernai, wo er bis zu seinem Tod 1894 amtierte. Sein Sohn Seligmann Levy (1835-1914) war Rabbiner in Uffholtz, Durmenach, Soultz (Haut-Rhin) und Paris.   

Oberehnheim AZJ 24081886.jpg (44510 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 24. August 1886: "Die Rabbiner Levy in Oberehnheim und Dreifuß in Zabern (Elsass) haben jüngst ihr 50jähriges Amtsjubiläum teils als Lehrer, teils als Rabbiner gefeiert, und haben vom deutschen Kaiser den Kronenorden vierter Klasse erhalten. Dem Letzteren wurde diese Auszeichnung in der Synagoge vom Kreisdirektor feierlich überreicht."  

    
Zur Beisetzung von Rabbiner Joachin Lewy (1894) 

Anmerkung: Rabbiner Levy (Lewy) genoss in seinen letzten Dienstjahren große Achtung als "Nestor" bzw. als "Senior aller Rabbiner des Landes" (Israelit vom 28.4.1890 S. 584).   

Oberehnheim Israelit 22031894.jpg (206744 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. März 1894: "Unter-Elsass, 6. März (1894).  Den ältesten Rabbiner des Unter-Elsass, Herrn J. Lewy, Rabbiner in Oberehnheim, 86 Jahre alt, haben wir vorgestern zu Grabe getragen. Nachdem Herr Rabbiner Dr. Netter aus Buchsweiler, ein geborener Oberehnheimer und Schüler des Verewigten, im Trauerhause, welches bis zum letzten Winkel von Angehörigen, Freunden, Verehrern und Bekannten des Verblichenen voll war, das Leben und Wirken seines unvergesslichen Lehrers mit beredten Worten tränenden Auges geschildert hatte, bewegte sich der fast unabsehbare Leichenzug in folgender Ordnung der Synagoge zu: Herr Lehrer Levy mit der Schuljugend: Herr Kantor Becker mit dem Chor; der Sarg von Mitgliedern der Gemeinde getragen; ein Schüler des Gymnasiums, auf einem schwarzen Kissen das Abzeichen des Kronen-Ordens tragend, mit welchem der Verblichene vor einigen Jahren von Seiner Majestät dem deutschen Kaiser Wilhelm II, dekoriert wurde, die beiden Söhne des Verstorbenen, wovon der älteste früher Rabbiner in Dürmenach und Ober-Sulz (Ober-Elsass) war und jetzt in Paris in gleicher Funktion ist und die Verwandten, sodann Herr H. Weil, Oberrabbiner in Straßburg, in Begleitung fast sämtlicher Rabbiner des Unter-Elsass, die meisten im Ornat: Herr Kreisdirektor, Herr Dr. Levy aus Straßburg und der Konsistorial-Sekretär Asch, als Vertreter des israelitischen Konsistoriums, der Bürgermeister in Begleitung des Gemeinderats, sämtliche Beamten der Stadt, die Vorsteher der Kultusgemeinden des Rabbinats und die Verwaltung der Oberehnheimer israelitischen Gemeinde, der Vorstand des Rosenweiler Friedhofes, der Vorstand des Oberehnheimer Friedhofes und endlich eine große Anzahl Teilnehmer aus allen Ständen und Konfessionen der Oberehnheimer und auswärtigen Bevölkerung. In der Schwarzumhängten Synagoge eröffnet Herr Kantor Becker die Trauerfeier mit einem der Feier entsprechenden Chorgesang, worauf Herr Oberrabbiner Weil die Schwarzdrapierte Kanzel bestieg, um dem 'Amtsbruder, Freund und Verwandten' ein Denkmal als Rabbiner, Familienvater, Menschenfreund und Bürger zu setzen. Nach Beendigung dieser mit allgemeinem Beifall aufgenommenen Gedächtnisrede bewegte sich der Leichenzug von der Synagoge bis vor die Stadt hinaus, wo Herr Dr. Levy aus Straßburg dem Verblichenen einen Tiefbewegten Nachruf in französischer Sprache widmete. Dann wurde die Leiche auf den dort bereitstehenden Leichenwagen gesetzt, um sie nach dem Friedhofe Rosenweiler zu bringen, gefolgt von der ganzen Gemeinde Oberehnheim und von vier Rabbinern Roller - Barr, Lewy - Schirrhofen, Dr. Goldstein – Mutzig, Dr. Netter – Buchsweiler, die drei erstgenannten Rabbiner, sowie Herr Levy, Lehrer in Oberehnheim, hielten tiefbewegte Trauerreden am Grabe des Verewigten. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."

  
   
Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde  

Über den jüdischen Arzt Dr. Wolf, Sohn des Enoch Jakob (aus Halle, war einige Jahre Arzt in Niederehnheim, 1760 nach Fürth; Beitrag von 1910)   

Artikel in der "Jahrbuch der Jüdisch-literarischen Gesellschaft" (Frankfurt) Jahrgang VII 1910 S. 67-68: "Dr. Wolf war in Halle geboren als Sohn des Gelehrten R. Henoch, genannt Enoch Jakob, der mit 19 anderen Glaubensgenossen vom Kurfürsten von Brandenburg 1692 die Erlaubnis erhielt, sich in Halle niederzulassen. Sein Sohn Wolf ließ sich, nachdem er seine ärztlichen Studien in Halle beendigt hatte, zur Ausübung seines Berufes in Hamburg nieder, übersiedelte von da nach Metz, später nach Niederehnheim und, wie oben bemerkt, 1760 nach Fürth. Hier genoss er auch das Vertrauen des Rabbiners Josef Steinhart, der in ehrenden Ausdrücken ihn erwähnt. Sein Gehalt wurde später auf 100 Rtln. erhöht. Nach 27-jähriger erfolgreicher Tätigkeit in Fürth starb er dort im Jahre 1787. Er war zweimal verheiratet; seine erste Frau Rösel, Tochter des Hirsch, starb am 5. Juni 1778, seine zweite Frau Gnendel starb in Fürth als Witwe am 21. Januar 1795. Über seinen Sohn Wolfsohn siehe dort.".   

    
Fahndung nach Berchtold Bloch von NIedernai (1840)    

Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den See-Kreis" von 1840 S. 194 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): "Obrigkeitliche Bekanntmachungen. (1) Radolfzell [Fahndung]. Der Jude Berchtold Bloch von Niedernai im Elsass, dessen Personalbeschrieb wir nachtragen werden, welcher dahier wegen Diebstahl in Untersuchung stand, hat sich auf flüchtigen Fuß gesetzt. 
Wir ersuchen alle Polizeibehörden, auf denselben zu fahnden und ihn anher einliefern zu lassen.
 Radolfzell, den 2. Februar 1840. Großherzogliches Bezirksamt. Uhl".    

    
    
    
Zur Geschichte der Synagoge                  
    
Es sind insgesamt drei Gebäude bekannt, die früher als Synagogen verwendet wurden (Fotos von 1934 siehe die französische Informationsseite unten). 
   
1755 wurde eine Synagoge erbaut. Sie bestand bis zur Auflösung der Gemeinde in den 1920er-Jahren und wurde 1925 verkauft. Bereits in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg (siehe Bericht oben von 1913) kam in Niederehnheim ein Minjan (notwenige Zahl von 10 zum Gottesdienst nötigen religionsmündigen Männern) nicht mehr zustande, sodass die Gemeindeglieder aus Niederehnheim auch zu den hohen Feiertagen die Gottesdienste in Oberehnheim besuchten. 
    
    
Adresse/Standort der Synagoge:   225 rue des Juifs (Rabbinat und Synagoge bis Anfang des 20. Jahrhunderts)    
   
  
Fotos   

Fotos zur jüdischen Geschichte in Niedernai sind noch nicht vorhanden.  
     
     

    
    

Links und Literatur

Links:   

bulletWebsite der politischen Gemeinde Niedernai  
bulletFranzösische Informationsseite zur jüdischen Geschichte und zur Synagoge in Niedernai  
(eingeschlossen ein Beitrag von Micheline Gutmann über jüdische Ärzte in Niedernai)  
bulletWebsite des Ministere de la culture mit einer Informationsseite zum Haus 225 rue des Juifs    

Literatur:  

bullet

Alsace Lit 010.jpg (67412 Byte)Michel Rothé / Max Warschawski: Les Synagogues d'Alsace et leur Histoire. Ed. 'Chalom Bisamme' Jerusalem 1992. S. 36.101.   

          

n.e.            

     

                   
vorherige Synagoge  zur ersten Synagoge nächste Synagoge         

         

 

Senden Sie E-Mail mit Fragen oder Kommentaren zu dieser Website an Alemannia Judaica (E-Mail-Adresse auf der Eingangsseite)
Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 30. Juni 2020