Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Merenberg (Marktflecken, Kreis Limburg-Weilburg)
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:

bulletZur Geschichte jüdischer Einwohner    
bulletBerichte aus der jüdischen Geschichte 
Antisemitenversammlung in Merenberg (1891)      
bulletFotos / Darstellungen    
bulletLinks und Literatur   

   

Zur Geschichte jüdischer Einwohner                 
    
In Merenberg ist es zu keiner Zeit zur Bildung einer selbständigen jüdischen Gemeinde gekommen. Die am Ort zeitweise lebendigen jüdischen Familien gehörten zur jüdischen Gemeinde in Weilburg.   
  
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1842 13 jüdische Einwohner in zwei Familien, 1897 vier Familien, 1898/1903 elf Personen in drei Haushaltungen (davon ein schulpflichtiges Kind), 1905 zwölf Personen. 
  
Als Einrichtung für die in Merenberg lebenden jüdischen Familien bestand am Ort ein eigener jüdischer Friedhof.  
  
1924 und 1932 lebten in Merenberg noch jeweils acht jüdische Personen.   
   
Von den in Merenberg geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Bernhard Kahn (1879, vgl. Beitrag unten über Literaturverzeichnis), Hilda Kahn (1898), Sara Niklas geb. Schwarz (1861), Ferdinand Fritz Schwarz (1920). 
    
    
    
Berichte aus der jüdischen Geschichte  
         

Antisemitenversammlung in Merenberg (1891)
   

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Juni 1891: "Aus dem Ober- und Unterlahnkreis, 1. Juni (1891). Auch in unserem, gegenwärtig durch den freisinnigen Abgeordneten Münch vertretenen Reichstagswahlkreis macht der Antisemitismus große und, wie man leider hinzufügen muss, in Folge der bedauerlichen Indolenz der anderen Parteien keineswegs erfolglose Anstrengungen. Gestern, Sonntag Nachmittag, fand auf der etwa 7 Kilometer von Weilburg wundervoll gelegenen Ruine Merenberg bei dem gleichnamigen Orte unter freiem Himmel eine vom Weilburger Antisemitenverein einberufene 'Deutsche Volksversammlung' statt, in welcher Dr. Böckel die Rede hielt. Es mochten etwa 800 Personen, darunter viele Frauen und Kinder, anwesend sein. Auf Dr. Böckel's Rede einzugehen, ist überflüssig, es war das sattsam bekannte Geschimpfe, die volkswirtschaftlichen und sonstigen Ungeheuerlichkeiten und die jämmerlichen Späße, durch welche der gegenwärtige Oberfeldherr der Antisemiten bei einem gewissen Publikum in den Ruf gekommen ist, ein guter Redner zu sein. Mit Genugtuung erzählte Böckel, dass er neulich auch im Reichstag eine Rede gehalten habe, die jetzt im Druck zu haben sei; aus derselben könne man klar und deutlich ersehen, dass die antisemitische Partei eine volksfreundliche sei. Man gehe also und kaufe! Nach Dr. Böckel erhielt Redakteur Schreiber - Frankfurt, der auf dringende Einladung aus dem Kreise erschienen war, aber trotzdem nur zwei Herren als Begleiter hatte finden können, das Wort, um den Böckel'schen Ausführungen entgegenzutreten. Schon nach zwei Minuten erhob sich ein wahres Indianergeheul, welches den Redner auch die gute oder vielmehr böse Viertelstunde hindurch, die das Wort einigermaßen behaupten konnte, getreulich, mit wenigen Pausen akkompagnierte. Vergebens versuchte der Redner der fanatisierten Menge klar zu machen, welch' ein schlimmes Zeugnis sie in ihrer politischen Reife durch ein solches Benehmen ausstelle, vergebens auch forderte Dr. Böckel selbst sein deutsches Volk auf, den Redner sprechen zu lassen, dieses tobte nur umso mehr und äußerte laut und lebhaft den Wunsch, die um denselben Stehenden möchte  den Redner von der etwa 15 Fuß hohen Turmmauer, von welcher herab er ebenso wie Dr. Böckel sprach, herunter-, dem dort harrenden 'Volk' in die Arme werfen. Nach etwa 20 Minuten erklärte Schreiber Herrn Dr. Böckel, unter diesen Umständen auf das Wort zu verzichten. Ob es den Antisemitenführern nicht doch wohl ein wenig zum nachdenken veranlasst hat, als er sah, dass sein Einfluss auf die fanatisierten menschen ganz und gar dahin war? Die einmal entfesselte Flut verschlingt alles, zuletzt auch den, der sie entfesselt hat. Aus der Entgegnung Böckel's auf die fragmentarischen Ausführungen Schreibens, der übrigens der Versammlung bis zum Schlusse beiwohnte, ist nur hervorzuheben, dass Böckel die Entrüstung Schreiber's über die Untaten der russischen Regierung gegen die Juden durchaus nicht teilt; 'Russland könne die Pollaken im Kaftan doch nicht mit Glacéhandschuhen anfassen', meinte er, und ehe man die russische Regierung tadle, müsse man zusehen, wie diese Juden es getrieben haben. Man darf sich über einen solchen Zynismus seitens unserer 'Urdeutschen' ja nicht mehr wundern, aber diese Äußerung des 'großen Führers' verdient, wie die 'Frankfurter Zeitung' meint, doch wohl besonders festgenagelt zu werden. Wir können angesichts des Verlaufs dieser Versammlung an die entschiedenen freisinnigen Elemente nur neuerdings die Mahnung richten, die bisherige laue Haltung aufzugeben und sich an dem agitatorischen Eifer der Antisemiten ein Beispiel zu nehmen: man könnte sonst bittere Erfahrungen machen."    

     
     
 
    
Fotos 
 

Fotos zur jüdischen Geschichte in Merenberg liegen - außer zum Friedhof - nicht vor; 
über Hinweise oder Zusendungen freut sich der Webmaster der "Alemannia Judaica"; Adresse siehe Eingangsseite. 
 
      

  
   
Links und Literatur

Links:  

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Website des Marktfleckens Merenberg   

Literatur:  

bulletPaul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. II S. 352-355 (innerhalb des Abschnittes zu Weilburg)   
bulletKeine Artikel zu Merenberg in den Publikationen von Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945? 1988 und dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994 und Neubearbeitung der beiden Bände 2007².
bulletStudienkreis Deutscher Widerstand (Hg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945. Hessen II Regierungsbezirk Gießen und Kasel. 1995 S. 138.  
bulletMartina Hartmann-Menz: Bernhard Kahn - Soldat im 1. Weltkrieg und "Schammes" aus Weilburg. 10 S. mit mehreren Abbildungen. 07/2021. Eingestellt als pdf-Datei.  
Beitrag zur Lebensgeschichte des am 10. August 1879 in Merenberg geborenen und am 15. März 1939 in Frankfurt gestorbenen Bernhard Kahn. Er starb, da er keine adäquate medizinische Betreuung mehr bekam. Er wurde als Synagogendiener in Weilburg im Zusammenhang mit dem Novemberpogrom 1938 mit anderen Weilburger Juden aufs Schlimmste verunglimpft. Sein Wegzug nach Frankfurt wurde öffentlich bejubelt.     

n.e.

  

                   
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Stand: 30. Juni 2020