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zu den Synagogen in
Baden-Württemberg
Lahr/
Schwarzwald mit Stadtteil Dinglingen (Ortenaukreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
(english
version)
In Lahr bestand bereits im Mittelalter
eine jüdische Gemeinde, die bei der Judenverfolgung während der Pestzeit 1349
vernichtet wurde (vgl. Angaben unten beim Abschnitt zur Synagoge).
Erst Mitte des 19. Jahrhunderts war in Lahr wiederum die Niederlassung
von Juden möglich. Nach 1862 zogen vermehrt Juden in die aufblühende
Industriestadt. Unter den ersten waren: Isak Herbst aus Rappenau,
der 1863 ein Schuhgeschäft eröffnete; Lazarus Maier aus Eichstetten,
der 1865 eine Eisenhandlung am Bärenplatz gründete; Samuel Rosenstiel aus Schmieheim
mit einer Altwarenhandlung in der Stadt (1870), Karl Haberer aus Friesenheim
mit einem Schuhgeschäft am Urteilsplatz (1876). 1875 wurden 48 jüdische
Einwohner in der Stadt gezählt. Von den 17 männlichen Gemeindegliedern im Jahr
1888 (Gründungsjahr der Gemeinde) stammten neun aus Schmieheim,
drei aus Nonnenweier,
je einer aus Friesenheim,
Gailingen, Eichstetten,
Feudenheim
und Rappenau.
Am 22. Juni 1888 wurde die jüdische Gemeinde begründet. An Einrichtungen
hatte die Gemeinde eine Synagoge (Betsaal, s.u.) und eine Religionsschule. Die
Toten der Gemeinde wurden im jüdischen Friedhof in Schmieheim
beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war seit 1888 ein
Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schächter tätig war (vgl.
Ausschreibungstexte unten). Als Aushilfskantor war nach 1896 in Lahr Bernhard
Kahn tätig (verheiratet mit Thekla geb. Rohrbacher), der aber später ertaubte
und seinen Dienst nicht mehr ausüben konnte. Die Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk
Schmieheim, nach Verlegung des Rabbinatssitzes 1893 zum Rabbinatsbezirk
Offenburg.
1900 lebten 141 jüdische Personen in der Stadt (1,1 % von insgesamt
13.577 Einwohnern); die höchste Zahl jüdischer Einwohner wurde um
1905 mit 143 Personen erreicht, um danach langsam zurückzugehen: 1925 118
(0,8 % von insgesamt 14.075 Einwohnern), 1933 96 jüdische Einwohner. Seit 1891
gehörten auch die in Dinglingen lebenden jüdischen Personen zur
Gemeinde in Lahr (1875 7, 1900 17, 1925 1 jüdischer Einwohner).
Auf dem Gefallenendenkmal des jüdischen Friedhofs Schmieheim
sind die Namen der vier jüdischen Gefallenen des Ersten Weltkriegs aus
Lahr verzeichnet: Friedrich [Fritz] Kahn (geb. 10.8.1897 in Lahr, gef.
25.7.1917), Robert Kahn (geb. 3.6.1884 in Kehl, gef. 9.10.1918), Philipp
Schnurmann (geb. 9.9.1891 in Lahr, gef. 4.7.1918), Herbert Wertheimer(geb.
21.12.1891 in Kippenheim, gef. 25.3.1918).
Um 1924 waren die Gemeindevorsteher Karl Maier und Ludwig Kaufmann. Der
Religionsunterricht der damals sieben schulpflichtigen jüdischen Kinder wurde
durch Hauptlehrer Salomon Bergheimer (in Lahr als Lehrer und Kantor seit
1906, siehe Bericht unten) erteilt. 1932 waren die Gemeindevorsteher
Berthold Ullmann (1. Vors.) und Dr. Ernst Hoffmann (2. Vors.). Weitere vier
Gemeindemitglieder gehörten dem Vorstand an. Lehrer Bergheimer hatte damals 12
Kindern Religionsunterricht zu erteilen. Als Schochet kam Herr Schwab aus Schmieheim
regelmäßig nach Lahr.
Von den bis nach 1933 bestehenden, jüdischen Familien gehörenden Handels-
und Gewerbebetrieben sind vor allem zu nennen: Zigarrenfabrik Isak Bloch (Voelckerstraße
1/11), Kurzwarenhandlung Nathan und Simon Dreyfuß (Marktplatz 5),
Herrenbekleidungshaus Adolf Friedmann (Kaiserstraße 27), Metzgerei und
Weinstube Karl Haberer (Zollamtsstraße 5), Schuhgeschäft Leo und Eugen Haberer
(Friedrichstraße 6), Eisenwarenhandlung Lazarus (später Carl) Maier (Kirchstraße
28), Ledergroßhandlung Berthold Ullmann (Alte Bahnhofstraße 3), Metallwerk
Hugo Weil, Fa. Oscar Weil (Tramplerstraße 27-31), Kaufhaus Wohlwerth (Marktstraße
52). Zu den jüdischen Kaufleuten und Händler kamen einige Lehrer (Bergheimer,
Kahn), Ärzte (Dr. Selma Wertheimer, Dr. Ernst Hofmann, Praxis Bismarckstraße
2) und Juristen (Hauser, Weinberg).
Mit der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 setzten auch in Lahr
die Repressalien gegen die jüdischen Bewohner ein. Von Jahr zu Jahr wurden
diese wie in ganz Deutschland immer mehr entrechtet und diffamiert, ihre Geschäfte
boykottiert. Ein Teil der jüdischen Einwohner konnte in der Folgezeit
emigrieren. Der Novemberpogrom 1938 wurde in Lahr vor allem von
Mitgliedern der Gebietsführerschule der Hitlerjugend durchgeführt. Die
Schaufensterscheiben der noch bestehenden jüdischen Geschäfte wurden
zerschlagen, die Fenster der jüdischen Häuser und Wohnungen eingeworfen, Möbel
auf die Straße geworfen. Auch der Betsaal wurde völlig demoliert (s.u.). 1939
mussten die hier noch lebenden jüdischen Einwohner in sogenannten "Judenhäusern"
zusammenziehen (z.B. im Haus Schlosserstraße 5/7). Am 22. Oktober 1940
wurden die letzten 21 jüdischen Bewohner der Stadt nach Gurs deportiert.
Von den in Lahr geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen
Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945") sowie bei H. Kattermann
s.Lit. unten): Alfred
Auerbacher (1938), Jakob Auerbacher (1880), Martha Auerbacher geb. Seligmann
(1903), Betty Baum geb. Meyer (1900), Leo Baum (1889), Margot Baum (1927), Hilde
Bergheimer geb. Zivi (1897), Lehrer Salomon Bergheimer (1887), Hilde Bernthal
(1893), Josef Bloch (1886), Tony Bloch geb. Baum (1889), Klara David geb. Kahn
(1879), Emma Dreyfuss geb. Wartensleben (1892), Ernst Dreyfuss (1884), Klara
Dreyfuss geb. Dessauer (1865), Ernst Fetterer (1906), Clara Frank geb. Meier
(1885), Max Frank (1880), Adolf Friedmann (1872), Bertha Friedmann geb.
Weinberger (1876), Ludwig Grünbaum (1904), Max Günzburger (1874), Anna Haberer
geb. Neuhaus (1883), Fanny Haberer geb. Baum (1887, Hilde Haberer geb. Wurmser
(1886), Julie Haberer (1892), Marie Haberer (1866), Toni Heimann verh.
Lindheimer (1904), Bella Isenberg geb. Kahn (1901), Jeanette Kahn (1864), Thekla
Kahn geb. Rohrbacher (1868), Thekla Kahn verh. Schweitzer (1877), Martin Krause
(1892), Mina Krause geb. Wertheimer (1892), Hans Herbert Lederer (1921), Jenny
Lederer geb. Wertheimer (1895), Leopold Lederer (1889), Walter Lederer
(1924), Auguste Löb geb. Hannover (1871), Karoline Löwenstein (1895), Rudolf Löwenthal (1908), Berthold Maier
(1877), Charlotte Maier geb. Dreyfuß (1885), Johanna Marx verwitwete
Oppenheimer geb. Dreyfuß (1887), Irma Neumann geb. Ullmann (1880), Frieda
Schnurmann verh. Fried (1877), Johanna Schnurmann (1864), Hermine Helene Stern
geb. Kahn (1874), Martin Stern (1879), Berthold (Bernhard) Ullmann (1884), Elsa
Ullmann geb. Heilbronner (1889), Johanna Ullmann geb. Scheich (1891), Oskar
Ullmann (1879), Bertha Weil geb. Schnurmann (1873), David Theo Weil (1900),
Moritz Weil (1873), Siegfried (Fritz) Weil (1882), Fanny Weinberg geb. Model
(1897), Max Weinberg (1884), Tilly Weißbart (1883), Kurt Wertheimer (1905).
Auf dem Friedrich-Ebert-Platz erinnert ein Mahnmal zur Erinnerung der jüdischen
Einwohner Lahrs in das Internierungslager Gurs in Südfrankreich. Ein
identisches Mahnmal aus Lahrs steht in der zentralen Gedenkstätte
in Neckarzimmern.
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1887 /
1893 / 1900 / 1901 / 1903 beziehungsweise eines Aushilfskantors 1924
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Oktober 1887:
"In
Lahr (Baden) soll zum ersten Male ein israelitischer Kantor,
Religionslehrer und Schächter angestellt werden.
Das Fixum beträgt 800 Mark. Nebeneinkünfte ca. 150 Mark.
Wenn derselbe eine gute Handschrift hat und Geschäftsbücher führen
kann, findet er in den größeren Geschäftshäusern Lahr's erheblichen
Nebenverdienst.
Da in Lahr noch kein Gemeinde-Vorstand existiert, so sind Meldungen
und Anfragen wegen der Stelle bis Mitte November ausschließlich an den
Unterzeichneten zu richten.
Schmieheim (Baden), im Oktober 1887: Großherzogliche
Bezirks-Synagoge. Dr. M. Ravicz." |
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Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 20. Oktober 1893:
"In der israelitischen Gemeinde Lahr ist die Stelle eines
Vorsängers,
Schächters und Religionslehrers sofort zu besetzen.
Gehalt 850, Schechitagebühren 300, sonstige Nebeneinkünfte ca. 150
Mark.
Ledige Kandidaten, welche im Besitz guter Zeugnisse sind, wollen sich bis
längstens 15. November dieses Jahres bei dem Unterzeichneten
melden.
Offenburg (Baden) im Oktober 1893. Die Bezirks-Synagoge. Dr. M.
Ravicz." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Oktober 1900:
"In
der israelitischen Gemeinde Lahr (Baden) ist die Stelle eines Religionslehrers,
Vorsängers und Schächters sofort zu besetzen. Das jährliche
Einkommen inklusive Schechita beträgt ca. 1.400 Mark und falls die
Befähigung zur Erteilung des Religionsunterrichts am Gymnasium
nachgewiesen wird, kommen weitere 180 Mark hinzu. Außerdem ist
Gelegenheit zu sonstigen Nebenverdiensten vorhanden. Berücksichtigt
werden nur unverheiratete Bewerber und sind Meldungen mit abschriftlichen
Zeugnissen bis zum 15. November dieses Jahres an den Unterzeichneten zu
richten.
Offenburg (Baden), im Oktober.
Die Bezirks-Synagoge: Dr. M. Rawicz." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. März 1901:
"Die
Stelle eines Religionslehrers, Schächters und Vorsängers in Lahr
(Baden) wird von Neuem zur Bewerbung ausgeschrieben. Das jährliche
Einkommen beträgt ca. 1.400 Mark und bei Übernahme des
Religionsunterrichts am Gymnasium kommen weitere 180 Mark hinzu. Nur
staatlich geprüfte Lehrer, die auch im Kantorate etwas leisten, können
berücksichtigt werden. Meldungen mit Zeugnisabschriften sind bis 1. April
dieses Jahres an den Unterzeichneten zu richten.
Offenburg (Baden).
Die Bezirkssynagoge:
Dr. M. Rawicz." |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 9. Juli 1903:
"Durch die Berufung des bisherigen Lehrers nach Heilbronn, ist
die
Vorsänger-, Schächter- und Religionslehrerstelle
in Lahr (Baden), neu zu besetzen. Das Fixum beträgt 850 Mark,
Einkünfte aus der Schechita 300 Mark, sonstige Gefälle ca. 100 Mark.
Für Übernahme des Rechner- und Ratschreiberdienstes bei der
israelitischen Gemeinde sind 90 Mark und für Erteilung des
Religionsunterrichts an der Realschule 80 Mark ausgeworfen, sodass mit der
Stelle ein Einkommen von 1420 Mark verbunden ist. Außerdem ist
Gelegenheit zu Nebenverdiensten in Lahr vorhanden. Berücksichtigt werden
nur unverheiratete Bewerber und wollen solche ihre Meldungen mit
Zeugnisabschriften bis 1. August dieses Jahres bei dem Unterzeichneten
einreichen.
Offenburg (Baden), im Juli 1903. Die Bezirks-Synagoge:
Dr. M. Rawicz." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Juli 1924:
"Aushilfskantor
für die Spätjahrsfeiertage gesucht.
Israelitische Kultusgemeinde
Lahr." |
Lehrer Salomon Bergheimer kommt nach Lahr
(1906)
Aus
einem Bericht über Entscheidungen des Oberrates in Baden im
"Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 16. November
1906: "Besetzt wurden folgende Religionslehrerstellen: Lahr durch
Lehrer S. Bergheimer von Diersburg..." |
Anmerkung: Lehrer Salomon Bergheimer war
bis in die NS-Zeit Lehrer und Kantor der Gemeinde. Er ist 1936 nach
Mannheim verzogen und wurde von dort 1940 nach Gurs verschleppt, später nach
Auschwitz, wo er ermordet wurde. |
Berichte
zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
Prozess vor dem Schöffengericht Lahr 1908
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Oktober 1908: "Lahr,
2. Oktober 1908. Ein interessanter Beleidigungsprozess spielte sich
gestern vor dem hiesigen Schöffengericht ab. Angeklagt war der Rentier Joseph
Kaufmann aus Lahr wegen Beleidigung des Hauptmanns von Denicke vom
Infanterie-Regiment Nr. 169. Der Angeklagte hatte behauptet, der Hauptmann
habe einen Einjährigen Dreyfuß seines israelitischen Glaubens wegen bei
seiner Beförderung übergangen. Die Anklage wurde auf Antragt des
Regiments erhoben. Die Verteidigung des Angeklagten lag in den Händen des
Rechtsanwalts Dr. Frank - Mannheim. In der Beweisaufnahme gab der als
Zeuge einvernommene Oberst von Randow auf Befragen des Verteidigers zu,
dass im Laufe des letzten Jahres eine kaiserliche Kabinettsorder durch den
Kriegsminister den Regimentern zur Kenntnis gebracht worden sei, in der
bestimmt wird, dass bei militärischen Beförderungen keinerlei
Unterschiede zwischen den Angehörigen der verschiedenen Konfessionen
gemacht werden dürfe. Er - der Oberst - fasse diese Kabinettsorder so
auf, dass sich diese Ordner nicht nur auf die Beförderung von Katholiken
und Protestanten, sondern auch auf die Beförderung von Juden beziehe, und
er fühle sich schwer beleidigt, wenn ihm jemand den Vorwurf mache, dass
er einer Allerhöchsten Kabinettsorder zuwiderhandle. Das Urteil des
Gerichts lautete auf 50 Mark Geldstrafe. Der Prozess ist vor allem deshalb
von Bedeutung, weil in ihm zum ersten Male authentisch die Existenz der
Kaiserlichen Kabinettsorder betreffs die gleichmäßige Berücksichtigung
aller Konfessionen bei militärischen Beförderungen festgestellt worden
ist." |
Persönlichkeiten und auf sie bezogene
Erinnerungsmale
Ludwig Frank. Der aus Nonnenweier stammende spätere Rechtsanwalt wohnte 1885 bis 1897 in Lahr (1893 Abitur am Gymnasium Lahr); an ihn erinnern in Lahr die Ludwig-Frank-Straße und das Seniorenzentrum
"Ludwig-Frank-Haus" (Marie-Juchacz-Straße 8).
Das Hedwig-Wachenheim-Haus (Am Schützenplatz 15) ist nach der aus Mannheim stammenden jüdischen Sozialpolitikerin und Publizistin benannt.
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Hochzeitsanzeige von Willy Hirsch und Ruth geb.
Ottenheimer (1935)
Anmerkung: Willy Jakob Hirsch (geb. 29. März 1898 in Karlsruhe) war
als Kaufmann und Vertreter tätig, wohnte 1931 in Lahr, Luisenstraße 14. Er
heiratete am 22. August 1935 Ruth geb. Ottenheimer (geb. 15. Februar 1908
in Ludwigsburg als Tochter von Adolf Ottenheimer und Henriette geb. Eichengrün,
die beide nach der Deportation in Maly Trostinec ermordet worden), als
Kontoristin tätig, angestellt in der Kanzlei von Rechtsanwalt Dr. Julius Schmal
in Ludwigsburg (1933 geschlossen), dann beim jüdischen Oberrat in Stuttgart und
schließlich in Feuerbach. Nach der Eheschließung wohnte das Paar in Lahr;
beide waren beim Einheitspreisgeschäft tätig; beide sind 1937 in die USA
emigriert. 1939 ist Sohn Ernest geboren. Um 1964 lebte das Ehepaar Hirsch in
Brooklyn, seit 1968 in Kalifornien (noch um 1980 in Albany, CA.). Sohn Ernest
hat den Grad eines Ph.D. in physikalischer Chemie erworben (verheiratet in
Kalifornien, drei Töchter). Quelle: Hahn, Jüdisches Leben in Ludwigsburg S.
493-494.
Ruth Hirsch geb. Ottenheimer starb am 22. Januar 1989 in Alameda Ca. http://www.geni.com/people/Ruth-Hirsch/6000000027649880019
Willy (William) Hirsch starb am 4. Januar 1985 in Contra Costa County, Ca http://www.geni.com/people/William-Willy-Hirsch/6000000027649938215
Artikel in der "Gemeindezeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. August 1935:
"Ihr Vermählung geben bekannt
Willy Hirsch - Ruth Hirsch geb. Ottenheimer
Lahr i. Baden Amtmann-Stein-Str. 12 -
Ludwigsburg.
Trauung: 25.8., 1 Uhr, Synagoge Ludwigsburg.
Hochzeit: Restaurant Bloch, Stuttgart". |
Zur Geschichte des Betsaals/der Synagoge
Das
mittelalterliche Wohngebiet lag in der "Judengasse" (heute Lammstraße
und Metzgerstraße), wo sich auch eine Synagoge und ein "Judenbrunnen"
befanden. Der Judenbrunnen, die Judengasse und ein Jude namens Michel werden im
Lahrer Bürgerbuch von 1356 genannt. Auf dem Plan links sind Judengasse und der
Brunnen - zwischen dem ersten und zweiten Mauerring gelegen - eingetragen: die
Judengasse links der Mitte des Planes; in der Mitte der Gasse ein Punkt, der den
Judenbrunnen markiert.
(Plan der mittelalterlichen Stadt Lahr nach der ersten Vermessung von Deißinger
aus dem Jahre 1791).
Die Gemeinde des 19./20. Jahrhunderts konnte 1888
einen Betsaal im Obergeschoss des Hauses Bismarckstraße 12 einrichten.
Am 27. September war die Einweihung des Saales, verbunden mit der Einweihung
einer neuen Torarolle, die David Weill aus Kippenheim gestiftet hatte.
Bezirksrabbiner Dr. Victor Meyer Rawisz aus Schmieheim hielt die Weiherede. Der
Lahrer Gemeinderat wurde zu diesem Fest eingeladen, einige Mitglieder waren auch
erschienen. Nach der religiösen Feier folgte ein Festessen mit Tanz im Gasthaus
zur Sonne.
Der Betsaal war sehr schlicht eingerichtet, ohne farbigen
Wandschmuck. Männer und Frauen saßen in voneinander getrennten Bankreihen. In
der Mitte vor der Gemeinde war auf einem Tisch ein einfacher Toraschrein
aufgestellt, daneben eine Menora. Davor hatte, etwas erhöht, der Vorbeter
seinen Platz. Links vorne stand ein Harmonium. Ein Sängerchor – bestehend aus
einigen Kindern und mehreren der jüdischen Frauen – fand seinen Platz neben
dem Harmonium.
Aus der Broschüre von H. Kattermann S. 11-12 über "Kulträume und
Gottesdienst" in Lahr: "Die Kulträume waren sehr schlicht
eingerichtet, ohne farbigen Wandschmuck. Männer und Frauen saßen getrennt in
zwei Bankreihen, wie das in Synagogen üblich ist. In der Mitte vor der Gemeinde
war aufn einem Tisch die Torarolle aufgestellt und daneben der siebenarmige
Leuchter. Davor stand, etwas erhöht, der Vorleser, um aus der Tora ... den
jeweiligen Text vorzulesen. Über der Kanzel hing das ewige Licht.
Links vor der Gemeinde standen Harmonium und Sängerchor. Herr Götz Samuel
Hauser (geb. 1924) ... berichtet in einem Brief: "Herr Salomon
Bergheimer war Kantor und war auch wie ein Rabbiner tätig. Er war auch
gleichzeitig Lehrer für Religion.
Gottesdienst war jeden Freitag abend und Samstag morgen und natürlich an allen
Festtagen. Frau Hofmann (Frau von Dr. Hofmann) spielte Harmonium, während der Sängerchor
(wir Kinder und ein paar der Frauen) sang. An Festtagen sang Frau Hofmann solo
(bei der Seelenfeier am Versöhnungstag immer Schuberts Lied: 'Allerseelen').
An hohen Feiertagen wurde auch das Schofarhorn geblasen, eine schwere Kunst,
anfangs des Jahrhunderts blies es Viehhändler Leopold Wertheimer.
Der Religionsunterricht war in einem Zimmer neben dem Betsaal und später auch
in einer der Wohnungen. Ruth Hofmann und ich hatten (nach 1933) unseren
Unterricht in unserer Wohnung. http://www.badische-zeitung.de/lahr/wenn-das-haus-geschichte-atmet--85229310.html
In den Jahren 1934/36 wanderten verschiedene Familien schon aus, und es war dann
am Samstag morgen schon schwieriger 'Minien' zu bekommen... Die Festtage waren
immer sehr festlich und der Betsaal war ziemlich
voll".
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Beim Novemberpogrom 1938 wurde der Betsaal von
Mitgliedern der Gebietsführerschule der Hitlerjugend in Lahr demoliert. Sie
warfen die Kultgegenstände aus dem Betsaal auf die Straße. Nach 1938 war noch ein Betsaal im Haus der jüdischen
Familie Schnurmann vorhanden (Schlosserstraße 7). In dieses Haus wurden 1939/40
auch einige Familien, die noch in Lahr geblieben waren, zwangsweise einquartiert
("Judenhaus").
Das Haus des Betsaales Bismarckstraße 12 ist als Wohnhaus
erhalten. Eine Gedenktafel ist angebracht.
Fotos
Historisches Foto:
Fotos nach 1945/Gegenwart:
Fotos um 1985:
(Fotos: Hahn) |
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Das Haus Bismarckstraße 12 in Lahr, wo sich im oberen Stock der
Betsaal
der Gemeinde befand |
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Fotos 2003:
(Fotos: Hahn,
Aufnahmedatum 1.9.2003) |
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Das Haus Bismarckstraße 12 |
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Ansicht vom Hinterhof |
Eingang mit Gedenktafel |
Gedenktafel |
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Das Gebäude
Schlosserstraße 7 (Familie Schnurmann), in dem nach 1938
(vermutlich bis
1940) Gottesdienste gefeiert wurden |
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Gedenkstein zur
Erinnerung
an die Deportation nach Gurs
(Foto: Stadtarchiv Lahr) |
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Der Gedenkstein am
Friedrich-Ebert-Platz wurde am 24.
Oktober 2015 aufgestellt; ein Zwillingsstein steht in der Gedenkstätte
Neckarzimmern
Auf der Granitstele ist auf der einen Seite der "Davidstern" zu
sehen, auf zwei weiteren Seiten zwei Inschriften: 'Deportation der Juden
aus Lahr nach Gurs 22.10.1940' und ein Zitat des früheren
Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker: 'Wer vor der Vergangenheit die
Augen verschließt, wird blind für die Gegenwart'. Umschlungen wird der
Stein von einem Stahlseil, das Gewalt und Verletzung symbolisieren
soll. |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
November 2011:
Putzaktion für die "Stolpersteine" in
der Stadt |
Artikel von "zena" in der
"Badischen Zeitung" vom 19. November 2011: "Glänzende
Stolpersteine, weiße Rosen und Kerzen.
Lahr. Fünf Stolpersteine sind in den Boden in der Lotzbeckstraße 15
eingelassen. Dort hat die jüdische Familie Lederer gewohnt, die am 22.
Oktober 1940 ins südfranzösische Gurs deportiert wurde. Vergangenen
Donnerstag hat die Regionalgruppe Geroldsecker Land des Historischen
Vereins für Mittelbaden in ihrer jährlichen Stolperstein-Aktion den
Lahrer Juden gedacht..."
Link
zum Artikel - auch eingestellt
als pdf-Datei. |
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März/Mai 2014:
2014 werden weitere "Stolpersteine"
verlegt |
Ende 2013 hat die Regionalgruppe
Geroldsecker Land des Historischen Vereins für Mittelbaden die organisatorische Betreuung der Verlegung der Stolpersteine in Lahr übernommen. 2014 sollen insgesamt 19 Gedenksteine für Opfer des Nationalsozialismus verlegt werden.
Link
zu einer Pressemitteilung bei bo.de |
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19 Stolpersteine werden diesmal verlegt (veröffentlicht am Mo, 19. Mai 2014 auf badische-zeitung.de) |
19 weitere Stolpersteine werden in Lahr verlegt (veröffentlicht am Mi, 21. Mai 2014 18:24 Uhr auf badische-zeitung.de) |
Wenn das Haus Geschichte atmet (veröffentlicht am Fr, 23. Mai 2014 auf badische-zeitung.de) |
Hinweis: "Stolpersteine" wurden
verlegt für folgende jüdische Personen: Adolf Friedmann, Bertha
Friedmann, Erich Friedmann, Leo Haberer, Anna Haberer, Hilda Haberer,
Hilda Haberer geb. Wurmser, Marie Haberer, Eugen Haberer, Hede Haberer,
Karoline Groß, Delphine Kassewitz geb. Haberer, Bernhard Berthold
Ullmann, Johanna Ullmann geb. Schweich, Hans Siegbert Ullmann, Edith
Ullmann, Ruth Ullmann. |
"Erinnerung
an das Schicksal Johanna Ullmanns" (Artikel in der
Lahrer Zeitung vom 3. September 2014) |
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Oktober 2014:
Über
die Recherchen von Norbert Klein zur Reichspogromnacht in Lahr 1938 |
Es gab kein Interesse an der Wahrheit (veröffentlicht am Do, 16. Oktober 2014 18:48 Uhr auf badische-zeitung.de) |
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November 2014: Buch über Stolperstein-Opfer
erschienen |
Schüler haben ein Buch über Stolperstein-Opfer zusammengestellt (veröffentlicht am Fr, 28. November 2014 16:32 Uhr auf badische-zeitung.de) |
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Oktober 2015:
Neues Mahnmal zur Erinnerung an die Deportation
nach Gurs erstellt. |
Am 24. Oktober wurde zum 75. Jahrestag der
Deportation nach Gurs ein Mahnmal aufgestellt (siehe Foto
oben) |
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September 2016:
Auf den Spuren der jüdischen Kultur am
Europäischen Tag der Jüdischen Kultur mit Juliana
Bauer |
Artikel von Stephan Tissot in der
"Mittelbadischen Presse" (baden online.de) am 5. September 2016:
"Lahr/Schwarzwald. Einblicke ins jüdische Leben. Am Tag der jüdischen Kultur macht Juliana Bauer Führung zum ehemaligen jüdischen Leben in Lahr
Die Geschichte der Juden in Lahr ist viel älter, als die Gräuel des Dritten Reiches. Auf Einladung des Historischen Vereins Mittelbaden hat die Kulturhistorikerin Juliana Bauer gestern rund 50 Interessierte durch die Stadt geführt.
Der Rundgang begann gestern am Gurs-Mahnmal zur Erinnerung an die deportierten Juden, das sich auf dem Friedrich-Ebert-Platz befindet. Am Ende der Führung, bei der es viele Stolpersteine zu sehen gab, erzählte die Kunst- und Kulturhistorikerin Juliana Bauer, was man über die Juden des Mittelalters in Lahr wisse. Die Westseite des heutigen Marktplatzes war bis 1876 als Judengasse bekannt. Nachdem die Juden im Jahr 1862 Freizügigkeit bezüglich ihres Wohnortes erhielten und per Gesetz gleichgestellt wurden, zogen viele Juden der Umlandgemeinden in die Stadt.
Aber Juden müsse es bereits ab dem frühen 14. Jahrhundert in Lahr gegeben haben. Bauer bemühte dazu das berühmte Bürgerbuch aus dem Jahr 1356, das im Rückblick Juden als
'Bürger von Lahr' erwähnte. Warum im Rückblick? Man sei sich heute sicher, dass sich Juden in Lahr zwischen 1330 und 1349 angesiedelt haben. So erwähnt das Bürgerbuch einen Judenbrunnen und eine Judengasse. Die Gasse sei nur so genannt worden, wenn hier mehrere Familien gewohnt hätten..."
Link
zum Artikel |
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Mai und September
2015, Juni 2016 und Mai 2017: Weitere
Stolpersteine werden verlegt |
Im Mai 2015 wurden am Lahrer
Marktplatz Stolpersteine zur Erinnerung an die jüdische Familie Dreyfuß
verlegt: für Klara Dreyfuss geb. Dessauer (1865), Ernst Dreyfuß (1884),
Emma Dreyfuß geb. Wartensleben (1892), Lore Dreyfuß (1921). Ernst
Dreyfuß betrieb im Eckhaus am Marktplatz (heute Geschäft Fielmann) einen
Warenhandel. Ernst und Emma Dreyfuß wurden 1942 im KZ Auschwitz ermordet.
Die angeheiratete Tante Klara starb 1941 im Lager Gurs. Tochter Lore
konnte 1937 nach England emigrieren. |
Im September 2015 wurden drei
Stolpersteine in der Marktstraße 15 verlegt für Mitglieder der
jüdischen Familie Maier: Berthold Maier (aus Hilsbach bei Sinsheim) hatte
hier 1902 ein Schuhgeschäft eröffnet. Seit 1910 war er verheiratete mit
Charlotte geb. Dreyfuß. Die beiden wurden 1940 nach Gurs deportiert, 1942
nach Auschwitz, wo sie ermordet wurden. Der Sohn Otto Maier (geb. 1915)
konnte 1935 nach Palästina emigrieren. Er fiel 1948 im israelischen
Unabhängigkeitskrieg. Ein weiterer Stolperstein wurde verlegt für die
Ärztin Selma Wertheimer, die im Gebäude Friedrichstraße 7, dem heutigen
Stiftsschaffneigebäude ab 1931 ihre Praxis hatte.
Seit der Verlegung im September 2015 gibt es in Lahr insgesamt 52
Stolpersteine an 25 Orten.
Presse-Artikel in der "Lahrer Zeitung" vom 10. September 2015: http://www.lahrer-zeitung.de/inhalt.lahr-jetzt-52-stolpersteine-in-lahr.5425e5fa-e8af-405c-8d48-a85a9300421a.html |
Im Juni 2016 wurden an der Ecke
Lotzbeckstraße/Schubertstraße vier Stolpersteine verlegt. Sie erinnern
an Jakob und Cilly Schwarz (Inhaber eines Elektrogeschäftes in der
Lotzbeckstraße 11) und ihre Kinder Ruth und Hans; die Familie emigrierte
1937 aus Deutschland in die USA. Zwei weitere an der Feuerwehrstraße 40
für das Ehepaar Jakob und Fanny Possenheimer. Sie waren die Eltern von
Cilly Schwarz und konnten ebenfalls noch in die USA emigrieren, ein Jahr
nach der Familie Schwarz. |
Presseartikel: Sechs neue Stolpersteine in Lahr (veröffentlicht am Sa, 18. Juni 2016 auf badische-zeitung.de) |
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Am 2. Mai 2017 wurde ein Stolperstein
verlegt für Johanna Schnurmann (siehe Fotos unten). Sie wohnte Schlosserstraße 7, wo ab
November 1938 auch der Gebetsraum der jüdischen Familien der Stadt
eingerichtet worden war (später das sogenannte "Judenhaus"). Da
Frau Schnurmann jedoch die letzten Lahrer Monate im Altersheim Spital
verbrachte (gegenüber dem Haus Bismarckstraße 12, worin sich 50 Jahre
lang die Synagoge befand) und von wo aus sie nach Gurs deportiert wurde,
wird der Stein dort verlegt. |
Presseartikel (Lahrer Anzeiger, Baden
Online) vom 20. April 2017 zur Verlegung des Stolpersteines für Johanna
Schnurmann: "Für
Johanna Schnurmann: Weiterer Stolperstein in Lahr..." (als
pdf-Datei eingestellt) |
Mai
2017: Fotos von der
Stolperstein-Verlegung für Johanna Schnurmann
(Fotos von Gernot Bauer)
Anmerkung: mit diesem Stolperstein liegen in Lahr insgesamt 59 dieser
Gedenksteine |
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Gunter Demnig
bei der
Verlegung |
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Musikalische
Begleitung
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Niederlegen einer
weißen Rose |
Der Stolperstein für
Johanna Schnurmann |
Zur Verlegung siehe
Bericht in der "Lahrer Zeitung" am 3. Mai 2017: "Erinnerung
an das Schicksal von Johanna Schnurmann..."
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Februar 2018:
Verlegung von Stolpersteinen
für Familie Friedmann
Anmerkung: Vor dem Haus Kaiserstraße 27 wurden drei Stolpersteine für
Familie Friedmann verlegt |
Artikel von Juliana Eiland-Jung
in der "Badischen Zeitung" vom 20. Februar 2018: "Lahr. Drei
Stolpersteine für Familie Friedmann verlegt
Lahr. Eine zugige Ecke in der Lahrer Innenstadt an einem trüben
Wintertag. Nach der halben Stunde, die die Stolpersteinverlegung in
Erinnerung an die ehemaligen jüdischen Besitzer des markanten
Jugendstilgebäudes in der Kaiserstraße 27 dauert, kriecht die Kälte die
Beine hoch. Doch dann berichtet Norbert Klein vom Historischen Verein
Mittelbaden davon, dass Adolf und Bertha Friedmann im November 1942 und im
Februar 1943 mit dem Zug von ihrem Exilort Paris nach Auschwitz deportiert
wurden, auf dem direkten Weg in die Gaskammern der Nazis. Und es erscheint
einem gerade angemessen, dass die Erinnerung an diese schweren Verbrechen
nicht im geheizten Saal stattfindet. Der Künstler Gunter Demnig hat die
Symbolkraft des Auf die Knie-Gehens, des Sich-Verbeugens vor dem Schicksal
der Opfer des Nationalsozialismus in sein Stolperstein-Projekt
eingeschrieben. In 22 Ländern sind seit 1992 rund 63000 Steine verlegt
worden, 59 davon in Lahr. Angesichts der 6 Millionen europäischen Juden und
weiterer Opfer unter Sinti und Roma, psychisch Kranken und Behinderten,
politisch Verfolgten und Homosexuellen sei das nur ein 'kleiner Beitrag', so
Gunter Demnig. Dass seine Idee allerdings so große Kreise zieht, begrüßte er
bei seinem Besuch in Lahr. Doris Gerteis, die sich um die Recherche der
Biografien der Lahrer Juden und um die Organisation und Finanzierung der
Stolpersteine kümmert, schilderte die Lebenswege der Familie Friedmann.
Beide Töchter überlebten den Holocaust. Die beiden Töchter Gertrud
und Betty überlebten den Holocaust. Ihre Eltern Adolf und Bertha Friedmann
waren 1899 nach Lahr gekommen und hatten auf der gegenüberliegenden Seite
der Kaiserstraße ein Bekleidungsgeschäft eröffnet. Das Jugendstilgebäude, in
Lahr weithin als 'Menzer-Gebäude' bekannt, wurde 1906 erbaut, berichtete
Norbert Klein. Schon am 1. April 1933 wurden Kunden daran gehindert, dort
einzukaufen. Sohn Erich Friedmann wanderte noch im gleichen Jahr nach Paris
aus und verübte 1934 aus unbekannten Gründen dort Selbstmord. Seine Eltern
verkauften ihr Geschäft und zogen 1934 zunächst nach Frankfurt und 1939 nach
Paris. Durch die Kollaboration der französischen Vichy-Regierung wurden sie
dort 1942 festgenommen, nach Auschwitz deportiert und dort umgebracht.
Seit 2014 liegen die Stolpersteine für die Familie Friedmann schon im
Stadtarchiv. Stadthistoriker Thorsten Mietzner erläuterte, dass zunächst
abgewartet werden sollte, bis die Dauerbaustelle abgeschlossen ist. Auch
wenn das immer noch nicht der Fall sei, habe man sich entschlossen, die
Steine nun zu verlegen, da zumindest der Außenbereich nun wiederhergestellt
sei. Mietzner wünschte sich, dass man sich an die ehemaligen jüdischen
Mitbürger nicht nur als Opfer erinnert und verwies auf die Eröffnung des
Stadtmuseums am kommenden Wochenende. Ob der Name des Hauses im
Alltagssprachgebrauch wieder zu 'Haus Friedmann' werden wird, muss
abgewartet werden. Auf jeden Fall wird am Haus demnächst auch eine
Gedenktafel an die ursprünglichen Besitzer und Erbauer erinnern. "
Link zum Artikel |
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September 2018:
Europäischer Tag der jüdischen
Kultur |
Dazu Bericht von Endrik Baublies
in Baden-online.de vom 3. September 2018: "Europäischer Tag der jüdischen
Kultur. Führung durch die Innenstadt: Wo Juden in Lahr lebten..."
Link zum Artikel |
weiterer Bericht von Endrik
Baublies in der Lahrer Zeitung vom 3. September 2018: "Lahr. Auf den
Spuren jüdischen Lebens in Lahr..."
Link zum Artikel |
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Juli 2019:
Spenden für Stolpersteine gesucht
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Artikel in der "Lahrer Zeitung"
vom 10. Juli 2019: "Sponsoren für Stolpersteine gesucht. In Lahr ist
eine weitere Verlegung im Frühjahr 2020 für die jüdische Familie Weil
geplant.
LAHR (BZ). Die Lahrer Stolperstein-Initiative sucht Sponsoren für
drei weitere Stolpersteine, die im Frühjahr 2020 verlegt werden sollen.
Stolpersteine finanzieren sich über Spenden, ein Stein kostet 120 Euro. Das
Geld geht vollständig an Gunter Demnig und sein Team. Mit den Stolpersteinen
soll der jüdischen Familie Weil gedacht werden, die im Neuwerkhof 8 wohnte.
Moritz Weil wurde 1873 in Emmendingen geboren, seine gleichaltrige Frau
Bertha (geborene Schnurmann) in Schmieheim. Hochzeit war am 1. August 1899
in Lahr. Bertha brachte den Sohn Philip (geboren 1891) mit in die Ehe, der
im Ersten Weltkrieg starb. Der gemeinsame Sohn David Theo wurde 1900 in Lahr
geboren. Moritz und David Theo Weil handelten mit Rohprodukten und Alteisen
in einem Schuppen auf dem Lahrer Bahngelände, heißt es in dem Bericht von
Doris Gerteis, Mitinitiatorin der Stolperstein-Aktion in Lahr. David Theo
wohnte bei seinen Eltern. Moritz war im Fußballverein, aus dem er nach der
Machtergreifung Hitlers ausgeschlossen wurde. Vater und Sohn wurden nach der
Reichspogromnacht am 11. November 1938 in das Konzentrationslager Dachau
deportiert. Nach ein paar Wochen Inhaftierung konnten sie nach Lahr
zurückkehren, wo sie bald aus ihrer Wohnung im Neuwerkhof vertrieben wurden
und zwangsweise in das sogenannte Judenhaus in der Schlosserstraße umziehen
mussten. Am 22. Oktober 1940 wurden Moritz, Bertha und David Theo Weil mit
21 Lahrer Juden in das Internierungslager Gurs deportiert. 'Man nannte Gurs
den 'Vorhof der Hölle', wo Hunger, Kälte, Feuchtigkeit, Schlamm, Ungeziefer
und Krankheiten herrschten', heißt es in dem Bericht. Von dort ging der
Leidensweg von David Theo Weil und seinen Eltern weiter. Im August und
September 1942 wurden sie in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert
und am Tag der Ankunft ermordet.
Spendenkonto: Historischer Verein Mittelbaden, Regionalgruppe
Geroldseckerland, Sparkasse Offenburg/Ortenau DE60 6645 0050 0004 8881 71,
SOLADES10FG."
Link zum Artikel |
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September 2019:
Europäischer Tag der jüdischen
Kultur |
Artikel von Endrik Baublies in
Baden-online.de vom 3. September 2019: "Auf den Spuren jüdischen Lebens in
Lahr.
Die Geschichte der jüdischen Kultur in Lahr beginnt im Spätmittelalter. Am
Sonntag erzählte die Historikerin Juliana Bauer zum Gedenktag der jüdischen
Kultur etwas über die 60 Stolpersteine in der Innenstadt, über eine
Judengasse, einen Judenbrunnen und die Zusammenhänge mit der Pest und dem
Lahrer Bürgerbuch. Sicher ist, vor dem systematischen Pogrom Mitte des 14.
Jahrhunderts an Juden, hat es eine – wohl nur kleine – jüdische Gemeinde in
Lahr gegeben. Am Ende der Führung stellte Bauer vor, was man darüber heute
weiß. Am Westende des Marktplatzes, zwischen Lammstraße und Metzgerstraße,
war bis 1876 eine Judengasse bekannt. Über diese Gemeinde nach der Gründung
der Stadt bis zum Pogrom weiß man aber kaum etwas. Amtmann Stein, der erste
Lahrer Chronist, berichtet von der Judengasse Anfang des 19. Jahrhunderts.
Ein recht genauer Plan der Stadt von 1791 zeigt ebenfalls die Judengasse und
einen Judenbrunnen. Bauer ergänzte, dass es eine Synagoge im 13. Jahrhundert
sicher nicht gegeben habe. Dazu sei die Gemeinde zu klein gewesen. Da eine
Gasse und der Brunnen so benannt wurden, bedeute, dass es aber mehrere
jüdische Familien gegeben haben muss.
Pestwelle. Einen – allerdings nur noch indirekten – Hinweis auf Juden
in Lahr liefert das Bürgerbuch aus dem Jahr 1356. Ein 'Michel, der Jude'
wird mehrfach aufgeführt. Das sei aber im Rückblick geschehen. Juden konnten
kein Bürgerrecht erwerben. Der genannte Michel, Einwohner mosaischen
Glaubens, wird aber, das taucht in der Quelle mehrfach auf, ein Haus und
Stallungen in der Judengasse gehabt haben. Er muss also zumindest recht
vermögend gewesen sein. Der Pogrom 1349 am gesamten Oberrhein bedeutete
sicher auch das Ende der Juden in Lahr. Darüber berichtet das Bürgerbuch
allerdings nichts. Bauer verwendet eine zweite Quelle, die berichtet, dass
alle Lahrer Juden das Pogrom nicht überlebt hatten. Das 'Nürnberger
Memorbuch' zählt alle jüdischen Märtyrer vom Ende des 11. bis zum Ende des
14. Jahrhunderts auf. Die Lahrer Juden sollen der Quelle zufolge alle Opfer
gewesen sein. Namen oder Details sind hier nicht aufgeführt. Warum aber
wurden die Juden damals verfolgt? Ein – vorgeblicher – Grund war die
Pestwelle Mitte des 13. Jahrhunderts, die über Marseille eingeschleppt
wurde. Die Begründung, die Juden hätten Brunnen vergiftet, daher der
Ausbruch der Pest, ist für ein Pogrom in Lahr oder in Baden aber mehr als
fraglich. Die Pogrome in Basel, Freiburg oder Straßburg fanden vor dem
Ausbruch der Pest statt. Also kann Lahr da auch nicht betroffen gewesen
sein. Eine andere Erklärung für die Verfolgung präsentierte Bauer mit einem
dokumentierten Treffen in Benfeld (Elsass). Darunter Walter III. 'von
Geroltzecke und Tubinga' sowie andere christliche, adelige Gläubiger.
Amtmann Stein als Quelle zählt die Geroldsecker zu den Teilnehmern des
Landtags, in dem das Pogrom beschlossen wurde. Da bleiben nur Schulden als
Motiv übrig, die Christen zu den Verfolgungen bewegt hatten.
Stolpersteine. Nach dem Pogrom im 13. Jahrhunderts ist über Juden in
Lahr in den folgenden Jahrhunderten nichts mehr bekannt. Erst in der Mitte
des 19. Jahrhunderts entstand wieder eine kleine jüdische Gemeinde in Lahr.
Um 1900 waren etwa 140 Juden in Lahr. Die Zahl sank rapide nach dem 30.
Januar 1933. Am 20. Oktober 1940 wurden die letzten 21 Juden, die in Lahr
geblieben waren, zuerst nach Gurs in den Pyrenäen gebracht. Wer da nicht
irgendwie entkam, wurde nach der Wannseekonferenz am 20. Januar 1942 nach
Auschwitz deportiert. Die 60 Stolpersteine bezeichnen die Stellen, an denen
Juden in der Stadt Lahr lebten und starben."
Link zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Quellen:
Literatur:
 | Franz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden.
1968. S. 176-177. |
 | Germania Judaica II,1 S. 463-464. |
 | Hildegard Kattermann: Geschichte und Schicksale der Lahrer Juden
(Hg. Stadtverwaltung Lahr), 1979². |
 | Jürgen Stude: Die Lahrer Juden, in: Geschichte
der Stadt Lahr. Band 3. 1993.
|
 | Uwe Schellinger: Der Tod des Kantors: Salomon
Bergheimer (1887-1942) aus Lehr. In: "Storchenturm" -
Infobroschüre für Lahr. Jg. 20. Januar 2010. S. 3-7. |
 | Stolpersteine in Lahr. Ein Geschichtsprojekt mit
Schülerinnen und Schülern der Klasse 10a der Friedrichschule in Lahr.
Hrsg. vom Historischen
Verein Mittelbaden. Regionalgruppe Geroldsecker Land. 96 S. 9,90 €. |

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Lahr (in Jewish sources, Lara) Baden. The small 14th
century community, inhabiting a special quarter with a synagogue, was destroyed
in the Black Death persecutions of 1348-49 and only renewed in the late 19th
century, after emancipation. The Jewish population grew to 141 by 1900 (of a
total 13,557). Jews operated large wholesale establishments (shoes, clothing,
metal products) and factories, including one of the largest steel plants in
Europe. In 1933 the Jewish population stood at 96. Community life expanded,
including Zionist activity, with the Habonim youth movement operating from 1935.
By 1938, 58 Jews had left, 31 emigrating from Germany (including 14 to the
United States). Another eight emigrated in 1939-40 after Kristallnacht
(9-10 November 1938), when Jewish homes and businesses were vandalized and
Jewish men detained at the Dachau concentration camp. Twenty Jews were deported
to the Gurs concentration camp on 22 October 1940; another four were deported to
the camps from Holland and seven from other German cities after leaving Lahr. Of
all these, only four survived the Holocaust.

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