Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Kördorf mit Herold (VG Katzenelnbogen) 
und Attenhausen (VG Nassau, Rhein-Lahn-Kreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule   
bulletZur Geschichte der Synagoge   
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bulletLinks und Literatur   

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)                  
    
In Kördorf bestand eine jüdische Gemeinde bis nach 1933. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück. Erstmals werden um 1700 Juden am Ort genannt. 
    
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: in Kördorf 1843 39 jüdische Einwohner, 1871 30 (5,4 % von insgesamt 551 Einwohnern), 1885 34 (5,9 % von 559), 1895 33 (5,9 % von 559), 1900 24, 1905 22 (4,1 % von 533), 1910 23. Zur Gemeinde gehörten auch die in Seelbach (ursprünglich auch mit Kalkofen), Attenhausen (hier werden Juden bereits seit 1686 und 1721 genannt) und Herold lebenden jüdischen Personen. 1843 lebten in Attenhausen neun, in Herold zehn jüdische Einwohner, 1905 in Attenhausen zwölf jüdische Einwohner. 1932 waren es in Kördorf 18, Seelbach fünf, in Attenhausen 14 und in Herold zwei jüdische Einwohner. Die jüdischen Familien verdienten den Lebensunterhalt durch Handel, insbesondere durch Viehhandel, lebten aber insgesamt in sehr einfachen bis armseligen Verhältnissen. 
   
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule (Religionsschule), vermutlich ein rituelles Bad und ein Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war zeitweise - in Verbindung mit anderen Gemeinden der Umgebung, insbesondere Singhofen und Seelbach -  ein jüdischer Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. 1840 wurde der damalige Religionslehrer Kahn in Kördorf durch Dr. Benjamin Hochstädter aus Langenschwalbach mit zufriedenstellendem Ergebnis visitiert. 1864 wird ein Lehrer Aron in Kördorf bei einer Lehrerkonferenz genannt (siehe Bericht unten). 1915/16 gab es in Kördorf noch vier schulpflichtige Kinder, denen Religionsunterricht erteilt wurde. Die Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk (Bad) Ems (später Bad Ems-Weilburg). 
 
Ein wichtiger Verein für die in den Orten Kördorf und Umgebung lebenden jüdischen Familien war der 1752 gegründete "Wohltätigkeitsverein" mit Mitgliedern in Ems, Dausenau und Nassau, der den Synagogenverband Kördorf auf Grund der Armut seiner Mitglieder unterstützte.   
  
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Leopold Rosenthal aus Herold (geb. 25.12.1890 in Herold, gef. 7.9.1914). Außerdem ist gefallen: Unteroffizier Otto Löwenberg (geb. 23.4.1896 in Kördorf, lebte vor 1914 in Limburg/Lahn, gef. 24.3.1918)          
 
Um 1924, als zur Gemeinde 28 Personen gehörten (5,4 % von insgesamt 516 Einwohner), waren die Gemeindevorsteher Berthold Löwenberg, Carl Blumenthal und Albert Rosenthal (in Herold). Damals gab es noch fünf jüdische Kinder der Gemeinde, die Religionsunterricht durch einen auswärtigen Lehrer erhielten. 1932 waren die Gemeindevorsteher Karl Blumenthal (1. Vors.), Albert Rosenthal (Herold, 2. Vors.) und Leopold Blumenthal (Schatzmeister).    
   
1933 gehörten zur jüdischen Gemeinde noch 19 jüdische Personen. In den folgenden Jahren sind die meisten von ihnen auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. 1942 wohnte noch ein jüdischer Mann am Ort.  
  
Von den in Kördorf geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Jenny Berg geb. Löwenberg (1879), Sabine Goldschmidt geb. Löwenberg (1868), Martha Hartogs geb. Blumenthal (1889), Franziska Leopold geb. Löwenberg (1865), Adolf Löwenberg (1877), Leo Löwenberg (1908), Moritz Löwenberg (1871), Rosa Löwenberg (1885), Thea Löwenberg (1922), Bertha Seligmann geb. Blumenthal (1879), Salomon Abraham Seligmann (1873). 
   
Aus Attenhausen sind umgekommen: Paula Herz geb. Levita (1900), Johanna Leopold geb. Levita (1898), Hermann (Heymann) Sonneberg (1878), Karl Sonneberg (1883), Martha (Mathilde) Sonneberg (1885), Hedwig Stern (1932), Hilda Stern geb. Levita (1895), Walter Stern (1928).        
 
Aus Herold sind umgekommen: Mathilde (Minna) Rosenthal (1882), Max Rosenthal (1888), Betty Seligmann geb. Rosenthal (1886).      
   
Aus Bremberg sind umgekommen: Caroline Blum geb. Weinberger (1882), Adolfina Strauß geb. Weinberger (1881). 
   
   
   
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule  

Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1889 / 1893 / 1894

Koerdorf Israelit 30091889.jpg (42839 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. September 1889: "Die Kultusgemeinde Kördorf, verbunden mit Singhofen, Regierungsbezirk Wiesbaden, sucht zum 1. Januar 1890 einen Religionslehrer, Kantor und Schächter. Gehalt 750 Mark jährlich, ohne Schechita. Bewerber wollen sich gefälligst wenden an 
Kultusvorsteher Arnstein, Seelbach bei Nassau, Regierungsbezirk Wiesbaden".       
 
Koerdorf Israelit 10071893.jpg (37029 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Juli 1893: "Die Kultusgemeinde Kördorf, Regierungs-Bezirk Wiesbaden, sucht zum 15. August dieses Jahres einen Lehrer, Kantor und Schochet. Gehalt 500 Mark. Nachweisbarer Nebenverdienst 250-300 Mark. Bewerber wollen sich innerhalb 14 Tagen gefälligst wenden an den Vorstand 
S. Arnstein, Seelbach, Post Singhofen."     
    
Koerdorf Israelit 14081893.jpg (47079 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. August 1893: "Die Stelle eines tüchtigen Religionslehrers, Schochets und Kantors ist in der israelitischen Kultusgemeinde Kördorf, Regierungs-Bezirk Wiesbaden zu besetzen. Gehalt 550 Mark, nachweislich sichere Nebenverdienste 250 bis 300 Mark. Antritt vom 1. September ab. Bewerber wollen sich baldigst wenden an den Vorstand 
Arnstein
in Seelbach bei Singhofen."    
  
Koerdorf Israelit 15021894.jpg (58891 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. Februar 1894: "Für einen Lehrer, Vorbeter und Schächter ist in der Gemeinde Kördorf, Rabbinatsbezirk Bad Ems, eine Stelle frei. Gehalt aus Kördorf und einer Privatgemeinde 680 Mark. Für Schächten und sonstige Nebenverdienste 150 bis 200 Mark. Kost und Wohnung für Einzelstehende wird für 300 Mark gewährt. Bewerber wollen sich baldigst wenden an den 
Vorsteher Arnstein, in Seelbach bei Nassau."   
   
Koerdorf Israelit 26111894.jpg (50658 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. November 1894: "Die Lehrer-, Vorbeter- und Schächterstelle der Gemeinde Kördorf, Regierungsbezirk Wiesbaden, verbunden mit der Gemeinde Cramberg ist am 1. Januar 1895 zu besetzen. Gehalt aus Kördorf 550 Mark, aus Cramberg 130 Mark. Nebenverdienst 150-200 Mark. Kost und Logis wird für 300 Mark gewährt. Bewerber wollen sich wenden an den Vorsteher 
Arnstein zu Seelbach bei Singhofen."     

      
Lehrer Aron in Kördorf wird bei einer Lehrerkonferenz in Singhofen genannt (1864)        

Artikel in "Der Israelitische Lehrer" vom 6. Oktober 1864: "Aus Nassau. Zu Singhofen (Amt Nassau) hat am 19. September eine Versammlung israelitischer Lehrer zu dem Zwecke stattgefunden, einen gemeinsamen Anschluss an den Unterstützungsverein zu bewerkstelligen. Diese Versammlung war von den Herren Friedberg aus Nastätten, Morgenthal aus Holzappel, Emmel aus Limburg, Levi aus Eltville, Laubheim aus Singhofen, Aron aus Kördorf (nicht: Kirdorf), Friedberg aus Ruppertshofen besucht (Heymann aus Schierstein hatte seine Verhinderung angezeigt). Als vorzüglichster Erfolg dieser Vorberatung haben wir vorläufig mitzuteilen, dass Anfangs November eine größere Versammlung in Limburg a.L. stattfinden soll, und dass als Vertrauensmann Herr Friedberg aus Ruppertshofen bestimmt worden, welcher die Einladung (an Rabbiner, Vorstände, Lehrer und Gemeindeglieder erlassen wird, und bei welchem auch die Anmeldungen zu machen sind. Die betreffende Ansprache wird in einer der nächsten Nummern des 'Israelitischen Lehrer' erscheinen." 

      
Der Gemeinderat erlaubt nicht die Durchführung des jüdischen Religionsunterrichtes im Schulhaus (1892)

Koerdorf Israelit 06121892.JPG (233815 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Dezember 1892: "Bad Ems. Während in fast allen Gemeinden des Regierungsbezirkes Wiesbaden die öffentlichen Elementarschulgebäude bereitwilligst von den Gemeinderäten für Erteilung des israelitischen Religionsunterrichtes zur Verfügung gestellt werden, wollte der Gemeinderat des Weltdorfes Kördorf von solchem Entgegenkommen nichts wissen, sodass die jüdische Gemeinde ein kleines, dumpfes Zimmer für den Religionsunterricht vorläufig sich beschaffen musste. Der Bezirksrabbiner Herr Dr. Weingarten erhob nun Beschwerde bei der Königlichen Regierung zu Wiesbaden, welche auf Grund einer ministeriellen Verfügung vom 28. Februar 1870 den Gemeinderat von Kördorf aufforderte, sofort ein Zimmer im öffentlichen Schulgebäude für Erteilung des israelitischen Religionsunterrichtes einzuräumen. Es dürfte von allgemeinem Interesse sein, den Inhalt des betreffenden Ministerialreskriptes, welches sich in den Akten des Bezirksrabbinates Ems befinden, im Wortlaut zu erfahren. Der jüdische Religionsunterricht, so heißt es daselbst, gehört zu den obligatorischen Unterrichtsgegenständen und ist von dem betreffenden jüdischen Religionslehrer nach § 2 und 3 des Nassauischen Gesetzes über den öffentlichen Unterricht vom 24. Mai 1817 in Verbindung mit § 59 der dazu gehörigen allgemeinen Schulordnung für die Volksschulen zu erteilen. Ist auch den Juden zu überlassen für die zur Erteilung des jüdischen Religionsunterrichtes geeignete Persönlichkeiten selbst zu sorgen, so kann doch darüber hierüber die Beschaffung eines Unterrichtslokals von ihnen nicht verlangt werden. Der zufällige Besitz eines zur Erteilung der Unterrichts geeigneten Lokals seitens der jüdischen Gemeinde kann an den bestehenden Rechten und Verpflichtungen nichts ändern. Wenn die Schulzimmer in dem Schulgebäude anderweitig so sehr in Anspruch genommen sind, dass es untunlich ist, eines derselben für einige Stunden wöchentlich zur Verfügung zu stellen, so wird es nicht schwer fallen, die gegenwärtigen Einrichtungen so abzuändern, dass den begründeten Ansprüchen der Juden genügt werden kann. Ebenso wenig kann auch die Verbindung des jüdischen Religionsunterrichts mit dem in der hebräischen Sprache Gewicht gelegt werden, da hierdurch allein der erstere nicht seines Charakters als eines Elementar-Gegenstandes entkleidet wird."    

    
    
Zur Geschichte der Synagoge                    
    
1820 wird im Zusammenhang mit der Trauung eines jüdischen Paares am 19. Januar 1820 erstmals ein jüdisches Bethaus in Kördorf genannt. 1837 stellten die in Kördorf lebenden jüdischen Familien den Antrag, an Stelle der bisherigen Synagoge eine neue zu errichten. Die bisherige sei in einem baufälligen Zustand. Die katholische Kirche protestierte dagegen, weil die Synagoge zu nahe an der Kirche stand. Daher wurde von Seiten der Stadt der Antrag der jüdischen Gemeinde zunächst abgelehnt. Erst 1844/45 konnte das bisherige Synagogengebäude neu ausgebaut werden. Bei der Synagoge Kördorf handelte es sich um einen giebelständigen Fachwerkbau mit schiefergedecktem Sattelbach mit Eingang von der Straße. Eine Frauenempore war vorhanden, worauf das auf dem Foto unten sichtbare halbrunde Fenster auf Emporenhöhe hinweist.      
    
Etwa 90 Jahre war die Synagoge noch Mittelpunkt des jüdischen Gemeindelebens am Ort. Vermutlich kurz nach 1933 wurde das Gebäude verkauft und profaniert. Beim Novemberpogrom 1938 kam es daher zu keinen Aktionen gegen das Gebäude. 
    
Nach 1945 bestand das ehemalige Synagogengebäude noch einige Jahre; es wurde als Holzschuppen verwendet. 1960 oder 1965 wurde das Gebäude abgebrochen.    
   
   
Adresse/Standort der Synagoge:      Lahnstraße 
   
   
Fotos  
(Quelle: Landesamt S. 220 - Ausschnittvergrößerung)  

 Das Synagogengebäude in Kördorf
(1950er-Jahre)
 Koerdorf Synagoge 100.jpg (82322 Byte)   
     

    


    Links und Literatur

Links:

bulletWebsite der Gemeinde Kördorf  
bulletWebsite der VG Katzenelnbogen 
bullet Kurze Informationsseite zur jüdischen Geschichte Kördorf bei www.rhein-lahn-info.de (Text von Franz Gölzenleuchter)  
bulletZur Seite über den jüdischen Friedhof in Kördorf (interner Link)  

Literatur:  

bullet Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. 1971 Bd. I S. 459-460. 
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume III: Hesse -  Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992 (hebräisch) S. 572-573.  
bulletFranz Gölzenleuchter: Sie verbrennen alle Gotteshäuser im Lande (Psalm 74,8). Jüdische Spuren im Rhein-Lahn-Kreis - Jahrzehnte danach. Limburg 1998. S. 91-92.    Text online (Link wie oben)  
bulletLandesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Mainz 2005. S. 219-220 (mit weiteren Literaturangaben).

   
    


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Koerdorf  Hesse-Nassau. Established in 1842, the community renovated its old synagogue in 1844-45 and numbered 34 (6 % of the total) in 1885. Affiliated with the Wiesbaden rabbinate, it had a district membership but ceased to exist after Kristallnacht (9-10 November 1938). 

   
    

                   
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Stand: 30. Juni 2020