Rainer Gutjahr

 

Der israelitische Elementarunterricht im badischen Leutershausen an der Bergstraße zwischen dem „Judenedikt“ von 1809 und der Einführung der Simultanschule 1876

 

1. Zur Einführung: lokale und gesamtstaatlich badische Rahmenbedingungen

 

Die israelitische Elementarschule  zu Leutershausen – heute Gemeinde Hirschberg/Bergstraße – verdankte ihre Existenz zwei spezifischen Voraussetzungen. Die erste dieser Voraussetzungen war das Ergebnis der engeren ortsgeschichtlichen Entwicklung des Dorfes im 18. Jahrhundert. Seit dem Jahre 1700 war die Ortsherrschaft über Leutershausen als kurpfälzisches Lehen ausgegeben an die Freiherrn bzw. Grafen von Wiser. Die von den katholischen Ortsherren betriebene Bevölkerungspolitik war gekennzeichnet durch die bevorzugte Aufnahme von Katholiken in den um 1700 noch fast ausschließlich reformierten Ort sowie durch die Begünstigung des Zuzugs von Juden in einem Umfang, der sich deutlich von der in Kurpfalz üblichen Praxis abhob. Dagegen gerichtete Widerstände seitens der Landes- und Lehnsherrschaft und aus der eigenen Ortsbevölkerung konnten diese Entwicklung nicht hemmen oder gar umkehren. Die Statistik des 19. Jahrhunderts spricht dazu eine deutliche Sprache: in den 1840er Jahren betrug der Anteil der Juden an der Bevölkerung Leutershausens 11%, bei einem Landesdurchschnitt von 1,7 % Juden im Großherzogtum Baden.[1] 

 

Die zweite Voraussetzung für die Entstehung einer israelitischen Schule in dem 1803 unter badische Landeshoheit gefallenen Leutershausen liegt in der durch den badischen Staat betriebenen Emanzipations- oder besser Assimilationspolitik begründet.[2] Eckpunkte dieser Politik waren das Sechste Konstitutionsedikt von 1808 und das darauf bezogene „Konstitutionsedikt der Juden des Großherzogtums Baden“, das „Judenedikt“ von 1809.

Im Edikt von 1808 heißt es: „Die Einwohner der jüdischen Nation können in keiner Hinsicht mehr unter leibeigene oder erbpflichtige Leute gezählt werden, sondern sie sind als erbfreye Staatsbürger zu behandeln und genießen aller [...] allgemeinen staatsbürgerlichen Rechte“.[3] Es folgen dann freilich eine ganze Reihe von Einschränkungen und Bedingungen.

Wohin die Absicht des Gesetzgebers ging, zeigt der letzte Satz des entsprechenden Paragraphen: „Ihr [der Juden] Bestreben eine bessere Bildung anzunehmen, wird über die nach und nach mögliche Erweiterung und völlige Angleichung ihrer Staatsbürgerrechte mit den Ortsbürgerlichen entscheiden“. Noch deutlicher wird die Vorrede des Judenedikts von 1809: „Diese Rechtsgleichheit kann jedoch nur dann in ihre volle Würkung treten, wenn sie [die Juden] in politischer und sittlicher Bildung ihnen [den Christen] gleichzukommen allgemein bemüht sind“.[4]

 

Das aber heißt, dass das Judenedikt als ein Erziehungsedikt zu betrachten ist, das den Juden nahe legte, möglichst doch so wie die Christen zu werden, um der versprochenen rechtlichen und staatsbürgerlichen Gleichheit teilhaftig werden zu können. Der Preis für die Emanzipation bestand also im Aufgeben zumindest eines Teils der jüdischen Identität.[5]

 

Wie bereits angedeutet, hoben die Edikte von 1808 und 1809 stark auf die Bildung der Juden ab. Hatte bereits das 13. Organisationsedikt von 1803 für die „badenschen Lande“ die grundsätzliche Schulpflicht „vom Anfange des siebenten Jahres an [...] bis zur Endigung des dreyzehnten bey den Mädchen und bis zur Endigung des vierzehnten bey den Knaben“ verkündet,[6] so finden sich im Edikt von 1809 Vorschriften über den Schulbesuch der Kinder der Israeliten, die Vorbedingungen für die Errichtung eigener öffentlicher israelitischer Schulen und für das Wirken von Hauslehrern in jüdischen Familien. Gerade zu diesem Thema bietet uns die Leutershausener Geschichte ein eindrucksvolles Beispiel. Dieses Beispiel zeigt zugleich, dass die Umsetzung der Edikte nicht in allen Bereichen so schnell voranschritt, wie sich ihre Urheber das vorgestellt haben mochten.      

 

2. Die israelitische Privatschule

 

2.1 Die Prüfung des Judenlehrers Nathan Ladenburger

 

Unter dem Datum „Mannheim, am 18. October 1819“, richtete Nathan Ladenburger von Ladenburg, seitheriger „Jugendlehrer“ zu Leutershausen ein Gesuch „um gnädige Verfügung zur Prüfung als Jugendlehrer“ an das Direktorium des Neckarkreises zu Mannheim.[7] Zur Formulierung und Niederschrift des Gesuchs nahm Nathan Ladenburger die Dienste eines Advokaten Bensinger in Anspruch.

 

In seinem Gesuch heißt es: „Von Ladenburg gebürtig, 20 Jahre alt, war ich seither und schon über zwey Jahre lang Jugendlehrer bey fünf Familien zu Leutershausen und habe dieses Amt zur vollkommenen Zufriedenheit meiner Principalen verwaltet, so dass kürzlich die ganze israelitische Gemeinde daselbst beschloß, mich als Lehrer anzunehmen.

 

Jedoch wurde mir jüngsthin von dem großherzoglichen Amt Weinheim aufgegeben, den Ort Leutershausen sogleich zu verlassen und mich alles Lehrens zu enthalten.

 

Da ich nun die zu einem Jugendlehrer auf dem Lande nöthige Kenntnisse zu besitzen glaube, auch hinsichtlich der Religionsgegenstände von dem niederrheinischen Provinz Rabiner geprüft bin, desselben Zeugnis über meine Fähigkeit bey dem großherzoglichen Amte Weinheim beruhet, so habe ich mich entschlossen, auch hinsichtlich meiner anderen, zu einem Jugendlehrer auf dem Lande nöthigen Kenntnisse mich prüfen zu lassen.

Ich bitte daher unterthänig: dieses hohe Directorium wolle geruhen, mittelst Auflage an das großherzogliche Amt Weinheim, einen der beyden Herrn Pfarrer in Leutershausen, oder auch wer sonst dazu gefällig seyn sollte, zu meiner Prüfung gnädig zu beauftragen.“

 

Für Ladenburgers Qualifikation spricht auch ein Empfehlungsschreiben der drei Lorscher Juden Aron Mainzer, Samuel Mainzer und Herz Mainzer mit dem Datum Lorsch, 21. August 1817, dem weitere Angaben über Ladenburgers Lebenslauf zu entnehmen sind. Es heißt hier:

„Dem dahier bei Unterzogenen seit zwei und ein halb Jahr als Lehrer gestandenen Cosmann Nathan Ladenburger aus Mannheim wird von uns auf Anstehen zu seinem fernern Bedarf anmit das pflichtmäßige Zeugnis ertheilt, daß dieser Cosmann Nathan Ladenburger seit seinem Hierseyn als Lehrer sich nicht nur jederzeit rechtschaffen und ohne Tadel betragen, sondern auch zu unserm Vergnügen mit besonderm Fleiß sich den Unterricht der anvertrauten Lehrlinge hat angelegen seyn lassen, daher dieserwegen, als auch wegen seinem guten moralischen Charakter alle Empfehlung vollkommen verdiene.“

 

Die gesiegelte Beglaubigung der drei Unterschriften als „ächt“ durch das großherzoglich hessische Justizamt Lorsch verlieh diesem Zeugnis sozusagen einen offiziellen Anstrich.

Von Lorsch aus begab sich Ladenburger nach Leutershausen; am 10. September 1818 stellte ihm, dem „Judenlehrer“, das Bezirksamt Weinheim eine Aufenthaltsberechtigung für Leutershausen aus, die 1 Jahr Gültigkeit besitzen sollte. Nach Ablauf dieser Frist, forderte ihn das Bezirksamt, wie im Gesuch angegeben, zum Verlassen Leutershausens auf.

 

Das Kreisdirektorium reagierte übrigens sehr schnell auf das Gesuch; bereits am 20. Oktober 1819 erließ es die Verfügung an das Bezirksamt Weinheim, eine Stellungnahme zu dem Gesuch des Ladenburger abzugeben. In dieser Stellungnahme vom 22. Oktober 1819 heißt es, dass der Bittsteller ein „gutes Zeugnis für sich“ habe; zudem sei er der einzige Lehrer in dahiesigem Amt, der sich der Vorschrift fügen wolle. Man habe deshalb „durchaus nichts zu erinnern“, rege jedoch an, den Auftrag zur Prüfung nicht einem der beiden Leutershausener Ortsgeistlichen zu erteilen, sondern dem katholischen Dekan Philipp Jakob Ambach zu Weinheim.

 

Unter dem 28. Oktober 1819 nahm das Kreisdirektorium die Anregung des Bezirksamtes Weinheim auf; es erteilte dem Dekan Ambach den Auftrag, den Judenlehrer Nathan Ladenburger einzuberufen und ihn in den zum Elementarunterricht erforderlichen Kenntnissen als laut Lesen, Schreiben, Rechnen sowie biblische Historie alten Testaments zu prüfen. Dabei sollte auch berücksichtigt werden, ob Ladenburger fähig sei, der Jugend die nötige Bildung hinsichtlich der bürgerlichen Verhältnisse der Juden, des Landbaues, der Gewerbe und des Handels zu vermitteln. Der „Erfund“ der Prüfung war dem Direktorium vorzulegen.

 

Dem Prüfungsbericht des Dekans Ambach vom 10. November 1819 lässt sich entnehmen, dass sich Ladenburger auf Anforderung durch das Bezirksamt am 9. November bei Dekan Ambach in Weinheim einstellte.

 

Ambach schrieb in seinem Bericht: „Freilich fehlt es gedachtem Nathan an vielem, doch bei Juden ist er eine seltene Erscheinung. Derselbe liest gedruckt und geschrieben in deutschen und lateinischen Lettern sehr exact, er kennt die Unterscheidungszeichen, die Vor- und Nachsilben, das Stammwort. Er sillabirt sehr wohl, hat Kenntnis der Selbst- und Stummlaute; declamiert ziemlich gut, nur der jüdische accent ist bemerkbar. Seine Handschrift liegt bei, dabei weiß er im Schreiben Grundstrich von Haarstrich, Krummstrich von geradem zu unterscheiden und zu lehren. Eine Probe seines Dictando liegt an mit den Fehlern, die er machte. Er rechnet sehr behende und größere Beispiele mit Kenntnis; nur im Kopfrechnen ist er nicht geübt, will sich jedoch üben. Was seine Historie A. T. [des Alten Testamentes] betrifft, so kennt er sehr wohl die Bücher Moses und ihren Inhalt, aber Mangel an Geld und Bücher hat ihn nebst diesen 5 Büchern Moses mit wenig anderm bekannt gemacht außer Sprüchen aus ihrer Sittenlehre. Er raisonnirt sehr wohl hoffende Bildung der Juden, und gibt viele Hindernisse an, die im verdorbenen Judenthume liegen, und die ein so wenig Einfluß habender jüdischer armer Lehrer selten beseitigen könne, daß jedoch, wenn von Seiten der Landesregierung mit Kraft gearbeitet würde, manches besser werden könne, z. B. ordentlicher Schulunterricht – Prüfungen – Bücher – Schulraum etc. Seine kleinen Aufsätze, die er schriftlich rücksichtlich der Cultur und Schulen machen sollte, und beiliegen, haben zwar manche Mängel, tamen est laudanda voluntas. Geographie kennt er nicht, doch will er, sobald er Gelegenheit und Kräfte hat, sich Steins geographisches Werk[8] anschaffen. Demselben wäre daher mit Beseitigung der andern jüdischen Lehrer in Leutershausen, wo über 20 Kinder schulfähig sind, falso meliori die Schule daselbst anzuvertrauen, derselbe jedoch von Jahr zu Jahr einer Prüfung zu seinem Besten zu unterwerfen, seine Schule der Staatsobsicht expresse zu untergeben, und somit hätte Leutershausen einen Lehrer als Juden [!], der, bis es besser wird, etwas gutes leisten kann.“ 

 

Folgenden Text diktierte Dekan Ambach dem Kandidaten [mit den von Ambach unterstrichenen Fehlern]:

 

„Diktanto Schrift

Nur durch Cultur in sittlicher, moralischer und ekonomischer Hinsicht kann das judische Volk wieder zu einer größern Höhe steigen, alß es itzt stehet. Doch hat jeder Lehrer bey dieser Nation viele Hindernisse zu übersteigen, wenn er nützlich wirken will.

 

                                                                                        Weinheim, an 9 ten Sep. 1819

                                                                                         N. Ladenburger“

 

Eine weitere von Ambach gestellte Aufgabe bestand in der Abfassung eines Briefes mit dem Thema „Brief eines Judenlehrers, worin er die Gründe angibt, den Klein- oder Wucherhandel aufzugeben, dagegen das geschäftliche Leben und Arbeitsamkeit zu empfehlen.“ Ladenburger schrieb dazu: „Kinder! Wenn ihr fromm, sittsam und Weltbürger werden wollet, so müsst ihr euch entschließen und in eierem Herzen fassen, die Trägheit und Faulheit euch zu entsagen und nicht durch Noth-Handel euch einst zu ernähren, sondern durch Fleiß und Arbeitsamkeit, wie es uns selbst unser heilige Religjohn lehret Prov.[Proverbia / Sprüche]12.11: Wer sein Feld bauet, genießet des Brodes satt, wer aber leeren Entwürfen nachhänget, ist verstandlos und wird endlich Mangel leiden.“

 

Weiter musste sich Ladenburger schriftlich zu der Frage äußern „Welche Hindernisse findet der Judenlehrer beym Unterricht der Kinder seiner Nation und wie wäre abzuhelfen?“ Hierzu äußerte sich Ladenburger, der dabei wohl auf eigene Erfahrungen zurück greifen konnte:

 

„Die Unordnung der Schule bestehet:

  1. daß die Judenschaft nicht über eins sind, sondern einer schickt sein Kind zur Schuhle, der andere nicht, dadurch veranlasset, das der Lehrer 8 Tage da und wieder 14 Tage dort Schuhl halten muß und kein extra Zimmer hat.
  2. daß die Eltern ihre Kinder nicht zum Schuhlgehen anhalten, und sobald sie 13 Jahr alt sind, keinen Untericht mehr bedienen.
  3. dahero bittet Lehrer ein hochlöbliches K. D. [Katholisches Dekanat? Kreisdirektorium?], solche Unordnungen abzuschafen und den Kinder die benöthigten Bücher anschafen zu lassen, besonders die Biblische Geschicht kurz gefasst in hebraischer Sprache, welches unter den Nahmen Toldos Israel genannt wird.“

 

Seine Fertigkeit im Schreiben eines Geschäftsbriefes hatte Ladenburger mit folgendem Beispiel zu beweisen:

 

Mannheim Herrn Sebastian Weis

                                  Heidelberg, den 1ten Nov. 1819

Durch Schiffer Heinrich Werle von Eberbach habe ich

an Sie abgesendet 3 Ballen Baumwollenzeuge mit

tb. W. N° 1.2.3. signirt. Den Betrag mit fl 840, 40 xr

belieben Sie mir wie baldigst zu übermachen.

Es verharret Ihr bereitwilliger Diener

 

                C. N. Ladenburger

                             Lehrer

         der mosaischen Religion dahier

 

Die Fähigkeiten im Rechnen wurden an mehreren Beispielen aus dem Geschäftsleben überprüft:

300 Ziegel kosten 4 fl.; was kosten 750?. Wie viel Gulden machen 6500 xr.? 100 fl. tragen jährlich fl. 5, 15 xr. Zins; was ertragen 18 000 Gulden? 

 

2.2 Die private Schule bis 1827

 

Aus dem Gesuch Ladenburgers geht hervor, dass sich in Leutershausen jüdische Familien zusammengetan hatten, um ihren Kindern privaten Unterricht erteilen zu lassen. Auf das positive Votum des Dekans Ambach hin verfügte nun das Kreisdirektorium am 11. November 1819 die Annahme Ladenburgers zum israelitischen Lehrer zu Leutershausen und wies alle anderen dort wirkenden Judenlehrer an, sich des öffentlichen wie privaten Unterrichtens zu enthalten. Die über 20 „schulfähigen“ Judenkinder beiderlei Geschlechts, jedoch in besonderen „Ständen“, waren fortan regelmäßig durch Ladenburger  zu unterrichten.[9] 

Eine endgültige Regelung der Schulverhältnisse scheint dadurch freilich nicht erreicht worden zu sein. So ordnete 1820 das Bezirksamt an, dass Ladenburger den „übrigen Kindern“ den notwendigen Unterricht im Hebräischen wenigstens zwei Stunden täglich gegen billige Vergütung so lange zu erteilen habe, bis ein anderer Lehrer angestellt sei.[10] 1825 verfügte das Bezirksamt, dass bis zur Errichtung einer ständigen israelitischen Schule die jüdische Gemeinde den seitherigen Schullehrer Ladenburger in Kost und Wohnung zu unterhalten habe. In diesem Jahre wurde die Schule von 29 Knaben und 12 so genannten Sabbatschülern besucht. Der Lehrer sollte Kost, freies Logis und 110 Gulden jährlich beziehen.[11] Ladenburger stieß offenbar zumindest bei einem Teil der jüdischen Gemeinde auf Ablehnung, die ihn 1825 zu „verstoßen“ trachtete. Rückendeckung fand Ladenburger in dieser Situation bei der Evangelischen Kirchensektion im Ministerium des Inneren; sie stellte im Juni 1825 fest, dass in der israelitischen Schule zu Leutershausen ein guter Geist herrsche; somit verspreche man sich die gedeihlichsten Wirkungen für die intellektuelle Bildung und größere Sittlichkeit der Gemeinde, die sich deshalb um die sorgenfreie Existenz des verdienten Lehrers bemühen solle. Auch solle sich der eifrige Lehrer möglichst darum befleißigen, die Sabbatschüler weiter zu bringen, „die noch wahrscheinlich aus früherer Zeit her vernachlässigt worden“ seien. Eine Stütze fand Ladenburger auch in dem katholischen Weinheimer Dekan; in seiner Eigenschaft als Visitator der israelitischen Schule zu Leutershausen warf Dekan Johann Michael Allgaier der Leutershausener Judenschaft vor, ihren Lehrer wie einen Knecht zu behandeln, den man nach Belieben annehmen oder fortschicken könne. Ferner glaube die Gemeinde, es stünde bei ihr, ihre Kinder durch einen öffentlichen Lehrer oder einen „Winkellehrer“ unterrichten zu lassen. Schließlich maße sich die Judenschaft zu Leutershausen an, die Lehrbücher selbst zu bestimmen, was Kompetenz der Schulkommission oder der „höheren Obrigkeit“ sei. „Wird hier nicht mit allem Ernst von oben herunter eingeschritten, so sind alle die schönen Aussichten, die die modernen Lehrer durch ihre rühmlichen Bemühungen gegeben, vereitelt, und die Juden bleiben auf lange hinaus ohne Rettung in ihrer tiefen Versunkenheit begraben“, so Allgaier, der die Wiedereinsetzung des braven Lehrers Ladenburger forderte, der, „obgleich ganz arm“, aus eigenem Säckel einen Schulapparat angeschafft habe. Das Ministerium des Inneren erkannte Anfang November 1825 die Richtigkeit der Vorstellungen Allgaiers an; wenn  keine Änderungen einträten, sei es unmöglich, „daß der so wohltätige Zweck der Regierung, dem israelitischen Volke eine bessere Bildung zu geben, erreicht werde.“[12] Im Dezember 1825 gab ihm das Bezirksamt auf, sich bei seinem Unterricht durch Widerwärtigkeiten nicht beeindrucken zu lassen. Die jüdische Gemeinde wurde erneut ermahnt, ihm Kost, Logis und das übrige Gehalt zu stellen, den Rückstand binnen acht Tagen zu entrichten, Holz für die Nachtschule zu liefern, dem Lehrer ferner die Ausgaben für Schulbücher und anderes zu ersetzen und schließlich der Schuljugend Achtung und Gehorsam gegen ihren Lehrer einzuflößen.[13]

 

Die wiederholten Bemühungen der Obrigkeit, die private in eine öffentliche Schule umzuwandeln, stießen bei der armen israelitischen Gemeinde zu Leutershausen auf wenig Gegenliebe. Sie kam auch in dieser Angelegenheit nicht zu der angeregten Verständigung mit den benachbarten israelitischen Gemeinden wie Großsachsen und Schriesheim. So musste auf Verfügung des Direktoriums des Neckarkreises vom 22. August 1825 das Bezirksamt Weinheim der Leutershausener Judenschaft eröffnen, dass „man mit Befremden ersehen habe, wie wenig dieselbe den ihr gegebenen Winck zur Errichtung einer bleibenden und fest begründeten öffentlichen Volksschule als dem ersten und ersichtlichsten Mittel zur Verbesserung ihres bürgerlichen Zustandes zu schätzen wisse.“ Man hätte von Seiten des Staates Unterstützung gewährt und eine nötige Kollekte erlaubt, indessen könnten Wohltaten nicht aufgezwungen werden.[14] 

 

Dieser eher resignierenden Bilanz des Kreisdirektoriums zum Trotz beschäftigte man sich 1826 erneut auf höchster Ebene der Schulaufsicht, in der Evangelischen Kirchensektion des Ministeriums des Inneren, mit den Zuständen des israelitischen Schulwesens zu Leutershausen; ein Reskript dieser Behörde vom  24. Juni 1826 erkannte zwar die Leistungen des Lehrers Ladenburger an, der freilich noch Schwächen in Orthographie und Grammatik aufweise, an deren Beseitigung er durch Selbststudium noch arbeiten müsse. „Und wenn man auch in Betracht der dort waltenden besonderen Umstände und in Vergleichung mit anderen, noch tiefer stehenden israelitischen Schulen mit der in Leutershausen noch ziemlich zufrieden seyn will, so ist doch der Zustand derselben so beschaffen, daß sie einer Verbesserung dringend bedarf.“[15]

 

Als Antwort des Lehrers auf dieses Reskript lässt sich möglicherweise der „Lectionsplan der israelischen (!) Schule in Leutershausen“ verstehen; Lehrer Ladenburger mochte mit diesem auf den 13. November 1826 datierten Dokument[16] wohl seine Kompetenz manifestieren. Diesem Plan zufolge erfolgte der Unterricht zum Teil nur für eine Altersstufe, zum Teil parallel in zwei  Stufen oder gemeinsam in allen drei Klassenstufen – wie hier in Klammer angegeben -   in den Fächern: Bibelübersetzung „mit Comentar von Rabbi Symeon Jarchi“[17] (2,3); hebräisch Lesen (1,2);  Gebetübersetzung, „so wie dieselbe in der Synagoge üblich sind“(2,3); Religion (2,3); biblische Geschichte für israelitische Schüler (3); jüdisch-deutsch Lesen, „mit hebräischen Buchstaben und deutscher Aussprache“ (2,3); hebräisch Schreiben (1,2,3); deutsch Schönschreiben (1,2,3); auswendig Buchstabieren (2,3); Lautieren – Lesebuch, „des Dr. Stephani Handfibel“[18] (1,2) (1,2,3); Diktatschreiben mit Hinweisung der Rechtschreibung (3); deutsche Sprachlehre nach Bues (3); Kopfrechnen (2,3); Tafelrechnen (1,2) (3); Naturlehre (3); Geographie (3). Ein deutlicher Schwerpunkt lag auf der Bibelübersetzung, die mit Ausnahme des Freitag jeden Tag mit 1 ¼ Stunden zu Beginn des Vormittagsunterrichts, sonntags zusätzlich mit ¾ Stunden am Nachmittag auf dem Plan stand, gefolgt von den Übungen im Hebräischen und der deutschen Schönschrift. Der Unterricht fand statt von Sonntag bis Freitag, jeweils an den Vor- und Nachmittagen, wobei der Freitagnachmittag als „Spieltag“ ausgewiesen war. Die im „Lectionsplan“ jeweils vor „Bibelübersetzung“ und „Hebräisch Lesen“ befindlichen Zeilen in hebräischer Schrift lauten in Übertragung „Die fünf Bücher Mose und Raschi-Kommentar“ sowie „Gebet“.[19]

 

1826 kürzte die Gemeinde das Gehalt auf  88 Gulden, worauf  1827 Lehrer Ladenburger seine Stelle kündigte. Das Angebot der Gemeinde, das Amt des Lehrers mit dem des Vorsängers zu verbinden und dafür eine Besoldung von 150 Gulden zu gewähren, wurde von Ladenburger, der seine Kündigung offenbar bereute, zwar angenommen, letztlich kam aber ein neuer Vertrag nicht zustande[20], was vermutlich auf den Protest des Meyer Haarburger zurückzuführen war. Haarburger gab an, er habe seit 14 Jahren als Schächter und Vorsänger bei der hiesigen Judenschaft gestanden; seit 28 Jahren als Schutzjude in Leutershausen ansässig, sei er nun 65 Jahre alt und ernähre sich von der Vorsängerstelle; würde er diese verlieren, müsse er mit Frau und Kindern darben. Meyer Haarburger ist dann noch 1828 als Vorsänger nachweisbar.[21]  Das Bezirksamt wirkte in dieser etwas verworrenen Situation auf die jüdische Gemeinde mit der Bemerkung ein, es stehe dieser nicht frei, einen Lehrer anzunehmen oder nicht, sie sei vielmehr gesetzlich zur Haltung eines Lehrers verpflichtet.[22] Bereit Ende Januar 1827 hatte das Bezirksamt Weinheim der Schulinspektion die Weisung erteilt, nach geschehener Kündigung Ladenburgers dem Judenvorsteher zu Leutershausen zu bedeuten, dass die Gemeinde dem Bezirksamt sofort einen fähigen Kandidaten vorzuschlagen habe, damit beim Ausscheiden Ladenburgers bereits ein Nachfolger vorhanden sei.[23]

 

2.3 Die Schule unter den Nachfolgern Ladenburgers bis 1831

 

Auf die Lehrerstelle bewarb sich zunächst ein Samuel Weil aus Bühl. In einem Schreiben an das Kreisdirektorium vom 16. März 1827 führte Weil aus, dass die israelitische Gemeinde zu Leutershausen ihn zwar als Lehrer annehmen wolle, das katholische Dekanat Weinheim ihm aber die Zulassung zur Prüfung verweigere. Dem Kreisdirektorium war offensichtlich daran gelegen, die Schulstelle in Leutershausen möglichst schnell wieder zu besetzen; bereits am 19. März erteilte es dem Hofprediger Gockel die Anweisung, Weil zu prüfen.[24]  Nach erfolgter Prüfung durch die israelitische Schulkommission, der Vorlage eines Zeugnisses über eine Prüfung des Kandidaten durch den Rabbiner Fürst[25] in Religion und französischer Sprache und einer weiteren Prüfung in „bürgerlichen Gegenständen“ durch den Hofprediger Gockel[26] verkündete das Direktorium des Neckarkreises zu Ende März 1827 seine Zulassung zum Lehrer in Leutershausen.[27] Ob Weil die Stelle tatsächlich antrat, ist zweifelhaft. Vielmehr wird in der Folge ein gewisser Steiner als Stelleninhaber erwähnt. Gleichzeitig gab es in den Jahren 1827 bis 1829 wiederholte Anweisungen des Direktoriums des Neckarkreises und des Oberrates der Israeliten zu Karlsruhe, eine israelitische Schule zu Leutershausen förmlich zu konstituieren und dem Lehrer ein Gehalt von 150 Gulden auszuwerfen; auch sei ein ständiger Lehrerwechsel  „dem Emporkommen des Schulwesens“ hinderlich. Sollte diesen Forderungen nicht nachgekommen werden, müssten die Kinder in die Ortsschule geschickt werden. 1829 verließ Lehrer Steiner den Ort; er hatte etwas über 100 Gulden an Besoldung und freie Kost genossen. Die israelitische Gemeinde nahm an seiner Stelle einen Lehrer ohne das Vorwissen des Bezirksrabbinats an. Die Gemeinde, so heißt es in diesem Zusammenhang, gehöre nicht zu den bemitteltsten und müsse zudem noch einen Vorsänger bezahlen. Man wolle deshalb so lange mit der Anstellung eines „guten Lehrers“ warten, bis sich einer meldete, der zugleich das Vorsängeramt versehen würde. Das Bezirksrabbinat war freilich der Meinung, dass die Gemeinde 150 Gulden an Besoldung aufbringen müsse; die Israeliten zu Großsachsen, die ihre Kinder nach Leutershausen zur Schule schickten, seien anzuhalten, künftig dem Lehrer 20  statt 16 Gulden jährlich zu zahlen. 1830 schließlich schlug der Oberrat der Israeliten vor, die Kinder von Großsachsen und von Leutershausen in einer „ständigen“ Schule gemeinsam zu unterrichten.[28] Die Großsachsener Juden widersetzten sich diesem Vorhaben. Gleichzeitig stellte die israelitische Gemeinde fest, dass sie außerstande sei, einen Lehrer zu 150 Gulden anzustellen, worauf das Kreisdirektorium zum wiederholten Male anordnete, die jüdischen Kinder zum weltlichen Unterricht in die Ortsschule zu weisen.[29]

 

Die Schule hatte noch Bestand bis ins folgende Jahr 1831. In diesem Jahr kam es erneut zu einer Auseinandersetzung zwischen den Juden zu Großsachsen und der Judenschaft zu Leutershausen. Letztere wollte es nicht hat länger dulden, dass die drei Kinder aus Großsachsen den deutschen und hebräischen Unterricht in Leutershausen besuchten. Sie stieß dabei auf den Widerstand des Oberrabbinats zu Heidelberg und des Bezirksamtes Weinheim; beide Behörden ordneten an, dass die Großsachsener Juden im Schulverband mit Leutershausen zu verbleiben hätten.[30] Auch ist für 1831 ist noch ein Samuel Ries als Lehrer der israelitischen Schule zu Leutershausen erwähnt.[31]

Die Schule kam dann wahrscheinlich im August 1831 endgültig zum Erliegen; die Kinder der Juden mussten in die protestantische Schule überwechseln.[32] Für ihre religiöse Unterweisung sorgte ein israelitischer Lehrer, der auch das Amt des Vorsängers zu versehen hatte. 1833 und 1834 ist ein Veist Straub als israelitischer Lehrer genannt, 1846 ein Simon Reis.[33] Am 22. Januar 1836 schrieb die „Großherzogliche Bezirkssynagoge“ Heidelberg die frei werdende Lehrstelle für Religionsunterricht der Jugend bei der israelitischen Gemeinde zu Leutershausen aus. Der Lehrer hatte der Ausschreibung zufolge ein Gehalt vom 80 Gulden samt freier Kost und Wohnung zu beanspruchen. Die Einkünfte von dem mit der Schulstelle verbundenen Vorsängerdienst wurden auf 50 bis 60 Gulden veranschlagt. Die an die Bewerber gestellte Anforderung lautete, dass der anzustellende Religionslehrer bereits „einer nicht unbedeutenden Schule mit gutem Erfolge vorgestanden“ haben sollte. Außerdem hatte er Zeugnisse über seinen „sittlichen und religiösen“ Lebenswandel vorzulegen.[34] Das Schulzimmer für den Religionsunterricht befand sich 1837 im Hause des Ruben Heß, der dafür eine Miete von 12 Gulden jährlich empfing. Das Logis des Lehrers war bei Jakob Haarburger.[35]  1838 wird ein Sigmund Steinharter  als Lehrer genannt.[36] Für 1839 ist als Lehrer erwähnt der Schulkandidat David Keller. 1840 genehmigte der Oberrat der Israeliten den auf drei Jahre abgeschlossenen Vertrag zwischen der israelitischen Gemeinde zu Leutershausen und dem Schulkandidaten Wimpfheimer zu Ettlingen, dem der Religionsschul- und Vorsängerdienst übertragen wurde. Salomon Wimpfheimer ist tatsächlich bis 1843 in  Leutershausen als Lehrer nachweisbar.[37]

 

3. Die öffentliche Elementarschule seit 1844

 

3.1 Vorbereitungen

 

Im Juli 1843 beschloss die israelitische Gemeinde in einer Abstimmung ohne Gegenstimme, die „bisherige mit dem Vorsängerdienste verbundene private Religionsschule [...] zu einer öffentlichen Elementarschule [...] zu konstituieren“.[38]  Als Bedingung nannte die 156 Seelen zählende Gemeinde, dass die Schule aus Kostengründen in die so genannte I. Klasse gesetzt werden sollte.[39] Damit gerieten die Leutershausener Juden freilich in einen Gegensatz zur politischen Gemeinde. Auf Verfügung der Regierung des Unterrheinkreises hatte die Bürgerschaft zum Vorhaben der Israeliten Stellung zu beziehen; in der zu diesem Zweck anberaumten Abstimmung lehnten die auf das Rathaus geladenen Stimmberechtigten die Errichtung „einer öffentlichen Schule der Israeliten“ ohne Gegenstimme ab. Es ist anzunehmen, dass hinter dieser Ablehnung die nicht unbegründete Erwartung zusätzlicher finanzieller Belastungen der politischen Gemeinde stand. Unterstützung erfuhren die Leutershausener Juden in ihrem Bestreben durch den protestantischen Pfarrer Hormuth. Angesichts der wachsenden Zahl von jüdischen Kindern, die den weltlichen Unterricht in der von Hormuth beaufsichtigten evangelischen Schule besuchten, befürwortete er die Errichtung einer eigenen israelitischen Schule, auch um damit zugleich „allerlei Übelständen und Plackereien für Eltern und Kinder der israelitischen Gemeinde“ ein Ende zu bereiten.[40] Um das Vorhaben zu befördern, bemühte sich Hormuth um finanzielle Unterstützung durch den jüdischen Bankier Freiherr Anschel Mayer von Rothschild in Frankfurt. Tatsächlich übersandte ihm Rothschild 200 Gulden, die, wie es im beigefügten Handschreiben vom 22. Mai 1844 heißt, „als Beitrag zu dem in Leutershausen zu erbauenden neuen israelitischen Schulhause“ dienen sollten. Angesichts seiner Feststellung, dass die israelitische Gemeinde, abgesehen von einigen wohlhabenden Vieh- und insbesondere Pferdehändlern, „meist aus armen, vermögenslosen Bürgern“ bestand, hatte Hormuth freilich auf eine größere Summe gehofft. Da aber vorläufig ein eigenes Schulhaus durch die israelitische Gemeinde nicht erworben oder erbaut wurde, verwaltete zunächst Pfarrer Hormuth die Stiftungssumme, die durch Verleihen Zinsen trug. Später ging das Kapital in die Verwaltung des Synagogenrates über. 

 

3.2 Die Anfänge bis 1851

 

Trotz der ablehnenden Haltung der Leutershausener Gemeindebürger verfügte die Regierung des Unterrheinkreises die Errichtung einer öffentlichen israelitischen Elementarschule zu Leutershausen. Die mit dem Vorsängerdienst zu verbindende Hauptlehrerstelle sollte mit einer Besoldung von 140 Gulden ausgestattet werden; die Schulkinder hatten ein Schulgeld von 48 Kreuzern zu entrichten. So konnte die Schule am 15. Mai 1844 eröffnet werden. Als Schulvorstand amtierten die Synagogenräte Hirsch, Götz Hirsch und Eppsteiner. Lokalinspektor war der evangelische Pfarrer Hormuth.[41]

 

Der Oberrat der Israeliten drängte nach Errichtung der Leutershausener Schule darauf, dass die wenigen Kinder der Juden zu Großsachsen am gesamten Unterricht in Leutershausen teilzunehmen hätten. Mit Erklärung vom 2. Juli 1844 forderte der Synagogenrat zu Leutershausen einen Beitrag der Großsachsener von je 3 Gulden pro Schulkind zugunsten der israelitischen Gemeindekasse als Beitrag zu den Schulkosten. Außerdem sollte von jedem Großsachsener Schulkind dem Lehrer ein Schulgeld von 2 Gulden 42 Kreuzer zu entrichten sein. In einer Entscheidung vom Januar 1845 billigte der Oberrat die Höhe des Schulkostenbeitrags, setzte aber das Schulgeld auf die 48 Kreuzer herab, die auch für die Leutershausener Schulkinder zu entrichten waren. Die Bezirksschulvisitatur Weinheim hatte auf den Vollzug dieser Entscheidung zu achten, insbesondere auch auf den künftigen pünktlichen Schulbesuch der Großsachsener Kinder in Leutershausen zu sehen.[42]  

 

Die Hauptlehrer-  und Vorsängerstelle wurde mit Moses Münzesheimer aus Rohrbach besetzt. Die im Schuljahr 1844/45 erstmals abgehaltene Prüfung der nunmehrigen öffentlichen Schule erbrachte das Prädikat „ziemlich gut“; der Dienstfleiß des Lehrers Münzesheimer wurde als zufriedenstellend bezeichnet; man vertraue ihm, dass er sich alle Ernstes bestrebe, seine Schule baldigst in einen allseitig guten Zustand zu erheben. Die noch fehlende Fortbildungsschule sollte mit dem kommenden Winterkurs ins Leben treten.[43] 1845 suchte Lehrer Münzesheimer um Aufbesserung seiner Dienstbesoldung nach. Tatsächlich erreichte er einen Spruch der Schulkonferenz des Oberrates der Israeliten vom 6. Oktober 1845, in dem festgestellt wurde, dass die mit Gesetz vom 6. März 1845 ausgesprochene Gehaltserhöhung für die Schullehrer 1. und 2. Klasse auch auf die öffentlichen israelitischen Schulen anwendbar sei.[44] So wurde der Besoldungsanspruch Münzesheimers auf 175 Gulden, neben einer freien Wohnung, erhöht. Die israelitische Gemeinde hatte hierzu 35 Gulden zuzuschießen. Tatsächlich aber rissen die Klagen des Lehrers über die säumige Auszahlung seines Gehaltes bis zu seinem Weggang an die israelitische Schule nach Neidenstein 1851 nicht ab. Er warf den Gemeindemitgliedern der israelitischen Gemeinde vor, ihre schuldigen Beiträge nicht zu entrichten; der Gemeindevorstand sehe untätig zu, so dass in der Kasse kein Geld zur Bezahlung des Lehrers vorhanden sei, der von dem Gehalt eine fünfköpfige Familie ernähren habe.

 

Anfang 1847 setzte sich sein Inspektor, Pfarrer Hormuth, dafür ein, dass dem Lehrer entsprechend den Anforderungen des Gesetzes ein Lehrzimmer und eine Wohnung oder der Mietpreis für Letztere gestellt werde. Unterstützt wurde dieses Verlangen durch die Schulkonferenz des Oberrates der Israeliten. Da die israelitische Gemeinde zu Leutershausen aber zu mittellos sei, wolle man deren Bitte auf Genehmigung einer Kollekte durch einen Antrag beim Ministerium des Inneren fördern. Dieses Vorhaben wurde aber nicht weiter verfolgt, nachdem es laut Mitteilung des Pfarrers Hormuth von Mitte März 1847 der israelitischen Gemeinde möglich geworden war, ein geräumiges Haus mit Garten für Lehrer und Schule günstig zu erwerben.[45] Freilich ist dieser behauptete Hauserwerb mit einem Fragezeichen zu versehen: weder das Leutershausener Häuserbuch noch eine eigens vorgenommene Durchsicht des Grundbuches konnten einen entsprechenden Beleg liefern.[46] Von dem 1856 bzw. 1858 getätigten Ankauf eines Anwesens für die israelitische Schule wird unten zu berichten sein.    

 

Für 1848 ist ein politisches Engagement Münzesheimers überliefert; er gehörte zu [x1] den 13 Lehrern aus dem Amtsbezirk Weinheim, die am 20. August 1848 in Weinheim zusammenkamen, um eine Petition an die Nationalversammlung zu beraten und zu verabschieden. In ihrer Petition, die der Abgeordnete des Wahlkreises, Professor Karl Hagen, am 28. August der Nationalversammlung übergab, forderten die Lehrer, dass es ausschließlich Sache des Staates sein dürfe, Volksschulen zu gründen und zu unterhalten. Keinesfalls dürfe der romhörigen katholischen Kirche, den „Ultramontanen“ und Jesuiten, ein derartiges Recht eingeräumt werden, wolle man nicht der Volksverdummung und der „Pfaffenherrschaft“ den Weg bereiten.[47]

 

3.3 Die Entwicklung von 1851 bis 1875

 

Im August 1851 wurde die Schul- und Vorsängerstelle dem Schulkandidaten Benjamin Meerapfel, bis dahin Lehrer und Vorsänger in Diedelsheim, übertragen. Er hatte Anspruch auf 175 Gulden, freie Wohnung und 48 Kreuzer von jedem Schulkind. Wie sein Vorgänger klagte auch er wiederholt über die säumige Auszahlung seines Gehaltes. Er verließ Leutershausen 1857, um an die Schule in Untergrombach zu wechseln.

 

Für Meerapfel kam im August 1857 nach Leutershausen der bis dahin in Rohrbach wirkende Hauptlehrer Benedikt Rosenhain (Rosenheim, Rosenheimer, Rosenhainer; er selbst schrieb seinen Namen als Rosenhain). Seine Besoldung betrug 1858 200 Gulden. Er wurde unter dem Vorwurf der Urkundenfälschung im Juni 1860 seines Dienstes enthoben und in Haft genommen. Seine Familie geriet dadurch in größte Not; der Synagogenrat verlangte die Räumung der Wohnung im Schulhaus binnen 14 Tagen; auf  „Befehl“ des Leutershausener Bürgermeisters verweigerte die Ehefrau indessen wiederholt die Unterschrift unter den entsprechenden Entschluss des Synagogenrates. Möglich, dass der Bürgermeister dadurch verhindern wollte, dass die politische Gemeinde mit der Unterbringung der Familie belastet würde. Schließlich erging die Verfügung, die mittellose Familie mit einem Betrag von jährlich 75 Gulden aus dem allgemeinen israelitischen Schulfonds zu unterstützen.[48] Versuche um eine bürgerliche Aufnahme für die Eheleute und die Kinder unter Bezug auf ein angeborenes Bürgerrecht scheiterten sowohl in Leutershausen wie an einem anderen Ort.[49] Eine im Zusammenhang mit der gerichtlichen Untersuchung gegen Rosenhain durch das Amtsgericht Weinheim bereits im April 1860 beim Gemeinderat zu Leutershausen angeforderte Auskunft bezeugt die Armut, in der die Familie lebte. Es heißt im vorgelegten „Erkundigungsbogen“, dass Lehrer Rosenhain kein liegenschaftliches Vermögen, mithin keine Steuerkapitalien besitze. Kapitalien oder sonstige Forderungen seien nicht vorhanden, allerdings auch keine Schulden bekannt. Das Fahrnisvermögen belaufe sich auf etwa 100 Gulden. Als israelitischer Lehrer dahier ernähre er sich und seine Familie von dem als gering eingeschätzen „deßfallsigen“ Einkommen, von dem er nichts abgeben könne; somit sei dem Gemeinderat auch unbekannt, „auf welche Weise die Untersuchungskosten von dem Inculpanten beigebracht werden“ könnten. Von Vorstrafen wisse man nichts, Rosenhains Leumund sei „jedoch im Allgemeinen nicht lobenswerth“.[50]           

 

 

Im März 1861 wurde die so erledigte Schulstelle zu Leutershausen besetzt mit dem Schulkandidaten Heinrich Marx, bisher zu Tairnbach. In der Urkunde zur Grundsteinlegung der neuen Leutershausener Synagoge im Jahre 1867 erscheint er als „Jakob Hirsch Benjamin ‚vulgo Marx‘ “; als sein Herkunftsort wird Königsbach im Amtsbezirk Durlach angegeben.[51]    

                

In zwei Schritten, 1856 und 1858, erwarb die israelitische Gemeinde das Eigentum am Haus Mittelgasse 15 für 1100 Gulden bzw. 2005 Gulden, um hier die Schule unterzubringen.[52] 1867 wurden in der israelitischen Schule 32 Kinder unterrichtet.  Als israelitische Ortsschulräte fungierten 1867 Lazarus Kaufmann, Hirsch Hirsch I. und Jonas Straßburger. [53]

 

1868 unterrichtete Hauptlehrer Heinrich Marx in der Werktagsschule 31 Schüler; er war zugleich Vorsänger. Sein Gehalt als Hauptlehrer betrug 375 Gulden; zugleich genoss er eine „angemessene“ Dienstwohnung. Jedes Kind entrichtete 1 Gulden 12 Kreuzer jährlich an Schulgeld. Das Einkommen aus dem Vorsängerdienst setzte sich aus freiwilligen Gaben zusammen. Zur Besoldung des Hauptlehrers trug die israelitische Gemeinde 200 Gulden bei, die politische Gemeinde hatte 145 Gulden „staatsrechtlich“ beizusteuern, außerdem 30 Gulden wegen nicht zur Verfügung gestellten Schulgütern. Wegen dieses Gehaltsbeitrags von 30 Gulden, den die Gemeinde nicht leisten wollte, kam es zu Auseinandersetzungen, die bis vor den Verwaltungsgerichtshof in Karlsruhe getragen wurden. Sein Urteil vom 2. November 1869 verpflichtete die politische Gemeinde zur Übernahme eines jährlichen Beitrages von 30 Gulden; die Gemeinde hatte zudem die Kosten des Verfahrens zu tragen.[54]

 

Im Schuljahr 1873/74 wurden 25 Schüler unterrichtet. Das Gehalt des Lehrers belief sich auf 560 Gulden oder 960 Mark. Die Schüler entrichteten ein Schulgeld von je 1 Gulden 52 Kreuzer oder 3 Mark 20 Pfennigen. Der Beitrag der politischen Gemeinde kam auf 617 Mark.

 

Eine Schülerliste vom August 1874 zeigt, dass die Schüler in zwei Klassen unterrichtet wurden. Die untere Klasse umfasste 15 Schüler und Schülerinnen der Geburtsjahrgänge 1865 bis 1868; die 11 Schülerinnen der oberen Klasse kamen aus den Geburtsjahrgängen 1860 bis 1863.[55] 

 

Die untere Klasse:

 

Emil Haarburger            *14.05.1867

Max Straßburger            *12.08.1868

Regine Marx                *09.12.1867

Sophie Straßburger            *14.05.1867

Johann Straßburger            *15.08.1867

Klara Schriesheimer            *29.02.1868

Hermann Eppsteiner            *25.10.1867

Eva Haarburger            *01.08.1866

Simon Maier                *03.09.1865

Babette Kaufmann            *11.11.1865

Bernhard Eppsteiner            *20.12.1865

Lina Schriesheimer            *25.12.1865

Max Heß                     *03.01.1866

Regina Straßburger            *12.02.1866

David Fath                   *10.04.1866

 

Die obere Klasse:

 

Elise Marx                   *23.09.1863

Elise Eppsteiner            *18.09.1863

Helene Haarburger            *16.12.1863

Adelheid Eppsteiner            *06.04.1862

Lina Maier                   *19.02.1862

Lina Kaufmann            *25.03.1862

Johanna Marx              *09.05.1861

Hannchen Kaufmann            *03.03.1861

Karlina Hirsch            *13.07.1860

Ricke Heß                   *20.10.1860

Lina Straßburger            *26.07.1860

 

3.4 Die Auseinandersetzung mit der israelitischen Gemeinde zu Großsachsen

 

1875 kam es noch zu einer Auseinandersetzung mit der israelitischen Gemeinde zu Großsachsen. Der Leutershausener Gemeinderat stieß sich an der Tatsache, dass die Kinder der Israeliten aus Großsachsen, die hiesige israelitische Volksschule besuchten, ohne dass die Gemeinde um eine Genehmigung hierfür ersucht worden sei. Es erging deshalb der Antrag an das Bezirksamt, dass die israelitische Gemeinde zu Großsachsen einen verhältnismäßigen Beitrag zu leisten habe. Der zur Stellungnahme aufgeforderte Ortsschulrat zu Leutershausen gab an, dass die israelitische Gemeinde zu Großsachsen nur aus acht Familien bestehe. Laut Schulgesetz von 1868 müssten sie ihre Kinder in die dortige Volksschule geben, sie könnten aber keinen Religionslehrer anstellen. Aus diesem Grund habe der Synagogenrat zu Großsachsen im Februar 1875 den Antrag gestellt, die vier israelitischen Kinder aus Großsachsen in die Schule zu Leutershausen aufzunehmen. Der deswegen geschlossene Vertrag zwischen dem Ortsschulrat von Leutershausen und dem Großsachsener Synagogenrat  sehe vor, dass die Großsachsener Kinder für einen Beitrag von 15 Gulden und dem Schulgeld in der Leutershausener Schule zu unterrichten seien. Die politische Gemeinde zu Leutershausen habe keinen Anspruch auf Zahlungen aus Großsachsen. In seiner Entscheidung vom 6. November 1875 schloss sich das Bezirksamt Weinheim dieser Argumentation im wesentlichen an.[56]  Damit war auch der Anspruch des Leutershausener Gemeinderates hinfällig, der mit Beschluss vom 7. Juni 1875 den Synagogenrat zu Großsachsen aufgefordert hatte, für jedes der vier Kinder einen Beitrag vom 15 Mark zur „teilweisen Bestreitung des Lehraufwands“ zu entrichten.[57] Vor seiner Entscheidung vom 6. November 1875 hatte das Bezirksamt die Großsachsener Juden immerhin gerügt, weil sie es versäumt hätten, beim Oberschulrat eine entsprechende Genehmigung einzuholen. Ein Rechtsanspruch auf Mitbenutzung der Leutershausener Schule bestehe nämlich nicht.[58] Ein schließlich vorgelegter Kompromissvorschlag, der vorsah, dass die Großsachsener Juden die Hälfte des Betrags, den sie bislang  an die israelitische Gemeinde zu Leutershausen gezahlt hatten, an die politische Gemeinde entrichten sollten, scheiterte am Widerstand des Synagogenrates, der auf die 7 Gulden 30 Kreuzer oder 12 Mark 86 Pfennige nicht verzichten wollte. Das vom Leutershausener Gemeinderat deswegen angerufene Bezirksamt erklärte, in dieser Sache keine Weisung erteilen zu können.[59]

 

4. Die Einführung der Simultanschule 1876

 

Der Streit sollte sich allerdings sehr schnell von selbst erledigen: die badische Schulgesetzgebung von 1876 führte die Simultanschule ein, was das Ende der eigenständigen jüdischen Schule bedeutete, Hauptlehrer Heinrich Marx wurde als Lehrer in diese Simultanschule übernommen, in der er fortan neben seinen beiden christlichen Lehrerkollegen unterrichtete.[60] In der Simultanschule wurde an Samstagen, dem Sabbat, auf die jüdischen Schüler und den jüdischen Unterlehrer insofern Rücksicht genommen, als für sie der Unterricht später begann; für die Katholiken und Evangelischen stand derweil Religionsunterricht in Form von biblischer Geschichte, „Gesangbuch“ oder Kirchengesang auf dem Stundenplan.

 

1885 ist ein M. Kaufmann als jüdischer Lehrer an der Schule erwähnt.[61] Ihm folgte, ab 1886 nachweisbar, Samson Lehmann als jüdischer Unterlehrer; ihm wurde wiederholt vorgeworfen, er könne keine Disziplin unter den Schülern halten.[62] Im Juli 1889 wurde ihm eröffnet, dass er im kommenden Frühjahr seine Amtsenthebung ohne Wiederverwendung zu gewärtigen habe; gleichzeitig wurde ihm empfohlen, sich um eine Religionslehrerstelle zu bewerben.[63] Als in seinem Beruf Gescheiterter blieb er noch lange in der Erinnerung der Leutershausener.[64] Sein Ende war traurig; gegen Ende September 1921 wurde seine Leiche in einem Waldstück einer Nachbargemeinde aufgefunden; die Behörden gingen von seinem Freitod aus.[65]

 

Die Einführung der Simultanschule ist als wichtiger Schritt hin zur „realen Emanzipation“ bezeichnet worden, was insbesondere auch für die Lehrer gegolten habe, „die nun Mitglieder

christlich geprägter Kollegien und Lehrer für christliche Schüler“ geworden seien.[66] Umgekehrt ließe sich fragen, ob durch das Ende der jüdischen Schule nicht eine wichtige Stütze der jüdischen Identität verloren ging, zumal dann, wenn, wie im Falle Leutershausen, schließlich auch der jüdische Lehrer aus dem Kollegium der Simultanschule verschwand.[67]  

So stieß sich 1893 das evangelische Dekanat an der Überfüllung der evangelischen Religionsklassen; eine Besserung sei nur möglich, wenn der israelitische Unterlehrer durch einen evangelischen ersetzt würde; verlangen könne man den Wechsel freilich nicht. Die Ortsschulbehörde schloss sich diesem Wunsch mit der Feststellung an, dass die Zahl der israelitischen Schüler auf 13 gesunken sei. Der Einspruch des Synagogenrates ließ nicht auf sich warten, was mit der Äußerung kommentiert wurde: „Die Ortsschulbehörde erkennt an, daß es für die Israeliten wünschenswert wäre, einen israelitischen Unterlehrer zu behalten; aber ebenso wünschenswert, ja noch wünschenswerter ist es, dass ein evangelischer Unterlehrer hierherkommt.“[68]  Mit der Dienstenthebung des Unterlehrers Weil erreichten die Protestanten 1895 ihr Ziel.[69] Im Frühjahr dieses Jahres hatten sich Unterlehrer Weil und seine Schüler noch der israelitischen Religionsprüfung unterzogen; der Prüfungsbericht spricht von 10 Schülern, die in 4 Schuljahren unterrichtet wurden; Lehrgegenstände waren Biblische Geschichte, katechetische Religionslehre, hebräisch Lesen, Gebete und der Pentateuch – die fünf Bücher Mose. Das Prüfungsergebnis lautete: „noch ziemlich gut“; die Religionslehre wurde als gut geübt bezeichnet, im Übrigen seien Kenntnisse und Verständnis bei den Kindern noch sehr zu mehren, sowie auf genaues und geläufiges Lesen hinzuarbeiten. 1907 besuchten nur noch acht israelitische Kinder die Leutershausener Schule, zwei weitere gingen in Weinheim zur Schule.[70] 

 

5. Schlussbemerkung

 

Wie gezeigt, verdankte die israelitische Elementarschule zu Leutershausen ihre Existenz zunächst den badischen Reformen der Jahre 1808 und 1809; die Gesetzgebung von 1876 mit der Einführung der Simultanschule, die letztlich in der Konsequenz der Reformen vom Beginn des Jahrhunderts stand, beendete ihr Dasein wieder.

 

Neben diesem gesamtstaatlich badischen Rahmen spielten aber auch zu Ende der eigenständigen israelitischen Schule die örtlichen Gegebenheiten Leutershausens eine Rolle. War in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die jüdische Bevölkerung in Leutershausen in einem stetigen Wachstum begriffen, was sich natürlich in der Schülerzahl widerspiegelte, so drehte sich diese Entwicklung nach ihrem Höhepunkt im Jahre 1864 wieder um.[71] Leutershausen machte keine Ausnahme in einer Tendenz, die durch die Abwanderung von Juden aus den ländlichen Orten in die aufstrebenden Städte gekennzeichnet war. Diese Entwicklung allein hätte ausgereicht, der israelitischen Schule zu Leutershausen früher oder später ein Ende zu bereiten; es hätte dazu des Gesetzes von 1876 nicht bedurft.  

 

Abkürzungen:

GAH = Gemeindearchiv Hirschberg a.d.B.

GAH/G = Gemeindearchiv Hirschberg a.d.B., Abteilung Großsachsen

GAH/L = Gemeindearchiv Hirschberg a.d.B., Abteilung Leutershausen

GLA = Generallandesarchiv Karlsruhe

LKA = Landeskirchliches Archiv Karlsruhe



[1] Rainer Gutjahr: Agrarunruhen an der badischen Bergstraße im März 1848: Der Fall Großsachsen / Leutershausen, in: Badische Heimat 1/1994, S. 125, Anm. 20. Zum örtlichen Rahmen weiterhin: Rainer Gutjahr: Zur Geschichte der Juden in Leutershausen; in: Gemeinde Hirschberg a.d.B. (Hrsg.): Alte Synagoge Leutershausen, Hirschberg 2001, S. 11-26.

[2] Zur badischen Dimension unseres Themas vgl.: Geschichte der Juden in Heidelberg (Buchreihe der Stadt Heidelberg, Bd. 6), Heidelberg 1996 und Stadt Karlsruhe (Hrsg.): Juden in Karlsruhe (Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs, Bd. 8), Karlsruhe 1988. 

[3] Badisches Regierungsblatt 1808, Nr. 19.

[4] Badisches Regierungsblatt 1809, Nr. 6.

[5] Zur Einordnung unseres Themas in die Geschichte der Juden in Deutschland ist sehr nützlich das jüngst erschienene Sammelwerk von Marion Kaplan (Hrsg.): Geschichte des jüdischen Alltags in Deutschland. Vom 17. Jahrhundert bis 1945. München 2002; hier insbesondere die Seiten 126 bis 344 mit den Beiträgen von Steven M. Lowenstein: Anfänge der Integration 1780-1871 und  Marion Kaplan: Konsolidierung eines bürgerlichen Lebens im kaiserlichen Deutschland 1871-1918.

[6] Organisation der Badenschen Lande, Bd. 2, Mannheim 1803.

[7] GLA 386/329.

[8] Hier kämen in Frage folgende, weit verbreitete Titel von Christian Gottfried Daniel Stein: Kleine Geographie oder Abriß der mathematischen, physischen und besonders politischen Erdkunde; Handbuch der Geographie und Statistik nach den neuesten Ansichten für die gebildeten Stände, Gymnasien und Schulen; Handbuch der Naturgeschichte für die gebildeten Stände, Gymnasien und Schulen besonders in Hinsicht auf Geographie ausgearbeitet. Alle diese Titel sind in mehreren Auflagen in der Zeit um 1815 bei J.C.Hinrichs in Leipzig erschienen. 

[9]  GLA 386/329.

[10] GAH/L A 303.

[11] GAH/G A 175 und LKA Evangelisches Dekanat Weinheim, Israelitische Schulen 1824-33, 1847. Für den Hinweis auf diese Akte danke ich sehr herzlich Frau Andrea Rößler vom Stadtarchiv Weinheim.

[12] LKA Evangelisches Dekanat Weinheim, Israelitische Schulen 1824-33, 1847.

[13] GAH/L A 303.

[14] LKA wie Anm. 12. Zum Thema der z. T. nur zögerlichen Bereitschaft jüdischer Gemeinden zur Errichtung von Elementarschulen und über die u. U. herabwürdigende Behandlung der Lehrer vgl.: Steven M. Lowenstein, wie Anm. 5,  S. 158 ff.

[15] LKA wie Anm. 12.

[16] LKA wie Anm. 12.

[17] Eigentlich Raschi bzw. Rabbi Schelomo Jizchaki (1040-1105); Kommentator des Pentateuch und des Talmud.

[18] H. Stephani gilt als Pionier der Lautiermethode, die die ältere Buchstabiermethode ablöste. Seine „Stephani-Fibel“, zuerst 1802, erschien in über 100 Auflagen.

[19] Für die Übertragung danke ich meiner Kollegin am Humboldt-Gymnasium Karlsruhe, Frau Gisela Ganzhorn.

[20] Ladenburger ist im Juni 1827 als israelitischer Lehrer im benachbarten Lützelsachsen nachweisbar. LKA wie Anm. 12.

[21] GAH/L A 277.

[22] GAH/L A 303.

[23] LKA wie Anm. 12.

[24] GLA 386, 329. Hier auch die Prüfungsakten.

[25] Salomon Fürst (1792-1870), seit 1827 Bezirksrabbiner zu Heidelberg. Vgl.: Geschichte der Juden in Heidelberg (Buchreihe der Stadt Heidelberg, Bd.6), Heidelberg 1994, S. 201.

[26] Vermutlich Hofrat Christian Friedrich Gockel (1798-1867). Vgl.: Heinrich Neu: Pfarrerbuch der evangelischen Kirche Badens von der Reformation bis zur Gegenwart, Bd. 2, Lahr 1939, S. 201.

[27] LKA wie Anm. 12.

[28] GLA 386/329; 330.

[29] GAH/L A 303.

[30] LKA wie Anm. 12.

[31] GLA 390/5947.

[32] Dafür spricht auch die Mitteilung des evangelischen Pfarrers Schmitthenner zu Großsachsen vom 23. August 1831an das Dekanat, des Inhalts, dass die Großsachsener Juden ihre Kinder zum weltlichen Unterricht in die „Christenschule“ zu Großsachsen schicken wollten und wegen Erteilung des Religionsunterrichtes mit dem Privatlehrer zu Lützelsachsen, Simon Stern, in Verhandlung stünden. LKA wie Anm. 12.

[33] GLA 390/5947.

[34]  Anzeigeblatt für den Unterrheinkreis 1836, Nr. 11.

[35] GLA 386/330.

[36] GLA 390/5947.

[37] GLA 390/5947.

[38] GLA 386/330.

[39] GLA 386/329.

[40] GLA 386/331.

[41] GLA 386/330.

[42] LKA wie Anm. 12.

[43] LKA wie Anm. 12.

[44] LKA wie Anm. 12.

[45] LKA wie Anm. 12..

[46] Häuserbuch in: Josef Fresin: Heimatbuch Leutershausen, Weinheim 1960, S. 128 ff.

[47] Bundesarchiv, Außenstelle Frankfurt/M., 2315 aus DB 51/256.

[48] GAH/L A 303.

[49] GAH/L A 281; 282.

[50] GAH/L B 115 s.p.

[51] GAH/L Reg. 373.210.

[52] GAH/L Grundbuch Bd. 11, S. 695 u. 762. Die bei Josef  Fresin: Heimatbuch Leutershausen, Weinheim 1960, S. 47 erwähnte Hausinschrift „IU. SCHUHL 1826“, die sich auf die „Juden-Schule“ beziehen sollte, erweist sich bei näherem Hinsehen als „IV SCHUH 1826“ und verweist damit auf die Hauseigentümer des Jahres 1826:  Johann  und Valentin Schuh.

[53] GAH/L Reg. 373.210.

[54] GAH/L A 302.

[55] GLA 386/332.

[56] GLA 386/332.

[57] GAH/L B 116, Nr. 188.

[58] GAH/L A 304.

[59] GAH/L A 304.

[60] GAH/L B 128, S. 2.

[61] GAH/L B 128, S. 17.

[62] GAH/L B 128, S. 20 ff.

[63] GAH/L A 295.

[64] GAH Nachlass Hermann Förster. Aufzeichnungen von Hermann Förster.

[65] Weinheimer Anzeiger vom 29.09.1921.

[66] Susanne Döring: Die Geschichte der Heidelberger Juden (1862 bis 1918), in: Geschichte der Juden in Heidelberg (Buchreihe der Stadt Heidelberg, Bd.6), Heidelberg 1996, S. 246.

[67] Vgl. hierzu Marion Kaplan (Hrsg.): Geschichte des jüdischen Alltags in Deutschland. Vom 17. Jahrhundert bis 1945. München 2002, S. 164. 

[68] GAH/L B 128, S. 39 f.

[69] GAH/L B 128, S. 49.

[70] GAH/L A 304.

[71] Rainer Gutjahr: Zur Geschichte der Juden in Leutershausen, wie Anm.1, S. 15 f.


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