Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Illingen (Kreis Neunkirchen, Saarland) 
mit Merchweiler (Kreis Neunkirchen), Heiligenwald (Gemeinde Schiffweiler) 
sowie Gennweiler, Quierschied und Sulzbach/Saar (Stadtverband Saarbrücken) 
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde   
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen   
bulletZur Geschichte des Betsaals / der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen   
bullet Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte  
bulletLinks und Literatur   

    

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)  
    
In Illingen bestand eine jüdische Gemeinde bis 1940. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück. Möglicherweise lebten jedoch bereits im 17. Jahrhundert einige Juden in Illingen. Erstmals lässt sich 1717 ein jüdischer Bewohner (1727 als Aron genannt, der mit Wachs, Pulver und Vieh handelte) nachweisen. 1763 lebten bereits neun jüdische Familien am Ort, die teilweise aus Orten der Umgebung zugezogen waren (Forbach, Gennweiler, Eppelborn usw.). 
 
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts lebten die jüdischen Familien vor allem vom Vieh-, Lumpen- und Warenhandel. Auch mehrere Metzger gab es unter ihnen. Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eröffneten Juden als Kaufleute mehrere Gewerbebetriebe und Handlungen (für Schuhwaren, Textilien, Möbel und Betten, Lederwaren usw.), die für das wirtschaftliche Leben in Illingen große Bedeutung bekamen. Mitte des 19. Jahrhunderts wurden über 200 jüdische Einwohner gezählt. Die höchste Zahl wurde 1910 mit 270 Gemeindegliedern erreicht. 
 
Der 1895 gebildete Synagogenbezirk Illingen umfasste auch die in Gennweiler, Merchweiler, Quierschied und Heiligenwald lebenden jüdischen Personen (um 1925 gehörten aus Merchweiler, Sulzbach und Quierschied zusammen etwa 25 Personen zur Gemeinde Illingen). An besonderen Einrichtungen bestand eine jüdische Volksschule (bis zur Schließung 1933). Die Gemeinde hatte zeitweise einen eigenen Rabbiner (seit den 1780er-Jahren Rabbiner Samuel Oppenheimer), bis sie in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts dem Rabbinatsbezirk in Trier zugeteilt wurde. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer (Elementarlehrer) angestellt, der an der jüdischen Volksschule unterrichtete. Als Lehrer werden genannt: Simon Bernhard (1823-1830), Salomon Bromberger (1823-1825), Abraham Fuhrmann (1825-1830), Abraham Levy (1830-1833), Marcus Pfeffer (1834-1863), Rachael Bechhöfer (um 1867), Victor Simon (um 1875), Friedmann Salomon (1885-1895), Moses Berlinger (1895-1910), Willi Jonas (bis 1935). Längere Zeit war neben dem Lehrer zusätzlich ein Kantor angestellt, der auch als Schochet tätig war (siehe Ausschreibungen der Stelle unten). So war neben Lehrer Berlinger ab 1900 Kantor Marx tätig; neben Lehrer Willi Jonas Kantor Benjamin Lion.     
    
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der Gemeinde Jakob Burgheimer (geb. 7.1.1885 in Freiburg i.B., gef. 1.11.1918), Moritz Gottlieb (geb. 4.10.1884 in Saarburg, gef. 27.1.1916), Oskar Lazar (geb. 27.6.1889 in Illingen, gef. 19.11.1916), Max Levy (geb. 4.3.1884 in Illingen, gef. 2.9.1914), Hermann Proskauer (geb. 27.6.1882 in Groß Döbern, gest. 21.9.1919 in Gefangenschaft) sowie Gottlieb Schwarz (geb. 20..12.1879 in Illingen, gef. 4.3.1915). Außerdem sind gefallen: Vizefeldwebel Leo Schwarz (geb. 1.8.1882 in Illingen, vor 1914 in Mannheim wohnhaft, gest. 26.7.1918 in Gefangenschaft) und Gefreiter Edmund Levy (geb. 7l.7.1890 in Illingen, vor 1914 in Stuttgart wohnhaft, gef. 12.9.1918).     
  
Um 1925, als etwa 200 jüdische Personen am Ort lebten (4,5 % von insgesamt ca. 4.500 Einwohnern) gehörten dem Vorstand der Synagogengemeinde an: Emil Robert Levy, Abraham Adler I, Josef Schwarz (auch 1932 waren dieselben Personen Gemeindevorsitzende). Der Repräsentanz gehörten an: Edmund Levy, Max Weiler, Leo Alexander, Moritz Levy, Simon Levy, Joseph Abraham, Gustav Herzog, Jacob Alexander und Isidor Michel. Als Kantor und Schochet war (spätestens seit 1910) Benjamin Lyon angestellt. Die Jüdische Volksschule besuchten 1925 13 Kinder unter Lehrer Willi Jonas; im Schuljahr 1932/33 waren es 16 Kinder. Es gab mehrere jüdische Vereine, die die Wohlfahrtspflege zum Ziel hatten. Chewre I und Chewre II unterstützten die Ortsarmen; die Chewre Gemilus Chessed war für das Bestattungswesen zuständig. Zwei Frauenvereine unterstützen Arme bzw. hatten auch eine Armenkasse für Durchwanderer. Seit 1902 bestand der "Israelitische Jünglingsverein" Chevro hanorim", den der damalige Kantor Marx gegründet hatte und aus dem auch ein Männerchor erwachsen ist (siehe Bericht unten). Nach dem Ersten Weltkrieg wurde eine Ortsgruppe des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten gegründet. Jüdische Einwohner waren selbstverständlich auch in den allgemeinen kulturellen und sporttreibenden Vereinen tätig.
 
1933 lebten noch 107 jüdische Personen in Illingen. Nachdem 1935 die Saar dem Deutschen Reich angegliedert wurde, entschlossen sich viele der jüdischen Einwohner zur baldigen Auswanderung. 1939 wurden noch 32 jüdische Einwohner gezählt. Beim Novemberpogrom 1938 kam es auch in Illingen zu schweren Ausschreitungen und Misshandlungen von jüdischen Einwohnern. Am 22. Oktober 1940 wurden die noch verbliebenen 19 jüdischen Einwohner nach Gurs deportiert.   
    
Von den in Illingen geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Albert Alexander (1882), Blondine Alexander geb. Schwarz (1887), Clementine Alexander (1864), Dina Alexander (1897), Dina Alexander (1923), Franziska Alexander (1876), Greta Alexander geb. Meier (1913), Gudrun R. Alexander (1923), Isaak Alexander (1875), Jakob Alexander (1884), Lucie (Luzia) Alexander (1927), Rosalie Alexander (1923), Emma August (1885), Laura Bier geb. Lewy (1876), Paula Braun geb. Levy (1898), Laura Cahen geb. Schwarz (1879), Henriette Cohen geb. Levy (1873), Albert Emanuel(1879), Hugo Haas (1881), Camilla Hainebach geb. Hoffmann (1875), Adele Hanau geb. Lichtenstein (1890), Leo Hanau (1888) Albert Herzog (1885), Julius Herzog (1921), Rosa Herzog geb. Gottlieb (1894), Meta Höhne geb. Levy (1897), Adele Homburg geb. Levy (1888), Helma Isaak geb. Ludwig (1877), Berthe Israel geb. Schwarz (1884), Mathilde Jacob geb. Schwarz (1880), Else (Ilse) Joseph geb. Barth (1893), Adolf Kahn (1876), Helene Katz geb. Levy (1870), Hilde Klimeck geb. Alexander (1880), Bertha Lazar geb. Salmon (1903), Günther Moritz Lazar (1927), Kurt Michael Lazar (1931), Ruth Lazar (1927), Albert Levy (1875), Arthur Levy (1875), Edmond Levy (1879), Else Levy (1900), Emilie Levy (1900), Johanna Levy geb. Weiss (1878), Lina Levy (1880), Ludwig Levy (1870), Olga Levy (1910), Regina Levy geb. Neuberger (1884), Salomon Levi (1860), Sofie Levy (1867), Herta Löbenstein geb. Levy (1905), Clementine Löffler geb. Schwarz (1880), Benjamin Lyon (1876), Johanna Mayer geb. Schwarz (1876), Max Michel (1911), Ruth Michel geb. Lyon (1910), Auguste Moses geb. Haas (1886), Moritz Moses (1882), Sara Nussbaum geb. Levy (1883), Juliana Oppenheimer geb. Levy (1869), Karoline Salomon geb. Levy (1860), Helene Samuel geb. Levy (1874), Ida Schild geb. Lazar (1891), Ida Schwarz geb. Lorig (1890), Leopold Schwarz (1879), Moritz Schwarz (1882), Salo Schwarz (1885), Walter Schwarz (1922), Theresia Schwarz geb. Lorig (1889), Frieda Simon (1879), Abraham Stein (1875), Bertha Strauss geb. Barth (1885), Max Strauss (1878), Helene Thom geb. Schoenenberger (geb. ?), Saly Weil (1885), Anne Weiler geb. Alexander (1914), Therese Weiler geb. Levy (1857), Justine Wolf geb. Levy (1885), Willi Wolf (1896).      
     
Von den in Gennweiler geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"):  Emma Barth geb. Schwarz (1874), Albert Emanuel (1889).   
 
Merchweiler Gedenkblatt Loeb.jpg (138948 Byte) Von den in Merchweiler geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"; links: Gedenkblatt in Yad Vashem Jerusalem für Adelheid Löb geb. Schlachter aus Merchweiler):  Johanna Dreifuss geb. Simon (1859), Adelheid Löb geb. Schlachter (1876), Cölestine Löb geb. Lazar (1868), Delphine (Delfin) Schwarz geb. Wolf (1892), Herbert Schwarz (1932), Isaak Schwarz (1885), Siegfried Schwarz (1925), Sigmund Schwarz (1891), Werner Schwarz (1929), Betty Seewald geb. Voss (1905), Karoline Voss geb. Nussbaum (1869), Albert Weiler (1887), Arthur (Artur) Weiler (1901), Cölestine (Celestine, Zelestine) Weiler geb. Lazar (1868), Ella Weiler (1899), Emmy Weiler (1899), Frieda Weiler geb. Schwarz (1888), Frieda (Friedel) Weiler (1904), Ilse (Else) Weiler (1929), Leo Weiler (1916), Leo Emanuel Weiler (1916), Lilly Weiler (1902), Markus Weiler (1863), Otto Weiler (1908), Rosa Weiler geb. Levy (1902), Siegfried Weiler (1894), Walter Weiler (1904), Zacharias Weiler (1848).        
  
Von den in Heiligenwald geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Gustav Blum (1869), Gustav Blum (1896), Martha Blum (1898).
Hinweis: der in einigen Listen aufgeführte Walter Blum (1906) konnte seine Freilassung aus dem Internierungslager Gurs (Südfrankreich) erreichen und in die Dominikanische Republik emigrieren. Dort gründete er später eine noch heute existierende Gewürz- und Soßenfabrikation. Er starb am 9. Februar 1984 in Santo Domingo und wurde im dortigen jüdischen Friedhof beigesetzt (Ausk. von H.-U. Dillmann vom 6.3.2019).    
  
Von den in Quierschied geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Adele Löb geb. Schlachter (1876), Helmut Löb (1918), Hermann Lob (1900), Josef Hermann Simon (1887).     
 
Von den in Sulzbach geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Emil Dreyfus (1883), Paul Dreyfus (1880), Berta Heymann geb. Meyer (1887), Gertrud Meyer geb. Kleemann (1909), Walter Straus (1892).   
    
    
    
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
 
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer / Vorbeter / Schochetim      

Anmerkung: die jüdische Gemeinde hatte für diese Ämter teilweise zwei Personen angestellt, daher die unterschiedlichen Ausschreibungen.   
Ausschreibungen der Stellen des Religionslehrers / Elementarlehrers / Vorbeters / Schochet 1859 / 1861 / 1873 / 1879 / 1895 / 1898 / 1907

Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 6. Juni 1859: "Aufforderung an Kantoren
Die hiesige Synagogen-Gemeinde beabsichtigt, sofort einen Chasan und Schochet anzustellen, der imstande ist, einen Chor zu leiten. Außer freier, anständiger Wohnung bringt die Stelle inklusive der Schechita wenigstens jährlich 300 Thaler ein. Gewünscht wird auch, dass der Bewerber in verschiedenen Vereinen allsabbatlich Vorträge halten kann, was noch außerdem honoriert wird. 
Bewerber müssen sich zu einer Probe im Vorbeten, ohne Reiseentschädigung, verstehen. 
Bewerber wollen sich baldmöglichst bei dem unterzeichneten Vorstande melden, da man gesonnen ist, den Vorbeter noch vor Einweihung einer neuen Synagoge, die im Laufe dieses Sommer stattfinden soll, anzustellen, was dem Vorbeter einen bedeutenden pekuniären Vorteil gewährt. 
Illingen, Kreis Ottweiler, den 25. Mai 1859. Der Synagogen-Vorstand. Salomon Straus. Lassar Lövy."    
 
Illingen AZJ 23071861n.jpg (58243 Byte)Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 23. Juli 1861: "Ein musikalisch gebildeter, mit einer angenehmen Stimme begabter Vorbeter, der einen Chor einzuüben und zu leiten versteht. Und zugleich auch entweder als geprüfter Elementar- und Religionslehrer, oder als Schächter fungieren kann und befähigt ist, Schiur (Toralernstunde) zu lehren, kann sogleich in der Gemeinde Illingen mit einem jährlichen Einkommen von 300 Talern nebst einer schönen, freien Wohnung an der neuen Synagoge angestellt werden.
Bewerber, auch Verheiratete, wollen unter frankierter Einsendung ihrer Zeugnisse sich sofort bei mir melden. 
Auch sind noch andere gute Stellen für Lehrer und Vorbeter in meinem Rabbinatssprengel vakant. 
Trier, den 8. Juli 1861. Der Oberrabbiner J. Kahn."
    
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 18. März 1873: "Ein Lehrer und Vorbeter 
gesucht mit einem Gehalt von 150 Thalern, 50 Thaler garantierte Nebenverdienste und freie Wohnung. Reflektierende wollen sich unter Einsendung ihrer Zeugnisse wenden 
an den israelitischen Gemeindevorstand in Illingen (Regierungsbezirk Trier)."       
 
Illingen Israelit 15101879.jpg (65647 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. Oktober 1879: "In der hiesigen israelitischen Gemeinde wird zum 1. Dezember dieses Jahres die Elementarlehrer- und Kantorstelle vakant, welche außer freier Wohnung ein Jahreseinkommen von Mark 1.350 und Garantie für Mark 150 Nebeneinkünfte einbringt. 
Es wird nur auf solche Bewerber reflektiert, die ihre Prüfung in den Elementarfächern abgelegt, im Hebräischen bewandert und imstande sind, einen deutschen Vortrag zu halten. 
Anmeldungen unter Beifügung der Schulzeugnisse nimmt entgegen 
der Vorstand: A. S. Levy, S. Levy jr. Illingen, 16. September 1879".
 
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Januar 1895: "Die Synagogengemeinde Illingen sucht per 1. April dieses Jahres einen durchaus tüchtigen, seminaristisch gebildeten 
Elementarlehrer
, welcher die Fähigkeit besitzt eventuell Vorträge zu halten. Es wird besonders darauf gesehen, dass Reflektant religiös und talmudisch gebildet ist. Die Schule soll demnächst eine Öffentliche werden. Anfangsgehalt Mark 1.200 pro anno, nebst Mietsentschädigung. Bewerber willen ihre Gesuche bis spätestens 14. Februar an den unterzeichneten Vorstand einsenden.  
Illingen, Regierungs-Bezirk Trier, 14. Januar 1895. Der Vorstand der Synagogen-Gemeinde."     
 
Illingen Israelit 23021898.jpg (77622 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Februar 1898: "In der Synagogengemeinde Illingen (Regierungsbezirk Trier) ist die Stelle eines musikalisch gebildeten Kantor und tüchtigen Schochet mit einem Gehalte von Mark 1.350 und Mark 250 garantiertes Nebeneinkommen, nebst freier Wohnung zu besetzen. Nur religiöse Bewerber, die im Besitze von Kabolos von orthodoxen Rabbinen sind, wollen sich unter Einsendung ihrer Zeugnisse und eines selbst geschriebenen Lebenslaufs bei dem unterzeichneten Vorstand melden. Bevorzugt werden Bewerber aus der Rheinprovinz und Süddeutschland von 25 bis 40 Jahren. 
Illingen (Regierungsbezirk Trier). Der Vorsitzende des Vorstands. 
A. S. Levy."
 
Illingen Israelit 18041907.jpg (85652 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. April 1907: "In der Synagogengemeinde Illingen Regierungsbezirk Trier ist am 1. Juli dieses Jahres die Stelle eines 
Kantors und Schochets
 
neu zu besetzen. 
Das Stellengehalt beträgt Mark 1.500, das garantierte Nebeneinkommen Mark 300. Außerdem wird freie Wohnung gewährt. Nur streng religiöse Bewerber, die im Besitze von Kabbalot streng orthodoxer Rabbiner sind und über gute Stimmmittel verfügen, wollen ihre Meldungsgesuche unter Einreichung ihrer Befähigungsnachweise und genauer Angabe ihrer bisherigen Tätigkeit bis zum 15. Mai an unterzeichnete Stelle gelangen lassen. Ausländer können nicht berücksichtigt werden. 
Der Vorsitzende des Vorstands Hermann Barth."

    
Über den Kantor Marx und den von ihm gegründeten israelitischen Jünglingsverein (1902)   

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Juli 1902: "Illingen, im Juli (1902). In wie weit ein Kultusbeamter seine erzieherische Kraft in den Dienst der Religion und der geistigen Bildung zu stellen vermag, davon ist uns durch unseren Kantor und Lehrer, Herrn Marx, ein nachahmenswertes Beispiel gegeben. Dieser überaus tüchtige Beante wirkt bereits seit zwei Jahren in unserer Gemeinde. In dieser Zeit hat es derselbe verstanden, durch seine erhebende Abhaltung des Gottesdienstes, durch sein aufrichtiges, religiöses Betragen und seinen Amtseifer einerseits die Herzen unserer Gemeindeangehörigen zu erwerben, während er andererseits durch sein korrektes Auftreten und freundliches Benehmen jedem Mitmenschen gegenüber, die Hochachtung und Sympathien unserer christlichen Mitbürger sich errungen hat. Von welcher Seite Herr Kantor Marx seinen Beruf auffasst, beweist der von ihm am Lag beomer dieses Jahres gegründete israelitische Jünglingsverein "Chevro hanorim".
Der Verein verfolgt in erster Reihe den Zweck, durch allwöchentliche Vorträge des Herrn Kantor Marx über die laufende 'Sidra (= Wochenabschnitt der Tora) mit Raschierklärung' und daran geknüpfter Erläuterung der Dinim und Minhagim bei den jungen Leuten, das Interesse für die heilige Lehre wieder zu wecken und zum Festhalten an derselben beizutragen. In zweiter Reihe hat es scih der Verein zur Aufgabe gemacht, durch vierteljährliche Vorträge über ein in jüdische Volksgeschichte einschlagendes Thema, den Gemeindemitgliedern mit ihren Familien einen geistig genussreichen Abend zu schaffen. Aber auch der Verherrlichung des Gottesdienstes soll der Verein dienen, indem unter der Leitung des Herrn Marx ein vierstimmiger Männerchor aus den stimmbegabten Vereinsmitgliedern sich gebildet hat. Dass dieser Verein in unserer Gemeinde einen äußerst guten Anklang fand, beweist unsere Vereinsliste, welche bereits 56 aktive und passive Mitglieder zählt. 
Die Gründung und Erhaltung solcher Vereine, besonders in den Landgemeinden, ist allerdings nicht immer leicht, da nicht selten Interesselosigkeit und Parteilichkeit Hemmnisse schwierigster Art bilden. Wir haben aber die feste Überzeugung, dass, wo die Leitung eine solch tüchtige und energische Kraft aufweist, wie wir sie in der Person des Herr Kantor Marx besitzen, diese so vielen hohen Zwecken dienende Vereine, deren Nützlichkeit auf dem vor einiger Zeit in Frankfurt am Main tagenden 'Deutschen Rabbinerverband' anerkannt wurde, zum Segen der Gemeinde entstehen und bestehen werden. S.L."       
Zur ersten Generalversammlung des Jünglingsvereines 1903 siehe unten. 

  
Lehrer Moses Berlinger geht in den Ruhestand (Lehrer in Illingen von 1896 bis 1916, danach in Trier; Bericht von 1931) 

Illingen Israelit 15101931.jpg (220614 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. Oktober 1931: "Trier, 8. Oktober (1931). Am 1. Oktober trat Herr Lehrer Moses Berlinger nach 45-jähriger Tätigkeit in den Ruhestand. Herr Lehrer Berlinger wirkte mehr als 20 Jahre an der jüdischen Volksschule zu Illingen (Saar) und folgte im Jahre 1916 einer Berufung zum Lehrer der Jüdischen Volksschule in Trier. Er genoss während seiner ganzen Amtstätigkeit bei Behörden und Elternschaft den Ruf eines hervorragenden Pädagogen und eines besonders pflichttreuen Menschen. In allen Kreisen der jüdischen und auch der nichtjüdischen Bevölkerung unserer Stadt erfreut sich Herr Lehrer Berlinger der größten Beliebtheit. Ein schöner Beweis der Anerkennung war die erhebende Abschiedsfeier, die dem von seinem Amte Scheidenden veranstaltet wurde. Während derselben überbrachte Kreisschulrat Dr. Braun dem Jubilar die Wünsche des Staates und der Stadt und dankte dem bewährten Erzieher in herzlichen Worten für seine aufopfernde und hingebungsvolle Tätigkeit. Die Überreichung des Diploms und eines Glückwunschschreibens der Stadt Trier gaben den inhaltvollen Worten ihre äußere Form. - Im Namen der Gemeinde dankte Herr Oberrabbiner Dr. Altmann in sinnvoller Deutung eines Bibel- und Midraschwortes für die liebevolle Besorgnis um die heranwachsende Jugend und die bewundernswerte Selbstlosigkeit, mit der Herr Lehrer Berlinger unter steter Hinansetzung seiner Person seinem idealen Berufe diente. - Als Vorsteher der Gemeinde sprach Herr Moritz Kaufmann Worte der Anerkennung und hob besonders die Verdienste des Jubilars als Mitgliedes der Repräsentantenversammlung der Jüdischen Gemeinde zu Trier hervor. - Für die Lehrerschaft fand Herr Rektor Halfen besonders schöne Worte über das kollegiale und friedfertige Wesen des Herrn Lehrer Berlinger, der es stets verstanden hat, in konfessioneller Eintracht und aufrichtiger Freundschaft mit allen Kollegen zu verkehren. - Eine Fülle von schönen Darbietungen des Schülerchores sowie einzelner Schüler und Schülerinnen und die Überreichung eines Ehrengeschenkes sollten den Dank und die Anhänglichkeit der Schüler zum Ausdruck bringen. - Herr Lehrer Berlinger dankte in tiefer Rührung für all die Worte der Anerkennung und die Beweise der Verehrung. Er ermahnte die Schüler zu weiterem fleißigem Schaffen und legte ihnen ans Herz bewusste Juden und nützliche Glieder der menschlichen Gesellschaft zu werden. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens"   
Der hebräische Schlusswunsch steht bei Berichten über verstorbene Personen, daher die Korrektur im nächsten Artikel.   
   
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Oktober 1931: "Berichtigung. In der Würdigung des Herrn Lehrer Moses Berlinger in Trier aus Anlass seines Eintretens in den Ruhestand in der jüngsten Nummer unseres Blattes (Seite 8) kam aus Versehen des Setzers eine hebräische Formel an den Schluss, die zu einem anderen Artikel gehörte. Wir bedauern diese Verwechslung und wünschen Herrn Lehrer Berlinger einen heiteren Lebensabend in frischer Gesundheit und ungetrübtem Glück. (Alles Gute) bis 120 Jahre".    

    
Zum Tod von Oberlehrer i.R. Willy Jonas (1937)      

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Februar 1937: "Trier, 25. Januar (1937). Die Jüdische Gemeinde Trier hat einen schweren Verlust erlitten durch das Ableben eines ihrer besten Mitglieder, des Oberlehrers i. R. Willy Jonas (früher Illingen, Saar). Neben den besten jüdischen und menschlichen Qualitäten zeichnete diesen Mann außerordentliche Bescheidenheit aus. Nichts für sich, alles für die anderen! Dieser edle Charakterzug brachte ihm ungewollt die Zuneigung aller ein, die jemals mit ihm in Berührung kamen. Davon legte auch die außergewöhnlich große Beteiligung an der Bestattung beredtes Zeugnis ab. Selbst seine erste Gemeinde, die er vor etwa 40 Jahren betreute, war durch zahlreiche Mitglieder vertreten. Herr Oberrabbiner Dr. Altmann zeichnete an der Bahre das Charakterbild dieses edlen Jehudi in zu Herzen gehenden Worten. Möge Gott der schwergeprüften Gattin, die ihren Lebensgefährten aufopfernd pflegte, und den Kindern die Kraft zur Überwindung des schweren Schicksalsschlages geben. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."            

   
   
Aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben 
Zur Situation der jüdischen Gemeinden im 18. Jahrhundert (Beitrag von 1841)

Illingen IsrAnnalen 26031841.jpg (143820 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Israelitische Annalen" vom 26. März 1841 zur Situation der jüdischen Bevölkerung im Saarland: "2) Kreis Ottweiler, bis 1777 durften hier und in Saarbrücken keine Juden wohnen. Für den täglichen Aufenthalt zahlt jeder 12 Kr. Oder für ein Jahr 2-3 Friedrichsd’or Leibzoll. Damals gestattete der humane Fürst Ludwig den Juden im Fürstentum, mit Ausnahme Saarbrücken selbst, welches Privilegien hatte, keinen Juden zuzulassen, die Aufnahme. Der Magistrat von Ottweiler wollte dagegen ramonstrieren, da aber auf dessen Reise zum Fürsten der Wagen umstürzte und einer der Herren ein Bein brach, nahm man dies für ein Omen und so unterblieb der Antrag. Ein mir vorliegender Schutzbrief vom 1. Januar 1777 gestattet dem Inhaber freien Handel, jedoch Abschließung von Verträgen nur unter Aufsicht oder Bescheinigung der betreffenden Ortsbehörde; ferner den Gottesdienst nur privatim zu halten, jedoch für hohe Feierlichkeiten jüdischer Männer bis zur Zahl 10 aus der Nähe zum Gottesdienste einzuladen, ohne für diese Zeit Zoll zu entrichten; der Rabbiner hatte kein Schutzgeld zu zahlen. Auch hatten sie in allen inneren Angelegenheiten Autonomie. Ähnlich waren die Verhältnisse in Illingen, wo die Gemeinde jedoch älter ist, deren Geschichte manches Interessante darbietet. – Hier war der Sitz eines Rabbinen für das ganze freiherrliche Gebiet. Die Gemeinde zählt 40 Familien und enthält die trefflichsten Elemente zu Verbesserungen. Sie haben eine sehr gut eingerichtete Gemeindeordnung und eine öffentliche Elementar- und Religionsschule unter dem Lehrer Herrn Pfeffer. Es sind hier nicht weniger als 5 Wohltätigkeitsvereine."

 
Spendenaufruf für eine in Not geratene Familie (1874)

Illingen AZJ 02061874.jpg (115138 Byte)Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 2. Juni 1874: "Wohltätige Glaubensbrüder und Schwestern! In unserer zwar zahlreichen aber nicht begüterten Gemeinde ist über eine brave Familie ein großes Unglück hereingebrochen. Ein fleißiger Handelsmann, Mendel Levy von hier, ist vor einem Jahre geisteskrank geworden und hat infolge dessen ein trauriges Ende genommen. Er hinterlässt eine Frau mit sieben unmündigen Kindern, von denen das älteste 14 Jahre und das jüngste Kind kaum sechs Monate alt ist, in der drückendsten Armut. Schrecklich ist der Anblick, welche diese Unglücklichen dem mitleidigen Auge darbieten und erschütternd ihr Jammer. Die Unterzeichneten wagen es, an das humane Herz aller Menschenfreunde zu appellieren, dass es durch milde Gaben diesen vom Schicksal so hart Betroffenen beistehen möge, um deren unglückliches Los zu erleichtern. Möge dieser Aufruf ein starkes Echo finden und Viele ein Scherflein beitragen, wo es geht, die Not einer sehr betrübten Witwe lindern zu helfen. 
Die Unterzeichneten sind gerne bereit, Gaben in Empfang zu nehmen und in dieser Zeitung zu verzeichnen. 
Illingen, Kreis Ottweiler, den 28. Mai 1874. 
Der Vorstand der Gemeinde: Salomon Strauß. A. S. Levy."

 
Kollekte zugunsten der bedrängten russischen Juden (1891)    

Illingen Israelit 29061891.jpg (27566 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Juni 1891: "Illingen (Bezirk Trier). Zu Gunsten unserer unglücklichen, russischen Glaubensbrüder wurde dieser Tage in hiesiger Synagogengemeinde eine Kollekte vorgenommen, die das verhältnismäßig sehr erfreuliche Resultat von Mark 355,50 Pfennig ergab, welcher Betrag sofort an Herrn Rabbiner Dr. Rülf in Memel abgeführt wurde."

 
Erste Generalversammlung des israelitischen Jünglingsvereins (1903)  

Illingen Israelit 29061903.jpg (156695 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Juni 1903: "Illingen. Vorigen Monat fand die erste Generalversammlung des vor einem Jahr von Herrn Kantor Marx gegründeten israelitischen Jünglingsvereins statt. 
Nachdem die statutengemäße Neuwahl des Vorstandes, in welchen die seitherigen Mitglieder wieder gewählt wurden, vorüber war, wurde vom Vorsitzenden des Vorstandes über die aktive Tätigkeit des Vereins im verflossenen Jahre berichtet. Derselbe erwähnte, dass, abgesehen von der literarischen und unterhaltungsbietenden Seite des Vereins, wodurch unserer, über 70 Familien starken Gemeinde schon so manche schöne Stunde geboten wurde, hauptsächlich die allsabbatlichen schönen und belehrenden Vorträge unseres allgemein geehrten und geachtet Lehrers und Kantors Herrn Marx es sind, welche in den Herzen der jungen aktiven Mitglieder schon sehr beachtenswerte Früchte gezeitigt haben. 
So kann konstatiert werden, dass hier das sabbatentweihende Kegelspielen bei den aktiven Mitgliedern aufgehört hat, das Tefillinlegen strenger beobachtet wird und auch die Beteiligung am Wochengottesdienst eine regere geworden ist. Obwohl unserem Herrn Marx betreffs Ermahnung zur Sabbatheiligung und Erfüllung sonstiger Chukim und Mizwot noch Vieles zu tun übrig bleibt, so ist es doch wohltuend, wenn man auf solche Erfolge in so kurzer Zeit zurückblicken kann. 
In Anerkennung seiner Verdienste um den verein und seiner lehrreichen und schönen Vorträge, wurde Herrn Marx vom Vorsitzenden, Herrn Strauß, im Namen des ganzen Vereins ein schöner, silberner Kelch mit Widmung überreicht. 
Zu unserer aller Freude sei hier noch mitgeteilt, dass Herr Marx einstimmig vom Vorstande und dem Repräsentanten-Kollegium der hiesigen Synagogengemeinde eine schöne Gehaltsaufbesserung erhalten und seine tüchtige Kraft durch einen neuen Vertrag uns wieder gesichert ist."  
 
Illingen Israelit 06071903.jpg (92721 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Juli 1903: "Regierungsbezirk Trier, 3. Juli 1903: Der Artikel in Nummer 51 Ihres geschätzten Blattes aus Illingen bedarf einiger Berichtigungen. Die Gemeinde ist nicht über 70, sondern mit vielen auswärtigen Mitgliedern erst über 60 Familien stark. Lehrer der Gemeinde ist nicht Herr Marx, sondern ein anderer, ein sehr bescheidener Mann, der, was nebenbei bemerkt werden soll, dem betreffenden Vereine aus guten Gründen vollständig fern steht.  
Herr Marx ist Schächter und Kantor der Gemeinde, Lehrer ist derselbe überhaupt nicht. Wohl hat derselbe im Badischen Lande die Religionslehrerprüfung abgelegt, hat aber für diesen Beruf augenblicklich keine Anstellung, eine solche auch in seinem früheren Wirkungskreise, Sulzburg in Baden nicht gehabt.  Der Dank für die bereiteten schönen Stunden geziemt doch hauptsächlich Seiner Ehrwürden Herrn Oberrabbiner Dr. Baßfreund in Trier, der durch seine hochinteressanten Vorträge alle entzückte, und den Damen und Herren, die aber auch schon vor Marx's Zeichen ihre Kräfte in den Dienst der guten Sache stellten."     

 
Antijüdische Beschuldigungen und Boykott jüdischer Geschäfte nach den Wahlen (1907)   

Illingen AZJ 08031907.jpg (62918 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 8. März 1907: "In Illingen, einem kleinen Flecken im Kreise Ottweiler, wurden die ansässigen jüdischen Geschäftsleute beschuldigt, die Niederlage des Zentrums mit herbeigeführt zu haben, und der Boykott wurde über sie verhängt. Das geschah, wie uns von zuverlässiger Seite mitgeteilt wird, in der Kirche; mit welchem Erfolge, erhellt aus der Tatsache, dass der Landrat am Fastnachtsdienstag, der zu einer öffentlichen Kundgebung gegen die Israeliten ausgegeben war, zehn Gendarmen nach Illingen beorderte."
 
Illingen AZJ 22031907.jpg (237641 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 22. März 1907: "Illingen, im März. Wir haben schon über den politischen Boykott berichtet, der über die hiesige jüdische Gemeinde verhängt wurde. Jetzt schreibt die ‚Kölner Zeitung’ von hier: ‚In unserem 4.000 Einwohner zählenden Ort besteht eine Anzahl nicht unbedeutender Geschäfte, die sich im Besitz von Israeliten befinden. Die stark bevölkerte Umgegend deckt ihren Bedarf ebenfalls in den hiesigen Geschäften. Seit Jahren war das Verhältnis unserer zu 90 % katholischen Bevölkerung zu diesen israelitischen Geschäftsleuten das denkbar beste. Durch die letzte Reichstagswahl ist es jedoch gründlich zerstört worden. Unser Wahlkreis gehört zum Wahlkreise St. Wendel – Ottweiler – Meisenheim, in dem sich bei der letzten Reichstagswahl der Zentrumskandidat Marx und der Nationalliberale von Schubert gegenüber standen. Die Wahl endete mit der Niederlage des Zentrums, das auf einen sicheren Sieg gerechnet hatte und durch den Ausgang doppelt enttäuscht worden ist. Es war leicht festzustellen, dass die israelitischen Geschäftsleute nicht für das Zentrum gestimmt haben konnten. Schon gleich nach der Hauptwahl setzte die Agitation gegen die israelitischen Geschäftsleute ein; es wurden ihnen Drohbriefe gesandt. Der Ausgang der Stichwahl brachte die Judenhetze offen zum Ausdruck. Die Drohungen mehrten sich. In der Nacht wurden aufhetzerische Flugblätter in die Häuser geworfen, die ‚an die katholischen Glaubensgenossen’ gerichtet waren, und in denen es hieß, es sei festgestellt, dass die Juden in Saarbrücken, Neunkirchen und Illingen liberal gewählt hätten. Die Juden hätten damit gegen die Katholiken, die ihnen das ganze Jahr hindurch ihren Verdienst zutrügen, gestimmt. Es folgte dann die Aufforderung, nichts mehr bei den Juden zu kaufen, sondern nur bei katholischen Geschäftsleuten. Am Fasnachtsdienstag folgten große Kundgebungen gegen die Juden. Auf einem Wagen sammelten sich mehrere Personen mit die Israeliten verhöhnenden Masken, und, gefolgt von einer mehr als tausendköpfigen menge, zog man durch die Straßen; vor den Häusern der israelitischen Geschäftsinhaber machte man Halt und sang Spottlieder auf die Juden. In einem heißt es: Die Reichstagswahl, die wäre jetzt vorüber. Geschlagen ist die fürchterliche Schlacht, Ein Zentrumsmann, der ging uns hinüber, Die Juden haben es soweit gebracht! Das ist ein Streich, den muss man jetzt parieren usw. usw. Die Spott- und Hetzlieder wurden in den Wirtschaften gesungen, die Kinder riefen sie auf der Straße vorübergehenden Israeliten zu. Der geschäftliche Boykott aber wird seit vier Wochen streng durchgeführt, ja immer schärfer gehandhabt, da nach und nach auch die Kundschaft in der Umgegend mit aufgehetzt wird. Jüdische Metzger, die seit Jahren ihrer Kundschaft das Fleisch ins Haus trugen, finden die Türen verschlossen. ‚Verkauft das Fleisch an Schubert’ so lauten die Zurufe. Die großen Geschäftshäuser hier am Platze, die besonders sonntags nach dem Kirchgang gedrängt voll waren, sind jetzt leer, kein Kunde kommt. Einen schärferen wirtschaftlichen Boykott kann es kaum geben.’ Wird die Leitung der Zentrumspartei diesem Unfug schweigend zusehen? Wird sie dulden, was sie entschieden missbilligen würde, falls Parteigenossen wegen ihrer politischen Haltung geboykottet würden? Wie war doch die Erregung in der Zentrumspresse groß, als es unbegründeterweise hieß, die katholischen Geschäftshäuser in Duisburg seien in Verruf erklärt worden."

 
1937: Illingen betreut die jüdischen Gemeindeglieder einer weiten Umgebung   

Illingen Israelit 18021937.jpg (80717 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Februar 1937: "Die saarländischen Synagogengemeinden Merzig und Neunkirchen, die einst bedeutende Gemeinden waren, sind heute fast gänzlich aufgelöst. Nur noch einige Mitglieder sind zurückgeblieben. Dank der finanziellen Hilfe des Preußischen Landesverbandes jüdischer Gemeinden kann die Gemeinde Illingen, die zur zweitgrößten Gemeinde im Saarland geworden ist, ihren Kantor und Lehrer weiter behalten. Die Gemeinde betreut die Juden in den Orten Merchweiler, St. Wendel, Ottweiler und Neunkirchen. Der Anschluss der Gemeinden Merzig und Neunkirchen ist beschlossen worden und bedarf nur noch der behördlichen Genehmigung. Der Anschluss anderer Gemeinden an die Gemeinde Illingen wird erstrebt."

  
  
Berichte zu einzelnen Gemeindegliedern 

Schwierigkeiten bei der Beisetzung der Witwe des langjährigen langjährigen Gemeindevorstehers Samuel Beckhard (1878)  

Illingen Israelit 27031878a.jpg (20128 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. März 1878: "Von der Saar. Die ‚St.-Johann Zeitung’ bringt folgendes ‚Eingesandt’, das eine merkwürdige Schilderung von der Pietät einer jüdischen Gemeindeverwaltung gegen Verstorbene gibt: Folgende Historie, die ihres Gleichen wohl  
Illingen Israelit 27031878b.jpg (396072 Byte)so leicht nicht finden dürfte, möge zu Nutz und Frommen derer, die es angeht, und zur Erinnerung für die betreffende Mit- und Nachwelt hiermit der Öffentlichkeit übergeben werden. Die Tatsache, die hier ganz objektiv mitgeteilt werden sollen, mögen dabei selbst für sich sprechen, ein Kommentar wird für keinen vernünftige und fühlenden Menschen nötig sein:
In der Gemeinde Illingen (Kreis Ottweiler) wohnte vor vielen Jahren und etwa bis zum Jahre 1864 die israelitische Familie Beckhard, die wegen ihrer Ehrenhaftigkeit, und vor Allem wegen ihrer unbegrenzten Wohltätigkeit und Gastfreundschaft weit und breit des ehrenvollsten Rufes genoss und mit Recht als eine Zierde, nicht bloß der israelitischen Gemeinde, sondern des ganzen Ortes betrachtet und allgemein beliebt und geachtet war. Der Mann, Herr Samuel Beckhard, der ebenso wie ehemals schon sein Schwiegervater, Abraham Strauß, lange Jahre und bis zu seinem Tode Vorsteher der israelitischen Kultusgemeinde war, hatte sich um dieselbe in jeder Weise verdient gemacht und seinen Bemühungen fast ausschließlich war es auch zu danken, dass die israelitische Gemeinde, deren Friedhof zu jener Zeit angefüllt war, einen eigenen neuen Friedhof erhielt, zu dessen Beschaffung der Vorsteher Bernhard einen Teil der Kaufsumme aus eigenen Mitteln bestritt, ja später sogar die Einfriedigung desselben durch eine Mauer herbeiführte, zu der er ebenfalls einen Teil der Kosten hergab. Im Jahre 1843 starb Herr Beckhard mit Hinterlassung von Frau und 12 Kindern. Die Witwe Beckhard hatte nach dem Tode ihres Mannes mit einigen ihrer jüngeren Kinder noch über 20 Jahre in Illingen ihren Wohnsitz, wo sie, beiläufig bemerkt, bis zu ihrem vor Kurzem erfolgten Tode, Miteigentümerin ihres daselbst befindlichen elterlichen Hauses war, ebenso wie sie in der dortigen Synagoge noch ihren eigenen, käuflich erworbenen Platz besaß. Vor kurzem nun und zwar am 17. Januar dieses Jahres starb Frau Witwe Beckhard in Merzig, wo sie bei einer dort verheirateten Enkelin zu besuch war, im Alter von 78 Jahren. Da sie, wie ihren Angehörigen bekannt war, schon früher den Wunsch geäußert hatte, in ihrem Geburts- und Heimatorte Illingen mit ihren ihr vorangegangenen Gatten, Eltern und Kindern vereint ihre letzte Ruhestätte zu finden, so trafen selbstverständlich und den Gefühlen kindlicher Pietät folgend, ihre Kinder sofort nachdem sie Kunde vom Tode der Mutter respektive Schwiegermutter erhielten, Anstalt, die Leiche nach Illingen zu überbringen. Da wegen der Beerdigung die Sache Eile hatte, so wurde von Merzig aus an einen israelitischen Gemeindeangehörigen in Illingen die Todesnachricht der Frau Beckhard telegraphisch berichtet und derselbe ersucht, das Grab zu bestellen, da am anderen Morgen, den 18. Februar, die Leiche per Bahn von Merzig abgehen sollte, um am selben Tage noch in Illingen Beerdigung zu werden. Der Betreffende kam auch diesem Ersuchen nach. Die Leiche war inzwischen am Morgen des 18. von Merzig abgegangen, um nach Illingen überführt zu werden, als auf einmal, an einen Sohn der Verstorbenen, ein Telegramm aus Illingen anlangte, wonach der Vorstand die Annahme der Leiche verweigere, bis die rückständigen Kultuskosten des Sohnes Beckhard in Dudweiler berichtigt seien. Es wird nun wohl jedem Unbefangenen einleuchten, dass eine etwaige Verpflichtung des Herrn Beckhard, der schon seit Jahren zum Synagogenverband Saarbrücken gehört und daselbst Kultuskosten zahlt, gegen die israelitische Kultusgemeinde Illingen, mit der Beerdigung von dessen dort gemeindeangehörigen Mutter nicht das Geringste zu schaffen hatte, da, wenn die Gemeinde wirklich an diesen noch eine berechtigte Forderung zu haben glaubte, sie wohl andere und zwar rechtliche Mitte und Wege hätten finden können, um ihre Ansprüche geltend zu machen. Wie es bezeichnet zu werden verdient, dass der israelitische Gemeindevorstand im Angesicht einer allverehrten Toten eine vorläufig in Betreff ihrer Berechtigung noch sehr zweifelhafte Forderung geltend machte, will Einsender dem Urteil jedes Unbefangenen überlassen, der noch eine Spur von Pietätsgefühl in sich trägt. Noch eklatanter illustriert diese Handlungsweise sich dadurch, dass ein in Dudweiler wohnender Israelit, sich bei dem Vorstande erbot, eventuell, wenn man die Berechtigung der Verstorbenen auf ein Begräbnis in Illingen nicht anerkennen wollte, da die Leiche bereits nach Illingen unterwegs sei, jeden für die Begräbnisstätte zu fordernden Preise zu zahlen, die Antwort erheilt: ‚Nein, das tun wir nicht, wir sind nur froh, dass wir eine Gelegenheit gefunden haben, den Sohn Beckhard zur Zahlung der Kultuskosten zu zwingen.’ Inzwischen war die Leiche gegen 2 Uhr nachmittags (es war freitags) auf Station Reden angelangt, so schon im Laufe des vormittags eine große Anzahl israelitische Männer und Frauen aus Neunkirchen sich eingefunden hatten, um der Verstorbenen von dort das Geleit nach Illingen zu geben und zur Weiterbeförderung der Leiche sogar einen Leichenwagen mitgebracht und denen auch von anderen Ortschaften her sich Leidtragende angeschlossen hatten. Als man von der unbegreiflichen Weigerung des israelitischen Gemeindevorstandes Kunde erhielt, war man ebenso entrüstet wie erstaunt, und wie Ein Mann erhoben alle anwesenden Neunkirchener,
Illingen Israelit 27031878c.jpg (87991 Byte)Auch mit Rücksicht auf den eintretenden Sabbat, den Wunsch, ja die Forderung, die Leiche nach Neunkirchen überführen und auf ihrem Friedhofe beerdigen zu dürfen, da sie es sich zur besonderen Ehre rechneten, der allverehrten Verblichenen daselbst die letzte Ruhestätte zu bereiten. Und so geschah es denn auch; die edle Verstorbene, der man in ihrem Geburts- und Heimatsorte aus niedrigen Mammonsgelüsten das kleine Stückchen Erde verweigerte, fand auf dem Friedhofe ihrer Glaubensgenossen in Neunkirchen die letzte Ruhestätte. Dass die israelitische wie auch teilweise die christliche Gemeinde in Illingen, die übrigens zum Empfang und zur Beerdigung der Leiche bereit waren, über diese Handlungsweise des israelitischen Vorstandes entrüstet waren, und dass auch der Vorstand selbst, der, wie aus erweislichen Äußerungen hervorgeht, ‚diesen Ausgang’ nicht erwartet, und jetzt zu einer Aufnahme der Leiche gern bereit wäre, falls die Angehörigen sie wieder ausgraben lassen wollten, ändert leider an der Tatsache nichts, denn die endlich gefundene Ruhe der Toten nochmals zu stören, dürfte selbst ihrem Wunsche gegenüber, in Illingen zu ruhen, gegen die zumal bei Israeliten bekannte angeborene Pietät verstoßen. L…."

 
Zum Tod von Emilie Levy aus Sulzbach/Saar (1878)  

Illingen Israelit 29051878.jpg (184425 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Mai 1878: "Illingen, Regierungsbezirk Trier, im Monat Ijjar. Die in stiller Häuslichkeit geübte Pflichttreue einer jüdischen Gattin und Mutter hatte zu allen Zeiten, hat insbesondere in unserer Zeit für die Erhaltung und Förderung unserer heiligen Religion eine so hohe Wichtigkeit, dass wir es als Pflicht … betrachten, einem jüngst aus dem irdischen Dasein geschiedenen Biederweibe (einer wackeren Frau) in diesem Blättern ein Ehrendenkmal zu setzen und nach den Worten des weisen Königs ‚lobt in den Toren ihre Taten’ deren Taten öffentlich zu preisen. Frau Emilie Levy, Gattin des Herrn Michael Levy aus Sulzbach bei Saarbrücken, war einer angesehenen Gelehrtenfamilie in Hürben entsprossen. Ihr vor 1 Jahr dahingegangener Vater, Herr Lewinger aus Hürben, war ein eifriger Förderer von Gottesfurcht und Tora. Ihre ebenfalls jung aus dem Leben gerufene Mutter war eine große Frau von Frömmigkeit und Wohltätigkeit. So hatte denn die Heimgegangene in ihrem elterlichen Hause nur Muster wahrhafter Frömmigkeit, Wohltätigkeit und Toraliebe vor Augen; sie hat diesen Mustern nachgestrebt und ist selbst ein Muster für ihre Kinder geworden. Die religiösen Grundsätze, nach welchen sie erzogen wurde, bewahrte sie auch im Ehestande, gründete darauf ein jüdisches Hauswesen und das Geschäft war an Schabbat und Feiertag streng geschlossen. Trotz ihrer religiösen Denk- und Handelsweise gehörte die Verblichene ganz der modernen Gegenwart an. Sie wusste sich in den feinsten Kreisen zu bewegen und stand sogar bei Nichtisraeliten in sehr hoher Achtung. Eine treue, zärtliche Gattin, eine liebende, sich aufopfernde Mutter, eine fleißige Hausfrau, eine anhängliche Schwester, war sie der Ihrigen Glück und Segen. Aber es gefiel der Vorsehung in ihrem unerforschlichen Ratschlusse, diesen reichen Schatz des Segens, die Verewigte war erst 48 Jahre alt, an sich zu ziehen. Gerade weilte ihr Bruder, Herr Lewinger aus Mainz, zum Besuche bei ihr, da ereilte sie am 5. Ijjar, den 6. dieses Monats ein Schlaganfall, und der Allmächtige hatte sie in eine bessere Welt geführt. Ein harter Schlag für den ohnehin schwächlichen Gatten, für die verwaisten Kinder. Der großartige Leichenzug, dem sich die angesehensten jüdischen und christlichen Einwohner Sulzbachs und Umgegend, teils zu Fuß, teils zu Wagen nach Illingen, der Begräbnisstätte anschlossen, gab Zeugnis von der Liebe und Achtung, die sich die Verstorbene zu erfreuen hatte. Herr Simon, Prediger der Synagogengemeinde, gab in einer kernigen Leichenrede den Gefühlen den wärmsten Ausdruck! Ihr Andenken gereiche uns zum Segen! Ihre Seele sie eingebunden in den Bund des Lebens."

   
25-jähriges Amtsjubiläum des Synagogen-Vorstandes A. S. Levy (1890)  

Illingen Israelit 23101890.jpg (201736 Byte) Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Oktober 1890: "Illingen, Regierungsbezirk Trier, 12. Oktober. Eine einfache, aber würdige Feier hatte am verflossenen Schabbat Chol Hamoed schäl Sukkot (gemeint der an einem Halbfeiertag des Laubhüttenfestes gelegene Schabbat, das war 4. Oktober 1890) unsere israelitische Gemeinde dahier, zu Ehren des 25-jährigen Amtsjubiläums ihres allverehrten 1. Synagogen-Vorstandes des selbst in weiten Kreisen bekannten Kaufmannes Herrn A. S. Levy dahier, mit dem Morgengottesdienste verbunden. 
In Anbetracht der großen Verdienste, welche sich derselbe um das Wohl und Gedeihen seiner Gemeinde erworben, bestimmte Letztere, dass ihm als besondere Anerkennung der Achtung und Liebe eine Ehrengabe überreicht werde. Herr Levy wusste, selbstredend, nicht, dass er gefeiert werden sollte, und so wurde derselbe an oben erwähntem Schabbat in der Synagoge mit dem Geschenke überrascht. Nach Aschrei betrat Herr Isaac Alexander, ein Mitglied der Gemeindedeputierten, den Almemor, begrüßte den Herrn Jubilar und dankte ihm namens der Gemeinde für seine segensreiche, aufopfernde Wirksamkeit, hauptsächlich seiner persönlichen Autorität, seiner ungeheuchelten Frömmigkeit, seiner allgemeinen Beliebtheit bei Jedermann, ohne Unterschied des Glaubensbekenntnisses, sei es zu denken, dass der Friede, sowohl in der Gemeinde, als auch mit den Einwohnern der anderen Konfessionen hier und in der Umgegend gewahrt werde; ja, seiner echt religiösen Gesinnung sei es mit zuzuschreiben, dass unsere heilige Religion und deren religiösen Institutionen noch in altherkömmlicher Weise gewahrt werden. - Nach diesem trug das 9-jährige Töchterchen des Herrn Lehrers Friedmann ein eigens hierzu verfasstes Festgedicht vor und überreichte ihm dann auf einem roten Samtkissen einen kostbaren Brillantring mit Etui. 
Tier ergriffen ob des gewordenen Beweises wahrer Liebe und Anerkennung, nahm der Jubilar hierauf das Wort und dankte für die ihm gewordene Aufmerksamkeit, welche ihm besonders die Genugtuung gebe, dass er seine übernommenen Pflichten zu erfüllen verstanden und mit Gottes Hilfe noch weiter tun werde.   Aber nicht nur mit schönen Worten hat Herr Levy seinen Dank bekundet, sondern er ließ die Tat alsbald darauf folgen. Als er nämlich am darauffolgenden (Feiertag) Simchat Tora (das war am 7. Oktober 1890) als Chatan Tora ("Bräutigam der Tora", der an Simchat Tora den letzten Abschnitt des 5. Buches Mose liest) aufgerufen wurde, spendete er in die Synagoge eine Menora LeNer Tamid (Lampe für das ewige Licht) mit dem dazu nötigen Kapitale zur Beschaffung des Öles für alle Zeiten. 
Möge ihn der Allmächtige noch viele Jahre mit Gesundheit und Rüstigkeit erfreuen, damit er noch lange das Ruder der Gemeinde nach dem alten Kurs führe. Amen."    
 
Artikel in den "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 23. Oktober 1890:  "Das Fest der 25jährigen Amtstätigkeit als Vorsteher beging am 4. Oktober Herr A. S. Levi in Illingen. Die Gemeinde ehrte ihn durch Glückwünsche und Überreichung eines kostbaren Billiantringes."          

    
 Über den jüdischen Bergmann Blum in Heiligenwald (1901)   

Heiligenwald Israelit 14021901.jpg (77851 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Februar 1901: "Koblenz, 8. Februar (1901). Die alberne Mär von der Arbeitsfaulheit der Juden ist zu lange und zu oft schon widerlegt, als dass sie heute noch ernsthaft genommen würde. In allen Handwerkerständen sind heute die Juden vertreten und nicht die schlechtesten in ihrem Gewerbe. Neu indes ist der Jude als Bergmann. Ein solcher lebt in Heiligenwald (Regierungsbezirk Trier). Blum, der dreißig Jahre lang in den königlichen Gruben der Saargegend arbeitete und jetzt der wohl verdienten Ruhe pflegt, während sein Sohn Schuhmacher ist. Der Alte genießt allgemein Achtung, und nicht zum Wenigsten bei seinen Vorgesetzten. - Dies zur Kenntnisnahme für die Lügenfabrik Berlin, in Firma 'Staatsbürgerzeitung und Gen.' N.H."   

     
Hermann Barth wird zum Beigeordneten für den Bürgermeisterrat gewählt (1906)
    

Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 12. Januar 1906: "Illingen (Regierungsbezirk Trier). Der Vorstand der hiesigen Synagogengemeinde Hermann Barth ist zum Beigeordneten für den Bürgermeisterrat gewählt worden."     

  
            
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen   
Neujahrswünsche der Ehepaare Simone Levy und Moses Barth (1898)
  

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. September 1898: 
"Allen Freunden und Bekannten wünschen gute Einschreibung und Versiegelung Simon Levy und Frau, Illingen.  
Freunden und Bekannten wünschen gute Einschreibung und Versiegelung Moses Barth und Frau, Illingen."  

   
Anzeige des Manufaktur- und Konfektionsgeschäftes S. Levy junior (1901)
    

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. April 1901: 
"Für mein Manufaktur- und Konfektionsgeschäft suche per sofort einen 
Lehrling
 
mit guter Schulbildung aus achtbarer Familie. Offerten erbittet 
S. Levy junior, Illingen, Regierungsbezirk Trier."      

   
Anzeige der Frau von Emil Robert Levy (1902)      

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. November 1902: 
"Per 1. Dezember - suche für bürgerlichen Haushalt eine perfekte 
Köchin
gegen hohen Lohn. 
Frau Emil Robert Levy
, Illingen (Rheinprovinz)."       

   
Anzeige von Edmund Emanuel in Gennweiler (1904)     
Anmerkung: bei dem genannten 14 Jahre alten Sohn von Edmund Emanuel handelte es sich vermutlich um den in der NS-Zeit nach der Deportation umgekommenen Albert Emanuel (geb. 1889, später wohnhaft in Dillingen, 1943 ab Nancy in das KZ Majdanek deportiert).   

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. April 1904: 
"Suche für meinen 14 Jahre alten, mit Ia Schulzeugnissen versehenen Sohn, Stelle als 
Lehrling
. Manufaktur- oder Eisenbranche im Rheinland, wo Sabbat und Feiertage geschlossen, bevorzugt. 
Offerten an 
Edmund Emanuel
, Illingen - Gennweiler, Bezirk Trier."      

 
Anzeige von Metzgermeister Gustav Levy (1904)      

Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 7. Juli 1904: "Junger Bursche kann sofort eintreten bei Metzgermeister Gustav Levy, Illingen bei Saarbrücken."    

    
Hochzeitsanzeige von Hannchen Jonas (Tochter des Lehrers Willi Jonas) und Lazarus Oberndörfer (1931)  

Illingen Israelit 30041931.jpg (52980 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. April 1931: "Zu der - so Gott will - Dienstag, den 5. Mai - an Lag BaOmer - in Frankfurt am Main, Liederhalle, Langestraße 26, um 1 1/4 Uhr stattfindenden Trauung ihrer Kinder Hannchen und Lazarus beehrten sich, Bekannte und Freunde einzuladen  
Oberlehrer W. Jonas und Frau, Illingen (Saargebiet) - 
Oberlehrer J. Oberndörfer und Frau, Niederstetten (Württemberg). 
Telegrammadresse: Langestraße 55,I.  Man bittet, die Telegramme zugunsten des Schulwerks der Agudoh abzulösen."  

     
     
     
     
Zur Geschichte des Betsaales / der Synagogen               
        
Von Gottesdiensten in jüdischen Privathäusern erfährt man bereits in den 1720er-Jahren. Mitte des 18. Jahrhunderts war eine zentrale Betstube im Haus des Aaron Abraham. 1768 wurde eine eine erste Synagoge am Anfang der "Judengasse" erbaut (auf der rechten Seite von der Hauptstraße aus) erbaut. Im Erdgeschoss brachte man ein Schulzimmer unter; im oberen Stockwerk der Betsaal. Teilweise wurde die Synagoge durch Verkauf der Betstühle, teilweise durch eine Synagogensteuer (hekdesch) finanziert. Eine nach Illingen zugezogene erwachsene Person hatte im Voraus zwei Dukaten für einen Betstuhl zu bezahlen. Die Verteilung der Synagogenplätze wurde "dem Range nach" unternommen. 
 
Ende der 1830er-Jahre war das Synagogengebäude in einem stark reparaturbedürftigen Zustand. Oberrabbiner Joseph Kahn in Trier, der sich in seinem ganzen Rabbinatsbezirk für einen guten Zustand der Synagogengebäude einsetzte, berief zum 13. Juni 1842 eine Gemeindeversammlung in Illingen ein, in der der Bau einer neuen Synagoge beschlossen wurde. Im neuen Gotteshaus sollten mindestens 80 bis 100 Männer sowie ebenso viele Frauen Platz haben sollten. Das alte Synagogengebäude sollte durch einen Notar öffentlich versteigert werden. Trotz dieses Beschlusses tat sich zunächst nichts, sodass Oberrabbiner Kahn die jüdische Gemeinde zum 31. Januar 1846 nochmals zusammenkommen ließ, um über den dringend notwendigen Neubau der Synagoge zu beraten. Spätestens im Frühjahr 1847 sollte damit begonnen und der Bau innerhalb von vier Jahren fertig gestellt sein. Der bauliche Zustand der alten Synagoge wurde derweil immer schlechter. Aus Anlass einer Besichtigung des Gebäudes durch Baumeister Benzel wurde festgestellt, dass auch durch eine eiserne Verankerung keine Stabilität des Gebäudes mehr geleistet werden konnte. Aus nicht bekannten, vermutlich finanziellen Gründen schob die jüdische Gemeinde allerdings den Bau ihrer neuen Synagoge immer noch hinaus, bis schließlich die alte Synagoge am 30. Januar 1856 durch eine baupolizeiliche Verfügung abgeschlossen und versiegelt wurde. Zu groß war offenbar die Gefahr eines plötzlichen Einsturzes des Gebäudes. Nun blieb der Gemeinde nur noch, schnellstens mit dem Bau einer neuen Synagoge zu beginnen. 

Im April 1856 gelang es, einen geeigneten Bauplatz zu finden. Im Mai traf man sich wiederum mit Oberrabbiner Joseph Kahn, um einen Vertrag zu Klärung der finanziellen Fragen zu unterzeichnen. Schließlich konnte, vermutlich 1858 mit dem Bau begonnen werden. Vom August 1858 liegt folgender Presseartikel vor:   
    
Pläne zum Bau einer neuen Synagoge (August 1857)

Illingen AZJ 24081857.jpg (84119 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 24. August 1857: "Nachschrift. Die jüdische Gemeinde zu Illingen (statt Ellingen) baut eine neue Synagoge mit Schullokal und Lehrerwohnung und ist genötigt, ein Kapital aufzunehmen. Da die Gemeinde dermalen noch keine Korporationsrechte besitzt, so haben sich mehrere der Begütertsten derselben an die Königliche Regierung um ein Darlehen gewandt und sich erboten, die solidarische Bürgschaft zu übernehmen. Damit nun die Königliche Regierung umso weniger Anstand nehmen möge, dem Gesuche zu willfahren, erklärte sich der Königliche Landrat zu Ottweiler, Freiherr v. W. Sonsfeld bereit, sich der solidarischen Bürgschaft anzuschließen, wenn es verlangt würde. Dieser hochherzige Zug eines Beamten verdient gewiss veröffentlicht zu werden. Y."

Im November 1859 fand die feierliche Einweihung der neuen Synagoge statt. Zahlreiche Ehrengäste nahmen an der Einweihung teil, u.a. der Landrat von Ottweiler, die Bürgermeister von Illingen und Ottweiler sowie die Baumeister von Ottweiler und Saarbrücken. Bei der Illinger Synagoge handelte es sich um einen zweigeschossigen Putzbau mit Satteldach. Das Gebäude zeigt charakteristische neuromanische Stilelemente. In ihm waren auch die Schule und die Lehrerwohnung untergebracht (Seitentrakte). 
  
Fast 90 Jahre war die Synagoge der gottesdienstliche Mittelpunkt der jüdischen Gemeinde. Beim Novemberpogrom 1938 wurde das Gebäude um die Mittagszeit des 10. November von SS- und SA-Leute geplündert und in Brand gesteckt. Die Kultgegenstände wurden abtransportiert. Vor den Augen einer gaffenden Menge übergießt ein Täter einen Teppich aus der Synagoge mit Terpentin und setzt ihn in Brand. Gegen 12 Uhr steht die Synagoge in Flammen. Eine Stunde später rückte die Feuerwehr an. Sie beschränkte sich jedoch auch in Illingen nur auf den Schutz der Nachbargebäude. Übrig blieb von der Synagoge eine ausgebrannte Ruine. Im Februar 1939 zeigte sich die Gemeinde Illingen interessiert am Kauf des Grundstücke, verlangte jedoch von der inzwischen für Illingen zuständigen Synagogengemeinde des Stadt- und Landkreises Saarbrücken die Beseitigung der Synagogenruine. Da die Synagogengemeinde dies jedoch nicht mehr zahlen konnte, wurden die Abbruchkosten mit dem Grundstückswert verrechnet. Das Anwesen wurde mit Kaufvertrag vom 17. Juni 1940 an die Gemeinde Illingen für 1.500 RM verkauft. Auf Grund der Kriegszeit wurde der Abbruch verschoben. Erst nach dem Krieg wurde am 16. Mai 1949 mit dem Abbruch der Synagogenruine begonnen. Der Torbogen des Eingangstores wurde sichergestellt und zum jüdischen Friedhof verbracht. Er trägt die hebräische Inschrift: "Wie schön sind deine Zelte Jakob, deine Wohnstätten Israel". An Stelle der ehemaligen Synagoge wurde ein Geschäftshaus erstellt.  
    
Am 18. September 1949 wurde auf dem jüdischen Friedhof in Illingen ein Ehrenmal eingeweiht, das auch an die zerstörte Synagoge erinnert mit dem Inschrift: "Der Synagogengemeinde Illingen, ihrem zerstörten Gotteshaus, ihren Toten und Opfern der Gewalt, zur ehrenden Erinnerung".   
  
  
Standort der Synagoge: Hauptstraße 11   
   
   
Fotos

Historische Fotos 
der Synagoge
Illingen Synagoge 950.jpg (179911 Byte)   Illingen Synagoge 001.jpg (47942 Byte)
Blick auf Illingen (rechts in der Mitte 
die Synagoge; Quelle: 
O. Nauhauser s.Lit. S. 245)
    Einzig bekannte historische Aufnahme 
der ehemaligen Synagoge vor 1938 
(Quelle: Landesamt s. Lit. S. 446) 
             
1938/49: Zerstörung und Abbruch der Synagoge
(Quelle: links auf E. Tigmann s. Lit. S. 50; rechts aus O. Nauhauser s.Lit. S. 275.315)
  
Illingen Synagoge 110.jpg (79100 Byte) Illingen Synagoge 101.jpg (73222 Byte) Illingen Synagoge 100.jpg (105748 Byte)
Die Ruine der Synagoge (zwischen 1938 und 1949) Nach dem Abbruch: Rest des 
Eingangsportales auf dem 
jüdischen Friedhof  
   
   

   
   
 
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte       

Zu den Stolpersteine-Verlegungen: In Illingen fand am 19. November 2007 die erste Verlegung von Stolpersteinen im Saarland statt. Die Initiative ging von den Schülern Sebastian und Matthias Schneider vom Illtal-Gymnasium aus. Der Stolperstein von Rosa Herzog wurde am 9. März 2010, die Stolpersteine der Familie Michel am 23. Februar 2014 verlegt. Eine weitere Verlegung von Stolpersteinen fand am 15. April 2019 (19 Stolpersteine) statt.
 
April 2019: Stolpersteine-Verlegung in Illingen   
Vgl. Wikipedia-Artikel  https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Illingen_(Saar)     
Artikel von Andreas Engel in der "Saarbrücker Zeitung" vom 16. April 2019: "Kleine Hürden gegen das Vergessen.
Illingen In Illingen verlegte Gunter Demnig gleich 19 Stolpersteine zur Erinnerung an jüdische Mitbürger und deren Schicksale.

'Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist', zitiert Gunter Demnig den Talmud. Der Künstler erinnert mit seinem Großprojekt Stolpersteine an die Opfer der NS-Zeit, indem er vor ihrem letzten selbstgewählten Wohnort Gedenktafeln aus Messing ins Trottoir einlässt. Gestern verlegte er gleich 19 Stolpersteine in Illingen, so viele wie noch nie. Fast 50 Angehörige von den Nazis verschleppten und ermordeten Illinger Bürgern jüdischen Glaubens waren zu diesem Großereignis der Erinnerungskultur nach Illlingen gereist, aus Frankreich, Luxemburg und sogar aus den Vereinigten Staaten. Gunter Demnig baute am Montagmorgen 19 Stolpersteine für die Familien Ludwig Lazar und Bertha, geborene Salomon, in der Hauptstraße, Simon Levy und Bella, geborene Lazar, Ecke Haupt/Eisenbahnstraße, und Geschwister Leo, Kurt und Alice Levy mit ihren Familien in der Judengasse ins Straßenpflaster ein. Einen Tag vor der Verlegung fand ein Vortrag und eine Diskussion mit Gunter Demnig statt. 'Wir setzen ein Zeichen, indem wir uns erinnern', sagte Bürgermeister Armin König vor den vielen Gästen. Diese 19 neuen Stolpersteine stünden für 19 Namen, 19 Familien und 19 Schicksale. König lobte die Illinger Schulen, die sich systematisch in das Thema eingearbeitet hätten, um 'Licht in dieses dunkle Kapitel deutscher Geschichte' zu bringen. Der Nationalsozialismus sei Teil deutscher Geschichte. Auch in Illingen sei die 'Banalität des Bösen' Alltag gewesen. 'Wir in Illingen sind der Auffassung, dass es gerade jetzt notwendig ist, ein Zeichen für Menschlichkeit, Menschenwürde, für Toleranz und Frieden zu setzen', sagte der Bürgermeister. Besonders das Schicksal der Familie Lazar erschüttert die Menschen bis heute. Die Lazars waren nach Frankreich geflüchtet. Ludwig Lazar glaubte, es gehe nur um ihn, und versteckte sich im Kleiderschrank. Er wurde nicht gefunden, aber seine ganze Familie wurde deportiert und umgebracht. Er suchte noch lange nach dem Krieg nach seinen Angehörigen und starb im Alter von 60 Jahren, wie viele annehmen, an gebrochenem Herzen. Es liegen Stolpersteine in 1265 Kommunen Deutschlands und in 21 Ländern Europas. Die Illinger Initiative ist 2007 von den Brüdern Sebastian und Matthias Schneider vom Illtal-Gymnasium ausgegangen."
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Artikel in Der "Kreuznacher Rundschau" vom 3. Juli 2019: "Stolperstein Werner Strauß
Foto: In der Illinger Hauptstraße war einst das Kaufhaus Moritz Lazar. In den Bürgersteig vor dem Haus wurden sieben Stolpersteine für die Opfer des Nationalsozialismus verlegt, einer davon ist der Bad Kreuznacher Werner Strauß. Foto: Gemeinde Illingen.
Illingen: Erinnerung an Bad Kreuznacher NS-Opfer
Bad Kreuznach/Illingen
(red). 'Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist', heißt es im Talmud, einem der bedeutendsten Schriftwerke des Judentums. Seit dem Juli vergangenen Jahres steht auf der Mühlenteichbrücke eine Stele aus schwarz poliertem Granit, in den die Namen von 226 jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, die Opfer des Nationalsozialismus wurden, eingraviert sind. An Werner Strauß, einer von ihnen, erinnert außerdem ein 'Stolperstein', der erst kürzlich in einer feierlichen Zeremonie in der saarländischen Gemeinde Illingen verlegt wurde. Werner Strauß wurde nur 15 Jahre alt. Am 24. Oktober 1928 kam er in Bad Kreuznach zur Welt. Am 3. Februar 1944 ermordeten ihn die Nationalsozialisten im Konzentrationslager Auschwitz. Bei ihrer Emigration nach Nyons in Südfrankreich, hatte das Ehepaar Lazar, das mit ihren drei Kindern in Illingen lebte, ihren Neffen Werner mitgenommen. Dort ereignete sich dann am 20. Januar 1944 die Tragödie: Ludwig Lazar glaubte, dass nur ihm die Verhaftung drohte und versteckte sich im Kleiderschrank. Er wurde nicht gefunden, dafür aber seine ganze Familie, die deportiert und umgebracht wurde. Im Exil wurde am 26. Juni 1939 das vierte Kind, die Tochter Francine, geboren. Ludwig Lazar suchte noch lange nach dem Krieg nach seinen Angehörigen und starb im Alter von 60 Jahren, an gebrochenem Herzen, wie viele annehmen. 'So ein schweres Schicksal berührt noch heute', sagt Oberbürgermeisterin Dr. Heike Kaster-Meurer, die zur feierlichen Verlegung der Stolpersteine eingeladen war, aber wegen anderer terminlicher Verpflichtungen nicht teilnehmen konnte. Auch in Bad Kreuznach wird immer wieder der Wunsch geäußert, 'Stolpersteine' dort zu verlegen, wo jüdische Bürger lebten und deportiert wurden. Meist sind es Nachfahren, die diese Aktionen initiieren. In Illingen waren es die Brüder Max und Gerard Michel, deren Großmutter die Schwester von Ludwig Lazar war. Die Verlegung von Stolpersteinen an den Orten, an denen NS-Oper selbst gewählt zuletzt lebten, ist ein Projekt des Künstlers Günter Demnig. Mittlerweile liegen in 1.265 Kommunen Deutschlands und in 21 Ländern Europas diese Gedenktafeln aus Messing in Bürgersteigen. Unter der Federführung von Oberbürgermeisterin Dr. Heike Kaster-Meurer wurde die Arbeitsgemeinschaft 'Erinnerungskultur' ins Leben gerufen. Ihr gehören Vertreter von Bad Kreuznacher Schulen, der katholischen und evangelischen Kirche, der jüdischen Gemeinde, der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, der muslimischen Gemeinden Ditib und Ahmadiyya sowie der Stadtverwaltung an. Das Interesse der Schulen an der Erinnerungsarbeit ist sehr groß. Für das kommende Jahr sind bereits einige Projekte geplant. Darüber ist die Oberbürgermeisterin sehr erfreut. 'Unser Ziel ist es, möglichst viele junge Menschen für das Thema zu interessieren und für eine Mitarbeit am Gedenken der Opfer von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu gewinnen.'"
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Ähnlicher Artikel in der "Allgemeinen Zeitung" vom 4. Juli 2019: "Für in Bad Kreuznach geborenen Juden Stolperstein verlegt..."
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November 2019: Resolution des Gemeinderates Illingen gegen Antisemitismus und rechtsradikale Tendenzen      
Artikel von Heike Jungmann in der "Saarbrücker Zeitung" vom 21. November 2019: " Sitzung des Gemeinderates : Gemeinde Illingen betont ihre Weltoffenheit
Resolution vom Gemeinderat Illingen gegen Antisemitismus und rechtsradikale Tendenzen
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Illingen Der Gemeinderat Illingen hat sich in einer Resolution einstimmig gegen Rassismus, Hetze und Gewalt ausgesprochen. Es hatten Anträge von SPD, AfD und vom Bürgermeister zum Thema Antisemitismus vorgelegen.
Emotionale Reden sind die Zuhörer von Guido Jost im Gemeinderat gewohnt. Doch am Mittwochabend brachte der Vorsitzende der SPD-Fraktion seine Worte mit besonderer Leidenschaft dar. Bürgermeister Armin König (CDU) hatte Jost zu Beginn der Sitzung im Rathaussaal die Gelegenheit gegeben, eine 'persönliche Erklärung' abzugeben. Thema: Die Reichspogromnacht am 9. November 1938, als auch die Synagoge in Illingen ein Raub der Flammen wurde, sowie die 'aktuellen antisemitischen und fremdenfeindlichen Aussagen der führenden Repräsentanten der AfD', von denen sich die beiden Vertreter der Partei im Illinger Rat laut Jost bisher nicht distanziert hätten. Sowohl die SPD-Fraktion als auch die AfD-Fraktion hatten dem Gemeinderat Resolutionen vorgelegt. Die SPD gegen 'antisemitische und rechtsradikale Tendenzen in Deutschland', die AfD zur 'Bekämpfung des Antisemitismus'. Wörtlich heißt es hier unter anderem: 'Der Gemeinderat in Illingen steht für die Bewahrung des christlich-jüdischen Abendlandes.'
AfD-Ratsmitglied Peter Walter Müller wollte auf die Erklärung von Jost antworten, was ihm der Bürgermeister gemäß Geschäftsordnung nicht erlauben konnte. Daraufhin verlas Müller ebenfalls eine 'persönliche Erklärung', die nach einiger Zeit nicht nur den Unmut des übrigen Rates hervorrief, sondern schließlich auch vom Bürgermeister abgebrochen wurde, weil sie eine nicht zulässige 'Sachdarstellung' sei. Ausführlich schilderte dann SPD-Fraktionsmitglied Christian Petry seine Erfahrungen als Bundestagsabgeordneter mit Mitgliedern der AfD in Berlin. Fremdenfeindliche Zitate von Gauland, Höcke und Weidel seien an 'Unappetitlichkeit nicht mehr zu überbieten.' Der Verwaltungschef hatte in Anbetracht des AfD-Antrages selbst eine Rede vorbereitet, die in eine Resolution mündete. Sein Hauptkritikpunkt: Die AfD bringe einen Resolutionsentwurf ein, der spalte, statt klare Abgrenzung zu schaffen gegenüber Hetzern und Hasskommentierenden und antisemitisch agierenden Spitzenpolitikern in ihren eigenen Reihen. Nach dieser außergewöhnlichen Sitzungseröffnung handelte der Gemeinderat die 13 öffentlichen Punkte der Tagesordnung ab, um nach einer von CDU-Sprecher Alfons Vogtel vorgeschlagenen Beratung über die vorgelegten Resolutionen abzustimmen. Eine Mehrheit ohne Gegenstimmen fand schließlich die etwas modifizierte Resolution des Bürgermeisters, die Claudia Ziegler von den Grünen vorlas...
Die einstimmig verabschiedete Resolution des Gemeinderates Illingen im Wortlaut: 'Illingen ist eine Gemeinde, in der der jüdische Glaube eine zweihundertjährige Tradition hatte, bis Nationalsozialisten und deren Helfershelfer die Synagoge niederbrannten, die jüdischen Mitbewohner deportierten und in den Tod trieben. Im Bewusstsein seiner historischen Verantwortung gegenüber Menschen jüdischen Glaubens, die über viele Jahrzehnte das Gemeindeleben in Illingen mit geprägt haben, spricht sich der Gemeinderat Illingen entschieden gegen Antisemitismus in jeder Form aus. Illingen ist eine weltoffene Gemeinde, in der Rassismus, Hetze und Gewalt geächtet werden. Wir wenden uns gegen jede Form von Hass und Diskriminierung gegen Minderheiten, die religiös oder ethnisch begründet sind. Wir bekennen uns vorbehaltlos zu unserer historischen Verantwortung und verurteilen jede Form offener oder versteckter antisemitischer und hetzerischer Handlungen gegen Menschen und Institutionen jüdischer Mitbürger.' "  
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Links und Literatur   

Links:  

bulletWebsite Gemeinde Illingen  
bulletWikipedia-Artikel  https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Illingen_(Saar)     
bulletZur Seite über den jüdischen Friedhof in Illingen (interner Link) 

Literatur:   

bulletHans Eckert: Die Visionen des Aaron von Illingen. Ottweiler 1988.
bulletIllingen Buch 100.jpg (22998 Byte)Otto Nauhauser: Die jüdische Gemeinde zu Illingen. Hg. von der Gemeinde Illingen 1980.
bulletEva Tigmann: "Was geschah am 9. November 1938?" - Eine Dokumentation über die Verbrechen an der jüdischen Bevölkerung im Saarland im November 1938. Eine Veröffentlichung des Adolf-Bender-Zentrums St. Wendel. 1998.
bulletLandesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Mainz 2005. S. 463-464 (mit weiteren Literaturangaben).  
bulletEdgar Schwer: "Damit sie einen Namen haben". Spurensuche in der jüdischen Exilszeitschrift AUFBAU. In: Unsere Heimat. Mitteilungsblatt des Landkreises Saarlouis für Kultur und Landschaft. Hrsg. von der Vereinigung für die Heimatkunde im Landkreis Saarlouis e.V. 35. Jahrgang Heft Nr. 2 2010 S. 90-103.  Online eingestellt. Zu Illingen S. 92-93.  
bulletders.: Den jüdischen Gefallenen des Saarlandes 1914-1918 zum Gedenken. In: Saarländische Familienkunde Band 12/4. Jahrgang XLVIII 2015 S. 559-600. Online zugänglich: eingestellt als pdf-Datei.    

   
    


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Illingen Saar. Evidence of the first Jew dates from 1717, but Jews were probably already living in Illingen in the 17th century. In 1763, there were nine Jewish families living in Illingen. At its peak in 1910, the community numbered 270. In 1859 a new synagogue was dedicated and in 1895 Illingen became an independent synagogue community, its school becoming a public Jewish elementary school (closed in 1933). Between 1926 and 1929, there were three Jewish representatives on the town council. By March 1935, when the Nazis annexed the Saar, the community numbered 115. Large-scale emigration began and by 1936 only 41 Jews were left. The community was merged with Merzig and Neunkirchen. On Kristallnacht (9-10 November 1938), the synagogue was burned down, the cemetery was desecrated, and stores and homes were wrecked. Jewish men were deported to the Dachau concentration camp. After the Saarbruecken community was disbanded, Illingen took over the communal care of the region's Jews. On 22 October 1940, the town's last 19 Jews were taken to the village of Forbach and from there deported to the Gurs concentration camp, where 15 perished. The Nazis murdered at least 37 Jews from Illingen, including those who had moved elsewhere within Germany as well as those who had emigrated to neighboring countries, seeking safety. 
   
     

                   
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Stand: 17. April 2020