Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Hohensolms (Gemeinde Hohenahr, Lahn-Dill-Kreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen   
bulletLinks und Literatur   

 

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde            
    
In Hohensolms bestand eine kleine jüdische Gemeinde im 19. Jahrhundert. Bereits im 17. Jahrhundert lebten Juden in Hohensolms.
   
Die jüdischen Familien am Ort gehörten zunächst als Filialgemeinde zur jüdischen Gemeinde von Aßlar, die wiederum der jüdischen Bezirksgemeinde in Wetzlar unterstellt war. Bei der Neueinteilung des Kreises Wetzlar in acht Synagogenbezirke zum 1. August 1853 wurde Hohensolms zum Sitz eines dieser Bezirke bestimmt. Zum Synagogenbezirk Hohensolms gehörten auch Erda und Altenkirchen.    

Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1816 34 jüdische Einwohner, 1835 Höchstzahl von 68.  

An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule (Religionsschule), ein rituelles Bad und ein Friedhof.  
    
1933 lebten noch zwei jüdische Familien Löb in Hohensolms, die zur Synagogengemeinde in Niederweidbach gehörten.
 
      
Von den in Hohensolms geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Ida Hirsch geb. Löb (1885), Clara Jacob geb. Löb (1866), Julius Joseph (1906), Jakob Löb (1895), Julius Löb (1888), Margot Löb (1926), Martha Löb geb. Hony (1903), Gertrud Dorothea Salomon geb. Löb (1877)   
  
  
  
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde         

In jüdischen Periodika des 19./20. Jahrhunderts wurden - außer dem zur Geschichte der Synagoge genannten - noch keine Berichte zur jüdischen Geschichte in Hohensolms gefunden.

    
    
    
Zur Geschichte der Synagoge                 
    
1816 wurde ein bestehendes Gebäude als Synagoge eingerichtet. Die Synagoge war vermutlich nur bis Ende des 19. Jahrhunderts in Betrieb. Beim Gebäude handelte es sich um ein zweigeschossiges Fachwerkhaus mit massivem Untergeschoss. Der Betsaal befand sich im Obergeschoss. Er konnte 45 bis 50 Personen aufnehmen.  Nach Schließung der Synagoge in Hohensolms besuchten die Juden des Ortes die Gottesdienste in Niederweidbach
     
Bestände im Museum Jüdischer Altertümer in Frankfurt (1938) 

Aus einem Artikel im Gemeindeblatt der Israelitischen Gemeinde in Frankfurt vom April 1938 S. 10: unter den Museumsbeständen werden genannt "eine als Thoravorhang benutzte seidene Decke aus der Synagoge von Hohensolms, eine Arbeit des frühen 18. Jahrhunderts mit feinster Applikation und Plattstickerei".  

Das Synagogengebäude kam in Privatbesitz und wurde 1976 abgebrochen. An seiner Stelle wurde ein neues Einfamilienhaus erstellt. 
   
Im November 1988 wurde in der Hauptstraße gegenüber dem früheren Synagogenstandort eine Gedenktafel zur Erinnerung an die frühere jüdische Gemeinde und ihre Synagoge angebracht. 
   
   
Adresse/Standort der Synagoge     Hauptstraße 43, unweit der Kirche                 
   
   
Fotos  
(Fotos: Altaras 1988 S. 91) 

Das ehemalige Synagogengebäude
Anfang der 1970er-Jahre 
Hohensolms Synagoge 150.jpg (27387 Byte)  
   
      
Das neue Wohnhaus anstelle der 
ehemaligen Synagoge im Mai 1985 
Hohensolms Synagoge 155.jpg (30129 Byte)   
     
     
Neue Fotos - auch der Gedenktafel - werden noch erstellt.    
   

     

 Beitrag zu Julius Joseph und Herta geb. Fröhling sowie zu Moritz Frohling und Rosalia geb. Meyer: Zwei zunächst glücklich verlaufene Emigrationen endeten tragisch    
     
Ehepaar Julius Joseph und Herta geb. Fröhling 
      bei ihrer Hochzeit in Hohensolms
    
 Julius, Herta und ihr Sohn Marcel Joseph.
Foto: Jean Joseph, Brüssel 
 
Moritz Fröhling und Rosalia geb. Meyer – 1939 in der
Gemeinde Leopolsburg (Belgien) aufgenommen.
 Quelle: Franz G. Bell

Thür/Walhorn. Als für das Thürer Jubiläumsbuch 2012 über das Leben der einst hier lebenden Juden recherchiert wurde, da war selbst in Gesprächen mit einigen Zeitzeugen über die Familie Fröhling noch nicht allzu viel bekannt. Im Archiv der VG Mendig waren auch nur einige Vermerke zu dem in der Hagelstraße angesiedelten Metzger vorhanden. Man musste annehmen, dass Moritz F. zunächst noch die nationalistischen Repressalien gegen die Juden nicht so recht als Bedrohung eingeschätzt hatte, denn noch 1937 nahm er in seinem Betrieb bauliche Veränderungen vor. Doch nach den Pogromen im November 1938 schien es ihm selbst in ihrem ansonsten überschaubaren Dorf persönlich nicht mehr sicher zu sein. Zunächst wurde ihm ein Antrag auf Ausreise wegen Bedenken der Gestapo abgelehnt. Doch dann gelang ihm die Emigration nach Belgien, wo er sich in Astenet, nahe der deutschen Grenze, niedergelassen haben soll. In Thür war damals aber auch bekannt, dass die Familie in späteren Jahren deportiert und getötet worden ist.
Neuere Erkenntnisse. Am 5.11.2022 erschien in der Rhein-Zeitung ein Artikel über eine Stolpersteinverlegung im belgischen Walhorn. Bei der Vielzahl solcher Verlegungen in Deutschland stellte dies allein zunächst mal nichts Besonderes dar. Doch, als man beim Lesen auf die Namen ehemaliger Thürer Juden stieß, wurde dies ein unerwarteter, möglicher Ansatz zur Fortschreibung des 2012er Berichtes. In dem erwähnten Zeitungsartikel waren auch die Veranlasser der Stolpersteinverlegung, Frau M. Kelleter und Herr N. Cormann, aufgeführt, so dass eine Kontaktaufnahme in die Wege geleitet werden konnte. Es hatte sich herausgestellt, dass starke Überschwemmungen im Sommer 2021 auch in der Stadt Vervier der Anlass waren, Akten zu evakuieren. Dabei wurden im dortigen Justizpalast umfangreiche Unterlagen u. a. auch über die ehemaligen Thürer Juden gefunden, die bisher unbekannte Fakten zu deren Schicksal nach der Emigration aus dem Deutschen Reich enthielten. Es erfolgte eine intensive Auswertung der gefundenen Akten durch die beiden Regionalhistoriker.
Familie Herta Joseph geb. Fröhling.
Herta Fröhling (geb. 1912 in Thür) wohnte im hessischen Hohensolms, nachdem sie Julius Joseph, geb. 1906, ebenfalls jüdischen Glaubens, dort geheiratet hatte. Schon 1934 bemühte sich das Ehepaar um Reisepässe und zog im Juni 1937 mit einem Drei-Monats-Visum in die Gemeinde Walhorn, Belgien. Hier erwarben sie ein schönes Anwesen, betrieben dort offenbar erfolgreich Landwirtschaft und einen Viehhandel. 1938 wurde ihr erstes Kind Marcel geboren. Als 1939 Moritz und Rosalia aus Thür ebenfalls nach Belgien emigrierten, verbürgten sie sich die Tochter und Schwiegersohn, die Eltern in ihrem neuen Zuhause aufzunehmen und versicherten, dass diese nicht der Gemeinde zur Last fallen würden.
Julius Joseph geriet 1940 kurzfristig unter Spionageverdacht, so dass er für einige Tage im Gefängnis Lüttich verbrachte. 1941 wurde er von der Gemeinde abgemeldet, nachdem er in das Arbeitslager Walheim bei Stolberg eingeliefert worden war. Im Juni 1942 erfolgte die Deportation nach Majdanek/Sobibor. Am 30.6.1942 überstellte man Julius vom KZ Lublin nach Auschwitz, wo er die Gefangenen-Nr. 43922 zugeteilt bekam. Die Ehefrau Herta Joseph verblieb zunächst in Walhorn. Herta soll aber 1941 oder 1942 noch ein zweites Kind zur Welt gebracht haben, welches sie 'Sohn' nannten, aber aus welchem Grunde auch immer, nicht beim Standesamt angemeldet wurde. Später wurde auch Herta J. deportiert.
Moritz und Rosalia Fröhling geb. Meyer. Im Juni 1939 melden sich die Fröhlings bei der Amtsverwaltung Mendig ab, welche ihnen auch ihre bisherige Thürer Wohnanschrift und gleichzeitig ein bis dahin straffreies Leben bescheinigten. Sicherlich war die Tatsache, dass die Tochter und der Schwiegersohn bereits in Belgien wohnten, auch für Moritz und Ehefrau das Argument, für ihre Emigration ebenfalls das Nachbarland zu wählen. Ende Juni kamen Moritz und seine Frau Rosalia in der Limburgischen Gemeinde Leopoldsburg, Belgien, zur Anmeldung. Doch, da Moritz und Frau hier kein nachweisbares Einkommen deklarieren konnten, wurden sie von der Verwaltung aufgefordert, die Gemeinde zu verlassen. Welch ein Einschnitt: in Thür galt Moritz F. vor seiner Emigration als wohlhabend, denn, so Zeitzeugen, er sei der Erste gewesen, der in Thür ein eigenes Auto besaß.
Doch, wie erwähnt, wurden beide von der Tochter und Schwiegersohn in deren Heim aufgenommen. Hier konnten die Fröhlings noch ein paar Jahre leben, ehe sie dann laut belgischen Zeugen im März 1942 an einem Sonntag aufgegriffen und zum Sammelpunkt nach Aachen, Westpark, gefahren wurden. Ob beide in das Ghetto Litzmannstadt/Lodz eingeliefert wurden, ist nicht bekannt. Aber die Ehefrau Rosalia war mit Sicherheit in diesem Lager, denn eine Karte von dort erreichte die in Belgien noch verbliebene Tochter Herta, in der Rosalia mitteilte, dass sie wie wohl viele andere auch an Kälte und Hunger sterben würden. Rosalia lebte offenbar noch einige Zeit hier, denn eine zweite Karte erreichte die Tochter Herta auch noch zwei Monate später erneut.
Bemerkenswert sind die Aktionen zur Erinnerung im belgischen Walhorn, wo man für eigene und aus Deutschland emigrierte, ehemalige jüdische Mitbürger etliche Stolpersteine setzen ließ. So findet man dort u. a. sechs Steine vor, zwei mit dem Namen der Thürer Fröhlings, vier mit den Daten der Familie Fröhling-Joseph. Doch damit ließen es die Walhorner Akteure nicht bewenden: man wandte sich an die Ortsgemeinde Thür, besuchte diese im Januar 2023, tauschte Erkenntnisse aus und besichtigte, was auch hier - in der ursprünglichen Heimat der Fröhlings – zur Mahnung und Erinnerung errichtet wurde. Blick-aktuell berichtete im Januar d. J. von dem Besuch der Belgier in Thür. Franz G. Bell. 
Der Beitrag erschien im April 2023 in "Blick aktuell":  https://www.blick-aktuell.de/Berichte/Zwei-zunaechst-gluecklich-verlaufene-Emigrationen-endeten-tragisch-548556.html
Zur Verlegung der "Stolpersteine" in Walhorn siehe auch: https://lfv.be/rueckblicke/stolpersteine-in-der-gruppe-walhorn-astenet    

 
   
Links und Literatur

Links:  

bulletWebsite der Gemeinde Hohenahr  

Literatur:  

bulletPaul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. II S. 143 (innerhalb des Abschnittes zu Niederweidbach) 
bulletThea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945? 1988 S. 91.   
bulletdies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 82.   
bulletdies.: Neubearbeitung der beiden Bände. 2007² S. 221-222.   
bulletErco von Dietze: Juden in und um Hohensolms. 1988.  
bulletStudienkreis Deutscher Widerstand (Hg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945. Hessen II Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 116-117. 

     

  n.e.

    

                   
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Stand: 30. Juni 2020