Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Höchst am Main (Stadt Frankfurt am Main)
Jüdische Geschichte / Synagoge  

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde  
Allgemeine Gemeindebeschreibungen 
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer    
Aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde   
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen    
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletErinnerungsarbeit vor Ort - neuere Berichte   
bulletFotos / Darstellungen   
bulletLinks und Literatur  

     

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)    
   
In Höchst am Main (von 1355 bis zur Eingemeindung nach Frankfurt 1928 selbständige Stadt) lebten wenige jüdische Personen bereits im späten Mittelalter (15./16. Jahrhundert nicht mehr als zwei jüdische Familien).   
   
Die Entstehung der neuzeitlichen Gemeinde geht in das 17. Jahrhundert zurück. 1635 wird eine jüdische Familie in Höchst genannt (Familie des Jud Mosche, zwischen 1638 und 1642 in den Steuerlisten der Stadt erwähnt). 1648 werden als jüdische Hausbesitzer Joseph Jud und Moschin Jud genannt, als Grundbesitzer Simon Osterbach und Wolf Hochheimer. 1745 wurden 12 jüdische Einwohner gezählt; um 1800 waren sechs Familien mit insgesamt 21 Personen in der Stadt (von insgesamt über 800 Einwohnern). Bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts lebten die jüdischen Familien vom Handel mit Geld und verschiedenen Waren, für die sie Handelserlaubnis hatten. Seit Ende des 18. Jahrhunderts wurde auch der Handel mit Wein gestattet. 
    
Im Laufe des 19. Jahrhunderts nahm die Zahl der jüdischen Einwohner langsam, gegen Ende des Jahrhunderts stärker zu: 1816: 36, 1843 59 (von insgesamt 2.184 Einwohnern), 1890 99 (1,2 % von insgesamt 8.455 Einwohnern), 1895 128 (1,2 % von 10.781), 1899 160 (von 13.637), 1905 148 (0,9 % von 16.175), 1914 151 (0,9 % von 16.222). 

An Einrichtungen der Gemeinde bestanden neben der Synagoge (s.u.) eine Religionsschule und ein rituelles Bad (letzteres wurde erstmals 1798 eingerichtet im Untergeschoss des "Hinterturms" der Stadtmauer, siehe unten bei der Synagoge). Die Toten der Gemeinde wurden in Bad Soden beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Religionslehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Die jüdische Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk Wiesbaden.  
  
An jüdischen Vereinen gab es den Israelitischen Frauenverein (gegründet 1861, Ziele: Krankenfürsorge, Erholungsfürsorge, kulturelle Aufgaben, Hospizdienste; 1911 bis 1926 unter Leitung von Recha Hirsch, danach Rosa Levi), die Israelitische Hilfskasse (gegründet 1924, Ziel: Unterstützung Hilfsbedürftiger), den Israelitischen Wohltätigkeitsverein (gegründet 1889, Ziele: Unterstützung erkrankter Mitglieder, Wanderfürsorge), den jüdischen Jugendverein (gegründet nach dem Ersten Weltkrieg) und die Chewra Kadischa (Ziele: Wohltätigkeit, Bestattungswesen).    
     
Anfang des 20. Jahrhunderts nahm die Zahl jüdischer Einwohner weiterhin leicht zu. Die Höchstzahl wurde 1932/33 mit 200 Personen erreicht.  
 
Um 1925
, als 184 jüdische Gemeindeglieder gezählt wurden (0,6 % von 31.534 Einwohnern) waren die Vorsteher der Gemeinde Max Ettinghausen, Emil Baum, J. Würzburger, Carl Hirsch und Gustav Gerson. Als Kantor und Religionslehrer war Kallmann Levi angestellt (bis 1936 oder 1938), als Synagogendiener L. Abermann. Den Religionsunterricht besuchten damals 12 jüdische Kinder (1932: 28 Kinder). Auch an den öffentlichen Schulen wurde jüdischer Religionsunterricht erteilt. Zur Gemeinde in Höchst gehörten die in Griesheim und Ried lebenden jüdischen Einwohnern (16 beziehungsweise 3 Personen). 1932 war 1. Vorsteher der Gemeinde Berthold Ettinghausen, Schatzmeister war Gustav Gerson.  
   
Nach 1933 ist ein Teil der jüdischen Gemeindeglieder (1933: etwa 200 Personen, d.h. 0,6 % der Gesamtbevölkerung von etwa 33.000 Personen) auf Grund der zunehmenden Entrechtung, der Boykottmaßnahmen und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. 1936 stellt die jüdische Gemeinde mit Carl Hartogsohn nochmals einen jüdischen Kantor und Lehrer an (siehe Berichte unten). 1938 lebten noch etwa 70 jüdische Personen in Höchst. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge zerstört (s.u.). Drei jüdische Geschäfte in der Königsteiner Straße und der Dalbergstraße wurden demoliert und geplündert. Die meisten jüdischen Männer wurden verhaftet, zunächst ins Polizeirevier (Bolongaropalast) gebracht, wenig später für mehrere Wochen in das KZ Buchenwald verschleppt. Diejenigen der Höchster Juden, die nicht mehr in ein sicheres Land auswandern konnten, wurden 1941/43 von Höchst oder einem anderen Ort aus deportiert und in einem der Vernichtungslager ermordet. 
  
In der Liste der in der NS-Zeit Umgekommenen werden genannt ("Juden in Höchst" 1990 s. Lit. S. 72-75): Jettchen Abermann geb. Kahn (1875), Rosa Adler geb. Blum (1867), Sally Adler (1902), Alma Adler geb. Baum (1903), Claire Adler (1931), Bruno Asch (1890) Grete Asch geb. Hauschner (geb. ?), Ruth Eva Asch (1928), Emil Baum (1871), Helene Baum geb. Levy (1881), Martha Baum geb. Schwarzschild (1881), Salomon Baum (1875), Ernst de Beer (1882), Meta Blumenthal geb. Zinsheimer (1896), Miriam Blumenthal (1923), Fritz Günther Blumenthal (1925), Bernhard Cohen (1889), Theresia Cohen geb. Hertz (1897), Helene Cohen (1921) Alice Cohen (1925), David Cohen (1894), Betti Cohen geb. Vorchheimer (1905), Fritz Cohen (1928), David Cohen (1931), Bertha Ettinghausen geb. Feitler (1861), Salomon Frank (1903), Else Frank geb. Levi (1908), Ruth Frank (1934), Paul Pinchas Frank (1937), Mosche Menachem Frank (1942), Julius Freudenthal (1900), Betti Freudenthal geb. Strauß (1901), Margot Freudenthal (1928), Gustav Gerson (1881), Bertha Gerson geb. Simon (1881), Nathan Grünspahn (1938), Esther Martha Grünspahn (1888), Leo Grünspahn (1928), Emanuel Hahn (1928), Rosa Hahn geb. Liebmann (1877), Meta Hahn (1902), Julie Hamlet (1874), Jenny Hammerschlag (1884), Franz Henle (1876), Therese Herger geb. Studinski (1890), Henriette Herger (1923), Hugo Hirsch (1874), Karl Hirsch (1868), Lucia Hirsch geb. Mayer (1892), Elias Kahn (1884), Hermann Kahn (1874), Jenny Kahn geb. Marx (1879), Karl Kahn (1878), Ludwig Kahn (1891), Nannette Kahn geb. Linz (1896), Selma Kasper geb. Strauss (1891), Hermann Kühn (1881), Klara Kühn geb. Katzenstein (1886), Emil Lehmann (1872), Kallmann Levi (1878), Rosa Levi geb. Friesem (1884), Lotti Levi (1906), Hugo Levi (1877), Amalie Levy geb. Adler (1880), Felix Lewin (1873), Sidonie Lewin geb. Königsberger (1876), David Mannheimer (1870), Meta Mannheimer geb. Dahlberg (1900), Hermine Mayer geb. Kauders (1864), Gertrud Mayer (1898), Julia Mayer geb. Spiegel (1867), Hermann Marx (1890), Franz Michalsohn (1880), Heinrich Michel (1871), Ludwig Nachmann (1886), Paula Ilse Nachmann geb. Strumpf (1886), Hertha Nachmann (1922), Isidor Neger (1910), Wolf Neumann (1887), Amalie Neumann geb. Fränkel (188), Herta Neumann (1920), Jettchen Neustädter geb. Stern (1858), Siegmund Neustädter (1895), Jenny Neustädter geb. Adler (1893), Ruth Neustädter (1923), Ilse Neustädter (1926), Albert Odenbach (1927), Georg Odenbach (1898), Mina Odenbach geb. Mester (1898), Benno Reches (1910), Josef Schain (1895), Julius Schwarzschild (1888), Rosa Schwarzschild geb. Michel (1897), Mathilde Strauß geb. Halberstadt (1871), Siegfried Strauß (1903), Irma Strauß geb. Isselbächer (19087), Erna Walega geb. Baum (1907), Moritz Weinreb (1887), Lina Weinreb geb. Levy (1891), Ruth Weinreb (1925), Irma Wolff geb. Hirsch (1902), Gerhard Julius Wolff (1930), Alfred Wormser (1876).          
    
    
    

Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
   
Allgemeine Gemeindebeschreibungen 

Allgemeine Gemeindebeschreibung (1906)    

Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 14. Dezember 1906: "Höchst am Main. Nach der letzten Volkszählung hat unsere Stadt rund 16.000 Einwohner, darunter 154 Juden. Die jüdische Gemeinde wurde vor etwa 100 Jahren durch einige Familien, die von Heddernheim hierher zogen, gegründet. Im Jahre 1816 baute sie aus den Steinen eines alten Festungsturmes, den ihr der damalige Herzog von Nassau schenkte, eine Synagoge. Mit der Einwohnerzahl der Stadt wuchs auch die Jüdische Gemeinde, die gegenwärtig aus 36 Familien besteht, und die alte Synagoge reichte nicht mehr aus. Im vergangenen Jahre wurde dieselbe durch einen Neubau ersetzt."    

  
Allgemeine Gemeindebeschreibung (1936!)  

Hoechst aM GblIsrGF Juni1936.jpg (132133 Byte)Artikel im "Gemeindeblatt der Israelitischen Gemeinde in Frankfurt" Juni 1936: "Frankfurt a.M. - Höchst. Obwohl seit einigen Jahren ein Stadtteil Frankfurts, wahrt es ein Eigenleben. 'Höchst am Main' erhielt 12400 kurmainzisches Stadtrecht und blieb 400 Jahre ununterbrochen bei Mainz, kam 1803 zu Nassau, 1866 zu Preußen. Wohl erst wenig vor 1800 wohnen Juden zahlreicher in Höchst; bald schenkt ihnen der Kurfürst von Mainz einen Turm in der Stadtmauer. Dieser wird ihre erste Synagoge. Auf ihrem Platze, am 'Höchster Markt', entsteht 1905 die neue Synagoge, stattliches roter Bau mit 150 Plätzen. Gemeinsamer Friedhof mit den Gemeinden Soden, Hofheim, Hattersheim und Okriftel in der Gemarkung Soden, seit 1870. Alter Friedhof aus dem letzten Viertel des 17. Jahrhunderts bei Niederhofheim. Die Gemeinde Frankfurt-Höchst mit Frankfurt-Griesheim und Frankfurt-Nied gehört bemerkenswerterweise noch zum Rabbinatsbezirk Wiesbaden. (Wir befinden uns also in jüdischer Beziehung wirklich schon außerhalb Frankfurts!). Sie zählen um 1930 zusammen 200 Seelen; heute viel weniger. - Sehenswert auch die Justinuskirche, Basilikabau, entstanden zwischen 826 und 947, mit gotischem Chor: 1443; nicht weit davon der Bolongaroplast, 1772 bis 1775 erbauter Spätbarockbau mit großartigen Rokoko-Fresken in seinem Innern. - Unmittelbar nach dem Durchschreiten der Hauptstraße zwischen den Bürohäusern der I.G. Farben (der Besichtigung wert und zugänglich) wende man sich nach rechts (Norden), schneide nordwestlich wandernd, mit immer schöner werdender Aussicht auf den sich nordwärts türmenden Taunus, 2 Bahnlinien, die Straße Sindlingen-Unterliederbach und den Pfingstborn, lasse Zeilsheim im wesentlichen links liegen; man erreicht die Elisabethstraße und - südwestlich - links nach 1 1/2 Stunden (Hofheim im Taunus)." 

  
  
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer    
Ausschreibung der Stelle des Lehrers und Vorbeters (1868)    

Hoechst aM Israelit 08011868.jpg (36659 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Januar 1868: "Die Lehrer- und Vorbeterstelle bei hiesiger Kultusgemeinde mit Gulden 250 fixem Gehalt wird bis zum 1. April laufenden Jahres vakant. Hierauf Reflektierende wollen Ihre Anträge an den Unterzeichneten franco einsenden. 
Höchst am Main, 2. Januar 1868. Joseph Wolff, Vorsteher."   

  
Zum Tod von Lehrer Emanuel Wormser (1890)  

Hoechst aM Israelit 14071890.jpg (100862 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Juli 1890: "Höchst am Main, 8. Juli (1890). Am verflossenen Schabbat wurde unsere Gemeinde während des Morgen-Gottesdienstes in große Aufregung versetzt. Unser langjähriger Vorbeter, Lehrer Emanuel Wormser, wurde während des Musaphgebetes von einem Schlaganfall betroffen, von welchem er sich nicht wieder erholte, sondern nach Mincha (Mittagsgebet) schon erlag. Wir verlieren in ihm eine Zierde unserer Gemeinde und Israel einen gesetzestreuen Glaubensgenossen. Die Ausübung von Wohltätigkeit und Erhaltung des Friedens war seine grüßte Freude. Stets suchte er in seinen Vorträgen zur Gottesfurcht anzueifern. Die Beteiligung bei seinem Leichenbegängnis zeugte von seiner Beliebtheit bei seinen Bekannten. 
Möge das Verdienst seiner guten Taten der trauernden Witwe und den hinterbliebenen Kindern beistehen."   
 
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 18. Juli 1890:  
Ähnlicher Bericht wie im "Israelit" siehe oben.  
   

      
25-jähriges Ortsjubiläum von Lehrer Kallmann (Kalmann) Levi (1929)         
vgl. Seite https://frankfurt.de/de-de/frankfurt-entdecken-und-erleben/stadtportrait/stadtgeschichte/stolpersteine/stolpersteine-in-hoechst/familien/levi-rosa-und-kalmann-und-frank-else.
Kallmann (Kalmann) Levi
(geb. 1878) war Lehrer, Kantor in (Frankfurt) - Höchst am Main und stammte aus Hattenbach. Er war verheiratet mit Rosa Levi aus Altena. Sie lebten von 1909 bis 19. November 1938 in der Leverkuserstraße 9 in Höchst und hatten drei Töchter: Betty, geb. 18. Februar 1906, Else, geb. 1908 und Lotti, geb. 1919. Mit ihnen zusammen lebte auch der Vater von Rosa Levi, Moses Friesem, der als Gemeindeältester der jüdischen Gemeinde tätig war. Kalman Levi war Kantor und Schächter der Gemeinde sowie seit 1904 Religionslehrer am Gymnasium und Lyzeum. Rosa Levi leitete die israelitische Frauenvereinigung. Die älteste Tochter Betty emigrierte mit ihrem Mann 1936 nach Palästina. Nach den die Familie Levi schwer betreffenden Ereignissen beim Novemberpogrom 1938 zog sie in die Frankfurter Innenstadt (Elkenbachstraße, dann Königswarter Straße 13), wo Moses Friesem mit 84 Jahren starb. Die Tochter Else, die mit dem Lehrer Salomon Frank verheiratet war (vgl. Treuchtlingen) kam nach dem Novemberpogrom mit Mann und ihren beiden Kindern Ruth und Paul (1942 ist noch als drittes Kind Moses geboren) nach Frankfurt. Alle Familienmitglieder wurden deportiert. Nur Lotti überlebte die Lagerzeit und emigrierte später mit ihrem Mann nach Australien.       

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Wiesbaden und Umgebung" vom 5. April 1929: 
"Amtsjubiläum des Lehrers K. Levi, Höchst am Main. 
Nachdem Samstag, den 20. April, ein Festabend sämtlicher Vereine der Gemeinde zu einer glanzvollen und herzlichen Ehrung des verdienten Lehrers K. Levi geworden war, der nunmehr seit 25 Jahren geistiger Führer der Gemeinde in Freud und Leid ist, folgte Tags darauf, Sonntag, den 21. April, die offizielle Feier der Gemeinde Höchst. 
Um 10 Uhr vormittags hatte sich das würdige Gotteshaus der Gemeinde mit Andächtigen, Verehrern und Freunden des Jubilars bis auf den letzten Platz gefüllt. Der Vorsteher der Gemeinde, Herr Ettinghausen, dankte in herzlicher Ansprache dem Gefeierten für sein selbstloses, aufopferungsvolles, in jeder Hinsicht vorbildliches Wirken im Dienste der Gemeinde und rühmte insbesondere das erfolgreiche Eintreten des Jubilars für den Frieden und die Verständigung unter den Konfessionen. Sein persönliches Geschick, Gegensätze zu überbrücken, habe sich dort wie auch im innern Leben der Gemeinde vollauf bewährt. Mit dem Dank des Vorstandes verband der Redner die besten Wünsche für das fernere Wirken des verehrten Lehrers. Nun folgte die Festrede des Bezirksrabbiner Herrn Dr. P. Lazarus, Wiesbaden: Kämpfen und Bauen seien Grundlage und Inhalt für das Leben und die Arbeit des Jubilars gewesen. In den 11 Jahren gemeinsamen Wirkens habe Redner den Jubilar kennen und schätzen gelernt; er spricht ihm die Anerkennung der vorgesetzten Behörde und seinen persönlichen Dank aus, der im feierlichen Priestersegen ausklingt. Hierauf sprachen die Herren Oberkantor Nussbaum Wiesbaden für den Verein Israelitischer Lehrer im ehemaligen Herzogtum Nassau (der eine künstlerisch ausgestattete Adresse überreichen lässt), Lehrer Dr. Eschwege - Frankfurt namens der Vereinigung jüdischer Lehrer in Frankfurt, und ein Vertreter der christlichen Lehrerschaft von Höchst dem Gefeierten Dank, Anerkennung und gute Wünsche für die Zukunft aus. Nach dem Gemeindegesang 'En kelohenu' dankt Herr Levi tiefbewegt. Er gedenkt der heimgegangenen Vorstandsmitglieder und schließt mit Gelöbnis, auch fernerhin in demselben Geiste wie bisher der Gemeinde und dem Judentum zu dienen. Sologesänge der Wiesbadener Herren Capell und Nussbaum bereichern den Festakt in würdiger Weise. So ehrt eine Gemeinde, indem sie ihren Beamten ehrt, sich selbst.  
In der Wohnung des Jubilars fanden sich nach der offiziellen Feier zahlreiche Deputationen und Einzelbesucher ein, die den Gefeierten mit Glückwünschen und Geschenken förmlich überschütteten. Hunderte von Telegrammen und Glückwunschschreiben zeugten von der hohen Achtung und Liebe, deren sich Herr Levi in weitesten Kreisen auch außerhalb seiner Gemeinde und seines Wohnortes erfreuen darf. 
Möge es ihm noch viele Jahre vergönnt sein, in alter Kraft zu 'bauen und mitzukämpfen' im Dienste Gottes, seiner Gemeinde, des Judentums und der ganzen Menschheit. E.C."                 
 
Hoechst aM Israelit 18041929.jpg (16429 Byte)Meldung in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. April 1929: "Jubiläum in Höchst. Die Israelitische Kultusgemeinde feiert am Schabbat Hagadol das 25-jährige Ortsjubiläum ihres Lehrers Herr K. Levi."    
 
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Wiesbaden und Umgebung" vom 29. April 1929: "Fünfundzwanzigjähriges Ortsjubiläum. Schabbos haggodaul, den 20. April dieses Jahres, feiert Herr K. Levi sein 25-jähriges Jubiläum als Prediger, Lehrer und Kantor der Israelitischen Kultusgemeinde Höchst am Main. In den 25 Jahren seiner Wirksamkeit in Höchst am Main hat Herr Levi eine ganze Generation zum Dienst am Judentum und an der Menschheit erzogen. Ein besonderes Verdienst erwächst ihm aus der Gründung einer Kasse zur Hilfeleistung in Krankheits- und Todesfällen. In seiner Gemeinde verehrt ihn alt und Jung, und alle rüsten sich, den Ehrentag ihres Führers festlich zu begehen. Auch seine Kollegen werden des Mannes, der seit Jahren dem Vorstand des Vereins israelitischer Lehrer im ehemaligen Herzogtum Nassau angehört und eine Zierde seines Standes ist, voll herzlicher Freude gedenken. Nicht zuletzt beglückwünschen auch wir den trefflichen Mann und treuen Leser unseres Blattes von Herzen und wünschen ihm eine weitere lange Reihe von Jahren beglückender und erfolgreicher Arbeit."  

      
Carl Hartogsohn wurde zum Kantor und Lehrer gewählt (1936) 
(vgl. Anmerkung bei der nachfolgenden Anzeige)      

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Juli 1936: "Aus der Jüdischen Gemeinde Frankfurt am Main - Höchst. Die trotz der vor einer Reihe von Jahren bereits erfolgten Eingemeindung selbstständig gebliebene Jüdische Gemeinde Höchst am Main, die ihre Synagoge und ihre anderen Einrichtungen den Anforderungen des überlieferten Judentums gemäß aufrechterhält, hat, nach der Pensionierung ihres bisherigen verdienstvollen Beamten, Herrn Lehrer Levy, nunmehr Herrn Kantor und Lehrer Carl Hartogsohn, der seit fast drei Jahren in Groß-Gerau (Hessen) amtiert, zu ihrem Beamten gewählt. Herr Hartogsohn wird noch vor den Jomim Hanauroim (hohe Feiertage) sein neues Amt antreten".      

 
Verlobungs- und Hochzeitsanzeige von Hede Rüb und Carl Hartogsohn (1936)  
Anmerkung: Carl Hartogsohn aus Emden war der letzte jüdische Lehrer in Höchst am Main; er und seine Frau Hede geb. Rüb wurden nach der Deportation ermordet. Hede geb. Rueb war eine Tochter des jüdischen Gemeindevorstehers David Rueb in Guntersblum. David Rueb und Berta geb. Dornberger waren nach den Ereignissen beim Novemberpogrom 1938 zu ihrer Tochter nach Höchst geflohen; sie wurden nach der Deportation 1942 von Frankfurt gleichfalls ermordet. Vgl. Seite des Kulturvereins Guntersblum zu David Rueb.   

Guntersblum Israelit 19111936.jpg (30130 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. November 1936: "Statt Karten - Gott sei gepriesen
Hede Rüb - Carl Hartogsohn Kantor und Lehrer - Verlobte   
Guntersblum (Rheinhessen) - Emden (Ostfriesland) / Frankfurt-Höchst.  
November 1936 - Kislew (5)697."
   
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. August 1937: "Gott sei gepriesen.  
Kantor und Lehrer Carl Hartogsohn - Hede Hartogsohn - Rüb. Vermählte. 
Frankfurt a.M. - Höchst - Guntersblum (Rhein). Elul (5)697 / August 1937. 
Trauung und Empfang: Hotel Ulmann, Frankfurt am Main, Bethmannstraße 52. 29. August 1937, 14 Uhr. 1. Tag der Selichot".  
    
Guntersblum Carl Hartogsohn 1936.jpg (78990 Byte)Foto links: Lehrer Carl Hartogsohn unterrichtet in einem Privathaus in Guntersblum zwei jüdische Mädchen; Aufnahme vom 26. April 1936 in Guntersblum. Von links: Ann Hellmann, Carl Hartogsohn und Inge Seeman. 
Quelle: Archiv des United States Holocaust Memorial Museum.   

 
Lehrer Hartogsohn wirkt mit bei der Hundertjahrfeier der Synagoge in Emden (1936)    

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. September 1936- "Emden, 14. September (1936). Bei der Hundertjahr-Feier der Synagoge in Emden war es allen Anwesenden eine besondere Freude, 'einem jungen Emder', Herrn Lehrer Hartogsohn aus Höchst am Main zu lauschen, der es ganz hervorragend verstand, gesangliche Darbietungen vorzutragen, und somit zur Verschönerung der Feier beitrug".    

  
  
Aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben 
Generalversammlung des israelitischen Wohltätigkeitsvereins Chewra Kadischa (1901)  

Hoechst aM Israelit 25021901.jpg (213638 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Februar 1901: "Höchst am Main, 20. Februar (1901). Am Dienstag, 29. vorigen Monats, fand die Generalversammlung des israelitischen Wohltätigkeitsvereins Chewra Kadischa hierselbst statt. Der Vorsitzende, Herr Mühlenbesitzer Max Ettinghausen, eröffnete dieselbe mit Worten der Begrüßung und des Dankes an die zahlreich anwesenden Mitglieder, und erteilte zunächst dem Schriftführer, Herrn Lehrer Ledermann, das Wort zur Ablage des Jahresberichts, dem wir Folgendes entnehmen.    
Der Verein zählte heute 28 Mitglieder. Die bisherigen Einnahmen betrugen 608 Mark, die Ausgaben 460 Mark und hat der Verein ein Vermögen von über 2.800 Mark. Der Präsident nahm nach der Decharge-Erteilung das Wort und führte etwa Folgendes aus: So erfreulich die finanzielle Seite erscheine, so könne er doch ein Wort des Vorwurfes speziell an die Mitglieder nicht unterdrücken: dass nämlich die aktive Beteiligung an den Aufgaben des Vereins viel zu wenig angestrebt wird. Das Motiv zur Gründung war in der damals kleinen Gemeinde, eine Zentrale zu schaffen, die in Freude und Leid wahre Wohltätigkeit üben solle, auch sollten die Mitglieder besonders bei Trauerfällen und Jahrzeit auch am Werktage pünktlich zum Gottesdienste erscheinen. Ein großer Teil der Mitglieder kommt diesen Verpflichtungen leider nicht nach und daher sehe man im Werktaggottesdienst stets dieselben Gesichter, ja, in der letzten Zeit mussten zur nötigen Zahl (Zehner-Minjan) gerufen werden. Er ermahne ernst und eindringlich, doch mehr Zusammengehörigkeit und Anhänglichkeit dem Vereine und der Gemeinde zu widmen. 
Die Worte unseres rührigen Präsidenten machten einen tiefen Eindruck auf die Anwesenden; - möge er auch Erfolg zu verzeichnen haben.
Die Kultusgemeinde unserer hiesigen Industriestadt besteht zur Zeit aus 52 steuerzahlenden Mitgliedern, die sich zum großen Teil aus Akademikern, Fabrikbesitzern und Kaufleuten zusammensetzen. Handwerker sind hier, außer einem Bäcker und vier Metzgern, die leider alle nicht den Schabbat einhalten. Trotzdem würde sicherlich ein religiöser Metzger gut existieren können, indem hier auch stets eine größere Anzahl Abonnenten vorhanden sind, die demselben gesichert wären. 
Unsere Gemeinde-Institutionen stehen unter orthodoxer Aufsicht. Auch existieren hier vorzügliche Mittelschule, an denen jüdischer Religions-Unterricht erteilt wird. M."   

   
Purim-Feier des Jüdischen Jugendvereines (1928)
      

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Wiesbaden und Umgebung" vom 2. März 1928: "Höchst am Main. Der Jüdische Jugendverein veranstaltet am 10. März, abends 8.30 Uhr, eine Purimfeier im oberen Saale der 'Schönen Aussicht'. Einem ernsten Teil folgen lustige Darbietungen. Der Eintritt ist für Mitglieder aller Verbandsvereine frei bei Vorzeigen der Mitgliedskarte. Nichtmitglieder zahlen 1.80 Mark. Der Jüdische Jugendverein hofft mit seinen Mitgliedern und Gästen einen frohen Abend zu verleben, der sich bis gegen Morgen hinziehen soll."             

 
Gründungsversammlung eines jüdischen Landvereins (1928)     

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Wiesbaden und Umgebung" vom 2. März 1928: "Höchst am Main. Sonntag, 11. März (1928), nachmittags 3 Uhr, findet in Hofheim am Main eine Gründungsversammlung statt. Ein Landverein soll entstehen der die Interessen der jüdischen Frau im Sinne des jüdischen Frauenbundes wahren und dessen Ideale pflegen soll."        

  
  
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde    
Zum Tod des 2. Gemeindevorstehers B. S. Ettinghausen (1882)  

Hoechst aM Israelit 01021882.jpg (81034 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Februar 1882: "Nekrolog
Unsere Gemeinde wurde leider mit einem schweren Verluste heimgesucht. Das teure Gemeindemitglied, unser 2. Vorsteher, Herr B. S. Ettinghausen, seligen Andenkens, ist nicht mehr, denn der liebe Gott - Gebieter über Leben und Tod - hat ihn zu sich in ein besseres Jenseits gerufen. Er war ein treuer Gatte, ein braver Familienvater. Gott segnete seiner Hände Arbeit und er spendete von diesem Segen jedem Hilfsbedürftigen ohne Unterschied. Sein Haus war den Armen offen und er stand jedem mit Rat und Tat bei. Alles, was er tat, geschah zur Ehre Gottes. Er war ein Wohltäter. Als 2. Vorsteher erfüllte er gewissenhaft seine Pflicht und liebte sehr, die Synagoge stets verschönert und in Ordnung zu sehen, wozu er es nie an reichlichen Spenden fehlen ließ. Er hinterlässt überall und bei jedem, der ihn gekannt, einen guten Namen. Seine Kinder erzog er alle in Religion und hielt sie zu allem Guten an. Auch betete er häufig ind er Synagoge vor, indem er mit einer schönen Stimme begabt war. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens. 
Höchst am Main, 22. Januar 1882. E.W."      


Siegmund Ettinghausen wird zum Stadtverordneten gewählt (1892)  

Hoechst aM Israelit 20061892.jpg (73879 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Juni 1892: "Höchst am Main, im Juni (1892). Bei den jüngsten Stadtratswahlen wurde Herr Siegmund Ettinghausen in die Stadtverordnetenversammlung berufen. Die Gunst der Behörden wendet sich auch den hier bestehenden jüdischen Institutionen zu; so wird unsere Religionsschule nicht allein durch die unentgeltliche Überlassung eines Lokals und die nötige Beheizung derselben bedacht, sondern sogar noch materiell unterstützt. Es ist wohl am Platze dese so überaus schönen Züge der hiesigen städtischen Verwaltung öffentlich bekannt zu geben und damit den Wunsch zu verbinden, dass dieses friedliche Verhältnis der Konfessionen zueinander in ungetrübter Weise fortbestehen möge. S."      

  
Zum Tod des langjährigen Gemeindevorstehers Salmon Strauss (1898)     

Hoechst aM Israelit 17021898.jpg (102316 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Februar 1898: "Höchst am Main, 13. Februar (1898). Am vorigen Mittwoch verstarb hier plötzlich der langjährige Vorsteher der hiesigen Kultusgemeinde, Herr Salomon Strauß, im Alter von 72 Jahren. Der Dahingeschiedene war wirklich in seiner Art ein seltener Mann, der sich durch seine hervorragende Frömmigkeit, gepaart mit strengem Rechtlichkeitssinn und äußerster geschäftlicher Pünktlichkeit einen guten Namen machte und sich dadurch ein bleibendes Andenken bei der Mit- und Nachwelt sicherte. Schon in früher Jugend pflegte der Verblichene sich durch die stets penible Ausübung aller religiösen Obliegenheiten hervorzutun, seine Eltern über das gewöhnliche Maß hinaus zu ehren, und sein Gebet mit großer Andacht zu verrichten. Selbst in den Jahren, wo er als Soldat dem Vaterland diente, unterließ er es nie des Morgens stets in Tallis und Tefillin zu beten, eine Handlung, die ihm sogar die Anerkennung seines Hauptmannes verschaffte. Der Heimgegangene versah seit Jahren hier an den hohen Festtagen die Stelle als Baal-Tefilloh und Baal Tokea, rein nur aus Liebe und Frömmigkeit, mit aller Hingebung in großer Andacht. In unserer Gemeinde wusste er durch seine Friedensliebe die verschiedenen religiösen Anschauungen im Sinne des reinen und unverfälschten Judentums unter eine Fahne zu bringen. Salomon Strauß war aber auch ein großer Wohltäter, ein Förderer von Wohltätigkeit und zwar in der ganzen Größe dieser Tugenden. Er gab stets mit vollen Händen und dies in der Stille (er gab im Verborgenen), so wie es die Frommen und Edlen zu tun pflegen. Der Verewigte war noch einer von jenen, wie sie die gute alte Zeit in größerer Anzahl besessen, und die leider in der Gegenwart immer seltener werden. Sein Leichenbegängnis gestaltete sich auch zu einem sehr imposanten, dem viele Freunde aus Nah und Fern beiwohnten, unter andern Herr Rabbiner Dr. Kahn aus Wiesbaden, sowie noch viele angesehene Männer aus Frankfurt am Main. Sch."    

     
Siegmund Ettinghausen legt sein Amt als Kultusvorsteher nieder - Max Ettinghausen folgt nach (1903)     

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Oktober 1902: "Höchst am Main, im Oktober (1902). Im vorigen Monat legte unser bisheriger, allverehrter Kultusvorsteher, Herr Siegmund Ettinghausen, sein Amt als solcher nieder, da ihm wegen anderer Ehrenämter als Mitglied des Stadtrats, des hiesigen Vorschussvereins, wie vieler städtischer Kommissionen, eine allzu große Arbeitslast erwuchs. 
Unsere Gemeinde hat diesem treuen Mann, der sich für die Öffentlichkeit einsetzt, mach' Gutes zu danken. Der orthodoxen Richtung angehörend, war er stets darauf bedacht, unsere religiösen Institutionen nach Können zu erhalten und zu fördern. So ist es seinem Bemühen zuzuschreiben, dass die Schechitah unter streng-religiöse Aufsicht gestellt, dem Gemeindebeamten übertragen und im städtischen Schlachthofe durch Ortsstatut geregelt wurde. Die Stellung des Lehrers und Kantors suchte er dadurch zu sichern, dass er ihn in eine Pensionskasse einkaufen ließ.   
Auf Vorschlag des Königlichen Landrats wurde an seine Stelle Herr Max Ettinghausen mit überwiegender Stimmenmehrheit gewählt und hätte die Sorge für das Gemeindewohl in keine besseren Hände übergehen können; da auch er allen das Judentum berührenden Fragen reges Interesse und ein warmes Herz entgegenbringt. Besonders freudig wird die Wahl von den religiösen Mitgliedern unserer Gemeinde, die leider sehr in der Minderheit sind, begrüßt.  
Möge es ihm beschieden sein, dass er recht lange zum Wohle der Gemeinde und zur Ehre des Judentums wirke."          

    
Zum Tod des Stadtverordneten Siegmund Ettinghausen (1907)    

Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 15. März 1907: "Höchst am Main. Im Alter von 61 Jahren verschied der Stadtverordnete Siegmund Ettinghausen, ein sehr angesehener Mann. "         


Zum Tod des langjährigen Gemeindevorstehers Abraham Moses (1908)  

Hoechst aM Israelit 04061908.jpg (86260 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Juni 1908: "Höchst am Main, 31. Mai (1908). In diesen Omertagen hat unsere kleine Gemeinde einen schweren Verlust erlitten durch das Ableben unseres langjährigen Vorstehers Herrn Abraham Moses. Legte schon die starke Beteiligung an dem Trauerzuge Zeugnis ab von der Beliebtheit des Verstorbenen, so trat das in erhöhtem Maße zu Tag bei der Trauerfeier auf dem Friedhof selbst. Herr Kantor Levy zeichnete in warm empfundenen, schlichten Worten den Lebensgang des Mannes, der seine höchste Befriedigung in der Erfüllung seiner religiösen und sozialen Pflichten fand. Herr Ettinghausen sprach im Namen der Gemeinde und des Vorstandes in bewegten und herzlichen Worten den Dank aus für die aufopfernde Tätigkeit, die der Verstorbene in den mehr als 20 Jahren seiner Zugehörigkeit zum Vorstand bewiesen habe. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."      

  
Max Ettinghausen wird zum Stadtverordneten gewählt (1909)  

Hoechst aM FrfIsrFambl 26111909.jpg (15141 Byte)Mitteilung im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 26. November 1909: "Höchst am Main. Mühlenbesitzer Max Ettinghausen wurde zum Stadtverordneten gewählt."   

  
Max Ettinghausen ist 25 Jahre Gemeindevorsteher (1927/28)    

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Wiesbaden und Umgebung" vom 21. November 1927: Höchst am Main. Der Sabbat Lechlecho war für die Israelitische Kultusgemeinde Höchst am Main ein stimmungsfroher und würdiger Festtag. Der 1. Vorsitzende der Kultusgemeinde, Herr Max Ettinghausen, beging an diesem tage die Feier seine 25.-jährigen Jubiläums als Vorstand der Kultusgemeinde. Zur ihrer Freude sah die Gemeinde an diesem Sabbat ihren Bezirksrabbiner, Dr. Paul Lazarus, Wiesbaden, bei sich. Am Freitagabend veranstaltete der Jüdische Jugendverein eine Freitagabend-Feier, an der ca. 60 Personen - jung und alt - teilnahmen. Bei festlich gedeckten Tischen und strahlenden Sabbatlichtern herrschte eine wahre Freitagabendstimmung, der neben anderen vor allem Rabbiner Dr. Lazarus in warmen Worten Ausdruck verlieh. - Am Sabbat Morgen wurde in den üblichen Morgengottesdienst die offizielle Festfeier eingefügt. Rabbiner Dr. Lazarus verstand es, in packenden Worten seine Zuhörer zu fesseln und in ihnen ein starkes Bekenntnis zum Judentum mit seinen ideellen und religiösen Werten zu zu wecken. Er gedachte in würdigen Worten der großen Verdienste des Jubilars. Ihm schloss sich als zweiter Redner Herr Lehrer Levi, Höchst am Main an, der unter Anführung und Auslegung einiger Sidrahstellen noch mit einzelnen Momenten die abgelaufene Amtszeit des Herrn Ettinghausen zeichnete. Die dichtbesetzte Synagoge war würdig geschmückt - die Kinder des Jubilars hatten der Gemeinde ein herrliches Porauches gestiftet. - Am Abend begannt das Fest, zu dem der Vorstand der Kultusgemeinde geladen hatte, mit einem akademischen Teil, in dem namens der Behörde der Vorstand der Israelitischen Kultusgemeinde, die Vorsitzenden der Männer-Chewrah und des Israelitischen Frauenvereins, der Israelitischen Hilfskasse, des Jüdischen Jugendvereins, der Ortsgruppe des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten und die Vertreter der übrigen Kreisgemeinden in warmen Worten die Verdienste ihres Gemeindevorsitzenden würdigten. - Gerührt und bewegt dankte Herr Ettinghausen in schlichten und herzlichen Worten für all das, was die Gemeinde an diesem seinem Ehrentage ihm an Verehrung und Liebe entgegengebracht hat. - Ein gelungenes geselliges Programm, mit Freude von Mitgliedern des Jüdischen Jugendvereins ausgeführt, verbunden mit frohem Tanz, vereinte die  festliche Versammlung, die nahezu 200 Personen zählte, bis in die frühen Morgenstunden. Ein Gemeindefest, wie es nicht schöner gedacht werden kann, erfüllt von wahrer jüdischer Gemeinschaft.  Dr. S."         
 
Hoechst aM GblIsrFf Jan1928 147.jpg (17514 Byte)Artikel im Gemeindeblatt der Israelitischen Gemeinde Frankfurt vom Januar 1928 S. 147: "Höchst. Kürzlich feierte Herr Max Ettinghausen das Jubiläum seiner 25-jährigen Tätigkeit als erster Vorsteher der israelitischen Gemeinde Höchst." 

         
Zum Tod der Frau von David Mannheimer (1929)  

Hoechst aM Israelit 01081929.jpg (110188 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. August 1929: "Höchst am Main, 29. Juli (1929). Am Mittwoch, 16. Tammus (= 24. Juli 1929) wurde Frau David Mannheimer (eines Bruders des Herrn Hauptlehrers Mannheimer in Dettelbach) den Ihrigen durch einen sanften Tod nach langem, schwerem, aber gottergeben ertragenen Leiden genommen. Die Heimgegangene war, wie Herr Lehrer Kallmann Levi am Grab in warmen Worten ausführte, eine wahrhafte wackere Frau, ihr ganzes Leben war Gottesdienst. Als Älteste von 5 Kindern von Jugend auf verwaist, war sie ihren Geschwistern immer die treu sorgende, mütterliche Freundin, ihrem Manne die beste Gattin, den Kindern die liebevollste Mutter. Ihren baldigen Tod ahnend, doch nicht darüber klagend, benutzte sie die letzte Kraft ihres Lebens, noch einmal die Enkelkinder aufzusuchen und ihnen in ihre Kinderaugen zu sehen, was ihre größte Freude der letzten Jahre war. Wie hat sie ihr Haus in bestem jüdischen Geist verwaltet, wie hat sie jeden Schabbat und jeden Feiertag in ihrem Hause zu gestalten verstanden! Als Erste betrat sie mit ihrem Gatten, so lange sie nur gehen konnte, die Synagoge und als Letzte ging sie nach Hause. Ihr Verdienst möge ihrer Familie und Gemeinde beistehen."  

   
Zum Tod von Max Ettinghausen (1933)  

Hoechst aM Israelit 04051933.jpg (188220 Byte)Artikel in Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Mai 1933: "Max Ettinghausen - er ruhe in Frieden. Am vergangenen Sabbat, den 22. April, schied in Höchst der weit über den Kreis unserer Gemeinde hinaus bekannte und allverehrte Max Ettinghausen, kurz vor Vollendung seines 80. Lebensjahres von uns. Der Verstorbene, als Senior unserer Gemeinde in Höchst geboren, entstammte einer angesehenen und dem Judentum durch Tradition treu verbundenen Familie, die zu Anfang des vorigen Jahrhunderts (1807) aus Heddernheim nach Höchst eingewandert war. Der Heimgegangene, der lebendigste Beziehungen zu allen nichtjüdischen Kreisen von Höchst unterhielt, der 10 Jahre lang (1908 bis 1918) Stadtverordneter hierselbst war, hat für unsere Kultusgemeinde und deren Institutionen sich so viele unschätzbare Verdienste erworben, dass solche einzeln zu benennen unmöglich ist. Von 1902-1930 leitete er als Kultusvorsteher unsere Gemeinschaft. 1905 erstand, vor allem dank seiner Tatkraft, der Neubau unseres schönen Gotteshauses. Er verstand es, immer wieder den Zusammenhalt unter den Gemeindemitgliedern zu fördern und jeden einzelnen seines Kreises für die Interessen der Gemeinschaft anzuregen. An sich selbst stellte er die größten Anforderungen und erübrigte neben seinem Beruf und der Tätigkeit in der Öffentlichkeit unendlich viel Zeit für die Gemeindearbeit. 
Die am vergangenen Dienstag auf unserem Friedhof in Bad Soden erfolgte Beerdigung des Verblichenen zeugte von der unbegrenzten Verehrung seiner Gemeinde sowohl als auch seiner zahlreichen Freunde in und außer Höchst. Herr Bezirksrabbiner Dr. Lazarus zeichnete in anschaulicher und treffender Weise den Verstorbenen als echten Sohn seiner nassauischen Heimat, als bewussten und aufrechten Juden, als verantwortungstreuen Führer seiner Gemeinde und zuletzt als ideales Oberhaupt seiner engeren und weiteren Familie. Herr Lehrer Levi betrauerte in warmen Worten den selbstlosen väterlichen Freund und Vorsteher. Namens des Vorstandes der Gemeinde sprach Herr Dr. Spier, der mit dem Dank an den teuren Toten die Verpflichtung für die lebende Generation verband, an der starken Persönlichkeit des Heimgegangenen in solch ernster Zeit sich zu ermannen. Namens des Israelitischen Männervereins sprach dessen Vorsitzender, Herr Hugo Hirsch, herzliche Worte des Gedenkens. Endlich gedachte der Präsident der Frankfurt-Loge, Herr J.B. Levy, des verblichenen Bruders und Freundes. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."  
   
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Wiesbaden und Umgebung" vom 5. Mai 1933: 
Ähnlicher Text wie oben.  

        
        
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen  

Anzeigen der Dampfmühle Kriftel Ettinghausen (1899 / 1908) 

Hoechst aM Israelit 02111899.jpg (49151 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. November 1899: "Mazzenmehl
Meinen werten Kunden und sonstigen Mazzen-Bäckereien zur Anzeige, dass ich Anfangs Januar mit dem Fabrizieren des Mazzenmehles beginne und bitte, mir die Aufträge rechtzeitig zugehen zu lassen. 
B.S. Ettinghausen, Dampfmühle Kriftel in Höchst am Main."     
 
Hoechst aM Israelit 10121900.jpg (35191 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Dezember 1900: "Mazzenmehl!  
Da ich Ende Dezember mit der Fabrikation von Mazzenmehl beginne, bitte meine Kunden um baldige Erteilung ihrer Aufträge. 
Dampfwalzmühle Kriftel, B.S. Ettinghausen
, Höchst am Main."      
 
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. November 1901: "Mazzenmehl! 
Da ich Ende Dezember mit der Fabrikation von Mazzenmehl beginne, bitte meine Kunden um baldige Erteilung ihrer Aufträge. 
Dampfwalzmühle Kriftel, B. S. Ettinghausen, Höchst am Main."          
 
Hoechst aM Israelit 07121903.jpg (66618 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Dezember 1903: "Mazzenmehl 
aus feinstem ausländischen und Nassauer Rotweizen hergestellt, empfiehlt vom 15. Dezember an lieferbar  
B.S. Ettinghausen, 
Dampfmühle, Höchst am Main
."      
  
Hoechst aM Israelit 01021904.jpg (48398 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Februar 1904: "Zum Besuch der Bäcker-Kundschaft in Süddeutschland suche ich per 1. April einen tüchtigen branchekundigen 
Reisenden

Samstags und Feiertage geschlossen. Offerten mit Beifügung der Photographie sind erbeten. 
B.S. Ettinghausen, Höchst am Main."      
  
Hoechst aM Israelit 25061908.jpg (56951 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit vom 25. Juni 1908: "Lehrling
Israelit, aus achtbarer Familie, mit guter Schulbildung, für Comptoir und Lager in einer Gemeindemühle per sofort oder 1. August
gesucht
Samstags und Feiertags geschlossen. Selbstgeschriebene Offerten mit kurzer Lebensbeschreibung erbittet 
B.S. Ettinghausen, Dampfmühle Kriftel, Höchst am Main."     

 
Lehrlingssuche des Herren- und Damenkonfektionsgeschäftes S. Saalfeld (1900)  

Hoechst aM Israelit 05071900.jpg (44954 Byte) Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Juli 1900: "Für mein Manufaktur-, Mode-, Herren- und Damenkonfektionsgeschäft suche per sofort einen Lehrling
Kost und Logis im Hause. 
S. Saalfeld, Höchst am Main, Königsteinerstraße 18."        

      
Anzeige des Mode-Spezialhauses Gustav Carsch & Co. (1906)      

Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 4. Mai 1906: 
"Knaben-Anzüge usw.  
in größter Auswahl empfehlen 
Gustav Carsch & Co. 
Spezialhaus für Herren- und Knaben-Kleidung 
fertig und nach Mass. 
(Frankfurt) Liebfrauenstr. 8/10 und Neue Kräme 27. 
In Höchst am Main: Königsteinerstraße 5."       

   
Hochzeitsanzeige von Max Safern und Sophie geb. Neger (1925)  

Hoechst aM Israelit 12111925.jpg (22166 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. November 1925: 
"Max Safern - Sophie Safern geb. Neger. Vermählte. 
Karlsruhe in Baden - Höchst am Main."      

  
   
  
   

Zur Geschichte der Synagoge
         
   
Eine erste Synagoge beziehungsweise ein Betsaal wird 1778 genannt. Dieser befand sich in einem kleinen Haus (Anbau zu einem 1525 erbauten Fachwerkhaus) innerhalb der älteren, im 16. Jahrhundert aufgegebenen Stadtmauer von 1355. Wie lange der Betsaal in diesem im Brandschadensplan 1778 genannten "Judenhauß" bereits genutzt wurde, ist nicht bekannt. Anfang des 19. Jahrhunderts war dieses Haus für die Zwecke der jüdischen Gemeinde "gar eng und klein", zumal auch die Juden aus Griesheim, Schwanheim, Liederbach, Münster und Niederhofheim zum Gottesdienst nach Höchst kamen. Nach der Einrichtung der zweiten Synagoge 1806 wurde das Haus des ersten Betsaales an Privatleute verkauft, ist jedoch bis heute erhalten (Albanusstraße 4, früher Untere Dreikönigsstraße) und wird im Erdgeschoss als Gaststätte genutzt.
        
1806 konnte ein Betsaal (zweite Synagoge, "Judenschule") in einem umgebauten alten Turm (bisheriger Hinterturm am Porzellanfabrikgarten, danach auch Badstubenturm genannt) in der nördlichen Stadtmauer (Bachgasse) eingeweiht werden. Diesen Turm hatte die nassauische Regierung der jüdischen Gemeinde gegen Bezahlung eines jährlichen Grundzinses von 4 Gulden zur Verfügung gestellt. Zum Umbau war er im Blick auf den neuen Zweck auf die Höhe der Stadtmauer abgetragen worden. Die zweite Synagoge lag damit über dem 1798 eingerichteten rituellen Bad (Mikwe), das von dem hier vorbeifließenden Arm des Liederbaches gespeist wurde. Im umgebauten Turmgebäude wurde im Obergeschoss ein Bet- und Schulraum eingerichtet.     
           
In der zweiten Synagoge wurden nur zehn Jahre die Gottesdienste der Gemeinde abgehalten, dann genehmigte die Regierung den Abriss des Turmes und den Neubau einer Synagoge aus den Bruchsteinen des Turmes an derselben Stelle (dritte Synagoge). Beim Neubau wurden vermutlich die bisher mächtigen Wandstärken der Außenmauern des einstigen Wehrturmes verringert, damit man einen größeren Innenraum erhielt. Die Grundmauern des Hinterturms blieben noch etwa 1,5 Meter hoch erhalten. Diese dritte Synagoge wurde am 23. August 1816 eingeweiht. Eine Abbildung von ihr ist erhalten (auf einer um 1875 entstandenen Gouache). Nachdem seit 1890 sich die Zahl der jüdischen Gemeindeglieder stark vergrößerte, war um 1900 eine Erweiterung oder ein Neubau der Synagoge dringlich. Der Neubau wurde im Oktober 1904 von der Gemeindevertretung beschlossen:  
        
Eine neue Synagoge soll gebaut werden (1904)  

Hoechst aM FrfIsrFambl 04111904.jpg (22875 Byte)Meldung im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 4. November 1904: "Höchst am Main, den 28. Oktober. Die hiesige jüdische Gemeinde hat in einer gestern abgehaltenen Versammlung beschlossen, eine neue Synagoge auf der Stelle der alten zu erbauten."   
   
Hoechst aM Israelit 10111904.jpg (29418 Byte)Meldung in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. November 1904: "Höchst. Die hiesige israelitische Gemeinde hat in einer dieser Tage abgehaltenen Versammlung beschlossen, an Stelle der alten eine neue, den heutigen Verhältnissen entsprechende Synagoge zu erbauen."  

Der Neubau sollte an Stelle der bisherigen Synagoge entstehen. Der Gemeindevorsitzende stellte bei der Stadt am 31. Januar 1905 den Bauantrag. Er ging alsbald ein, sodass am 16. Mai 1905 die Grundsteinlegung stattfinden konnte. Die Gottesdienst wurden während der Bauzeit im katholischen Vereinshaus abgehalten.    
  
   
Grundsteinlegung der neuen Synagoge (1905)    

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 26. Mai 1905: "In Höchst fand am 16. dieses Monats die feierliche Grundsteinlegung der neuen Synagoge unter großer Beteiligung statt. Der Architekt Münchhausen aus Köln, der Erbauer vieler Synagogen, ist mit der Aufgabe betraut worden."          

 
Die jüdische Gemeinde kann im katholischen Vereinshaus Gottesdienste abhalten (1905)  

Hoechst aM AZJ 27101905s.jpg (25523 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 27. Oktober 1905: "In Höchst wurde, da die Synagoge sich im Umbau befindet, der israelitischen Gemeinde des Saal des katholischen Vereinshauses zur Verfügung gestellt und auch von ihr benutzt."    

Nach den Plänen des Architekten, Regierungsbaumeister S. Münchhausen aus Köln wurde die neue Synagoge in romanischem Stil auf einem 300 qm großen Grundstück erbaut (vierte Synagoge). Sie konnte am 14. Dezember 1905 durch Rabbiner Dr. Horovitz aus Frankfurt feierlich eingeweiht werden. Über die Feierlichkeiten liegen drei Presseberichte vor: 
 
Die Einweihung der neuen Synagoge (1905)  

Hoechst aM AZJ 22121905s.jpg (20205 Byte)Allgemeine Zeitung des Judentums vom 22. Dezember 1905.  In Höchst am Main wurde am 14. dieses Monats in der feierlichsten Weise die neue Synagoge eingeweiht. Dieselbe ist im romanischen Stil nach den Plänen des Baumeisters Münchhausen aus Köln erbaut. 
   
Hoechst aM AZJ 29121905s.jpg (82640 Byte)Allgemeine Zeitung des Judentums vom 29. Dezember 1905. Höchst am Main, 18. Dezember (1905). Am 14. dieses Monats fand in einem feierlichen Gottesdienste in Anwesenheit von Vertretern der königlichen und städtischen Behörden die Einweihung der hiesigen neuen Synagoge statt. Das nach den Plänen des Baumeisters S. Münchhausen in Köln im romanischen Stile erbaute Gotteshaus war mit Blumen reich geschmückt und bis auf den letzten Platz mit zahlreich erschienenen Gästen gefüllt. Die Bewohner der umliegenden Straßen hatten ihre Häuser reich beflaggt. Abends fand ein Festbankett statt. Die Teilnehmer gehörten allen Konfessionen an, und gestaltete sich die Feier zu einem recht erhebenden Fest. Herr Bürgermeister Palleske ergriff das Wort, wies in seiner Rede hin auf das in Höchst bestehende gute Einvernehmen aller Konfessionen und brachte der Kultusgemeinde als Festgabe das Versprechen der gesamten Bürgerschaft, treu zu ihr zu stehen in der Betätigung wahrer Nächsten und Menschenliebe. Der Verlauf der ganzen Feier war ein derartiger, dass alle Teilnehmer und vor allem die ganze jüdische Gemeinde mit hoher Befriedigung auf den Tag ihrer Synagogeneinweihung zurückblicken dürfen.
  
Hoechst aM FrankfIsrFbl 22121905.jpg (90653 Byte)Frankfurter Israelitisches Familienblatt vom 22. Dezember 1905. Höchst am Main. Am vergangenen Donnerstag wurde die feierliche Einweihung der neu erbauten Synagoge vollzogen. Um 4 Uhr fanden sich die Gemeindemitglieder vor dem Hause des Vorstehers Ettinghausen ein, um die Torarollen bei ihrer Überführung nach der Synagoge ehrfurchtsvoll zu begleiten. Beim Eintritt in die heiligen Räume begrüßte der Chor des Kantor Neumann - Frankfurt, eines Schülers der Opernsängerin Bentfeld, den Zug. Es erfolgte sodann der Umzug der Torarollen und ihre Einstellung in die heilige Lade unter Gesang der hierbei üblichen Psalmen. Die Festpredigt hielt Rabbiner Dr. Horovitz- - Frankfurt. Nach ihr wurde die ewige Lampe angezündet, und mit dem Abendgottesdienst, mit Kantor Ogutsch - Frankfurt als Vorbeter, fand die religiöse Feier ihr Ende. Unter den Festgästen bemerkten wir den Landrat von Achenbach, Bürgermeister Palleske, Direktor Dr. Adler - Frankfurt, Rechtsanwalt Dr. Blau, Präsident der Israelitischen Gemeinde in Frankfurt, u.a.; die Höchste Geistlichkeit, die selbstverständlich auch eingeladen war, war nicht vertreten. - Des Abends fand ein Bankett statt.
(Hinweis: bei P. Arnsberg s. Lit. S. 557 wird auszugsweise ein Bericht aus dem "Kreisblatt für den Kreis Höchst" vom 15. Dezember 1905 zitiert). 

Architekt Münchhausen erstellte einen schiefergedeckten Backsteinbau. Die Fenster- und Türumrahmungen, Giebelabdeckung und u.a.m. waren aus Sandstein. Die Fassade mit den zwei Ecktürmchen zeigte auf den Höchster Marktplatz. Im rückwärtigen Teil befanden sich die Mikwe und ein Raum für den Vorbeter. In der Synagoge hatte es 84 Sitzplätze für Männer und 54 für die Frauen auf der Empore. 
 
Nur
etwas mehr als drei Jahrzehnte blieb die Synagoge Mittelpunkt des Gemeindelebens der jüdischen Gemeinde in Höchst. Übergriffe gegen die Synagoge gab es bereits 1933, als innerhalb kurzer Zeit zweimal die Fenster der Synagoge eingeworfen wurden.  
        
Beim Novemberpogrom 1938 drangen am Morgen des 10. November SA-Leute aus Höchst in die Synagoge ein, zerschlugen die Inneneinrichtung und legten Feuer. Ein jüdischer Mann, der versuchte, Ritualien aus der Synagoge zu retten, wurde bespuckt und mit Steinen beworfen. Mittags wurde eine nochmalige Brandstiftung durch Höchster Einwohner vorgenommen, wodurch die Synagoge völlig ausbrannte. Die Feuerwehr verhinderte das Übergreifen der Flammen auf die angrenzenden Häuser. Bald nach der Zerstörung der Synagoge meldete die Stadt ihr Interesse am Erwerb des Grundstückes an. Es kam im März 1939 zu einem "Kaufvertrag" mit der Israelitischen Kultusgemeinde, nach dem diese die Abbruchkosten der Synagoge zu übernehmen hatte und der Erlös aus dem Verkauf des Grundstückes auf ein Sperrkonto der Devisenstelle zu überweisen war. Daraufhin wurde das Grundstück mit einem Bauzaun umgeben, die Synagoge wenig später abgebrochen. 1942 verkaufte die Stadt das Grundstück an das Deutsche Reich, das einen Luftschutzbunker erbauen ließ, der heute noch steht. An ihm wurde am 24. Juni 1966 bzw. nach einer Veränderung der Inschrift 1976 eine Gedenktafel zur Erinnerung an die Synagoge angebracht. Die von Ernst Slutzky gestaltete Kupfertafel trägt die Inschrift: "An dieser Stelle stand die 1905 von der Höchster Jüdischen Gemeinde errichtete Synagoge. Sie wurde am 9. November 1938 zerstört. Mit Hilfe der Stadt Frankfurt am Main wurde zum Gedenken in der Gemeinde Neve-Efraim-Monosson/Israel eine neue Synagoge erbaut" (der ursprüngliche Text von 1966 lautete: "Hier stand die Synagoge der Jüdischen Gemeinde Höchst, 1938 durch die Nationalsozialisten zerstört, wiedererrichtet mit Hilfe der Stadt Frankfurt a.M. in Neve Efraim (Israel))". Hintergrund des Hinweises auf die Synagoge in Neve Efraim ist eine Spende von 20.000.- DM, die die Stadt Frankfurt nach Neve Efraim überwies. Mit dem Betrag konnte ein Teil der Baukosten der dortigen Synagoge finanziert werden.   
     
Vor dem Luftschutzbunker stand von April 1982 bis 2010 eine Nachbildung (Abguss) der ursprünglich aus dem Jahr 1928 stammenden Antikriegs-Plastik "Der Krieg" des Höchster Künstlers Richard Biringer. Das Original wurde in der NS-Zeit entfernt und eingeschmolzen.
2008 wurde der Platz vor dem ehemaligen Synagogengrundstück Platz in "Ettinghausenplatz" umbenannt. Im November 2010 wurden zwei "Medienviewer" ("Fernrohre in die Vergangenheit") aufgestellt, mit denen Fotos der virtuellen Rekonstruktion der Synagoge angeschaut werden können. Eine weitere Umgestaltung des Ettinghausenplatzes, unter dessen Pflaster die Fundamente der Synagoge(n) sowie wichtige Baureste des mittelalterlichen Höchst gefunden werden dürften, ist seit Jahren geplant, wurde jedoch bislang nicht durchgeführt. Die Untersuchung des Areals wird auf jeden Fall wichtige Ergebnisse zur Stadtentwicklung von Höchst zutage fördern (Stand August 2018).    
  
  

Adresse/Standort der Synagoge:   Marktplatz (= Höchster Markt; Ettinghausenplatz)  
  
  
Fotos
(Quelle: Institut für Stadtgeschichte, Höchst; Stadtarchiv Höchst; Foto in der zweiten Fotozeile von oben rechts: erhalten von Gerhard Reininger, Frankfurt)  

Pläne   Hoechst aM Synagoge 010.jpg (89693 Byte)   Hoechst aM Synagoge 011.jpg (55023 Byte)
    Plan von 1905 der Ecke
 Bachgasse/Schleifmühlenweg 
zum Synagogenbauprojekt
  Seitenansicht aus den Plänen
  zum Bau der Synagoge 
1905
     
Fotos:
Die Synagoge vor 1938  
 Hoechst aM Synagoge 113.jpg (98507 Byte) Hoechst aM Synagoge 185.jpg (100723 Byte)    
  Die Synagoge 
am Marktplatz
 Aus einem Familienalbum (Foto von 1937/38): 
die Synagoge rechts im Hintergrund
       
Die zerstörte Synagoge Hoechst aM Synagoge 012.jpg (112636 Byte) Hoechst Synagoge 130.jpg (38526 Byte)
  Die ausgebrannte Synagoge in Höchst - Foto nach dem 10. November
     
   
Die 1976 angebrachte 
Gedenktafel 
Hoechst aM Synagoge G010.jpg (136342 Byte) 
   Gedenktafel am Synagogenstandort mit der Inschrift: "An dieser Stelle stand die 1905 von der Höchster jüdischen Gemeinde erreichte Synagoge. Sie wurde am 9. November 1938 zerstört. Mit Hilfe der Stadt Frankfurt am Main wurde zum Gedenken in der Gemeinde Neve-Efraim-Monosson Israel eine neue Synagoge erbaut". 
Anmerkung: die Synagoge wurde am 10. November 1938 zerstört; das gespendete Geld für die Synagoge in Israel reichte nur für das Fundament dieser Synagoge!  
     
Virtuelle Rekonstruktion der
Synagoge in Höchst 
(© Marc Grellert, www.synagogen.info
vgl. Artikel unten aus hr-online.de 
vom 14.11.2010) 
Hoechst Synagoge 112010as.jpg (53644 Byte) Hoechst Synagoge 112010bs.jpg (41363 Byte)
   Außenansicht der Synagoge Blick von der Frauenempore
       
  Hoechst Synagoge 112010cs.jpg (41990 Byte) Hoechst Synagoge 112010ds.jpg (35717 Byte)
    Im Betraum der Männer mit Blick zum Toraschrein
   

     
     

Erinnerungsarbeit vor Ort - neue Bericht
Pläne für die Zukunft des Synagogenplatzes (September 2008)    

September 2008: Pläne für die Zukunft des Synagogenplatzes    
Bericht von Karin Schäufler in der "Frankfurter Rundschau" vom 27.9.2008 (www.fr-online.de)   
Höchst.  Ettinghausen, ein geschätzter Mitbürger 
Ein Bunker mit Gedenktafel, eine Bronzeplastik und vier Bänke unter Platanen: So zeigt sich das kleine Areal am Höchster Markt zwischen Justinuskirchstraße, Schleifergasse und Kronengasse. Auf den ersten Blick wirkt alles recht beschaulich und übersichtlich - und irgendwie auch ziemlich düster. Ob's nur an der herbstlichen Witterung liegt? Oder gibt es hier Düsteres zu wittern? Möglicherweise auch ein Licht im Dunkel auf den zweiten Blick? Die Wahrnehmung des Platzes ändert sich, wenn man erfährt, wie sehr dessen Gestaltung Waltraud Beck, Mitbegründerin der seit 20 Jahren bestehenden Initiative "Juden in Höchst", beschäftigt..."   
  
Mai 2010: Zum Stand der Pläne für die Neugestaltung des Synagogenplatzes   
Artikel (öp) in der "Frankfurter Neuen Presse" vom 4. Mai 2010 (Artikel): "Synagoge soll wieder sichtbar werden. 
Höchst.
Auch wenn die Initiative zum Gedenken an den Novemberpogrom 1938 noch etwas Geduld aufbringen muss – bevor der Ettinghausenplatz neu gestaltet wird, ist Waltraud Beck mit dem Ergebnis des jüngsten Treffens mit Vertretern der beteiligten Ämter zufrieden..." 
  
Oktober 2010: Zeitzeugengespräche auf dem Weg zur virtuellen Rekonstruktion der Höchster Synagoge     
Artikel von Boris Schöppner in der "Frankfurter Neuen Presse" vom 16. Oktober 2010 (Artikel): 
"Erinnerung an die Synagoge. 
Höchst.
Auf die moderne Technik kann sich Marc Grellert bei der virtuellen Rekonstruktion der ehemaligen Höchster Synagoge nicht alleine verlassen. Der Architekt hatte seinen Computer zwar mit den Daten gefüttert, die sich aus den erhaltenen Grundrissen und Schnitten sowie alten Schwarzweißfotos ergaben, doch für den letzten Schliff des virtuellen Modells fehlten noch einige Angaben. Als 'Detektiv- und Puzzlearbeit' beschreibt der Architekt, der in Darmstadt arbeitet und in Frankfurt wohnt, die Recherchetätigkeit. 
Wie war die Decke der Synagoge gestaltet? Wie sah der Fußboden aus? Welche Farbe hatten die Wände? Die Suche nach Antworten auf diese Fragen führte Marc Grellert bis in die USA..."     
   
Oktober 2010: Verlegung von "Stolpersteinen" in Höchst   
Artikel in der "Frankfurter Neuen Presse" vom 23. Oktober 2010 (Artikel): "Stolpersteine werden verlegt
Frankfurt
. Der Künstler Gunter Demnig verlegt wieder 'Stolpersteine', diesmal in Höchst. Damit erinnert er an Menschen, die während der Zeit des Nationalsozialismus umkamen..."        
   
Dazu Bericht von Elisabeth Hofmann-Mathes in der "Frankfurter Neuen Presse" vom 3. November 2010: "Stolpersteine und Denkanstöße". 
- Link zum Artikel.     
    
November 2010: Die ehemalige Synagoge wird durch ein Fernrohr sichtbar   
Artikel in der "Frankfurter Neuen Presse" vom 5. November 2010 (Artikel): "Fernrohr in die Vergangenheit macht Synagoge sichtbar
Höchst.
Das Fernrohr in die Vergangenheit, das einen Eindruck davon vermittelt, wie einst die Höchster Synagoge aussah, wird am Mittwoch, 10. November, um 13.30 Uhr am Ettinghausen-Platz eingeweiht. Dabei sein werden Kulturdezernent Felix Semmelroth und der Architekt Marc Grellert, der das jüdische Gotteshaus virtuell rekonstruiert hat (das Kreisblatt berichtete)..."  
 
November 2010: Über die virtuelle Rekonstruktion der Synagoge   
Artikel aus hr-online.de vom 14. November 2010 (Artikel, dazu die oben eingestellten Abbildungen von Marc Grellert): 
"Faszinierende Technik. Blick in die Vergangenheit
Virtuelle Außenansicht der 1938 zerstörten Synagoge in Frankfurt Höchst. Wer glaubt, auf diesem Bild eine echte, wahrhaftig greifbare Synagoge zu sehen, der irrt. Tatsächlich handelt es sich um die virtuelle Wiederauferstehung der Höchster Synagoge. "Fernrohre in die Vergangenheit" ermöglichen einzigartige Blicke..."   
   
Artikel in der "Frankfurter Rundschau" vom 10. November 2010 "Virtuelle Synagoge".      
   
Weiterer Artikel aus frankfurt-live.com vom 12. November 2010 (Artikel): "Erinnerung an die ehemalige Synagoge in Höchst. Einweihung der Installation 'Fernrohre in die Vergangenheit"  
  
Artikel in der "Frankfurter Neuen Presse" vom 18. November 2010 (Artikel): "Klarer Blick auf Synagoge
Höchst.
Wer sehen will, wie die 1938 von den Nazis zerstörte Synagoge ausgesehen hat, kann am ehemaligen Standort wieder einen plastischen Eindruck davon bekommen. Die 'Fernrohre in die Vergangenheit' wurden repariert. 
Wie berichtet hatten nur wenige Tage nach der feierlichen Enthüllung Unbekannte die Okulare beschädigt. Der Staatsschutz hat die Ermittlung übernommen..."    
  
Juli 2014: In Höchst, Sindlingen und Griesheim werden weitere "Stolpersteine" verlegt  
Artikel im "Höchster Kreisblatt" vom 3. Juli 2014: "Stolpersteine mahnen an die Opfer der Nazi-Zeit. 
In den kommenden Tagen werden in Höchst, Sindlingen und Griesheim wieder Stolpersteine für Menschen verlegt, die unter den Nazis verfolgt wurden und ums Leben kamen.
Frankfurter Westen. Die AG Geschichte und Erinnerung, eine Arbeitsgemeinschaft verschiedener Gruppen wie dem Bund für Volksbildung, dem Bildungsschuppen, dem Filmforum Höchst sowie Vertretern von Kirchengemeinden und Parteien aus dem Frankfurter Westen, recherchiert regelmäßig die Schicksale von Nazi-Opfern aus dem Frankfurter Westen, um zur Mahnung sogenannte Stolpersteine in den Bürgersteigen vor den früheren Wohnhäusern dieser Menschen zu verlegen. Die Idee geht auf den Künstler Günter Demnig zurück, der es als gesamteuropäisches Kunstprojekt sieht und an die Verfolgung von Juden, politisch Andersdenkenden, Zigeunern, Homosexuellen, Zeugen Jehovas und Euthanasie-Opfer erinnern will..." 
Link zum Artikel      
Siehe Übersicht über die in Höchst bisher verlegten "Stolpersteine" siehe Gesamtliste - geordnet nach Stadtteilen in www.stolpersteine-frankfurt.de   
   
Juli 2017: Die Neugestaltung des Ettinghausenplatzes kommt nicht voran  
Artikel von Holger Vonhof im "Höchster Kreisblatt" vom 21. Juli 2017: "Ettinghausenplatz wird nicht umgestaltet Würdeloser Umgang mit der Geschichte
Ettinghausenplatz? Die meisten Höchster kennen nicht einmal den Namen der Fläche zwischen Marktplatz und Bunker. Das nicht sehr ansehnliche Areal soll umgestaltet werden – nur weiß noch keiner, wann.
Höchst.
Die 'AG Geschichte und Erinnerung', eine Höchster Arbeitsgemeinschaft, die sich mit der Verfolgung der Juden in der Nazizeit beschäftigt, ist nicht glücklich, dass die 'Fernrohre in die Vergangenheit' immer wieder unter Sperrmüll verschwinden. Die beiden 'Fernrohre' auf dem Ettinghausenplatz zeigen Ansichten der früheren Höchster Synagoge, die bis zur Reichspogromnacht an dieser Stelle stand und nach ihrer Zerstörung durch die Nazis mit einem Luftschutzbunker überbaut wurde.
Gesichtslose Fläche. Der Platz ist eigentlich nur eine gesichtslose gepflasterte Fläche mit Sitzbänken. Zwei Bäume sind unlängst gefällt worden, weil sie nicht mehr standsicher waren. Zwei weitere stehen noch. Die Platane und der Bergahorn sind jedoch wegen ihres schlechten Gesundheitszustands auch nicht mehr zu halten. Fallen sollen sie im kommenden Winter oder spätestens 2019. Nach einem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung steht der Ettinghausenplatz auf der Liste des Investitionsprogramms 'Schöneres Frankfurt'. Weil die Stadt keine Leute hat – das gibt sie in ihrer jüngsten Stellungnahme zum Thema offen zu –, könne jedoch derzeit mit den Planungen zur Umgestaltung des Platzes nicht begonnen werden. 'Sobald sich Kapazitäten für die Bearbeitung ergeben, wird der Magistrat unaufgefordert auf den Ortsbeirat zukommen', heißt es weiter. Das bedeutet im Klartext nichts anderes als 'Ortsbeirat, geh’ uns nicht auf die Nerven'.
1905 eingeweiht. Denn: Bevor der Platz umgestaltet werden kann, muss er aufgegraben werden. Wenn er wiederum aufgegraben wird, stößt man auf Geschichte. Wegen des früheren Synagogen-Standorts ist mit archäologischen Funden zu rechnen. Schon vor der 1938 zerstörten Synagoge, die im 14. Dezember 1905 eingeweiht worden war, hatte am selben Standort ein Vorgängerbau der jüdischen Gemeinde Höchst gestanden. Max Ettinghausen, nach dessen Familie der Platz benannt ist, war Kultusvorsteher der Gemeinde und hatte am 16. Mai 1905 selbst den Grundstein für die 33 Jahre später in der Reichspogromnacht zerstörte Synagoge gelegt. Die brennende Synagoge musste er nicht mehr erleben: Er starb 1933. Nach seinem Tod wurde sein Neffe Berthold Gemeindevorsteher. Die Familie Ettinghausen war angesehen in Höchst: Als zu Beginn des Ersten Weltkrieges die Mehlpreise in den Himmel schossen, stellte Getreidehändler Max Ettinghausen sein gesamtes Mehllager mit 20 000 Pfund den Armen zum verbilligten Preis zur Verfügung. Am 24. April 1933 hieß es im Höchster Kreisblatt: 'Im hohen Alter von nahezu 80 Jahren starb (...) der in weitem Umkreis unserer Stadt wohlbekannte und wohlgelittene Kaufmann und Getreidehändler Herr Max Ettinghausen. Als geborener Alt-Höchster und dank seines geraden und freundlichen Wesens, wie auch seiner gründlichen Kenntnisse von Land und Leuten wurde er vielfach zu gemeinnützigen Kooperationen und Ehrenämtern herangezogen (...). Sein Andenken wird nicht so bald verblassen.' In der Nacht des Synagogenbrandes konnte nur eine einzige Torarolle gerettet werden, die Berthold Ettinghausen mit in die USA nahm. Sie befindet sich in Boston." 
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August 2017: Schülerprojekt zur Geschichte der Synagoge 
Artikel von Holger Vonhof im "Höchster Kreisblatt" vom 31. August 2017: "Historisches Projekt im Stadtteil 'Heute stecken wir die Juddekerch an'
Das neue Schuljahr 2017/18 ist für die Leibnizschule ein Jubiläumsjahr: Seit 175 Jahren lernen Kinder in Höchst an dieser Schule beziehungsweise an Einrichtungen, die als Vorgängerschulen gelten. Die Leibnizschule begreift ihr Jubiläum auch als Aufforderung, sich intensiv mit der Geschichte zu befassen.
Höchst. 'Gerechte Vergeltung' titelt das Höchster Kreisblatt nach dem Judenpogrom vom 10. November 1938, zu dem auch die Höchster Synagoge in Flammen aufging. Von einem 'spontanen Ausbruch der Volkswut gegen die Juden' ist die Rede – gesteuerte Lügen der Nazi-Diktatur. Das seit 1849 bestehende Höchster Kreisblatt war nach der Machtergreifung der Nazis gleichgeschaltet worden, das heißt: Die Inhalte bestimmten Verantwortliche der Nazi-Partei.
Angebliche 'Volkswut'. In Zeiten von 'Fake News', also gezielten Falschmeldungen zu doktrinären Zwecken, kann das ein Thema sein, wenn sich Neuntklässler der Leibnizschule jetzt mit der Pogromnacht und der Nazi-Diktatur beschäftigen. Gestern besichtigten Schüler im Innenhof des Höchster Gymnasiums die Schautafeln einer Ausstellung, die 2013 zum 75. Jahrestag des Gewaltausbruchs konzipiert worden war. Sie konnten nachlesen, wie die angeblich 'spontane Volkswut' von der Nazi-Partei inszeniert worden war und was sich im Einzelnen in Höchst abgespielt hat. Denn auf Anweisung aus Berlin klingelte am Morgen des 10. November 1938 der SA-Führer Karl Kreuz bei seiner Gefolgschaft und verkündete: 'Heute stecken wir die Juddekerch an.' Gemeint war die Synagoge am heutigen Ettinghausenplatz. Nachdem die SA die Synagoge verwüstet und darin Feuer gelegt hatte, zündelten nämlich gegen Mittag einige 'zivile' Bürger und die Hitlerjugend nach; die Feuerwehr beschränkte sich darauf, das Übergreifen der Flammen auf umstehende Gebäude zu verhindern. Wer waren die Menschen, die das damals taten? Was veranlasste sie zu ihren Gräueltaten? Und wer waren die Menschen, die verfolgt und ermordet wurden? Damit wollen sich die Leibnizschüler nun unter anderem befassen. Der Kurs Gesellschaftswissenschaften will in Archiven – unter anderem im Frankfurter Stadtarchiv und im Hessischen Staatsarchiv in Wiesbaden – nachforschen; der Kunstkurs will die Ergebnisse gestalterisch umsetzen. 'Wir möchten, dass sich die Kinder hineinversetzen in die Verfolgung und den Verrat an den Juden', sagt Annegret Schirrmacher, Sprecherin der Leibnizschule. Dabei geht es auch um Fragen wie: Was packe ich in meinen Koffer, wenn ich fliehen muss? 'Es ist der Schritt zu heute', sagt Schirrmacher: 'Derzeit sind 28 Millionen Kinder weltweit auf der Flucht. Auch wir haben hier am Leibniz Kinder, die geflohen sind, etwa aus Afghanistan. Es geht auch darum, wie wir damit umgehen.'
Gespräche mit Zeitzeugen. Drei von vier 9. Klassen der Leibnizschule waren gerade in Berlin, haben das Holocaust-Mahnmal besucht, aber auch Stätten der deutsch-deutschen Teilung. Kinder, die lange nach der Wiedervereinigung geboren wurden, stehen zum Teil bewegt, zum Teil auch staunend vor den Stätten der Geschichte. 'Vor der Mauer fragte einer: Wie, die war nur so dünn?', berichtet Schirrmacher. Es geht auch darum, ehemaligen jüdischen Lehrern und Schülern an der Leibnizschule nachzuspüren. Unterstützung gibt es dabei von Helga Krohn und Waltraud Beck von der AG 'Geschichte und Erinnerung', die auch die Pogrom-Schautafeln konzipiert hat. Unterstützt wird das umfangreiche Jahresprojekt vom Programm für kulturelle Bildung 'kunstvoll' des Kulturfonds Rhein-Main, dem Pädagogischen Zentrum des Fritz-Bauer-Instituts, dem Jüdischen Museum und Leonore Poth als künstlerische Begleitung. Am 13. September begeben sich die Schüler auf Spurensuche im Stadtteil, Ende des Monats folgen Zeitzeugen-Gespräche mit der KZ-Überlebenden Eva Szepesi und Otto Schiff, einem Hinterbliebenen der jüdischen Familie, die in Höchst das Kaufhaus Schiff betrieben hat."
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November 2017: Eine Broschüre zu einem "Rundgang zu Stolpersteinen und anderen Orten des Gedenkens" ist erschienen   
Artikel von Ilse Romahn in frankfurt-live.com vom 20. November 2017: "Broschüre zu einem 'Rundgang zu Stolpersteinen und anderen Orten des Gedenkens'
Die 'AG Geschichte und Erinnerung' recherchiert und dokumentiert seit mehr als 30 Jahren die Schicksale von Opfern des NS-Regimes. Seit 2006 wurden in Höchst und anderen westlichen Vororten 101 Stolpersteine verlegt und an wenigen Stellen auch Gedenktafeln angebracht, um die Erinnerung an die Opfer wach zu halten und die Würde der betroffenen Menschen zu bewahren.
Nun hat die AG eine Broschüre zu einem 'Rundgang zu Stolpersteinen und anderen Orten des Gedenkens' zusammengestellt.
Der Rundgang ist ca. 2,8 km lang, beginnt und endet am Bahnhof-Höchst, Stationen sind u.a. in der Leverkuserstraße, Königsteiner Straße, Bolongarostraße, Hostatostraße und am Ettinghausenplatz (dem Platz der ehemaligen Synagoge). Alle Stationen und die Lebenssituationen der Menschen, für die Stolpersteine oder Gedenktafeln zu finden sind, werden beschrieben. Orientieren kann man sich anhand des sehr übersichtlichen Lageplans in der Mitte des Heftes. Die Broschüre ist erhältlich im Tabakladen Krämer (Tourismusbüro) in der Albanusstrasse 22 zum Preis von 3 €. Schulen können die Broschüre im Klassensatz kostenlos beziehen."  
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August 2018: Der Standort der alten Synagoge konnte lokalisiert werden 
Artikel von Wolfgang Metternicht im "Höchster Kreisblatt" vom August 2018: "Gotteshaus Standort der Synagoge von 1816 lokalisiert.
Höchster Geschichtsforscher Dr. Wolfgang Metternich hat den Standort der alten Höchster Synagoge ausfindig gemacht. Das Bauwerk galt als verschollen; bislang war nicht einmal ein Bild davon bekannt. Das ist jetzt anders – als Gastautor berichtet er von seiner Suche.

Höchst. Das Ende der letzten Synagoge von Höchst ist leider nur zu gut bekannt. Am 9. November 1938, dem Tag der beschönigend so genannten 'Reichskristallnacht', die in Wahrheit ein brutaler Angriff der SA und auch mancher Höchster Bürger auf das Zentrum der jüdischen Gemeinde in Höchst war, wurde die Synagoge durch den braunen Mob zunächst verwüstet und geplündert und am folgenden Tag Feuer gelegt. Das durch den Brand beschädigte Gebäude musste danach durch Zwangsverkauf an die Stadt Frankfurt veräußert werden und wurde 1939 abgerissen. Der größte Teil des Grundstücks wurde nicht mehr überbaut, auch nicht im Jahr 1942, als der noch bestehende Bunker an der Südostseite des Höchster Marktes errichtet wurde. Lediglich dessen Westfront steht über der Ostwand der Synagoge, die allerdings den wichtigsten Teil des Gotteshauses, die Thoranische enthielt.
Reste unterm Pflaster. Die Fundamente der 1905 erbauten Synagoge, zwischen Bunker und Höchster Markt, liegen, zusammen mit weiteren wichtigen Bauresten des mittelalterlichen Höchst, noch immer unter dem Pflaster des Ettinghausen-Platzes und harren einer gründlichen archäologischen Untersuchung. Erste Bestrebungen für eine solche Maßnahme sind im Gange. Eine gründliche Untersuchung des Areals verspricht reiche Ergebnisse zur Stadtentwicklung von Höchst, darunter zur Geschichte eines Bauwerkes, das bislang als verschollen galt und von dem weder ein Foto noch eine Ansicht existierte. Es handelt sich um die zweite, im Jahr 1816 errichtete und vollständig ausgestattete Synagoge von Höchst. Diese wurde nun auf einer Gouache, einem Bild, in den reichhaltigen historischen Beständen des Höchster Geschichtsvereins wiederentdeckt.
Wann unter den meist katholischen Einwohnern von Höchst zum ersten Mal Juden lebten, ist nicht bekannt. Erstmals wird die Familie des 'Jud Mosche' zwischen 1638 und 1642 in den Steuerlisten genannt. Eine Gemeinde ist zu diesem Zeitpunkt noch auszuschließen, aber nach 1700 vermehrte sich die Zahl der Familien jüdischen Glaubens. Ein erster Versammlungsraum oder auch Bethaus wird im Brandschadensplan von 1778 als 'Judenhauß' genannt. Es steht noch heute, lag damals in der unteren Dreikönigsstraße und hat heute die Adresse Albanusstraße 4. Es war eine bescheidene Liegenschaft und hatte wahrscheinlich noch nicht den Charakter einer richtigen Synagoge. In dieser brauchte man zur Abhaltung des Gottesdienst zehn volljährige männliche Gemeindemitglieder, die damals in Höchst noch nicht nachzuweisen sind. Aber schon 1803 gab es in Höchst sechs jüdische Familien mit 21 Mitgliedern. Bereits 1798 hatte die kleine Gemeinschaft mit der Eisgrube beim Zufluss des Liederbachs in die Stadt, direkt an einem Turm der Stadtmauer, der als 'Hinterturm' bekannt war, eine Liegenschaft im alten 'Porzellanfabrikgarten' erworben. Dort richtete sie eine Mikwe, ein Frauenbad, ein. Das weist auf die Größe einer Gemeinde hin, die in der Lage war, einen Gottesdienst abzuhalten, aber wo?
Das Haus in der Dreikönigstraße war, insbesondere nach der Judenbefreiung im neuen Herzogtum Nassau, sicher bald für die wachsende Gemeinde zu klein. Neue Möglichkeiten taten sich nach der Auflassung der Stadtmauer als Stadtbefestigung auf. In den Jahren 1805/06 wurde der Hinterturm am Porzellanfabrikgarten von der nassauischen Regierung gegen einen jährlichen Grundzins von vier Gulden der jüdischen Gemeinde zum Bau eine 'Judenschule' überlassen. Diese Judenschule kann schon mit der zweiten Synagoge von Höchst gleichgesetzt werden, da die Bezeichnungen Bethaus, Judenhaus, Judenschule und Synagoge vielfach synonym gebraucht wurden. Der Hinterturm wurde nach der Übergabe zunächst bis auf die Höhe der Stadtmauer abgetragen und mit einem neuen Dach versehen. Er wurde seither auch Badstubenturm genannt, hat aber mit der heutigen Badstubengasse bei der Justinuskirche nichts zu tun. Diese hieß bis 1928 Klostergasse. Das Innere wurde im Obergeschoss als Bet- und Schulraum umgebaut, die Mikwe lag im Untergeschoss und hatte sicher einen Frischwasserzufluss vom vorbei fließenden Arm des Liederbachs.
Neu aufgebaut. Im Jahr 1816 wurde diese zweite Synagoge im Hinterturm bis auf die Fundamente abgebrochen und auf diesen, bei gleichen äußeren Abmessungen, neu aufgebaut. Sie wurde am 23. August 1816 eingeweiht. Wahrscheinlich verringerte man bei dieser Baumaßnahme die mächtigen Wandstärken der Außenmauern des einstigen Wehrturmes und erhielt auf diese Weise einen größeren Innenraum. Ein Aquarell von etwa 1875, das die Schleifmühle, den östlichen Teil des Porzellanfabrik-Gartens und den späteren Marktplatz zeigt, vermittelt auch eine gute Ansicht der Synagoge von 1816 auf den Grundmauern des alten Hinterturmes auf dem heutigen Ettinghausen-Platz. Die Synagoge war auf den noch etwa 1,5 Meter hoch aufragenden Grundmauern des Hinterturms neu aufgebaut worden und lag im Südostbereich des 1798 erworbenen Grundstücks. Der nördlich und westlich des alten Turmes liegenden Bereich des Grundstücks ist mit niedrigen Bäumen bepflanzt, die es erlauben, dieses Areal eine Obstgarten zu nennen. In dem Untergeschoss lag ohne Zweifel weiterhin die Mikwe. Anbauten im Hof- oder Gartenbereich, welche ein neues Frauenbad hätten aufnehmen können, gibt es nicht. Das obere Geschoss, in dem sich offensichtlich ein hoher Raum befunden haben muss, zeigt auf der Nordostseite zwei hohe Sprossenfenster mit Mittelteilung und je zehn Feldern. Der hohe Raum im Obergeschoss erschließt sich auch aus der Information, dass der Hinterturm 1806 bis auf die Höhe der Stadtmauer abgebrochen wurde. Nimmt man über dem alten Turmsockel von etwa 1,5 Metern eine Höhe der Stadtmauer von weiteren 5 bis 6 Metern an, so war es beim Neubau nun möglich, einen Raum von wenigstens 5 Metern Innenhöhe zu schaffen, der auch eine kleine Empore enthalten konnte. Auf der Nordwestseite kann man zwei übereinander liegende kleine Sprossenfenster erkennen, hinter denen sich wohl eine Treppe verbarg. Diese erschloss sicher nicht nur den Dachboden, sondern auch die notwendige Empore im Innenraum, welche beim Gottesdienst den Frauen vorbehalten war. Diese in ihrer Lage und ihrer Gestalt bislang völlig unbekannte Synagoge diente der weiterhin schnell wachsenden jüdischen Gemeinde bis 1905 als Gemeindezentrum, Schul- und Gotteshaus. Nachdem schon 1904 ein Antrag für den Neubau einer Synagoge eingereicht worden war, wurde sie um die Jahreswende 1904/05 abgerissen und schon am 16. Mai 1905 der Grundstein zur neuen, der letzten Synagoge von Höchst gelegt. Die Einweihung fand bereits am 18. Dezember des gleichen Jahres statt. Bürgermeister Viktor Palleske überbrachte 'der Kultusgemeinde als Festgabe das Versprechen der gesamten Bürgerschaft, treu zu ihr zu stehen in der Bestätigung wahrer Nächsten- und Menschenliebe'. Dieses vollmundige Versprechen sollte allerdings seine Bewährungsprobe nicht überstehen. Mit ihrer Synagoge ging 1938 auch die jüdische Gemeinde in die Vertreibung und in den Tod. Es ist an der Zeit, sich nicht nur an Gedenktagen der jüdischen Mitbürger zu erinnern. Die Zeugnisse ihrer Existenz liegen unter dem Ettinghausen-Platz und verdienen es, wie an anderen Orten, wieder ans Licht geholt zu werden."
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März 2020: Archäologische Grabungen auf dem Ettinghausen-Platz beginnen  
Artikel von Holger Vonhof in der "Frankfurter Neuen Presse" vom 10. März 2020: "Höchst. Archäologische Grabungen – Überreste von Synagoge unter der Erde?
Die Grabungen auf dem Ettinghausen-Platz in Frankfurt-Höchst werden von Fachleuten mit Spannung erwartet.
Frankfurt -
Mit einiger Zeitverzögerung sollen jetzt die archäologischen Grabungen am Ettinghausen-Platz in Höchst beginnen: Die Sondierungen, die ursprünglich schon im Juli vergangenen Jahres hätten stattfinden sollen, werden voraussichtlich am nächsten Montag, 16. März, beginnen. Die aus der Grabung gewonnenen Erkenntnisse sollen - so weit möglich und sinnvoll - in die künftige Gestaltung des kleinen Platzes einfließen, der seit Jahren ein reichlich desolates Bild bietet. Benannt ist der Platz nach einer Familie, die maßgeblich die jüdische Gemeinde Höchst beeinflusst hat und die im Sozial-, Wirtschafts- und Vereinsleben sowie in der Kommunalpolitik der früher selbstständigen Stadt Höchst aktiv war. Der Ettinghausen-Platz gehört zu den ältesten historisch und archäologisch relevanten Flächen der Höchster Altstadt. Unter dem Pflaster des Platzes werden Überreste der im Novemberpogrom 1938 zerstörten Höchster Synagoge vermutet. Außerdem befanden sich dort, nahe der früheren Stadtmauer, die Abfallgruben der 1746 gegründeten Höchster Porzellan-Manufaktur.
Frankfurt-Höchst: Bronzetafeln sollen erinnern. Am Luftschutzbunker, den die Nazis an dem kleinen Platz errichtet haben, hängt eine Bronzetafel zum Gedenken; zwei 'Fernrohre in die Vergangenheit' lassen - wie Fernrohre an einem Aussichtspunkt - die Synagoge in ihrer Außen- und Innenansicht wieder aufleben. Aber seit die morschen Platanen auf diesem Platz gefällt wurden, sieht das Areal am Höchster Markt zwischen Justinuskirchstraße, Schleifergasse und Kronengasse noch trostloser aus als zuvor. Die im vergangenen Jahr bereits abgebauten Bänke wurden nach Bürgerprotesten vorübergehend wieder aufgestellt, nachdem sich die archäologischen Grabungen verzögerten - Grund waren nach Darstellung der Stadt 'unvorhergesehene vergaberechtliche Hindernisse bei der Beauftragung einer Fachfirma'. Im vergangenen Jahr wurde dann als Termin für den Grabungsbeginn der März 2020 genannt.
Frankfurt-Höchst: Ettinghausen-Platz wird neugestaltet. Im Zuge des Programms 'Schöneres Frankfurt' ist eine Neugestaltung der Fläche geplant, um dem geschichtsträchtigen Ort ein angemessenes Erscheinungsbild zu geben. In diese Gestaltung sollen bei der Grabung gewonnene Erkenntnisse eingearbeitet werden. Darauf hat unter anderem die AG 'Geschichte und Erinnerung', die jedes Jahr auf dem Ettinghausen-Platz ein Gedenken an das Novemberpogrom organisiert, seit langem hingearbeitet. Doch nun sind erst einmal die Archäologen am Zug: Interessierte sollen die Möglichkeit erhalten, an einer geführten Besichtigung der Grabung teilzunehmen. Termine sollen noch bekannt gegeben werden."
Link zum Artikel  
 
Mai 2020: Bei den Grabungen werden die Reste der Höchster Synagoge gefunden    
Artikel von Holger Vonhof in der "Frankfurter Neuen Presse" vom 6. Mai 2020: "Archäologen begeistert. Sensationsfund in Frankfurt: Von den Nazis zerstörte Synagoge entdeckt
Archäologen haben bei Grabungen in Frankfurt die Überreste einer Synagoge entdeckt. Sie wurde von den Nationalsozialisten in der Reichspogromnacht kurz vor dem Zweiten Weltkrieg zerstört.
Archäologen machen bei Grabungen in Frankfurt einen Sensationsfund.
Sie bringen eine Synagoge zum Vorschein, die von den Nazis in der Reichspogromnacht kurz vor dem Zweiten Weltkrieg zerstört wurde.
Die Jüdische Gemeinde erhofft sich eine Diskussion über den Umgang der Stadt Frankfurt mit dem jüdischen Erbe.

Frankfurt – 'Mein Metier ist: Schau'n merr mal', sagt Andrea Hampel, die Leiterin des städtischen Denkmalamts. Auch wenn die Archäologin eher zurückhaltend ist, da noch nicht alle Erkenntnisse gewonnen sind, weil vieles noch in der Erde schlummert, so kann sie schon jetzt über den Ettinghausenplatz in Frankfurt sagen: 'Für die archäologische Denkmalpflege ist das ein ganz besonderer Ort.'
Seit 7. April wird auf dem kleinen Platz in Höchst gegraben, der zwischen dem Markt und dem unter Denkmalschutz stehenden Luftschutzbunker an der Schleifergasse liegt, und der nach einer jüdischen Familie benannt ist, die vor der Eingemeindung Höchsts durch politisches und soziales Engagement hervortrat. Max Ettinghausen war Vorsteher der Jüdischen Gemeinde Höchst, die 1905 an dieser Stelle ihre vierte Synagoge einweihen konnte - die in der Reichspogromnacht am Morgen des 10. November 1938 von einem braunen Mob angezündet wurde.
Frankfurt: Überreste der Synagoge unter dem Pflaster – Vor dem Zweiten Weltkrieg von den Nazis zerstört. Die Grundrisse dieser Synagoge zu finden, war ein Ziel der Grabungen, und die Archäologen sind quasi direkt unter dem Kopfsteinpflaster auf die aus Backstein gemauerten Entlastungsbögen des Fundaments gestoßen. 'Die Nazis haben die Synagoge nur oberirdisch abgebrochen, nach dem Motto: Was man nicht sieht, ist auch nicht da', sagt Grabungsleiterin Elke Sichert. Bis zu drei Meter tief hat sie sich mit ihrem Team in den Untergrund vorgearbeitet, derzeit noch im Areal direkt vor der Fassade des 1939 errichteten Bunkers. Die Überreste des Portals der Synagoge liegen noch im Boden - und mit ihnen vielleicht auch eine Kassette mit Münzen und Dokumenten, die bei der Grundsteinlegung dort vergraben wurde, wie Waltraud Beck von der Höchster Arbeitsgemeinschaft 'Geschichte und Erinnerung' hofft. Die AG hat fast zwei Jahrzehnte dafür gestritten, dass dort Relikte gesichert werden; 2010 gelang es ihr zumindest, dass der kleine Platz seinen heutigen Namen bekam.
Fund bei Grabungen in Frankfurt: Spuren aus mehreren Jahrhunderten. Aber in der Erde liegt noch mehr: Zwischen dem Bunker und einer Zehntscheune ist die alte Höchster Stadtmauer zu sehen, zwischen 1355 und 1432 erbaut. Hier wurde der Liederbach umgeleitet, um den Stadtgraben zu fluten; der Name Schleifergasse erinnert daran, dass es dort wohl Mühlen gegeben haben muss. Ein früherer Stadtturm wurde 1798 von der Jüdischen Gemeinde Höchst erworben. Weil er fortan als 'Badstubenturm' in den Quellen auftaucht, wird davon ausgegangen, dass dort eine Mikwe, ein jüdisches Ritualbad, seinen Platz hatte. Und weil man schon damals offenbar den Müll nur vor die Tür warf, werden auf dem Platz auch Abraumhalden der Höchster Porzellan-Manufaktur erwartet, die bei ihrer Gründung 1746 nur einen Steinwurf entfernt ihren Sitz hatte. Grabungsleiterin Elke Sichert ist gespannt, was sie noch erwartet. Gefunden hat sie zuletzt eine Bodenverfärbung, die auf einen Brunnen hindeutet, sowie eine dunkle Erdstruktur mit Zacken. 'Das sieht wie ein Toblerone aus', sagt sie und geht davon aus, dass hier eine Tragschicht im Boden liegt, die von längst zersetzten Balken gehalten wurde.
Synagoge bei Grabungen in Frankfurt zum Vorschein gebracht: Jüdische Gemeinde erhofft sich Diskussion. Marc Grünbaum, Mitglied des Vorstands der Jüdischen Gemeinde in Frankfurt, erhofft sich eine Diskussion darüber, wie grundsätzlich in der Stadt mit dem jüdischen Erbe umgegangen werde: Dieselbe Situation mit teilweise mit einem Bunker überbauten Resten gebe es an der Friedberger Anlage. Bürgermeister Uwe Becker, zugleich Religionsdezernent, versprach 'einen würdigen Umgang mit den Funden'. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen in die Gestaltung des Platzes einfließen. Allerdings wird noch mindestens acht Wochen weiter gegraben. Finanziert werden die Grabungen über das Programm 'Schöneres Frankfurt'. Was bis jetzt gefunden wurde, können Interessierte am Montag, 11. Mai, nach Anmeldung besichtigen - in Gruppen von maximal 20 Personen. Eine namentliche Anmeldung ist unter denkmalamt@stadt-frankfurt.de oder der Telefonnummer 069/2123-6199 erforderlich. Anmeldeschluss ist Freitag, 8. Mai, 12 Uhr."
Link zum Artikel   

    
     

Links und Literatur

Links:  

bulletPrivate Website zu Höchst am Main 
bulletwww.stolpersteine-frankfurt.de    
bulletSeite zur Gedenktafel für die Synagoge in Höchst   
bulletSeite zur Geschichte der Synagoge in Höchst von www.ffmhist.de: hier anklicken  
bulletWebportal HS 010.jpg (66495 Byte)Webportal "Vor dem Holocaust" - Fotos zum jüdischen Alltagsleben in Hessen 
mit Fotos zur jüdischen Geschichte in Höchst  

Quellen:  

Hinweis auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Höchst am Main 
In der Website des Hessischen Hauptstaatsarchivs (innerhalb Arcinsys Hessen) sind die erhaltenen Familienregister aus hessischen jüdischen Gemeinden einsehbar: 
Link zur Übersicht (nach Ortsalphabet) https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/llist?nodeid=g186590&page=1&reload=true&sorting=41              
Zu Höchst am Main sind vorhanden (auf der jeweiligen Unterseite zur Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):    
HHStAW 365,459  Geburts- und Trauregister von Höchst: Auszug aus den herzoglich-nassauischen Geburtsregistern 1819 - 1874 und Auszug aus den herzoglich-nassauischen Trauregistern  1843 - 1870    
https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v131325      

Literatur:  

bulletPaul Arnsberg: Die Geschichte der Frankfurter Juden seit der Französischen Revolution. Band 2. Struktur und Aktivitäten der Frankfurter Juden. Darmstadt 1983. Zu Höchst: S. 547-562. 
bulletRudolf Schäfer: Die Juden in Höchst am Main. Verein für Geschichte und Alterskunde e.V. Frankfurt a.M. - Höchster Geschichtshefte 36-37. Höchst 1982. 70 S.  (eingestellt als pdf-Datei).    
bulletThea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945? 1988 S. 196-197. 
bulletStudienkreis Deutscher Widerstand (Hg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 108-120.
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume III: Hesse -  Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992 (hebräisch) S. 
bulletHoechst Lit 104.jpg (109433 Byte)Waltraud Beck, Josef Fenzl und Helga Krohn: Die vergessenen Nachbarn. Juden in Frankfurter Vororten. Juden in Höchst, Hrsg. vom Jüdischen Museum, Frankfurt 1990.   

    
      


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Hoechst am Main  Hesse-Nassau. Although Jews lived there from 1635, no synagogue was opened until 1806. The community's growth reflected the town's own development after a large chemical factory (the predecessor of I.G. Farben) was built in 1863. Wealthy merchants and professionals, the Jews dedicated a large Romanesque synagogue in 1905 and numbered 184 (under 1 % of the total) in 1925. Bruno Asch, who served as burgomaster (1923-25), may have been the only Jew to attain that office during the Weimar Republic. When Hoechst became part of Frankfurt (1928),, the community retained its independence. Nazis burned the synagogue on Kristallnacht (9-10 November 1938), and the few remaining Jewish stores were looted. Most Jews of Hoechst did not leave Germany and perished in the Holocaust.  
      
        

                   
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Stand: 30. Juni 2020