Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Hettenhausen (Stadt Gersfeld, Kreis Fulda)
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus dem jüdischen Gemeindeleben  
Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde    
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen      
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen    
bulletLinks und Literatur   

     

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde       
   
In Hettenhausen bestand eine jüdische Gemeinde bis um 1920. Ihre Entstehung geht vermutlich in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück.  
  
Bei der Erstellung der Matrikellisten 1817 werden in Hettenhausen auf insgesamt zehn Matrikelstellen die folgenden jüdischen Familienvorstände genannt (mit neuem Familiennamen und Erwerbszweig): Meyer Grünebaum (Viehhandel), Levi Grünebaum (Schlachter), Isaack Kamm (Schlachter), Joel Hammel (Kramhandel), Michel Weinstock (Schlachter), Samuel Weinstock (Kramhandel), Isaack Frischkorn (Schmuser), Amschel Lippstaedter (Schnittwaren, später Liebstädter), Joseph Strauß (Schmuser), Manes Jonas (Schmuser und Taglöhner).     
  
Um 1860
gehörten zur Gemeinde acht Familien. 1879 gab es neun jüdische Wahlberechtigte: Simon Mai, Isaak Mai, Isaak Grünebaum, Maier Kamm, Josef Kamm, Abraham Liebstädter, Anschel Federlein, Leopold Oppenheimer, Maier Kann. 
   
Die Zahl der jüdischen Einwohner ging durch Aus- und Abwanderung gegen Ende des 19. Jahrhunderts schnell zurück: nachdem 1883 noch 88 jüdische Einwohner gezählt worden, waren es 1905 nur noch 32. 
     
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), ein Raum für den Religionsunterricht und ein rituelles Bad. Die Toten der Gemeinde wurden im jüdischen Friedhof in Weyhers beigesetzt. Es ist nicht bekannt, ob die Gemeinde im 19. Jahrhundert - zumindest zeitweise - einen eigenen Religionslehrer hatte, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Möglicherweise erhielten die jüdischen Kinder ihren Unterricht immer entweder durch einen Lehrer aus Gersfeld oder durch den Lehrer aus Schmalnau (nach 1924 siehe unten).
   
Die jüdische Gemeinde unterstand 1839 noch keinem Rabbiner (siehe Bericht unten), gehörte später und zwar bis 1892 zum Distriktsrabbinat Gersfeld, danach zum Provinzialrabbinat Fulda.  
   
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde: Siegmund Katzmann (geb. 19.11.1897 in Flieden, gef. 10.4.1918) und Albert Liebstädter (geb. 8.9.1899 in Hettenhausen, gef. 10.7.1918). Außerdem ist gefallen: Moritz Kamm (geb. 10.6.1886 in Hettenhausen, vor 1914 in Fulda wohnhaft, gef. 5.10.1917).     
   
Um 1924, als noch 13 jüdische Einwohner in Hettenhausen gezählt wurden (von ca. 700 Einwohnern), die inzwischen zur jüdischen Gemeinde in Schmalnau gehörten, war ihr Vorsteher Abraham Liebstädter. Die noch am Ort lebenden jüdischen Kinder wurden - gemeinsam mit denen aus Schmalnau - von dem im Ruhestand in Hettenhausen (und aus Hettenhausen stammenden) Lehrer Leopold Kamm unterrichtet. Er war an verschiedenen Stellen Lehrer gewesen, zuletzt von 1913 bis 1924 in Salmünster. Seit Auflösung der dortigen Religionsschule lebte er bei seinem Schwager in Hettenhausen und erteilte nun den noch acht jüdischen Kindern in Hettenhausen und Schmalnau Religionsunterricht. 1927 verzog die Familie Liebstädter nach Fulda, danach waren nur noch sieben jüdische Personen am Ort.
   
1933 lebten - wie in den fünf Jahren zuvor - sieben jüdische Personen in Hettenhausen: die Familie Guldmann, die noch im selben Jahr in die USA emigrieren konnte, die Brüder Leopold und Isaak Kamm sowie die mit einem christlichen Partner verheiratete Hedwig Diegelmann. Letztere hat die NS-Zeit am Ort überlegt; die beiden Brüder Kamm kamen in das jüdische Altersheim nach Darmstadt und wurden von dort deportiert. 
    
Von den in Hettenhausen geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Ruth Adler (), Johanna Kahn geb. Kamm (1882, Tochter von Maier Kamm und Jette geb. Simon; Witwe von Ludwig Kahn), Isaak Kamm (1881), Leopold Kamm (1879), Hertha Meyer (1919, Tochter von Jakob und Sara Meyer), Sara Meyer geb. Mai (1888; Tochter von Simon und Rachel Mai), Johanna Rothschild geb. Mai (1887).   
Unbekannt ist das Schicksal von Isaak Kamm.   
   
 
  
   
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
    
Aus dem jüdischen Gemeindeleben  
Über die Herkunft der jüdischen Familiennamen in Hettenhausen 
(vgl. die Angaben bei der Matrikelliste von 1817 oben)  

Aus Arnsberg Bd. I S. 363 im Artikel zu Hettenhausen: "Über die Annahme der bürgerlichen Familiennamen (nach 1812) ist folgendes überliefert: Der Jude Anschel hatte in Lippstadt Leineweber gelernt und wurde im Volksmund 'Lippstädter' genannt; er nahm diesen Namen an (später: Liebstädter). Der Name Grünebaum wurde gewählt, weil vor dem Hause des Betreffenden eine Linde stand; 'Federlein' hatte mit Federleinen gehandelt; die Namenswahl fand in Gersfeld statt, und der Besitzer, in dem die Wahl vorgenommen und registriert wurde, nannte sich danach 'Wahlhaus'."   

     
Kurzbericht zu den Gemeindeverhältnissen in Hettenhausen, Schmalnau, Weihers, Poppenhausen und Lutter (1839)       

Artikel in "Israelitische Annalen" vom 20. Dezember 1839: "Hettenhausen, Landgerichtsbezirk Weyhers, acht Familien, 64 Seelen, hat mit den benachbarten Ortschaften Schmalnau, Weyhers, Poppenhausen und Lütter gemeinschaftlich einen Religionslehrer, dessen Sitz in Schmalnau ist. In zehn Jahren hat die Gemeinde vier Matrikel verloren und nur ein einziger ist wieder besetzt worden. Diese wenigen, nicht armen Leute, haben ein jährliches Schutzgeld von 26 fl. zu entrichten. Sie stehen unter keinem Rabbiner."   

     
      
Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde  

Zum Tod von Markus Tannenwald  (1934)     

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Februar 1934: "Hettenhausen (Rhön), 31. Januar (1934). Am 13. Schwat wurde Markus Tannenwald, einer unserer Besten, zu Grabe getragen. Ein treffendes Charakterbild entwarf an Hand der vorwöchentlichen Sidra Herr Rabbiner Kunstadt, Fulda, in geistvoller Rede. Viele Jahre ist der edle Mann selbstlos, wie er war, Ehrenvorbeter und Kassierer der Gemeinde gewesen. Seine Söhne, von denen einer Mitglied der Israelitischen Religionsgesellschaft zu Frankfurt am Main ist, leben in seinem Geiste. - Mögen seine Enkel, von denen einer vor kurzem in den Bund Abrahams eingeführt wurde und den Namen des bescheidenen Großvaters erhielt, sich dereinst desselben würdig zeigen! Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."       

  
     

Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
  
Lehrlingssuche des Manufaktur-, Kolonial-, Kurzwaren- und Spirituosengeschäfts A. Liebstädter (1900)    

Hettenshausen Israelit 28051900.jpg (46448 Byte) Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Mai 1900: 
"Für mein Manufaktur-, Kolonial-, Kurzwaren- und Spirituosengeschäft, suche einen 
Lehrling
 
aus guter Familie, mit guten Schulkenntnissen. Kost und Logis frei. 
A. Liebstädter

Hettenhausen. Station der Fulda - Gersfelder-Bahn".

      
  
    
Zur Geschichte der Synagoge    
   
   
Zunächst war eine Betstube in einem jüdischen Privathaus vorhanden. Zwischen 1850 und 1860 wurde eine Synagoge erbaut. Das Gebäude war etwa 5 mal 7 m groß und stand versteckt zwischen dem Wohnhaus und der Scheune der jüdischen Familie Kamm. 
  
Nachdem die Zahl der jüdischen Gemeindeglieder stark zurückgegangen war, wurde in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg der Gottesdienst eingestellt. Ein regelmäßiger Minjan kam nicht mehr zustande. Nach 1923 fand nur noch eine grüne und eine goldene Hochzeit in der Synagoge statt. Vermutlich noch vor 1938 wurde das Synagogengebäude verkauft und abgebrochen. Die Kultgegenstände wurden - zumindest teilweise - im jüdischen Friedhof in Weyhers beigesetzt.    
   
   
Adresse/Standort der Synagoge 
    
    
Fotos   

Es sind keine Darstellungen / Fotos vorhanden; über Hinweise freut sich der 
Webmaster von "Alemannia Judaica", Adresse siehe Eingangsseite  
 
     

      

    
Links und Literatur

Links:  

bulletWebsite der Stadt Gersfeld   

Quellen:  

Hinweis auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Weyhers 
In der Website des Hessischen Hauptstaatsarchivs (innerhalb Arcinsys Hessen) sind die erhaltenen Familienregister aus hessischen jüdischen Gemeinden einsehbar: 
Link zur Übersicht (nach Ortsalphabet) https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/llist?nodeid=g186590&page=1&reload=true&sorting=41              
Zu Weyhers sind vorhanden (auf der jeweiligen Unterseite zur Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):    
HHStAW 365,803   Gräberverzeichnis des jüdischen Friedhofs in Weyhers, aufgenommen 1936 von Jacob Leopold, Lehrer in Ingolstadt   1858 - 1935; enthält ein Verzeichnis der Verstorbenen, geordnet nach Gräberfeldern und Grabnummern auf dem jüdischen Friedhof in Weyers; enthält auch Angaben zu Personen aus Gersfeld, Hettenhausen, Lütter, Poppenhausen, Schmalnau, Wüstensachsen    https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v5319785         
HHStAW 365,804   Gräberverzeichnis des jüdischen Friedhofs in Weyhers  1900 - 1936: enthält ein Verzeichnis der Verstorbenen, geordnet nach Gräberfeldern auf dem jüdischen Friedhof in Weyhers; enthält auch Angaben zu Personen aus Gersfeld, Hettenhausen, Schmalnau und Wüstensachsen   https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v290091          

Literatur:  

bulletPaul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 363-364.
bulletStudienkreis Deutscher Widerstand (Hg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945. Hessen I I Regierungsbezirke Gießen und Kassel. 1995 S. 20.
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume III: Hesse -  Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992 (hebräisch) S. 593-594 (kurze Angaben bei Schmalnau). 
bulletDirk Rosenstock: Die unterfränkischen Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche Quelle. Reihe: Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 13. Würzburg 2008. S. 252-253.  
bulletFulda Lit 140.jpg (118420 Byte) Juden in Deutschland und 1000 Jahre Judentum in Fulda
hrsg. von Michael Imhof.  Zukunft Bildung Region Fulda e. V. 
Erschienen im Michael Imhof Verlag Petersberg 2011.  
24 x 30 cm, 440 Seiten, 700 S/W und 200 Farbabbildungen, Hardcover. ISBN 978-3-86568-673-2 
(D) 44,00 €   CHF 62,90  (A) 45,25 €  
Zu Hettenhausen Beitrag von Michael Imhof S. 322-324.
bulletLit 400 Jahre Juden Rhoen.jpg (135549 Byte)Michael Imhof: 400 Jahre Juden in der Rhön. Herausgegeben von Zukunft Bildung Region Fulda e. V.
21 x 29 cm, 344 Seiten, 562 Farb- und 59 S/W-Abbildungen, Klappenbroschur. ISBN 978-3-7319-0476-2
(D) 39,95 €, (A) 41,10 €, CHF 45,90.   
Erschienen im Michael Imhof-Verlag. Informationsseite zur Publikation mit Downloads und "Blick ins Buch"   
  
bullet Michael Imhof: Juden in der Rhön. Jubiläumsausgabe 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland. Hrsg. von Zukunft Bildung Region Fulda e.V.
2. erweiterte Neuauflage des oben genannten Buches.
21 x 29 cm, 424 Seiten, über 689 Farb- und 40 SW-Abbildungen. Klappenbroschur. ISBN 978-3-7319-1176-0.   39,95 €. 
Erschienen im Michael Imhof-Verlag. Informationsseite zur Publikation mit Downloads und "Blick ins Buch" 
Seit 400 Jahren waren Juden in den Landstädten und Dörfern der hessischen Rhön urkundlich verbürgt. Ende des Mittelalters und noch zu Beginn der Frühen Neuzeit aus ihren angestammten Wohngebieten vertrieben, fanden viele von ihnen auf den Territorien von Ritterschaften und der Universität Würzburg auch in der Rhön eine neue Bleibe. Erst mit der rechtlichen Gleichstellung der Juden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts setzte für sie ein wirtschaftlicher und sozialer Prozess ein, der den Namen Emanzipation verdient. In den Gemeinden der Rhön wurden sie zu wesentlichen Wegbereitern der Moderne. Dieser Entwicklung stellte sich ein zunehmender Antisemitismus schon in der Kaiserzeit entgegen. Als mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 der Judenhass zum Regierungsprogramm wurde, begann auch für die in der Rhön lebenden Juden eine Zeit der Demütigungen und Verfolgungen mit dem Ziel ihrer Vertreibung und Vernichtung
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Rezension von Jutta Hamberger in den Osthessen-News vom 18. Oktober 2021: https://osthessen-news.de/n11655845/aufwuehlende-spurensuche-in-der-rhoen-michael-imhoff-juden-in-der-rhoen.html.    

          
       n.e.

                   
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Stand: 30. Juni 2020