Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
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bulletZur Geschichte der Synagoge und weiterer Einrichtungen der jüdischen Gemeinde   
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Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde              
   
In Ehingen bestand eine jüdische Gemeinde - vermutlich in enger Beziehung zur jüdischen Gemeinde in Ulm - nur im Mittelalter. Erstmals werden Juden 1301/05 in der Stadt genannt. Um 1326 und 1333 waren Juden in Ehingen wegen einer angeblichen (wie überall: verlogenen) Hostienschändung einer Verfolgung ausgesetzt. Nach Ehingen 1346 an das Haus Österreich fiel, verlieh 1347 Kaiser Ludwig der Bayer den Juden zu Schelklingen und Ehingen sowie denen in der Grafschaft Schelklingen dieselben Freiheiten, die die Juden in anderen Städten Herzog Albrechts II. seines Onkels, innehatten (Link). Das Judenverfolgung in der Pestzeit 1348/49 vernichtete die Gemeinde.
 
Seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts waren wiederum mehrere jüdische Familien bis zur Ausweisung 1457 in der Stadt. Ein im Ortsmuseum Ehingen aufbewahrter jüdischer Grabstein datiert von 1370. Er war für Mose, den Sohn des Märtyrers (= ermordet vermutlich 1348/49) Abraham gesetzt worden (vgl.). 1418 mussten auf Grund einer Anweisung von König Sigismund über Konrad von Weinsberg (siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Konrad_IX._(Weinsberg)) die Juden aus Ehingen (zusammen mit denen aus Ulm, Augsburg, Biberach, Nördlingen, Bopfingen, Giengen, Memmingen, Esslingen, Reutlingen, Rotenburg am Neckar, Horb, Villingen, Blaubeuren) eine Sondersteuer in Höhe von 600 fl. als ein Beitrag zur Finanzierung des Konstanzer Konzils bezahlen.
 
Persönlich genannt werden unter anderem 1371/76 Moses von Ehingen (gest. 1370, Grabstein schon genannt, Abbildung unten) als Schwiegervater des Ulmer Juden Jäcklin (letzterer war Kreditgeber der Reichsstadt Ulm); 1378 Jud Fydel von Ulm, gleichfalls Sohn des Moses von Ehingen (seine Mutter, also Moses Frau hieß Juta, die nach dem Tod ihres Mannes nach Ulm gezogen ist, wird 1371 genannt); 1381 Kalman von Ehingen, seine Söhne Salman und Ensli und seine Tochter Hester; 1386 die Juden Joseph Süsslin sowie dessen Sohn Joseph, Salomon der Ältere und die Brüder Jacob und Joseph; gleichfalls 1386 Juden Abraham von Forchheim, Bürger zu Ehingen. 1375 wird in Konstanz ein Jude aus Ehingen genannt, 1381 ein solcher in Zürich.
1448 erfährt man in Regensburg von Jud Sanwel von Ehingen (doch könnte mit Ehingen auch Ehingen Kreis Ansbach gemeint sein, wo im 15. Jahrhundert zeitweise ein paar jüdische Familien lebten).
  
Seit 1444 gab es Bemühungen der Stadt, die Juden auszuweisen. Zur Ausweisung kam es dann 1457. Möglicherweise lebten auch danach noch einzelne Juden in der Stadt, worauf der Grabstein von 1482 hinweist (Abbildung siehe unten).
 
  
Vereinzelte Niederlassungen weniger jüdischer Bewohner sind bis zum 17. Jahrhundert und seit 1871 nachweisbar. Bei den Volkszählungen seit 1871 wurden registriert: 1871 ein jüdischer Einwohner, 1875 fünf, 1880 elf, 1885 sieben, 1890 drei, 1895 sechs, 1900 neun, 1905 zwei, 1910 ein, 1925 null, 1933 ein jüdischer Einwohner. Bei den gezählten Personen kann es sich teilweise auch um Personen gehandelt haben, die am Tag der Volkszählung zufällig in der Stadt waren.  
  
- Der erste jüdische Einwohner in Ehingen in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts könnte Heinrich Bernheimer gewesen sein, der aus Buttenhausen stammend, 1862 nach Ehingen gezogen ist.  
- An Stelle der heutigen Lindenhalle (Ecke Lindenstraße/Müllerstraße) bestand bis nach 1933 eine Niederlassung der Stuttgarter Baumwoll- und Putzwollfabrik ("Reißerei") Fa. Wolf & Sohn (Inhaber waren Alfred, Max und Walter Wolf, Hauptfirma in Stuttgart-Untertürkheim. Nach 1945 wurde die Firma als Fa. "Rohtex" noch einige Jahre betrieben.
   
   
   
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde  

In jüdischen Periodika des 19./20. Jahrhunderts wurden noch keine Berichte zur jüdischen Geschichte in Ehingen gefunden.   

  
  
   
Zur Geschichte der Synagoge und weiterer Einrichtungen der jüdischen Gemeinde              
    
Das mittelalterliche jüdische Wohngebiet wird sich auf die heute noch sogenannte "Judengasse" konzentriert haben. Wie groß dieses Gebiet war, lässt sich nicht mehr ausmachen. Auffallend ist der große Abstand zwischen Synagoge und "Judenschule" am Viehmarkt (möglicherweise Hinweis auf zwei jüdische Wohnviertel unterschiedlicher Zeiten).
     
Die mittelalterliche Gemeinde unterhielt eine Synagoge (Standort Ecke Lederbruckgasse/Tuchergasse). Das Gebäude wurde 1967 abgebrochen (in den 1950er-Jahren Wohnung des Totengräbers der Stadt); der Platz ist nicht neu bebaut. Bis heute erhalten ist die mittelalterliche "Judenschule"  am Eingang der Hindenburgstraße in den Viehmarkt (beim Gasthaus "Schwert") .
  
Die Toten der jüdischen Gemeinde wurden auf einem eigenen Friedhof beigesetzt, der vor dem Pfisterturm (beim Bildstöckchen, heute Gelände, wo Pfisterstraße und Hindenburgstraße aufeinander treffen) lag. Nach der Ausweisung der Juden wurden die Grabsteine abgeräumt und anderweitig verwendet. Zwei Grabsteine von 1370 (siehe oben) und 1482, die 1911 aufgefunden und in das Ehinger Heimatmuseum gebracht worden waren, fielen um 1955 einer Entrümpelungsaktion zum Opfer. Spätere Suchaktionen durch die Ehinger Museumsgesellschaft auf einem Auffüllplatz blieben erfolglos. Zu den Grabsteinen ist noch bekannt, dass sie nach Auflösung des jüdischen Friedhofes "als herrenloses Gut betrachtet" worden waren, wurden "auf der Kehrseite beschrieben und fanden Verwendung als christliche Gedenksteine, der eine als Winckelhoferstein" (Weber S. 164). 
   
    
Anmerkung zur Synagoge: Ob es sich bei dem 1967 abgebrochenen Gebäude tatsächlich um die ehemalige Synagoge gehandelt hat, wird immer wieder angezweifelt, auch in jüngster Zeit von Stadtarchivar Dr. Ludwig Ohngemach:  

Artikel in der "Südwestpresse - Ehinger Tagblatt" vom 25. März 2009 (Artikel):  
"Synagoge: Windelweiche Geschichte.

Ehingen War das bisher als Synagoge gehandelte Gebäude an der Tuchergasse, das im Jahr 1967 abgebrochen wurde, wirklich die Synagoge? Daran hegt Dr. Ludwig Ohngemach Zweifel. Es gebe keine Unterlagen. 'Es ist eine windelweiche Geschichte", machte der Stadtarchivar klar und bezog damit die Judengasse in der Unteren Stadt mit ein. Im 17. Jahrhundert sei in den Unterlagen eine Judengasse auf dem Gänsberg erwähnt. "Wir sind derzeit daran, die Dinge aufzuarbeiten. Lassen Sie sich überraschen', kündigte Ohngemach an und fügte hinzu: 'So lange das mit der Synagoge nicht wasserdicht ist, machen wir auch keine Täfele na.' Das hatte sich Hans Aierstok gewünscht, der auch Stadtführungen macht. bu. 

     
     
Fotos 
Historische Fotos:
(Anmerkung: Es handelt sich um "historische Fotos" nur insofern, als sie bereits um 1930 gemacht wurden) 

Ehingen Synagoge 001.jpg (83051 Byte) Ehingen Judenschule 001.jpg (44684 Byte)
Die ehemalige mittelalterliche Synagoge in Ehingen, 
1967 abgebrochen  
Die ehemalige Judenschule 
in Ehingen  

  
Fotos nach 1945/Gegenwart:   
(Fotos: Hahn) 

Fotos um 1985
  
Ehingen Synagoge 100.jpg (73098 Byte) Ehingen Synagoge 101.jpg (49854 Byte)
  Ähnliche Perspektive wie obiges historisches Foto oben links - die Synagoge stand im Bereich 
der Litfasssäule und des Bereiches links davon  
      
 Die Grabsteine vom Ehinger jüdischen Friedhof
(seit 1955 verschwunden)
   
    Grabstein für R. Mose Sohn des Märtyrers R. Abraham,
 verstorben 9. Ijar 5130 = 5. Mai 1370
 
Grabstein für Frau Mina, Tochter des verst. R. Jakob
(Gattin des verst. Gutlin [Gutlis]?)
verstorben 14. Tischri 5243 = 27. September 1482 
     
  Neuere Fotos vom ehemaligen Synagogenstandort und dem Gebäude der "Judenschule" werden noch erstellt   

    
     

Links und Literatur  

Links:  

bulletWebsite der Stadt Ehingen 

Literatur:  

bulletLeopold Löwenstein: Geschichte der Juden am Bodensee und Umgebung. 1879 S. 26.
bulletFranz Michael Weber: Ehingen – Geschichte einer oberschwäbischen Donaustadt. 1955. 2. unveränderte Auflage 1980. S.163-166. 
Kritisch zu der im Blick auf die Darstellung der jüdischen Geschichte stark antisemitisch geprägten Darstellung Webers siehe den Beitrag von Veit Feger: http://veit-feger.homepage.t-online.de/stehing.htm; die Darstellung ist teilweise fehlerhaft.    
bulletGermania Judaica II,1 S. 190-101, III,1 S. 283-284. 
bulletHelmut Veitshans: Kartographische Darstellung der Judensiedlungen der schwäbischen Reichsstätdte und der württembergischen Landstädte im Mittelalter (= Arbeiten zum Historischen Atlas von Südwestdeutschland Heft VI) 1970. 5 S. 52; 6 S. 26. 
bulletDie mittelalterlichen jüdischen Grabsteine sind abgebildet in: "Erinnerungen an Alt-Ehingen", hrsg. Museumsgesellschaft Ehingen  und - mit Erläuterungen - im Artikel "Zur Geschichte der Juden in Grundsheim" von T. Selig in: Schwäbische Zeitung Ehingen vom 26.3.1984.

    
     

                   
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Stand: 30. Juni 2020