Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Dreieichenhain mit Götzenhain und Offenthal (Stadt Dreieich, Kreis Offenbach) 
Jüdische Geschichte / Synagoge  

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus dem jüdischen Gemeindeleben   
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen 
bulletErinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte   
bulletLinks und Literatur   

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde          
    
In Dreieichenhain bestand eine jüdische Gemeinde bis um 1930. Bereits 1428 werden Juden in Dreieichenhain genannt, in den folgenden Jahrhunderten waren offenbar immer einige "Schutzjuden" ansässig. Die Zahl der jüdischen Familien am Ort blieb jedoch klein. Zeitweise gehörten sie zur Gemeinde in Langen, zeitweise bildeten sie gemeinsam mit den in den umliegenden Orten lebenden jüdischen Familien eine gemeinsame Gemeinde.  

Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1861 32 jüdische Einwohner, 1890 40. Die jüdischen Familienvorstände waren als Metzger, Textilhändler und Viehhändler tätig. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eröffneten mehrere von ihnen offene Handlungen beziehungsweise Kaufläden am Ort.    
 
Zur jüdischen Gemeinde in Dreieichenhain gehörten auch die wenigen in (Dreieich-)Götzenhain (1924 4) und (Dreieich-)Offenthal lebenden jüdischen Personen. Im benachbarten Dietzenbach bestand eine kleine eigene jüdische Gemeinde, allerdings ohne Synagoge. Die dortigen jüdischen Einwohner besuchten die Gottesdienste in Dreieichenhain und in Heusenstamm.      
    
An Einrichtungen bestanden im "Judenhaus" in der Fahrgasse (s.u.) eine Synagoge (Betraum, s.u.), eine jüdische Schule sowie ein rituelles Bad. Dazu hatte die Gemeinde einen Friedhof. Die Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk Offenbach am Main. 
 
Um 1924, als zur Gemeinde noch 19 Personen gehörten, waren die Gemeindevorsteher Ruben Strauß und Emanuel Bendheim (letzterer Götzenhain). Die damals noch drei schulpflichtigen jüdischen Kinder der Gemeinde erhielten ihren Religionsunterricht durch Lehrer Leopold Kaufmann aus Sprendlingen
 
Da die Zahl der jüdischen Einwohner bereits in den 1920er-Jahren so zurückgegangen war, dass ein selbständiges jüdisches Gottesdienst- und Gemeindeleben kaum mehr möglich war, wurden die in Dreieichenhain lebenden jüdischen Personen um 1930 der Gemeinde in Offenbach am Main zugeteilt.   

1933 lebten noch 18 jüdische Personen in fünf Familien in Dreieichenhain. In den folgenden Jahren sind alle von ihnen auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Fünf Personen (Familie Otto Strauß) emigrierten 1938 beziehungsweise 1939 nach Südamerika; andere waren zum Teil schon 1935, die letzten 1938 nach Frankfurt verzogen. Von Frankfurt aus konnte der Sohn des Kaufmanns Siegmund Manasses aus nach Paraguay auswandern. Von den von Frankfurt aus Deportierten überlebte aus Dreieichenhain nur Siegfried Grünebaum, Sohn des Metzgers Jakob Grünebaum. Seine Familie war am 11. November 1941 von Frankfurt am Main aus nach Minsk (Russland) deportiert worden. Er selbst war in den Lagern Minsk, Budzyn bei Majdanek, Auschwitz und Flossenbürg.
   
In Götzenhain hatte 1933 eine jüdische Familie gelebt. Der Metzger Emanuel Bendheim (Wohnung Wallstraße 21) verließ am 18. November 19838 mit Frau und Sohn seinen Heimatort und ging nach Frankfurt. Sein Geschäft war beim Pogrom am 10. November 1938 völlig verwüstet worden. Seine Tochter war bereits 1936 in die USA emigriert. An Familie Bendheim erinnern "Stolpersteine" (siehe Bericht zur Verlegung unten).    
    
Von den in Dreieichenhain geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Johanna Bacharach geb. Goldschmidt (1868), Amalie Frohmann geb. Grünebaum (1873), Berta Grünebaum (1885), Ferdinand Grünebaum (1875), Jakob Grünebaum (1883), Manfred Grünebaum (1921), Amalie Jonas geb. Strauß (1882), Sigmund Manasses (1873), Johanna Metzler geb. Neu (1882), Ida Recha Neu (1892), Jenny Neu geb. Grünebaum (1882), Klara Neu (1891), Max Neu (1889), Ida Rosenthal geb. Grünebaum (1878), Albert Strauss (1889).     
       
Aus Götzenhain ist umgekommen: Johanna Adler (1874).          
    
    
    
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
 
Aus dem jüdischen Gemeindeleben  

Die jüdischen Einwohner in den Landgemeinden werden weniger (1921 / 1922)   

Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 30. Juni 1921: "Kreis Offenbach. Zum Rabbinatsbezirk Offenbach werden immer noch 12 jüdische Gemeinden zählen, wovon Dietzenbach und Dreieichenhain die kleinsten Gemeinden sind. Wenngleich dieselben keinen Lehrer mehr haben, so ist doch für Religionsunterricht von auswärts genügend gesorgt. Größere Gemeinden bilden Bürgel, Seligenstadt, Steinheim und Sprendlingen. - Einer der ältesten Glaubensgenossen unserer Umgegend ist der 86-jährige G. Mayer in Messel. Derselbe wurde noch von dem verstorbenen Rabbiner Dr. Formstecker - Offenbach zum Schochet autorisiert."    
 
Weiskirchen FrfIsrFambl 21091922.jpg (49530 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. September 1922: "Aus dem Kreise Offenbach. In dem letzten Jahrzehnt sind auch einige Gemeinden des Kreises ganz bedeutend an Seelenzahl zurückgegangen. So die Gemeinden Dietzenbach, Dreieichenhain und Weiskirchen. In Bieber sind fast alle eingewanderten Polen wieder nach ihrer Heimat zurückgekehrt. In Obertshausen und Hausen h.d.S. wohnten früher auch einige israelitische Familien. Es ist infolge der kritischen Zeiten zahlreichen kleinen Gemeinden nicht mehr möglich, einen Kultusbeamten anzustellen, und auf Zuwachs ist nicht mehr zu rechnen."   

       
       
       
Zur Geschichte der Synagoge      
       
Der Betraum der jüdischen Familien am Ort sowie die jüdische Schule und das rituelle Bad befanden sich in einem Fachwerkhaus ("Judenhaus") in der Fahrgasse. Vermutlich wurden bereits 1714 in diesem Gebäude diese Einrichtungen geschaffen. Das Gebäude war nicht als jüdisches Bet- oder Gemeindehaus erstellt worden; vielmehr handelte es sich um ein jüdisches Wohnhaus mit Laden, in dem auch der Betraum und die anderen Einrichtungen Platz fanden. Der Zugang zum Betsaal lag über den seitlich gelegenen Hof auf der Längsseite des Gebäudes. Im vorderen Teil befand sich in den 1920er-Jahren ein Schuhgeschäft.  
 
Bis nach 1933 wurden die Einrichtungen von den am Ort lebenden jüdischen Familien genutzt.  
     
Noch vor dem Novemberpogrom 1938 ging das Gebäude in nichtjüdischen Besitz über. Der neue Besitzer baute das Gebäude zu einem Wohnhaus um, wobei er das Dachgeschoss ausbaute und eine Zwischendecke einzog. Das Gebäude ist bis zur Gegenwart erhalten; eine Hinweistafel ist angebracht.    
     
     
Adresse/Standort der Synagoge     Fahrgasse 49        
     
     
Fotos
(Quelle: sw-Fotos: Th. Altaras s. Lit. 1988 S. 171; Farbfotos: Hahn, Aufnahmedatum 3.8.2008)

Historische Fotos des 
Synagogengebäudes 
in Dreieichenhain
Dreieichenhain Synagoge 090.jpg (76543 Byte) Dreieichenhain Synagoge 091.jpg (82333 Byte)
   Die Fahrgasse, im Hintergrund das "Judenhaus"
 (drittes Haus von rechts, um 1910)) 
Die Fahrgasse mit dem "Judenhaus" 
(= drittes Haus von links, um 1925) 
     
Neuere Fotos        
Dreieichenhain Synagoge 170.jpg (91783 Byte) Dreieichenhain Synagoge 171.jpg (87562 Byte) Dreieichenhain Synagoge 175.jpg (80578 Byte)
 Blick entlang der Fahrstraße   Das ehemalige jüdische Gemeindezentrum  
   
  Dreieichenhain Synagoge 172.jpg (81130 Byte)
  Hinweistafel mit dem Text: "Ritualbad. Juden sind im Hain schon seit 1428 ansässig. 
Ein Betsaal und eine Schule entstanden in diesem Gebäude im Jahre 1714. Im Kellergeschoss befand 
sich ein Ritualbad. Von 1909 bis 1911 war im Hinterhaus das erste Heimatmuseum untergebracht."   
      

    
    
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte 

Dreieichenhain stolpersteine 010.jpg (392546 Byte)Anmerkung: In Dreieichenhain wurden erstmals am 24. Januar 2006 siebzehn Stolpersteine zur Erinnerung an die aus dem Ort vertriebenen, teilweise umgekommenen jüdischen Personen verlegt. Am 24. Januar 2009 wurden weitere sechs Steine in Götzenhain verlegt, die seitdem an nichtjüdische Opfer der NS-Zeit und die jüdische Familie Bendheim erinnern; diese musste aus Dreieichenhain fliehen.
(Foto: hr-Presseservice; Foto von Christopher Bernhard)   
 
Januar 2009: In Dreieichenhain-Götzenhain werden "Stolpersteine" verlegt, darunter für die jüdische Familie Bendheim    
Artikel in der "Offenbach-Post" vom 25. Januar 2009 (Artikel in op-online)      
Dreieich - Der Kölner Künstler Gunter Demnig verlegte sechs Stolpersteine in Götzenhain
Götzenhain
Die Spitze seines rechten Schuhs ist so abgewetzt, dass die Stahlkappe blank hervorglänzt. Das ist nicht weiter verwunderlich, schließlich nimmt der Kölner Künstler Gunter Demnig immer eine gewisse Haltung ein, wenn er seine Stolpersteine verlegt. Und das waren in den vergangenen Jahren mehr als 18 000 an 406 Orten.
Nun kniet er am Samstagvormittag vor dem Haus Nummer 53 in der Langener Straße und verlegt einen von insgesamt sechs Stolpersteinen in Götzenhain. Diese zehn mal zehn mal zehn Zentimeter großen Steine sollen an die Opfer der Nazi-Herrschaft erinnern. Weitere installiert er in der Wald- und in der Brühlstraße. Trotz dieser Menge und obwohl 'ich nichts anderes mehr tue', kommt bei ihm nie Routine auf. Im Gegenteil. 'Wenn ich die Buchstaben einschlage in die Platte, bekommt der Stein eine Bedeutung', sagt Demnig nach der Aktion..."   
 
Hinweis auf Führungen zu den Spuren der jüdischen Geschichte am Ort  
Hinweis: Es ist möglich, über den "Geschichts- und Heimatverein Dreieichenhain e.V." eine Führung "Spaziergang entlang der Stolpersteine" und "Der Jüdische Friedhof in Dreieichenhain" zu buchen. Manuela Schneider, die zum Leben und Schicksal der jüdischen Einwohner von Dreieichenhain gründlich recherchiert hat, begleitet die Besucher auf den Spuren der jüdischen Geschichte und der jüdischen Familien am Ort.   
Foto links aus einer Seite des "Geschichts- und Heimatvereins Dreieichenhain e.V.":  
Kontakt über die Geschäftsstelle des Vereins bzw. die Touristinformation, Frau Behr, Tel. 06103-8049640.    
  
September 2013: Führung entlang der Stolpersteine und zum jüdischen Friedhof Dreieichenhain    
 Quelle: Presseservice des Hessischen Rundfunks vom 18. September 2013: "Führung entlang der Stolpersteine und zum jüdischen Friedhof Dreieichenhain. Eine Veranstaltung im Begleitprogramm der Ausstellung 'Legalisierter Raub'
Seit sieben Jahren liegen in Dreieichenhain siebzehn Stolpersteine. Sie erinnern an Juden, die über viele Generationen in Dreieichenhain Teil der Dorfgemeinschaft waren – bis zu den Ereignissen der Reichspogromnacht am 9. und 10. November 1938. Manuela Schneider hat die Geschichten der Familien erforscht und die Verlegung der Stolpersteine initiiert. Am Sonntag, 22. September, gibt sie während einer Führung ab 15 Uhr einen Einblick in die Schicksale der letzten Juden im Ort. Die Teilnehmer treffen sich auf der Burgbrücke der Burg Hayn (Fahrgasse 52).
Die Veranstaltung findet statt im Rahmen des Begleitprogramms zur Ausstellung 'Legalisierter Raub', die der Hessische Rundfunk und das Fritz Bauer Institut bis zum Sonntag, 10. November, im Dreieich-Museum zeigen. Die Ausstellung ist donnerstags und samstags von 14 bis 18 Uhr sowie sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Für Schulen und Gruppen öffnet sie auf Anfrage außerhalb der offiziellen Öffnungszeiten. (Dreieich-Museum: 06103-84914 oder 06103-8049640, info@dreieich-museum.de)
Kontakt: Hessischer Rundfunk - Kommunikation / Ausstellungen
Dr. Bettina Leder-Hindemith  Tel.: 069 / 155-4038  Handy: 0173 / 6557351  Mail: Bettina.Leder-Hindemith[et]hr.de 
Dreieich-Museum: Corinna Molitor  Tel: 06103 / 84914   Mail: corinna.molitor[et]dreieich-museum.de" 

      


Links und Literatur   

Links:  

bulletWebsite der Gemeinde Dreieich    
bulletWebsite des Geschichts- und Heimatvereins Dreieichenhain 
bulletWebsite des Dreieich-Museums  
bulletWebportal HS 010.jpg (66495 Byte)Webportal "Vor dem Holocaust" - Fotos zum jüdischen Alltagsleben in Hessen mit Fotos zur jüdischen Geschichte in Dreieichenhain 

Literatur:  

bulletPaul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 143.   
bulletThea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945? 1988 S. 171-172.  
bullet dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 142 (ohne weitere Informationen).
bulletdies.: Neubearbeitung der beiden Bände. 2007² S. 358-359.    
Hinweis: in der Neuauflage 2007² ist ein falsches Foto zu Dreieichenhain aufgenommen worden. Das Foto Nr. 187/2 [1988] wurde durch ein anderes Foto (nicht aus Dreieichenhain!) Nr. 187 Abb.1 [2007] ersetzt. 
bulletStudienkreis Deutscher Widerstand (Hg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 271-273.   
bulletKein Artikel zu Dreieichenhain in Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume III: Hesse -  Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992 (hebräisch).  
bulletDreieichenhain im Wandel: 750 Jahre Stadt im Zentrum Europas. Hrsg.: Cives in Hagen - 750 Stadtrechte Dreieichenhain e.V. Geschichts- und Heimatverein e.V. Dreieichenhain (www.burg-hayn.de ). Dreieich Hayner Burgverlag 2005. Darin die beiden Aufsätze: 
-  Manuela Schneider: Die letzten Juden im Hayn. ". 273-286. 
-  Peter Hörr: Der jüdische Friedhof in Dreieichenhain. S. 287-309.   

   
    n.e.      

                   
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Stand: 30. Juni 2020