Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Balatonfüred (Komitat: Veszprém,
deutsch: Bad Plattensee, Ungarn)
 Jüdische Geschichte 
  

Übersicht:  

bulletZur jüdischen Geschichte in Balatonfüred 
bulletFotos   
bulletLinks und Literatur   

   

Zur jüdischen Geschichte in Balatonfüred          
     
In Balatonfüred am ungarischen Plattensee bestand eine jüdische Gemeinde vom 18. bis 20. Jahrhundert (offizielle Gemeindegründung 1784). Erstmals wird ein jüdischer Einwohner 1730 in einer Steuerliste genannt; nach anderen Angaben gab es seit 1746 jüdische Personen am Ort. 1770 lebten vier jüdische Familien mit zusammen 19 Personen in Balatonfüred. Die Familien lebten unter anderem vom Verkauf des Quellwasser des Ortes und anderer Waren. Noch im 18. Jahrhundert wird ein jüdischer Metzger am Ort genannt. Ab 1786 war als erster in Ungarn zugelassener jüdischer Arzt in Balatonfüred Joseph Manes Österreicher (1786-1830) tätig. Er sorgte für die Einrichtung eines Krankenhauses für arme Ortseinwohner, deren Kinder er zudem kostenlos behandelte.  
 
Im 19./20. Jahrhundert waren jüdische Einwohner auch als Winzer und als Weinhändler tätig. Nach dem Ausbruch der Reblaus waren sie die ersten, die schädlingsresistente Rebsorten einführen. Durch die jüdischen Weinhändler wurde der Wein vom Plattensee in ganz Europa verkauft.  
 
1872 wurde die jüdische Gemeinde als "autonome orthodoxe israelitische Gemeinde" eingetragen (1869 war es zu einem Schisma in Ungarn und der Trennung zwischen liberalen und orthodoxen Gemeinden gekommen). An Einrichtungen gab es eine Synagoge, eine jüdische Schule (über ein halbes Jahrhundert eine israelitische Grundschule, danach noch eine private Jeschiwa), ein rituelles Bad (Mikwe in der Segesdy Straße) und ein Friedhof. Die Synagoge wurde 1854/55 auf den Grundmauern der alten St. Margareten-Kirche erbaut und am 30. Mai 1855 eingeweiht (siehe unten). Sie war bis zu ihrer Schließung 1944 Mittelpunkt des religiösen Gemeindelebens am Ort.
Auf dem Friedhof finden sich Grabsteine, die bis ins 18. Jahrhundert zurückgehen. Teilweise auf Grund von Friedhofschändungen sind viele Grabsteine zerbrochen (siehe unten).
 
An jüdischen Vereinen gab es u.a. eine Chevra Kadischa (Beerdigungsbruderschaft) und ein Frauenverein.
 
Im Ersten Weltkrieg starben fünf jüdische Soldaten aus Balatonfüred an den Fronten, fünf weitere erhielten Auszeichnungen. In der Zeit der Pogrome des Weißen Terrors (1919-1921) wurden mehrere jüdische Einwohner aus Balatonfüred entführt und nach Siofok gebracht, wo einige von ihnen ermordet wurden. Weitere antijüdische Unruhen brachen 1922 aus.

In den 1920er-Jahren wurden etwa 150 jüdische Einwohner gezählt in 42 Familien. Damals gab es zwölf jüdische Händler beziehungsweise Kaufleute, zehn Handwerker, vier Bauern, zwei Rechtsanwälte und drei Ärzte, die allesamt anerkennte jüdische Bürger der Stadt waren. 1930 wurden 143 jüdische Einwohner gezählt.
 
Seit 1938 gab - wie im ganzen Land - auch in Balatonfüred starke Repressionen durch staatliche antijüdische Gesetze. Dadurch verschlechterte sich die wirtschaftliche Situation der jüdischen Einwohner. 1942 wurden die jungen jüdischen Männer zur Zwangsarbeit eingezogen. Zu ihnen kamen elf ältere jüdische Männer, denen "verdächtiges Verhalten" vorgeworfen wurde.

Am 16. Mai 1944 wurden zusammen 130 Mitglieder der jüdischen Gemeinde deportiert und über das Ghetto Tapolca und Zalaegerszeg (20. Juni) in das Vernichtungslager Auschwitz verschleppt (Juli 1944). Von ihnen haben nur 15 die Shoa überlebt, darunter keines der jüdischen Kinder
. Der Namen der ermordeten jüdischen Ortsbewohner stehen auf dem 1949 errichteten Holocaust-Denkmal im Friedhof. 
 
Nach 1945 lebten wieder einzelne jüdische Personen am Ort, die zunächst versuchten, ein jüdisches Gemeindeleben wieder herzustellen. Doch ging die Zahl der jüdischen Einwohner weiter zurück. 
 
In der ehemaligen Synagoge befindet sich seit der Eröffnung am 20. März 2018 ein jüdisches Museum zur Erinnerung vor allem an prominente jüdischen Persönlichkeiten:  8230 Balatonfüred  Bajcsy-Zsilinszky Str. 32   Tel. +35-87/782-592  geöffnet von Mittwoch bis Sonntag 10-17 Uhr    E-mail: info@zsidokivalosagok.hu  Website: https://www.zsidokivalosagok.hu/ 
Die Idee zur Wiederherstellung des Synagogengebäudes geht auf die Initiative von Ferenc Olti zurück, dessen Familienangehörige aus Balatonfüred deportiert und ermordet wurden. In der Ausstellung des Museums wird das Leben und Werk von 132 jüdischen Persönlichkeiten aus den Bereichen Medizin, Biologie, Mathematik, Physik, Chemie, Architektur und Informatik mit modernster digitaler Technologie präsentiert.
    
    
    

Fotos
(Fotos: Hahn, Fotos vom August 2018)  

Die ehemalige Synagoge - heutiges jüdisches Museum  

 
   
Die ehemalige Synagoge (1855-1944), seit 2018 jüdisches Museum in Balatonfüred. Auf dem Grundstück stand ursprünglich die mittelalterliche St. Margareten-Kirche, die während des Krieges gegen die Türken (1549 und 1552) abgebrannt ist, danach von der Reformierten (Calvinistischen) Kirche wieder aufgebaut und 1725 erweitert wurde. In den 1830er-Jahren wurde am Ort eine neue reformierte Kirche erbaut und die bisherige Kirche an die jüdische Gemeinde verkauft. Nach 1945 wurde das Gebäude von einem Gewerbebetrieb als Lagerraum, Waschraum und Garage verwendet.       
     

Der jüdische Friedhof an der Vázsonyi-Straße in Richtung Balatonszőlős
(im Nordwesten der Stadt; im Besitz des ungarisch-jüdischen Dachverbandes Mazsihisz).
Der Friedhof wird seit Herbst 2018 renoviert. Er wird künftig ein Teil des Gedenkparkbereiches, welcher die erhaltenen alten Friedhöfe der jüdischen, evangelisch-reformierten und der römisch-katholischen Kirche umfassend wird. Im Zusammenhang mit den Renovierungsarbeiten sollen die Umfassungsmauern repariert werden. Ein neuer Eingang wird geschaffen und die erhaltenen Grabsteine wieder aufgerichtet. Der älteste lesbare Grabstein ist aus dem Jahr 1812.     

     
 Alter Eingang zum Friedhof  Teil der Umfassungsmauer des Friedhofes  Im Friedhof
     
     
 Grabstein für Rabbiner Abraham Pollak  Grabstein für Rabbiner Esra Menachem Zorf  Teilansicht des Friedhofes
     
     
 Grabstein für Rudolf Oblatt (gest. 1915)    Das Holocaust-Denkmal von 1949
     
Die teils eingefallene Mauer des jüdischen Friedhofes, die im Zuge der Renovierungsmaßnahmen wieder hergestellt wird    Links Grabstein für Dr. Sefer Vilmos (1881-1941)
     
   
 Teilansichten des Friedhofes    

   

     
Links und Literatur   

Links:  

bulletWebsite der Stadt Balatonfüred mit Seite u.a. zum jüdischen Museum https://balatonfured.hu/en/2017/12/10/museums-and-galleries/
bulletWebsite des jüdischen Museums https://www.zsidokivalosagok.hu/     
bulletSeiten zur jüdischen Geschichte in Balatonfüred:
"Jewish History of Balatonfüred" https://www.zsidokivalosagok.hu/en/history-of-the-jews-in-fured/
"Balatonfuered" https://dbs.bh.org.il/place/balatonfured  
bulletInformationsseite zum jüdischen Friedhof https://www.iajgsjewishcemeteryproject.org/hungary/balatonfured.html 
bulletPresseartikel (September 2018) zur anstehenden Renovierung des Friedhofes: https://jewish-heritage-europe.eu/2018/09/17/hungary-jewish-cemetery-renovation/     

Literatur:  

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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 15. Oktober 2013