Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Baden-Baden (Stadtkreis)
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge der Gemeinde bis 1940   

  
Hinweis: Zur Seite über die jüdische Geschichte / Synagogengeschichte nach 1945
(interner Link)     
  
Übersicht:   

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Allgemeine Beiträge zur Geschichte der jüdischen Gemeinde    
Das Erholungsheim für israelitische Frauen  
Über einzelne Personen aus der Gemeinde   
Anzeigen und Berichte zu jüdischen Gewerbebetrieben      
bulletZur Geschichte des Betsaals / der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen 
bulletErinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte     
bulletLinks und Literatur    

      

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)  
  
In Baden-Baden lebten vom 16.-18. Jahrhundert nur vereinzelt jüdische Personen (1579, 1681/83 namentlich Aron zu Baden, 1685 Löw mit Frau Johanna, Matz mit Frau Rebecca, zum 18. Jahrhundert siehe den folgenden Abschnitt von Günther Mohr). 
  
Seit Anfang des 17. Jahrhunderts (erster Nachweis 1609) gibt es immer wieder einige, seit dem Ende des 18. Jahrhunderts zahlreicher werdende jüdische Kurgäste in der Stadt. Im 18. Jahrhundert wird eine Quelle der Stadt, die später in der "Friedrichsquelle" aufging, "Judenbrühbronnen" oder "Judenquelle" genannt.    
In dem 1809 erstellten neuen Armenbad der Stadt wurden in der dritten Klasse auch Juden zugelassen.   

Über die Zeit des 18. Jahrhunderts berichtet Günther Mohr auf Grund seiner Recherchen (s.u. Literatur):  
In Baden-Baden lebte Anfang des 18. Jahrhunderts Hayum Flörsheim. Er war durch seine Heirat mit Fromet oder Chrona, einer Tochter von Matz oder Mathias Schweitzer (der nach 1700 den Titel "Hofjude" trug) in die Markgrafschaft Baden-Baden gekommen. 1711 bis 1713 war Hayum Flörsheim "Oberschultheiß" der dortigen Juden, vertrat also die Interessen der Judenschaft bei der Regierung in Rastatt. 1720 wurde er als einer der drei Schultheißen in der Markgrafschaft bezeichnet. 
Hayum Flörsheim übernahm Aufträge für die Regierung, aber auch für Privatleute wie den Stiftsprobst Reinhard von Flosdorf in Baden-Baden. In den zwanziger Jahren ist sein Handel mit Edelsteinen und Silber nachweisbar. Seit 1725 hatte er das Monopol im Handel mit Essig, Tabak und Branntwein in der Markgrafschaft inne, stieß allerdings auf große Schwierigkeiten es durchzusetzen und erzielte wohl wenig Erfolg. Trotz dieser Verbindung mit der Regierung und mit dem Hof (er verkaufte der Frau des späteren Markgrafen Ludwig Georg Schmuck auf Kredit) wurde ihm nicht erlaubt, seinen Wohnsitz von Baden-Baden nach Rastatt zu verlegen.
Wohl 1729 trat seine Tochter zum katholischen Glauben über. Hayum Flörsheim floh nach Karlsruhe, wo er den Schutz erhielt. Danach erhob die Regierung in Rastatt erfolglos Ansprüche gegen Hayum Flörsheim auf eine Ausstattung seiner Tochter in Höhe von 2000 Gulden. Damit sollte deren Aufenthalt im Kloster "Zum Hl. Grab" in Baden-Baden finanziert werden. 
In Baden-Baden lebte auch ein Sohn von Mathias Schweitzer, Samson Schweitzer, der 1736 "Judenschultheiß" wurde und ein Jahr später den Titel "Oberjudenschultheiß" erhielt. In dieser Funktion wirkte er mit bei der Festlegung von Abgaben und Steuern der jüdischen Haushaltsvorstände und bei der Aufnahme von Bewerbern in den Schutz. Dabei stieß er besonders ab 1742 auf den Widerstand vieler Schutzjuden. Sie betrieben schließlich seine Absetzung mit der Begründung, er habe die innerjüdische Rechnungsführung nicht korrekt abgewickelt und von ihnen zu Unrecht Gebühren erhoben. Die Regierung bestrafte sowohl Schweitzer wie die übrigen Juden, weil sie sich einem Kompromiss widersetzten. Samson Schweitzer erhob den Vorwurf, Schutzjuden würden bei Zöllen und Steuerzahlungen betrügen; sie warfen ihm erneut vor, z.B. bei Schutzaufnahmen von ihnen Geld gefordert zu haben. Schließlich setzte ihn die Regierung 1749 ab. Samson Schweitzer hatte nur wenig Handel getrieben, er verarmte nun noch mehr. In der Folge versuchte er unter zahlreichen Anschuldigungen gegen die Judenschaft, allerdings vergebens, das verlorene Amt wieder zu erhalten. Er starb um 1755. 
In der Stadt Baden-Baden lebten daraufhin keine weiteren Juden mehr im Schutz. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts verhinderte die Stadt die gemeindebürgerliche Aufnahme von Juden mit der Begründung, dass bis dahin keine jüdischen Einwohner auf Dauer in der Stadt gelebt hätten.  

Erst nach 1862 (in diesem Jahr wurde Baron Rothschilds Niederlassungsgesuch noch abgelehnt) konnten sich Juden als gleichberechtigte Ortsbürger in der Stadt niederlassen. Danach erfolgte eine  starke Zuwanderung. Am 2. November 1890 wurde die Israelitische Gemeinde Baden-Baden begründet. 
 
Die Zahl der jüdischen Einwohner entwickelte sich wie folgt: 1865 18 jüdische Einwohner (0,2 % von insgesamt 9.280 Einwohnern), 1875 84 (0,6 % von 14.251), 1880 73 (0,6 % von 11.923), 1895 156 (1,0 % von 19.979), 1900 192 (1,0 % von 19.979), 1910 302 (1,4 % von 22.066), 1925 435 (höchste Zahl jüdischer Einwohner; 1,7 % von 25.692).   
      
An Einrichtungen bestanden insbesondere ein Betsaal beziehungsweise seit 1899 eine Synagoge (s.u.), eine Religionsschule, ein rituelles Bad und ein Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Kantor und Schochet tätig war. Die Gemeinde wurde dem Rabbinatsbezirk Bühl zugeteilt. 
  
Die Integration vollzog sich recht schnell. Bereits um 1890 waren zahlreiche Baden-Badener Juden Mitglieder in den wichtigsten lokalen Vereinen und hatten dort in einigen Fällen auch leitende Funktionen inne. Es gab alsbald zahlreiche Einzelhandelsgeschäfte, die im Besitz jüdischer Geschäftsleute waren, aber auch jüdische Rechtsanwälte und Ärzte. Um 1900 bestanden drei Hotels mit einer koscheren Küche: Hotel Tannhäuser (Rettigstraße 1, Inhaber Samuel Cahn, bestand bis 1939, zuletzt am Sonnenplatz, letzte jüdische Inhaber Familie Köhler-Stern); Hotel Hirsch-Herz (1890 von der Lange Straße 8 in die Werderstraße 6 verlegt, Inhaber Alphons Weil); Hotel Odenheimer (seit 1896 in der Lange Straße 8, Inhaber Ferdinand Odenheimer; seine Tochter Mathilde und ihr Mann Philipp Lieblich eröffneten später in der Stefanienstraße 2 das Central Hotel, das bis 1939 bestand).  
       
Um 1925 waren die Vorsteher der jüdischen Gemeinde: D. Kahn, Rubin Löwengardt, Gustav Crailsheimer, Julius Nachmann, Otto Mainzer und Dr. Paul Kahn. Als Kantor und Lehrer der Gemeinde wirkte Max Grünfeld, als Synagogendiener Louis Weil sowie als Schochet Isidor Wolff. An jüdischen Vereinen gab es insbesondere einen Israelitischen Frauenverein (gegründet 1880; 1925 120 Mitgliedern) sowie eine Israelitische Armenkasse (Ziel: Unterstützung Ortsansässige rund Durchreisender). 1932 waren die Gemeindevorsteher: Bankier Kahn (1. Vorsitzender), Rubin Löwengardt (2. Vorsitzender) und Dr. Paul Kahn (3. Vorsitzender). Der Repräsentanz gehörten 25 Mitglieder an. Im Schuljahr 1932/33 erhielten 35 jüdische Kinder durch Lehrer Max Grünfeld Religionsunterricht.
 
An ehemaligen, bis nach 1933 bestehenden Gewerbe-, Handels- und Dienstleistungsbetrieben im Besitz jüdischer Personen/Familien sind bekannt (Auswahl): Lederwerke Adler & Oppenheim AG; Elektroartikel Emil Baer; Holzgroßhandlung Fritz Baer; Arztpraxis Dr. Salomon Baer; Arztpraxis Dr. Hugo Beissinger; Tapeziergeschäft Adolf Deutsch; Pferdehandlung Karl Dreyfuß; Weinbrennerei und Wermutweinkellerei Leopold Dreyfuß; Möbelhaus L. Durlacher, Mitinh. Benno Durlacher; Papierhandlung Heinz Fabisch; Holzkaufmann Ludwig Falk; Textilversandgeschäft Max Frank; Arztpraxis Dr. Julius Fuchs; Altwarenhandlung Joseph Götzel; Rechtsanwalt Dr. Hugo Hauser; Sanatorium Dr. Friedrich Heinsheimer; Rechtsanwalt Dr. Rudolf Heinsheimer; Rechtsanwalt Dr. Rudolf Heinsheimer; Arztpraxis Dr. Bruno W. Herrmann; Rechtsanwalt Dr. Paul Kahn; Herrenkonfektionsgeschäft Louis und Emmy Cassel; Schuhgeschäft J. Hermann OHG, Inh. Lina und Rosa Kaufmann; Schuhgeschäft Eugen Zivy; Damenkonfektionsgeschäft Josef Kleinmann; Herren- und Damenbekleidung Meier Schloß; Hotel Theodor Köhler; Arztpraxis Dr. Robert Kuhn; Hotel Zentral, Inh. Philipp Lieblich (Stefanienstraße 2); Einheitspreis-Kaufhaus Fa. Robert Lipsky OHG (Lange Straße 25); Fa. Möbelbeschläge Rubin Löwengart; Spielwarengeschäft "Schwarzwald-Bazar" Robert Nachmann (Lichtentaler Straße 14); Geschenkartikelgeschäft "Wiener Bazar" Julius Nachmann; Arztpraxis Dr. Wilhelm Neumann; Arztpraxis Dr. Jakob Roos; An- und Verkaufsgeschäft Evel Rosbach; Damenkonfektionsgeschäft OHG L. Mayer, Inh. David und Max Rosenberg; Arztpraxis Dr. Arnold Sack; Arztpraxis Dr. Waldemar Sack; Schuhgeschäft Kurt Schiff; Schuhwarengeschäft Ida Schweizer; Arztpraxis Dr. Herbert Staub; Weinhandlung Samuel Suhler; Kunsthandlung Leopold und Elsa Weiß (Galerie Weiß); Immobilien Wilhelm Wolf.     
  
1933 wurden 260 jüdische Einwohner gezählt (0,9 % von insgesamt 30.262 Einwohnern). Auf Grund der zunehmenden Repressalien (Baden-Baden galt bereits 1930 als "Tummelplatz der wüstesten Judenhetze", siehe Artikel unten), der Entrechtung und der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts verließen viele der jüdischen Einwohner in den folgenden Jahren die Stadt. Einige andere zogen jedoch aus anderen Orten noch in Baden-Baden zu. Offiziell wurde bis Anfang 1937 die öffentliche Diskriminierung jüdischer Kurgäste mit Rücksicht aus die ausländischen Kurgäste nicht betrieben. Seit Anfang 1937 wurden die jüdischen Kurgäste jedoch praktisch vom allgemeinen Kurbetrieb ausgeschlossen (siehe Artikel unten von 1937). Nur noch viert Hotels durften danach Juden aufnehmen. Die Ereignisse beim Novemberpogrom 1938 gestalteten sich in Baden-Baden in besondere brutaler und die jüdischen Einwohner in höchstem Maße demütigender Weise (siehe unten im Abschnitt zur Synagoge). Am 22. Oktober 1940 wurden 106 jüdische Personen aus Baden-Baden nach Gurs deportiert. Von den Zurückgebliebenen - 1941 wurden noch 44 jüdische Personen im Stadtkreis gezählt - wurde ein Teil zwischen 1942 und 1945 bei weiteren Deportationen verschleppt. Einige wenige konnten auf Grund einer "privilegierten Mischehe" in der Stadt überleben.       
      
Von den in Baden-Baden geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Thekla Ackermann geb. Wiener (1872), Antonie Aron (1889), Clara Baer geb. Hess (1881), Anna Bär geb. Bensinger (1883), Jakob Bär (1875), Salomon Bär (1870), Amalie Behr geb. Neter (1874), Alice Bendix (1894), Ida Berger geb. Katzenstein (1862), Arthur Bergmann (1880), Betty (Henriette Netty) Bergmann geb. Rosenheim (1890), Ida Besag (1918), Clara Babette Bielefeld (1879), Lily Rosalie Bielefeld (1878), Arthur Blaustein (1878), Jakob Blum (1891), Nanette Blum geb. Gerstle (1894), Siegfried Bodenheimer (1868), Chaim Breitbart (1887), Eugen Bruchsaler (1886), Rosa Buchmüller geb. Heilbronner (1869), Adolf Cohn (1871), Dorothea Cohn geb. Meth (1904), Ernestine Cohn geb. Frenkel (1868), Paul Nikolaus Cossmann (1869), Gustav Dermberg (1876), Irene Deutsch (1910), Mina Deutsch geb. Hammel (1879), Berta Dreifuss geb. Springer (1873), Walter Dreyfuss (1912), Helene Durkop geb. Goldschmidt (1895), Arthur Durlacher (1902), Erna Durlacher geb. Solomonica (1905), Gerhard Leopold Durlacher (1928), Hermine Durlacher (1884), Julius Durlacher (1882), Dorothea (Dora) Eberhard (1889), Karl Theodor Eichtersheimer (1869), Erich Eil (1889), Johanna Eil geb. Eltermann (1902), Daniel Eisenkling (1888), Elfriede Eisenkling (1897), Helma (Helena)  Eisenkling (1932), Judith Eisenkling (1928), Frieda Falk geb. Neumann (1920), Leopold Falk (1914), Gerhard Fischer (1895), Betty Flegenheimer geb. Löffel (1882), Moses Flegenheimer (1869), Josef Fleischer (1873), Gertrud Freund geb. Levinson (1876), Anna Fried geb. Bloch (1896), Emil Fried (1883), Hans Fried (1905), Marianne Regina Fried (1921), Lina Geismar geb. Katz (1894), Ludwig Geismar (1896), Kathi (Katherine) Gottschalk geb. Baumann (1873), Otto Gottschalk (1871), Gertrud Halperin (1907), Gustav Hamel (1859), Margarethe Hamel geb. Bon (1868), Lieselotte Nanette Hammel (1919), Hugo Karl Hauser (1880), Johanna Hauser geb. Hauser (1889), Dorothea Hecht (1875), Gertrud Herbst (1902), Elise Hirschfeld geb. Weil (1870), Benno Hofmann (1892), Bertha Hopp geb. Grünwald (1881), Tekla Isaacsohn geb. Mandel (1869), Emma Jankelowitz geb. Heilbronner (1879), Dora Joseph geb. Metzger (1873), Ludwig Kander (1877), Alfred Kaufmann (1880), Bertha Kaufmann geb. Leopold (1899), Johanna Kaufmann (1923), Julie Kaufmann (1889), Paul Kaufmann (1923), Frieda Kayem geb. Mayer (1875), Helene Keller geb. Keller (1909), Albert (Adelbert) Kirschner (1886), Ingeborg Kirschner (1922), Margot Kirschner (1923), Renate Kirschner geb. Goldschmidt (1894), Auguste Köhler geb. Stern (1876), Theodor Köhler (1880), Franz Sally Korwan (1865), Anna Lachmann (1876), Recha Landsberg geb. Dreyfuss (1894), Ruth Lastmann (1919), Kurt Lehmann (1909), Alfred Leopold (1897), Leopold Less (1863), Hortense Levinger geb. Königswerther (1869), Hedwig Levy (1867), Helene Levy geb. Berliner (1890), Mina Lion (1892), Helene Litten geb. Zacharias (1867), Marianna Lorsch (1924), Franz Lust (1880), Else Maier geb. Herrmann (1900), Ernst Mainzer (1886), Olga Mainzer geb. Salomon (1892), Trude Manasse geb. Lieblich (1904), Emma Mayer (1881), Ida Mayer (1879), Julius Mayer (1884), Sophie Mayer geb. Carlebach (1881), Anna Michaelis (1860), Sophie Mary Modrze (1908), Florine Nachmann geb. Blum (1874), Julius Nachmann (1869), Hermann Netter (1870), Oskar Netter (1906), Thekla Neuburger (1873), Helene Neumann geb. Berliner (1879), Salomon Neumann (1874), Irmina Öhlbert geb. Behr (1897), Nathan Pfeifer (1865), Paula Pick geb. Lay (1880), Katherina Preis (1913), Karl (Carl) Reis (1862), Bertha Rhein geb. Sternweiler (1877), Berthold Roos (1920), Elisabeth Roos (1919), Ronald Rose (1913), Martha Rosenbaum (1889), Heinz Rosenberg (1903), Jeanette Rosenberg geb. Cronbach (1875), Nina Rosenberg (1903), Helene Saalfeld geb. Sternfeld (1887), Arnold Sack (1863), Elsa Sänger geb. Belmonte (1878), Jenny Salberg (1882), Melonia Schaalmann geb. Roos (1885), Anita Schachne (1921), Emil Schloss (1860), Sophie Spiegel (1903), Dina (Lina) Spiekenheuer geb. Grodzenska (1889), Marion Spier (1908), Berta Stern geb. Schnurmann (1878), Josef Stern (1893), Julius Stern (1865), Anita Studinski geb. Schachne (1921), Hedwig Gertrude Teutsch geb. Dreyfuß (1888), Jacob Teutsch (1873), Arthur Ullmann (1914), Lili Wahl geb. Jankelowitz (1906), Isidor Wälder (1861), Fritz Weil (1904), Leopold Weil (1875), Louis Weil (1858), Else Weiß geb. Herz (1877), Heinrich Wetzlar (1868), Therese Wetzlar geb. Joseph (1869), Johanna Wildberg geb. Gumprich (1879), Siegmund Wildberg (1876), Fritz Salomon Wolf (1884), Hermann Wolf (1861), Oskar Wolf (1886), Sofie Wolf (1890), Rosa (Renle) Wolff geb. Maier (1890), Johanna Ziegel (1915), Martha Ziegel geb. Spiro (1884).  
  
Anmerkung: die in einigen Listen unter den Opfern der NS-Zeit genannten Zwillingsschwestern der oben genannten Isa Besag (1918 - ermordet 1942 Auschwitz) - Hilde Besag (1921) und Lotte Besag (1921) - sind nicht nach der Deportation umgekommen, sondern haben den Holocaust überlebt: Hilde verheiratete Überacker lebt bis heute in Deutschland; ihre Schwester Lotte verheiratete Coulon ist am 24. Oktober 2004 in Hamilton, Ontario, Canada verstorben. Familie Besag lebte bis 1940 in der Gunzenbachstraße 37 in Baden-Baden (vgl. Links zur Geschichte der Familie Besag, zusammengestellt von Christian Burkhart).     
   
   
Nach 1945  1946 konnte eine kleine Gemeinde wiederbegründet werden, die mit einer Unterbrechung um 1980/90 bis zur Gegenwart besteht (1992 25 Mitglieder, 2002 über 300 Mitglieder). Siehe folgende Seite.  
    
    
    
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
   
Allgemeine Beiträge zur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
Baron Rothschild darf sich nicht in Baden-Baden niederlassen (1862)    

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 1. Januar 1862: "Aus dem Großherzogtum Baden, im Dezember (1862). In Baden-Baden ist dem Baron Rothschild, trotz der Befürwortung der Staatsbehörde und trotzdem, dass er mit vielen Kosten großen Grundbesitz dort erworben hatte, vom großen Bürgerausschusse die Aufnahme als Gemeindebürger fast mit Einstimmigkeit versagt worden, weil er ein Israelit ist. Es besteht nämlich im Großherzogtum Baden bezüglich der Aufnahme von Israeliten zu Gemeindebürgern die gesetzliche Bestimmung, dass diese Aufnahme in Orten, wo bisher noch kein Israeliten ansässig gewesen sind, lediglich von der Gemeinde selbst anhängt."      

    
Bericht über die Gemeindeverhältnisse (1890)    

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Juni 1890: "Baden-Baden. Der herrliche mit so hervorragenden Naturschönheiten – fast möchte man sagen: verschwenderisch – ausgestattete Kurort Baden-Baden, der die ihm beigelegte Bezeichnung als ein ‚zweites Paradies’ nicht mit Unrecht führt, bewährt seine Anziehungskraft auch auf unsere Glaubensgenossen, von welchen alljährlich eine nicht unbeträchtliche Anzahl hierher pilgern, um ihre Gesundheit zu kräftigen und sich auszuruhen von dem aufreibenden ‚Kampf ums Dasein’. Für die Befriedigung der leiblichen Bedürfnisse ist durch eine vortreffliche Restauration gesorgt. Es mangelt jedoch an einem würdigen Gotteshause. Die hierorts ansässige jüdische Bevölkerung bildet nämlich keine Synagogen-Gemeinde und ermangelt somit einer geeigneten Organisation. Es haben sich bis jetzt nur einige zu einer religiösen Gesellschaft vereinigt, an deren Spitze der wackere Herr Rothschild steht. Bei den gottesdienstlichen Vereinigungen fungiert Herr Hoffmann, ein vorzüglicher Vorsänger und ernst religiöser Mann. Es mangelt aber oft an Minjan. Die Konstituierung der hiesigen Judenschaft als ordentliche Synagogengemeinde würde gewiss hierin Wandel schaffen, und auch den Bau eines Gotteshauses ermöglichen. Hierzu Anregung zu geben ist der Zweck dieser kurzen Berichterstattung."   

 
Gründung der neuen jüdischen Gemeinde (1891)    

Baden-Baden Israelit 29011891.jpg (51546 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Januar 1891: "Aus dem Badischen, 20. Januar (1891). Der Großherzog hat mit allerhöchster Staatsministeriums-Entschließung den israelitischen Einwohnern von Baden-Baden zum Zweck der Gründung einer Religionsgemeinde Körperschaftsrechte verliehen. Im Anschluss hieran hat das Großherzogliche Kultusministerium die neu zu bildende israelitische Gemeinde dem Synagogenbezirke Bühl zugeteilt. 
Die vorbereitenden Schritte zur Bildung der Gemeinde sind bereits im Werke.   
Der Bedeutung Baden-Badens entsprechend wird man nun auch über kurz oder lang die Erbauung einer Synagoge an Stelle des jetzigen Betsaales ernstlich ins Auge fassen müssen, und werden gewiss die vielen Gönner der berühmten Badestadt im In- und Ausland des dem schönen Vorhaben seiner Zeit ihre warme und werktätige Teilnahme zuwenden. B.N.D.M."  
 
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 12. Februar 1891: "Der israelitischen Religionsgesellschaft zu Baden-Baden sollen nächstens die Gemeinderechte verliehen werden."        

   
Allgemeiner Artikel für Baden-Baden mit Werbung für das Hotel Minerva (1893)   

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 11. August 1893: "Geschäftliche Notizen.   
Baden-Baden, dieses eleganteste aller fashionablen Bäder, übt nach wie vor seine unverminderte Anziehungskraft auf ein distinguiertes Reisepublikum aus. Abgesehen von der allgemein bekannten, von den Römern schon gewürdigten Thermalquelle, hat sich das liebliche Schwarzwaldstädtchen seit langem als der bevorzugte Liebling Solcher erhalten, die von dem aufreibenden Treiben der Großstadt und des öffentlichen, wie gesellschaftlichen Lebens sich für einige Zeit zu herrlicher, frischer Geburtsnatur flüchten und im köstlichsten Waldesodem für ihre geschwächten Nerven neue Spannkraft finden wollen. Die ausgezeichnete geographisches Lage Baden-Badens, das vortreffliche Klima, die Mannigfaltigkeit seiner entzückenden unmittelbaren Umgebung, diese seltene Vereinigung von allen Reizen der Gebirgsnatur im engsten Umkreis, die man wo anders oft nur mühsam und auf große Entfernungen zusammensuchen muss, zieht Jahr für Jahr Tausende von Gästen aus den besten Gesellschaftsklassen aller Nationen dorthin, wo Natur und Kunst sich vereinen, um ihre Vorzüge verschwenderisch auszuschütten und einen wahrhaft idealen Aufenthaltsort zu schaffen der der Sammelpunkt des gediegenen Wohlstandes ist. Das Vorurteil, Baden-Baden sei während der Monate Juli und August ganz besonders heiß, ist ebenso ungerechtfertigt, wie das hinsichtlich der teuren Preise. Was das erste betrifft, so lässt der frische, würzige Hauch der, meilenweit über Tannenwaldungen hinstreifend, das Tal der Oos durchweht, die Empfindung unerträglicher Wärme überhaupt niemals aufkommen, und hinsichtlich des letzteren hat uns ein mehrwöchentlicher Aufenthalt in dem elegantesten der dortigen guten Hotels, dem Hotel Minerva, vom Gegenteil überzeugt. Seit der Eröffnung dieses im vornehmsten Stile geführten Hauses, das mit Recht den Zusatz ‚allerersten Ranges’ verdient, wird dasselbe von den allerbesten Gesellschaftsschichten bevorzugt. Seine ausgezeichnete Lage inmitten seines eigenen herrlichen Gartens, unmittelbar an der zauberischen Lichtenthaler Allee, diesem Korso der Bäderstadt, seine mit allem Komfort moderner Anspruche versehene innere Ausstattung, die außergewöhnliche Sorgfalt seiner Leitung, die jedem Einzelnen den Aufenthalt daselbst zu dem denkbarst angenehmen macht, die exquisite Küche des Hauses unter der Leitung von Meister Escoffiers bewährtesten Schülern, der erlesene Keller, Alles hat sich vereint und dem Hotel Minerva schnell eine erstaunliche Beliebtheit bei allen Denen zu erwerben gewusst, welche die Vorzüge eines Hotels vornehmsten Genres und zu gleicher Zeit die Ruhe und Behaglichkeit eines distinguierten Privathauses zu genießen wünschen. Den verwöhntesten wie bescheidenen Ansprüchen tragt das Hotel Minerva Rechnung, und in entgegenkommendster Weise werden bei längerem Aufenthalte – besonders mit Familien – vorteilhafte Arrangements abgeschlossen."
    

  
Chanukka-Feier der Gemeinde im Hotel Tannhäuser (1928)  

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Januar 1929: "Baden-Baden, 22. Dezember (1928). Die Baden-Badener Gemeinde hatte am 15. Dezember ihre Mitglieder in das Hotel Tannhäuser zu einer Chanukka-Feier eingeladen. Nach einem Harmoniumvorspiel kennzeichnete Kantor Grünfeld die Bedeutung des Chanukkafestes. Im Mittelpunkt des Programms stand ein Chanukka-Festspiel ‚Großmütterchens Traum’ von Eddy Goldschmidt, das die Schülerinnen und Schüler der oberen Klassen zur Aufführung brachten. Der große Beifall nach dem Spiel konnte seinem Regisseur, dem Herrn Kantor Grünfeld, der beste Lohns ein für seine wochenlange, rastlose und eifrige Vorarbeit hierzu. Ein Cellosolo und drei Gedichten von Zuckermann gaben dem Teil der Feier einen würdigen Abschluss. Nach einer kurzen Paule breitete sich wiederum lautlose Stille für die anschließende Schubertfeier aus."    

     
Von den Behörden werden Provokationen der Nationalsozialisten abgelehnt (1930)     

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Juli 1930: "Baden-Baden. Entgegen irreführenden Presseberichten teilt die Kurdirektion in Baden-Baden mit, dass die Reichs-, Staats- und Landesregierung und insbesondere die hiesige Stadtverwaltung sowie die weitaus überwiegende Mehrheit der Bevölkerung irgendwelchen Provokationen der National-Sozialistischen Arbeitspartei durchaus ablehnend gegenüberstehen."       

 
Baden-Baden - "Tummelplatz der wüstesten Judenhetze" (1930)  

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Juli 1930: "Gegen die überhand nehmende Judenhetze in Baden-Baden.   
Karlsruhe
, 28. Juli (1930). Dieser Tage fand in Baden-Baden eine aus allen Bevölkerungskreisen besuchte Bürgerversammlung statt, die als Protest gegen das Treiben der Nationalsozialisten in der Bäderstadt abgehalten wurde. Der Vorsitzende, Stadtrat Becker, betonte, dass die Kurverwaltung Baden-Baden die Werbetrommel überall in der Welt rühre, als Echo aber höre man: ‚Meidet Baden-Baden, denn es ist der Tummelplatz der wüstesten Judenhetze!’ ‚Ich muss leider sagen’, erklärte Stadtrat Becker, ‚dass diese Behauptungen nur zu wahr sind. Es ist Tatsache, dass beinahe in jeder Nacht Häuser der jüdischen Mitbürger mit Farbe besudelt werden. Man scheut sich nicht, auf offener Straße Propaganda gegen das Judentum zu machen und empfängt die jüdischen Kurgäste am Bahnhof, rempelt sie an und zwingt sie zur Umkehr. Auch anderen ausländischen Fremden ist es in ähnlicher Weise ergangen.’  
In einer Entschließung der Bürgerversammlung wird festgestellt, dass mit Entschiedenheit gegen diese Hetze Stellung genommen werden muss."  

  
Jüdische Kurgäste werden vom Kurbetrieb ausgeschlossen (1937)  

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Februar 1937: "Neue Richtlinien für den Kurbetrieb in Baden-Baden. Frankfurt am Main, 10. Februar (1937). Die ‚Frankfurter Zeitung’ meldet, dass der Reichsstatthalter und Gauleiter für Baden Richtlinien erlassen hat, die den Kurbetrieb in Baden-Baden grundsätzlich ordnen sollen. Es sei bestimmt worden, dass Juden keine Kurtaxkarten und keine Einwohnerkarten mehr erhalten und dass sie in Zukunft vom Gebrauch sämtlicher Kurmittel ausgeschlossen seien. Um eine einheitliche und strikte Durchführung zu gewährleisten, solle der polizeiliche Anmeldezettel geändert werden, sodass den zuständigen Stellen die Unterscheidung zwischen arischen und nicht-arischen Gästen ermöglicht werde. Kreisleiter Altenstein habe dem Baden-Badener Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe von den Anordnungen des Reichsstatthalters Mitteilungen gemacht und hinzugefügt, es sei Sache dieses Gewerbes, die ihm gestellte Aufgabe im Sinne nationalsozialistischer Gemeinschaftsarbeit zu lösen und damit Baden-Badens Einordnung in die Reihe der anderen Kurorte und in die großen Linie des völkischen und wirtschaftlichen Wiederaufbaus zu ermöglichen."   

  
  
Das Erholungsheim für israelitische Frauen Baden-Baden  
Eröffnung des Erholungsheimes (1913)   

Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 27. Juni 1913: "Erholungsheim für israelitische Frauen Baden-Baden.   Am 22. Juni erfolgte in Baden-Baden in kurzer und schlichter Feier die offizielle Eröffnung des Erholungsheims für israelitische Frauen Baden-Baden. Das Heim wird von einem in Frankfurt am Main konstituierten Verein geleitet und geführt und bietet für nahezu 20 Insassinnen Platz. Freifrau Mathilde von Rothschild zu Frankfurt am Main hat die Anregung zur Errichtung dieses Heims und die Möglichkeit zum Erwerb des herrlich gelegenen Hauses gegeben, jedoch die fortdauernde Unterhaltung dem neu gegründeten Verein übertragen. In einem weit reichend und künstlerisch angelegten Garten liegt das Haus, das mit seinen schlichten und schönen Räumen sicherlich jeden Insassen und Besucher entzücken wird.    
Zu der Eröffnung waren die Behörden, zahlreiche Mitglieder der Bürgerschaft von Baden-Baden und der israelitischen Gemeinde und eine Reihe von Kurgästen erschienen. Außer dem Großherzoglichen Amtsvorstand, Freiherr von Reck, waren der Oberbürgermeister der Stadt Baden-Baden und die Vertreterinnen der am Platz befindlichen Frauenvereine erschienen. Der Großherzogliche Oberrat der Israeliten war durch Geheimen Oberregierungsrat Dr. Meyer und der Synagogenrat der Gemeinde Baden-Lichtenthal durch Rechtsanwalt Dr. Herrmann vertreten. Großherzogin Luise von Baden hatte durch den Amtsvorstand sowie durch die Präsidentin des Badischen Frauenvereins aus eigener Initiative ihr Interesse und ihre Glückwünsche ausgesprochen.    
Die Feier wurde durch den stimmungsvollen Vortrag des Liedes ‚Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre’ seitens Kantor Grünfeld eröffnet. Darauf ergriff Herr Rechtsanwalt Horowitz – Frankfurt am Main, als Vorsitzender des Vereins, das Wort. Er begrüßte die Erschienenen und dankte der edlen Spenderin, indem er ausführte, sie habe den Gedanken wahr gemacht: ‚Dass es in diesem herrlichen Tale, wo die Lüfte milder wehen, wo Lebensstärkende Quellen sprudeln, wo die Schönheit der Gottesnatur unvermittelt zu unserem Herzen spricht, nicht an einer Stätte fehlen darf, wo einer der Grundpfeiler der sittlichen Weltordnung nach jüdischer Auffassung, Gemilus-Chassodim (Wohltätigkeit), werktätige Nächstenliebe zur äußeren Erscheinung kommt’. Der Redner besprach dann in kurzen Worten die Geschichte des Vereins und seine bisherige Entwicklung, äußerte sich zum Zwecke des Heims und sprach die Hoffnung aus, dass aus den Räumen des Heimes Vielen Erholung und Gesundung ersprießen werde.    
Er schloss mit den Worten: ‚In unserer aller Bibel steht das Wort ‚Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst’. Einer der größten Lehrer Israels hat es festgelegt und verkündet, dass in diesem Spruche unserer Bibel das ganze Judentum mit all seinen Gesetzen und Vorschriften begriffen ist, dass dieses Wort die Grundlage unseres Glaubens ist und dass alles andere an Gesetzen und Gebräuchen nur Ausführung und Erläuterung zu diesem Grundwort der Religion darstellt. So wollen wir es versuchen, mit diesem Heime und mit dieser Anstalt von neuem das Grundwort des Glaubens zu künden und auszuführen in der Hoffnung, dass die Mitarbeit und die Anteilnahme der Erschienenen und weiter Kreise uns die Möglichkeit gibt, dieser Anstalt immer weiter auszubauen zum Heile der Menschheit und zu ihrer eigenen Ehre. Das walte Gott!’     
Der zweite Vorsitzende, Hoflieferant Jul. Meyer – Baden-Baden sprach gleichfalls den Dank an Freifrau von Rothschild aus. Er rühmte im weiteren Verlauf seiner ausgezeichneten Ansprache insbesondere die Verdienste des Ehrenmitglieds des Vorstands, Michael M. Mainz – Frankfurt am Main, um den Ankauf und die Einrichtung des Heims, dankte den Ehrendamen Frau Mainz und Frau Dr. Stern – Baden-Baden für die mühereiche Arbeit, mit der sie für das Wohl der Insassinnen und für die Einrichtung der einzelnen Räume gesorgt haben. Nachdem Rechtsanwalt Dr. Herrmann noch die Anerkennung der Synagogengemeinde Baden – Lichtenthal und das Gelöbnis der Unterstützung des Heims abgelegt hatte, ergriff das Mitglied des Verwaltungsausschusses Rabbiner Dr. Unna – Mannheim das Wort zu einer kurzen Weiherede.   Rundgang und Imbiss schlossen die Feier.   Es ist zu hoffen, dass die Anteilnahme weiter Kreise der Anstalt die Möglichkeit geben wird, ihre Tätigkeit nicht nur im Sommer, sondern auch im Winter auszuüben. Anmeldungen zur Mitgliedschaft und Spenden können an die Verwaltung (Rechtsanwalt Horowitz – Frankfurt am Main, Hoflieferant Julius Mayer – Baden-Baden und Schatzmeister Bankier Willy Dreyfus – Frankfurt am Main, Alte Rothofstraße oder das Heim selbst (Baden-Baden, Werderstraße 24) übermittelt werden."    

   
Der Verein Israelitisches Erholungsheim für Frauen und Mädchen stellt das Erholungsheim als Kriegslazarett zur Verfügung (1914)    

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 11. September 1914: "Der Verein Israelitisches Erholungsheim für Frauen und Mädchen Baden-Baden, Verwaltungssitz Frankfurt am Main, hat sein Erholungsheim mit 18 Betten als Kriegslazarett zur Verfügung gestellt."          

 
Bericht über die Mitgliederversammlung des Vereins "Erholungsheim für israelitische Frauen" (1922)     

Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 6. April 1922: "Verein 'Erholungsheim für israelitische Frau Baden-Baden'. Der Verein 'Erholungsheim für Israelitische Frauen Baden-Baden e.V., Sitz Frankfurt am Main', hielt dieser Tage seine Mitgliederversammlung ab. Aus dem Bericht entnehmen wir, dass etwa 100 Frauen und Mädchen aus dem Mittelstand in dem Erholungsheim Aufnahme fanden. Der ärztliche Bericht lautet durchaus günstig.  
Anmeldungen für die frühen Sommermonate können nach den uns zugegangenen Mitteilungen noch an Frau Cohn, Frankfurt am Main, Ostendstraße 6, gerichtet werden. Der Verpflegungsbeitrag, der für jede Insassin zu leisten ist, beläuft sich in diesem Jahre auf Mark 600.- bei einer Kur von vier Wochen. Es ist zu hoffen, dass auch in diesem Jahre die Anstalt, die vielleicht in der Lage sein wird, ihren Betrieb zu vergrößern, zur Linderung mancher Not beitragen kann. Spenden werden an das Postscheckkonto 37 der Firma J. Dreyfus u. Co. mit dem Zusatz 'für Erholungsheim Baden-Baden' erbeten. Dorthin können auch Mitglieder-Anmeldungen gerichtet werden, die im Übrigen auch Michael M. Mainz, Frankfurt am Main, Ostendstraße 6 und Rechtsanwalt Horovitz, Frankfurt am Main, Bockenheimer Landstraße 2, entgegennimmt."   

 
Bericht über das Erholungsheim (1929)  

Baden-Baden Israelit 28021929.jpg (111013 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Februar 1929: "Erholungsheim in Baden-Baden. Der Verein 'Erholungsheim für israelitische Frauen Baden-Baden e.V.', Verwaltungssitz Frankfurt am Main, hat dieser Tage seine jährliche Verwaltungsratssitzung abgehalten. Die ärztlichen Berichte und Kassenberichte lagen vor. Es ergibt sich, dass im Vorjahr etwa 120-130 erholungsbedürftige Frauen und Mädchen Aufnahme in der Anstalt finden konnten, die dort ausgezeichnete Erholung genossen. Zur Zeit wird ein Speisesaal und eine Liegehalle errichtet, um den ärztlichen Erfordernissen gerecht zu werden. Der Betrieb wird wohl Anfang Mai wieder eröffnet werden. Da der Bau der Liegehalle und des Speisesaals etwa Mark 20.000 erfordert, sind Spenden dringend erwünscht.  
Mitgliederanmeldungen und Spenden werden entgegengenommen von den Herren Rechtsanwalt Horowitz, Frankfurt am Main, Bockenheimer Landstraße 18, Willy Dreyfus in Firma J. Dreyfus und Co., Frankfurt am Main, Taunus-Anlage 1, Dr. med. Fromm, Frankfurt am Main, Bleichstraße 5, Albert Mainz, Frankfurt am Main, Bockenheimer Anlage 1a, Rabbiner Dr. Unna, Mannheim."     

         
Bericht über das Erholungsheim (1930)   

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. März 1930: "Erholungsheim für israelitische Frauen Baden-Baden e.V.    
Das Heim in Baden-Baden wird in diesem Jahr seine Pforten am 28. April öffnen. Meldungen von Frauen und Mädchen können an unsere Ehrendame Frau Rebecke Cohn, Frankfurt am Main, Friedberger Anlage 14 erfolgen, die die notwendigen Formulare weitergibt. Das Heim ist im vergangenen Jahr durch den Bau einer neuen Liegehalle sowie eines neuen Speisesaals nach den Vorschlägen unserer Ärzte erweitert und verschönt worden. Der Erfolg des Vorjahres gab uns die Gewissheit, mit dem Heim, für das stets sehr zahlreiche Anmeldungen vorliegen, wirklich Gedeihliches im Interesse unserer jüdischen Frauen und Mädchen, insbesondere auch derer aus dem heute besonders Not leidenden gehobenen Mittelstand zu tun. – Der Verpflegungsbeitrag beträgt per Tag Mark 4.- bis 4.50. Bei Vorlage von entsprechenden örtlichen Bescheinigungen kann für die Kurbedürftigen Fahrpreisermäßigung erwirkt werden."  

   
Bericht über das Erholungsheim (1935) 
   

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. April 1935: "Erholungsheim für israelitische Frauen in Baden-Baden.  
Am 18. März fand die Mitgliederversammlung und Verwaltungs-Ausschuss-Sitzung des Vereins 'Erholungsheim für Israelitische Frauen Baden-Baden e.V. in Frankfurt am Main statt. Der Betrieb wurde im vergangenen Jahre aufrecht erhalten und zeigte außerordentlich günstige Erfolge. Die Notwendigkeit des Heims hat sich in dem vergangenen, für die deutsche Judenheit so schweren Jahr besonders bewährt. Etwa 150 Erholungsbedürftige konnten im Vorjahre aufgenommen werden.  
In der Versammlung kam der besondere Dank gegenüber den Leitern des Heims, Frau R. Cohn und Frau Thekla Isaacsohn, sowie gegenüber den Damen und Herren, die sich allerorten für das Heim einsetzten, zum Ausdruck.  
Im übrigen fand Wiederwahl des Verwaltungsausschusses statt. Meldungen für den gleich nach den Festtagen wieder beginnenden Betrieb sind an Frau R. Cohn, Frankfurt am Main, Pfingstweidstraße 4, zu richten.   
Spenden und Mitgliederanmeldungen nehmen die gesamten Mitglieder der Verwaltung entgegen."   

   
Über die Arbeit des Vereins Erholungsheim für israelitische Frauen Baden-Baden e.V. (1936)

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. April 1936: "Erholungsheim für israelitische Frauen Baden-Baden.  Am 24. März 1936 fand die Mitgliederversammlung und Verwaltungsausschusssitzung des Vereins Erholungsheim für israelitische Frauen Baden-Baden e.V. in Frankfurt am Main statt. Der Verein, der seine Tätigkeit und seine herrliche gelegene Anstalt in Baden-Baden einer Stiftung der verewigten Frau Baronin Mathilde von Rothschild verdankt, konnte im Jahre 1935 etwa 160 bis 170 erholungsbedürftige Frauen und Mädchen aufnehmen. Der ärztliche Bericht lautete besonders günstig.   
Die beiden Leiterinnen des Heimes, Frau R. Cohn und Frau Thekla Isaacsohn, haben in den etwa sechs Monaten, wo das Heim geöffnet war, alles getan, den Insassen den Aufenthalt so erfreulich und erfolgreich wie möglich zu machen. In der Versammlung kam der besondere Dank ihnen wie all den Damen und Herren gegenüber zum Ausdruck, die sich um die Aufrechterhaltung des Heimes bemüht haben. Der Verwaltungsausschuss wurde wieder gewählt.   
Meldungen für den gleich nach den Festtagen wieder beginnenden Betrieb sind an Frau R. Cohn, Frankfurt am Main, Pfingstweidstraße 4, zu richten.   
Spenden und Mitgliederanmeldungen nehmen die gesamten Mitglieder der Verwaltung, insbesondere in Frankfurt am Main die Herren Rechtsanwalt Horowitz, Bankier Willy Dreyfus, Albert Mainz, sowie Frau Max Wimpfheimer, Studienrat i.R. Saul; in Baden-Baden Rechtsanwalt Dr. Paul Kahn; in Mannheim Prof. Darmstädter; in Karlsruhe Herr Jacob Ettlinger und Frau Rosa Homburger; in Freiburg im Breisgau Herr Joseph Dreifuß an."

    
    
Über einzelne Personen aus der jüdischen Gemeinde  

Zum Tod von H. M. Rosenberg aus Kiew (1884)  

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Juli 1884: "Baden-Baden. Am 29. Juni (1884), starb dahier nach längerem leiden im Alter von 66 Jahren Herr H. M. Rosenberg aus Kiew, Schwiegervater des Herrn Baron von Günzburg in Petersburg. Die Leiche wurde nach Würzburg überführt, um auf dem dortigen Friedhofe, neben der erst vor 4 Wochen im Tode vorangegangenen Tochter, Gattin des Herrn Baron Joseph von Hirsch daselbst begraben zu werden. Aus weiter Ferne waren die nächsten Verwandten dahin geeilt, um dem teueren Verstorbenen die letzte Ehre zu erweisen. Tief gebeugt von dem in so kurzer Zeit sich wiederholenden Verluste folgten dieselben, folgte namentlich die so schwer geprüfte Gattin, der Bahre und beweinten am frischen Grabe der Tochter, Gattin, Mutter und Schwester die nun selig Vereinten. Und wahrlich, wer würde solchen Schmerz nicht begründet finden; wer von uns nicht Anteil nehmen an dem harten Geschick einer Familie, die sich um das Judentum, namentlich um unsere Brüder in Russland, so hoch verdient gemacht hat! Ist doch ein Edler in Israel aus dem Leben geschieden, dessen Verlust weit über den eigenen Familienkreis hinaus empfunden wird. Es dürfte wohl schwer fallen ein getreues Bild von dessen tugendhaftem Leben zu geben, aber auch bei dem Weltrufe, welchen Familie Günzburg-Rosenberg durch ihr hohes Ansehen, Wohltätigkeit und ihren zum Besten unserer russischen Glaubensgenossen geltend gemachten Einfluss erlangt hat, überflüssig erscheinen, Einzelnes hervorzuheben. Doch das mag nicht unerwähnt bleiben, dass es ein echt jüdischer Geist war, der sich hier zu dem edelsten Herzen verband und der im häuslichen, im Familien- wie im weltlichen Verkehr den schönsten Ausdruck fand. Herr Rosenberg oblag mit Liebe den Pflichten von Tora, Gottesdienst und Wohltätigkeit und suchte die Übung derselben in Haus und Familie heimisch zu machen. Wenn nun auch dem irdischen Gesichtskreis entrückt, sein Geist lebt fort in dessen Nachkommen, die gern dem Beispiel des Vaters folgen. So haben die verehrten Hinterbliebenen bereits ehrendes Zeugnis abgelegt von ihrem wohltätigen Sinne durch größere Schenkungen an verschiedene Wohltätigkeits-Anstalten und Unterstützungen an Arme und Bedürftige aus Anlass und bei Gelegenheit beider Sterbefälle.   Möge das Andenken des Dahingeschiedenen ein stets gesegnetes sein und er im Jenseits den schönsten Lohn seiner Taten finden – ein Frommer isst von den Früchten seiner Taten! (Auch wir weinen dem edlen Toten Tränen des Mitgefühls nach! Wie sehr der Dahingeschiedene – er ruhe in Frieden – den Satzungen unserer heiligen Religion anhing, mag Folgendes beweisen. Vor einer längeren Reihe von Jahren brachte Herr Rosenberg mit seiner Familie einen Winter in Wiesbaden zu, wo damals eine orthodoxe israelitische Separatgemeinde nicht existierte. Da Herr Rosenberg den damaligen Schechitah-Verhältnissen in Wiesbaden misstraute, so ließ er täglich den Bedarf an Fleisch, Geflügel etc. aus Mainz kommen. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens. Red."        

  
80. Geburtstag des Komponisten Jacques (Jakob) Rosenhain (1893)  
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Anmerkung: der Pianist und Komponist Jacques (Jakob) Rosenhain ist am 27. Dezember 1813 in Mannheim geboren und am 21. März 1894 in Baden-Baden gestorben. Er hatte seine Ausbildung bei Jakob Schmitt in Mannheim und bei Schnyder von Wartensee in Frankfurt/Main erhalten. 1837 ging er nach Paris und veranstaltete Kammerkonzerte. Dort trat er als Pianist auf und setzte sich, gefördert von Cherubini, Rossini und Berlioz, für die deutsche Musik ein. 1843 gründete er gemeinsam mit Johann Baptist Cramer eine Klavierschule. Seit 1870 lebte Rosenhain in Baden-Baden in einer prächtigen Villa in der Lichtenthaler Straße. Er hinterließ ein umfangreiches Werk an Kompositionen, darunter Symphonien, Klavierkonzerte, Kammermusik, Klavierstudien und mehrere Opfern. 
Der 15-jährige Brahms eröffnete am 21. September 1848 sein erstes eigenes Konzert mit eines Komposition von Rosenhain (Adagio und Rondo aus dem A-Dur-Konzert).
Foto oben aus der Seite zu Rosenhain bei www.bad-bad.de

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 15. Dezember 1893: "Aus Baden, 9. Dezember (1893). Zur Vorfeier des auf den 2. Dezember fallenden Geburtstages des in Baden-Baden ansässigen Komponisten Jacques Rosenhain veranstaltete das dortige Kurkomitee im großen Saale des Konversationshauses ein Festkonzert, in welchem unter der ungewöhnlichen regen Anteilnahme des Publikums, das dem greisen Künstler große Ovationen bereitete, verschiedene Hauptwerke desselben zur Aufführung kamen. J. Rosenhain ist am 2. Dezember 1813 in Mannheim geboren und wurde durch die Gunst des Fürsten Karl Egon von Fürstenberg bei Kalliwoda und später bei Schnyder in Frankfurt als Pianist und Komponist ausgebildet. Nach Konzertreisen in Deutschland und einem Besuch in London, wo er durch sein herrliches Klavierspiel hohe und höchste Anerkennung fand, siedelte er zu dauerndem Aufenthalt nach Paris über, welches dazumal den Mittelpunkt musikalischen Lebens bildete. Hier schloss der junge Rosenhain innige Freundschaft mit Cherubini und Rossini. Das Jahr 1870 nötigte den Künstler, Paris zu verlassen, und er ließ sich nun dauernd in dem schönen Baden-Baden nieder, wo sein gemütliches Heim den Sammelpunkt hervorragender Künstler und Gelehrter bildete. Einer der prachtvollen Lorbeerkränze, die der Ehrenabend dem Jubilar brachte, war von der Prinzessin A. von Fürstenberg gespendet, die sich ebenfalls unter den Anwesenden befand."

    
Zum Tod des Komponisten Jacques Rosenhain (1894)       

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 30. März 1894: "In Baden-Baden ist im 81. Jahre der Pianist und Komponist Jacques Rosenhain gestorben. Rosenhain hat vier Opern komponiert: 'Der Besuch im Irrenhaus' (zu Frankfurt 1834 aufgeführt), 'Liswenna' (nicht aufgeführt), 'Le démon de la nuit' (Paris 1851 in der Großen Oper) und 'Volage de Jaloux' (Baden-Baden 1863), ferner 3 Symphonien, 4 Klaviertrios, 3 Streichquartette, ein Klavierkonzert, Etüden und Stücke für Klavier und eine größere Anzahl Lieder."             

    
Zum Tod des Berliner Malers Heinrich David Beer (1896) 
Anmerkung: Heinrich David Beer wird genannt auf der Seite http://goobipr2.uni-weimar.de/viewer/fulltext/PPN667616292/386/     

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 18. September 1896: "Berlin, 14. September (1896). In Baden-Baden starb am 5. dieses Monats an einem Herzleiden der hiesige Maler Heinrich David Beer, erst 25 Jahre alt. Beer, der aus Bütow in Pommern stammte, war zuerst Kaufmann, wandte sich dann in Berlin, von Thumann ermutigt, der Kunst zu. Paul Thumann war sein erster Lehrer an der Berliner Akademie, auf der Beer seine Ausbildung erhielt. Später schloss Beer sich ganz besonders an Max Michael und Paul Meyerheim an. Sein Fach war die Genre- und noch mehr die Porträtmalerei. Er hat eine Reihe gelungener Bildnisse geschaffen. Ein Teil davon und auch Genrebilder Beers waren in Berlin ausgestellt. Beifall erragengen vornehmlich zwei seiner Genrebilder, 'Idyll' und 'Die Diva'. Vor Kurzem war Beer noch nach Paris gegangen, wo er ein halbes Jahr lang sich aufhielt."          

 
Zum Tod von Baronin Julie von Haber und ihrer Beisetzung im jüdischen Friedhof sowie über die Familie von Haber (1897)  

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Januar 1897: "Aus Baden. Vor einigen Wochen starb hier im hohen Alter die überall als fein gebildete Dame bekannte Baronin Julie von Haber. Sie war die letzte dieses adeligen Namens, welche nach jüdischem Ritus auf dem israelitischen Friedhofe beerdigt wurde. Die zahlreichen Teilnehmer bei dem Leichenbegräbnisse waren mit Ausnahme des Herrn Bezirksrabbiners Dr. Appel und einiger anderen Funktionäre, fast alle Christen, meist von adeligem Geschlechte. Wir erwähnen diese Tatsache, weil die Verstorbene, ungeachtet der bei ihr verkehrenden Kreise von christlichen Verwandten und Freunden so viel Glaubensinnigkeit und religiösen Überzeugungsmut besaß, dass sie sich, wenn auch nicht im orthodoxen Sinne, gerne und freudig als Mitglied der israelitischen Gemeinschaft fühlte und die Bestrebungen dieser Gemeinschaft sowohl bezüglich ihrer Beitragspflicht an die Kultusgemeinde Karlsruhe, als auch auf dem Wege der freiwilligen Wohltätigkeit unterstützte. Unter Anderem spendete sie sofort bei Gründung des israelitischen Waisenvereins für das Großherzogtum Baden 500 Mark, ebenso hatte sie testamentarisch angeordnet, dass nach ihrem Ableben 2.000 Mark an jüdische Arme verteilt werden sollen. In ihrem Hause fand man hebräische Gebetbücher mit deutscher Übersetzung, die von einem öfteren Gebrauche zeugten. Unzweifelhaft ist es ihrem Einflusse zu verdanken, dass der ihr im Tod vorangegangene Gemahl Herr Baron Max von Haber und ihr einziger Sohn, welcher als Offizier den Krieg von 1870/1 mitgemacht hatte und einige Jahre später ebenfalls im ledigen Stand verstorben ist, dem Judentum treu geblieben sind. Der Schwiegervater der Verstorbenen Salomon von Haber im Jahre 1760 in Breslau geboren, war der Sohn armer Eltern; er hatte sich durch seinen Unternehmungsgeist ein großes Vermögen erworben und ließ sich Ende des vorigen Jahrhunderts in Karlsruhe häuslich nieder, wo die meisten Geldgeschäfte durch ihn vermittelt wurden. Haber’s Unternehmungsgeist verdankte das Großherzogtum Baden seine bedeutendsten Fabriken (Ettlinger Spinnerei und Weberei, Karlsruher Maschinenfabrik, Waghäusler Zuckerfabrik). Großherzog Karl ernannte ihn zum Hofbankier und Großherzog Ludwig verlieh ihm 1829 den erblichen Adel. Er starb im Jahre 1840. Als ein Sohn desselben Moritz von Haber sich mit einem Offizier, Freiherrn von Göler, duellierte und dieser fiel, erregte dies in Karlsruhe großen Unwillen und von Haber musste fliehen. Ein anderer Sohn, Louis von Haber, hatte durch den Tod seines Schwiegervaters eine Zuckerfabrik in Böhmen übernommen. Er war Begründer bedeutender industrieller Institute in Österreich. In Anerkennung seiner Verdienste hat ihn der Kaiser von Österreich in den erblichen Freiherrenstand erhoben und ihn zum Mitglied des Herrenhauses berufen. Welche Verdienste hat doch der semitische Stamm um das Wohl seines Vaterlandes sich stets erworben! W."     

  
70. Geburtstag von Vorsteher Moritz Rothschild (1902)  

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Februar 1902: "Baden-Baden. Eine schöne Feier durften wir heute, Sabbat Jitro, erleben. Unser seit 30 Jahren an der Spitze der Gemeinde stehender Vorsteher und Synagogenrat Herr Moritz Rotschild feierte seinen siebzigsten Geburtstag. Zum Mussafgottesdienste versammelte sich die ganze Gemeinde, woselbst unser Herr Lehrer Hofmann nach dem Einheben der Tora eine von Herzen kommende Ansprache an den Jubilar hielt, sein Wirken und Schaffen in der Gemeinde betonend und der Freude Ausdruck gebend, dass wir gleich seinem Namensbruder Mosche sagen können, dass (hebräisch und deutsch:) noch ungeschwächt sein Auge und noch ungemindert seines Lebens Kraft ist. Er erflehte den Segen Gottes für den Jubilar und dessen Familie.   Nach Schluss des Gottesdienstes überreichte Herr Vorsteher Meyer im Namen der Israelitischen Gemeinde eine Glückwunschadresse mit zwei großen photographischen Abbildungen des Synagoge, bei deren Erbauung sich Herr Rothschild so große Verdienste erworben und sprach seinem Mitarbeiter den Dank aus für seine unermüdliche Tätigkeit.  Der Jubilar war durch die erhebende Feier sehr gerührt und überrascht, da er diesen Tag in Stille bei seiner Familie verbringen wollte, und nur durch Zufall einen Tag vorher sein Eintritt in das 70. Lebensjahr bekannt wurde."    

   
Fräulein Stern wird in Heidelberg promoviert (1913)   

Mitteilung im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 24. Dezember 1913: "Heidelberg. Fräulein Stern aus Baden-Baden hat das philosophische Doktorexamen ‚Summa cum laude’ bestanden."   

  
Zum Tod von Dua Beisinger (1925)   

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. März 1925: "Baden-Baden, 13. März (1925). Dieser Tage starb hier Frau Dua Beisinger im 63. Lebensjahr. Eine biedere Frau aus der guten, alten Zeit ist mit ihr ins Grab gesunken. Die Beerdigung gestaltete sich zu einer imposanten, von Herzen kommenden Trauerkundgebung. In seiner Gedenkrede sprach Lehrer Grünbaum von dem reinen, tugendhaften und nachahmenswerten Leben der Verstorbenen. Ihre Seele sein eingebunden in den Bund des Lebens."    

    
Zum Tod von Emma Stern, Begründerin des Hotels Tannhäuser (1935)  

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Juni 1935: "Baden-Baden, 24. Juni (1935). Im hohen Alter von nahezu 90 Jahren starb unser ältestes Gemeindemitglied, Frau Emma Stern, Begründerin des Hotels Tannhäuser. Wie sehr diese ehrwürdige Frau aus der guten alten Zeit überall geachtet und geschätzt war, kam bei ihrer Beerdigung noch einmal so recht zum Ausdruck. Kantor Grünfeld widmete der Heimgegangenen einen tief empfundenen Nachruf. Ehrenhaft hat sie gelebt, und ehrenvoll wird ihr Andenken sein. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."      

    
    
Anzeigen und Berichte zu jüdischen Gewerbebetrieben     
Neues Gebäude für die israelitische Restauration von Hirsch-Herz (1889)  

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. September 1889: "Baden-Baden, im August (1889). Seit länger als einem halben Jahrhundert erfreut sich die hiesige israelitische Restauration von Hirsch-Herz (jetziger Inhaber Herr A. Weil, Schwiegersohn des Begründers) des besten Rufes. Nur ein Umstand gab zu öfteren Klagen Anlass: während der hohen Saison reichten die Lokalitäten nicht aus für die große Menge der von allen Enden der Welt unserem berühmten Badeplatze zuströmenden Glaubensgenossen, die während der heißen Sommertage in den überfüllten Räumen buchstäblich ‚im Schweiße ihres Angesichtes’ ihre Mahlzeiten einnehmen mussten. Auch dieser Übelstand wird mit dem nächsten Jahre behoben werden. Herr A. Weil (Firma Hirsch-Herz) hat in der Nähe des Kurgartens ein prachtvolle Villa erworben, deren geräumige und hohe Säle allen Gästen genügend Raum und Luft gewähren werden. Ein an das Haus stoßender und zu demselben gehörender großer, schattiger Park ist geeignet, den Gästen die größten Annehmlichkeiten zu bieten. – Es ist mit Freuden zu begrüßen, dass die gesetzestreuen israelitischen Kurgäste auch in dieser Beziehung künftig nichts zu entbehren haben werden, und wir dürfen wohl annehmen, dass mancher Stammesgenosse, den bisher die mangelhaften Lokalitäten abschreckten, es künftighin vorziehen wird, dem jüdischen Religionsgesetze treu zu bleiben."

  
Anzeige des Hôtels Hirsch Herz (1890)  

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Juli 1890: "Baden-Baden. Hôtel Hirsch-Herz. 
Werderstraße 6  früher Langestraße 9. Schönstes streng rituelles Restaurant. Prachtvolle gesunde Lage, inmitten großen Parks und unmittelbarer Nähe des Kurgartens, Lichtenthaler Allee, Theater, Trinkhalle, Komfortable Zimmer.  
Alphonse Weil, Besitzer."
 
   
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. August 1890: "Baden-Baden. Hôtel Hirsch-Herz
Werderstraße 6 früher Langestraße 9. Schönstes streng rituelles Restaurant. Prachtvolle gesunde Lage, inmitten großen Parks und unmittelbarer Nähe des Kurgartens. Lichtenthaler Allee, Theater, Trinkhalle. Komfortable Zimmer. 
Alphonse Weil, Besitzer."
 

    
S. Cahn (Hotel Tannhäuser) lädt zu Sukkot (Laubhüttenfest) ein (1902 / 1903)  

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Oktober 1902: "Baden-Baden. 
Während des Sukkot-(Laubhütten-)Festes schöne und geheizte Sukka (Laubhütte). 
S. Cahn, Hotel Tannhäuser."       
 
 
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. September 1903: "Baden-Baden.  
Während des Sukkot-(Laubhütten-)Festes schöne mit elektrischem Licht versehene Sukka (Laubhütte). 
S. Cahn, Hotel Tannhäuser."

     
Marta Marcus eröffnet ein Töchterpensionat (1917)  

Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 2. März 1917: "Baden-Baden. Am 1. Mai eröffne ich Albrecht-Dürer-Straße 3 ein streng rituell geführtes Töchterpensionat. Sorgfältige, individuelle, religiöse Erziehung, gesellschaftliche Ausbildung. Gründliche wissenschaftliche und hauswirtschaftliche Kurse. Gute und reichliche Verpflegung. Erholungsbedürftige junge Mädchen haben Gelegenheit, sich durch Liegekuren etc. zu kräftigen. Tägliche, regelmäßige Spaziergänge. Größere Mädchen können das Lyzeum und die Gymnasialklassen besuchen und finden im Hause gewissenhafte Nachhilfe. Beste Referenzen. Näheres durch die Vorsteherin   
Marta Marcus, bisherige Leiterin des israelitischen Erholungsheims in Baden-Baden."
   

   
Lehrer Max Grünfeld wird für seine Verdienste als Militärseelsorger ausgezeichnet (1917)       
Anmerkung. Zur Person von Max Grünfeld siehe beim nächsten Text.  

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 11. Mai 1917:  "Herr Lehrer Max Grünfeld in Baden-Baden ist in Anerkennung seiner Verdienste als Militärseelsorger mit dem Kriegshilfskreis ausgezeichnet worden."       

  
Geburt eines Sohnes von Lehrer Max Grünfeld und seiner Frau Elfriede geb. Meth (1928)
  
Anmerkung: Max Grünfeld war Lehrer und Kantor der jüdischen Gemeinde in Baden-Baden. Er ist 1889 geboren und besuchte das Lehrerseminar in Esslingen. 1910 begann er als Kantor und Lehrer in Baden-Baden, wo er bis 1938 blieb. Im Zusammenhang mit der Pogromnacht im November 1938 wurde er in das KZ Dachau verschleppt. Danach musste er Deutschland verlassen. Einige Zeit war er in Frankreich und (illegal) in der Schweiz. Nach 1945 konnten er und seine aus Schwäbisch Gmünd stammende Frau Elfriede geb. Meth in die USA auswandern. Max Grünfeld starb 1973 in St. Petersburg, Florida. 
Bei dem 1928 geborenen Sohn von Max und Elfriede Grünfeld handelt es sich um Walter W. Gruenfeld. Er und seine Schwester Miriam kamen in der NS-Zeit mit einem Kindertransport nach England und waren auf diese Weise sieben Jahre von den Eltern getrennt. Miriam heiratete später nach Kanada, Walter studierte Journalismus und war später Inhaber eines Verlages und einer Druckerei in Marathon N.Y.
 

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Juli 1928: "Am 17. Juli wurde uns - Gott sei gepriesen - ein strammer Junge geboren, wovon wir Freunde und Bekannte dankerfüllt in Kenntnis setzen.  
Lehrer Grünfeld und Frau Elfriede geb. Meth.  Baden-Baden, 18.7.1928."   

  
Th. Köhler-Stern (Hotel Tannhäuser) lädt zum Pessachfest ein (1937)  

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. März 1937: "Baden-Baden. Hotel Tannhäuser – schönster Pessachaufenthalt. Tel. 568. Besitzer Th. Köhler-Stern."  
   
Neujahrsgrüße
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. September 1937: "Allen Gästen und Freunden herzliche Wünsche zu Neujahr (Einschreibung und gute Versiegelung).
Familie Th. Köhler-Stern  - Hotel Tannhäuser Baden-Baden  
Familie Weil - Schwarzwaldhotel Herrenalb."   

     
  
Sonstiges 

 Postkarte von Rechtsanwalt Dr. Paul Kahn
in Baden-Baden, versandt nach Bremen (1923)
  
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim/Ries)

Die Postkarte geschäftlicher Art wurde von Rechtsanwalt Dr. Paul Kahn von Baden-Baden nach Bremen am 19. Juli 1923 verschickt.
Zu Dr. Paul Kahn: Er gehörte in den Jahren von 1925 bis 1932 dem Vorstand der israelitischen Gemeinde Baden Baden an. Paul Kahn praktizierte seit 1914 in einem Büro in der Lichtentalerstraße - bis er sein Büro auf Grund von Boykottaufrufen und stetigem Mandanten-Rückgang in die Wohnung in der Fürstenbergallee verlegte. Dort übte er seinen Beruf aus bis zum gänzlichen Verbot seiner Anwaltstätigkeit. Paul Kahn hatte einen Sohn Karl (geb. 28. Juli 1921; besuchte das Gymnasium in Baden Baden bis die Lebensumstände 1937 so unerträglich für Ihn wurden, dass er einen Schulwechsel mit damals 15 Jahren ins englische Brighton vorzog als in Baden Baden zu bleiben). Am 10. November 1938 wurde Paul Kahn für fast 1 Monat ins KZ Dachau gebracht. Mit Hilfe von einflussreichen Freunden gelang es dem Sohn Karl Kahn, ein Übergangsvisa nach England für seine Eltern zu besorgen. 1939 erhielt die Familie Kahn ein Visum für die USA und fand in Dallas eine neue Heimat. In Baden-Baden in der Fürstenbergallee 6 erinnert ein Stolperstein an das Schicksal von Karl Kahn und seinen Eltern.
Quellen: https://www.swr.de/swr2/stolpersteine/menschen/karl-kahn/-/id=12117596/did=14145118/nid=12117596/npmm74/index.html.    

   
       
       
Zur Geschichte des Betsaals /der Synagoge          
    
Über die Einrichtung eines Betraumes im Zeitraum vom 16. bis 18. Jahrhundert ist nichts bekannt. 
   
1866 begann Bezirksrabbiner Leopold Schott (Bühl) mit einer Spendensammlung zur Bestreitung der Miete eines künftigen Betsaales in Baden-Baden. Schott war erfolgreich. Außer den zugezogenen jüdischen Familien spendeten die Gemeinden in Karlsruhe und Mannheim sowie viele der jüdischen Kurgäste. Am 18. Juli 1867 konnte für die ortsansässigen und die zur Kur weilenden Juden im Seitenflügel des Hotels Baldreit ein Betsaal eingerichtet werden (Büttenstrasse 15, heute Stadtmuseum). Zur Einweihungsfeier hatten sich nach dem Bericht der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" "die geistlichen und weltlichen Behörden nebst vielen anderen ausgezeichneten Persönlichkeiten eingefunden", was als "sehr bemerkenswert" beurteilt wurde, "weil bis vor Kurzem die Erlaubnis zur Herstellung einer Synagoge verweigert worden war". Die Einweihungskosten und die Ausstattung des Betsaales wurden von Benjamin Levy aus Straßburg übernommen. Schon einige Wochen vor der Einweihung war Gastwirt Hörz auf Suche nach einem Vorsänger und Schächter für die jüdischen Familien gegangen.   
             
Aufruf von Rabbiner Schott zum Bau einer Synagoge (April 1867)  

Artikel in der Zeitschrift "Ben Chananja" vom 15. April 1867: "Herr Rabbiner Schott in Baden hat einen Aufruf erlassen, in Baden-Baden, wohin so viele jüdische Badegäste kommen, eine Synagoge zu bauen. Möge dem wackeren Manne seine Bemühung auch gelingen! Wir wünschen ihm ein günstiges Resultat von ganzem Herzen, denn der Gottesdienst an einem Badeplatze ist für die Gesamtjudenheit von Wichtigkeit."  

     
Einweihung eines Betsaales - Benjamin Levi aus Straßburg übernimmt für 6 Jahre die Mietkosten (Juli 1867)  

Baden-Baden AZJ 1867 H34 20081867.jpg (83602 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 20. August 1867: "Baden-Baden, im August. Am 18. Juli fand hier die Einweihung eines israelitischen Betsaales durch den Bezirksrabbiner Herrn Leopold Schott zu Bühl statt, wozu sich die geistlichen und weltlichen Behörden nebst vielen anderen ausgezeichneten Persönlichkeiten eingefunden. Es ist dies besonders bemerkenswert, weil bis jetzt noch keine israelitische Gemeinde hier besteht und bis vor Kurzem die Erlaubnis zur Herstellung einer Synagoge verweigert worden war. Besonders durch die Bemühungen des Herrn Rabbiners Schott wurden von den israelitischen Kurgästen, sowie aus den Gemeinden Karlsruhe und Mannheim Mittel zur Herstellung dieses Betsaales gesammelt. - Allein alle diese Anstrengungen hätten noch lange nicht zum Ziele führen können, wenn nicht Herr Benjamin Levy aus Straßburg aus eigenen Mitteln die Ausstattung des Betsaales bestritten, sogar die Einweihungskosten übernommen und dadurch ermöglicht hätte, dass die bereits angesammelte Summe als Reservefonds unangetastet bleiben konnte. Die ehrende Auszeichnung, welche dem edlen Geber, der mit seiner Familie anwesend war, zuteil wurde, war daher eine überaus wohlverdiente. - Die ganze Feier, sowie insbesondere die Festpredigt der Herrn Schott sprachen sehr an, und man fühlte sehr wohl den Geist der Gottesfurcht und der Menschenliebe, der aus der Predigt wehte
    
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. August 1867: "Baden, 19. Juli (1871). Die Einweihungsfeier des hiesigen israelitischen Betsaales begann dem gut entworfenen und durchgeführten Programm gemäß, nachmittags 2 Uhr. Unter entsprechenden Chor- und Sologesängen, welche mit Gebeten abwechselten, wurde die heilige Lade geöffnet, die Tora herausgenommen. Hierbei verdienen die, von dem Bühler Vorsänger (einem ausgezeichneten Bariton) und Chor mit trefflichen Stimmen vorgetragenen Gesänge, besonders rühmliche Erwähnung, sowohl in Betreff ihrer guten Wahl, als der großen Präzision und schönen Klangwirkung in der Ausführung. Die nun folgende Festpredigt des Herrn Rabbiner Schott von Bühl war von dem Geiste der Humanität und Toleranz beseelt. Der Redner bezeichnete als schönste Aufgabe des neu gegründeten Betsaales: Liebe zu lehren, zu pflegen und zu verbreiten, und zwar: Vaterlandsliebe, Nächstenliebe und Gottesliebe. Bei Betrachtung der Vaterlandsliebe wies der Rabbiner besonders darauf hin, dass, während früher alle Konfessionen bauen durften, nur Israel davon ausgeschlossen blieb, bis nunmehr, Dank der Weisheit und Gerechtigkeit unseres geliebten Großherzogs und seiner Räte, auch die israelitische Gemeinde sich eine heilige Stätte gründen durfte. Ihre Liebe zu dem Vaterlande, das sie hier gefunden, wurde  dadurch vermehrt und befestigt, wie schon der Prophet Jeremias von seinem Volkes gefordert hat: ‚Suchet das Wohl des Staates, wohin ich euch geführt habe.’     
Zur Nächstenliebe übergehend, betonte der Sprecher, dass in hiesiger Stadt keine jüdische Gemeinde und folglich auch kein Recht für die Israeliten bestehe, irgendwelche Anforderungen zu stellen, dass daher die ohne alle Fonds bewirkte Gründung des neuen Betsaales nur ein Werk tätiger Liebe und freier Vereinigung der Kräfte zu einem guten Werke gewesen sei. Hierbei wurde zunächst das fördernde Wohlwollen der großherzoglichen Stadtdirektion und der an den Sammlungen und Einrichtungen hauptsächlich Beteiligten, sodann die Unterstützung der israelitischen Gemeinden zu Karlsruhe und Mannheim usw. betont; sich selbst konnte Herr Rabbiner Schott nicht nennen, obgleich ihm ein Hauptverdienst im Zustandekommen dieses Unternehmens unbestritten zuerkannt werden muss. – Allein alle diese Anstrengungen hätten noch lange nicht zum Ziele führen können, wenn nicht Herr Benjamin Levy aus Straßburg aus eigenen Mitteln die Ausstattung des Bettsaales bestritten, sogar die Einweihungskosten übernommen und dadurch ermöglicht hätte, dass die bereits angesammelte Summe als Reservefonds unangetastet bleiben konnte. Die ehrende Auszeichnung, welche dem edlen Geber, der mit seiner Familie anwesend war, zuteil wurde, war daher eine überaus verdiente. – Die ganze Feier übte auf alle Anwesenden der verschiedenen Konfessionen einen ebenso wohltuenden, als erhebenden Eindruck. Jeder fühlte, dass der Geist der Liebe hier tatsächlich gewaltet habe, und auch für fernerhin Gutes und Ersprießliches verheißen werde."  
   
Artikel in der Zeitschrift "Ben Chananja" vom 1. September 1867: "Aus der Pfalz. Ich will Ihnen keinen Badebericht einsenden, geehrter Herr Redakteur! Meine Erlebnisse im Badeorte sind nicht so bedeutend, als dass ich hoffen dürfte, sie würden die Leser des ‚Ben Chananja’ interessieren. Nur eine Tatsache aus jenen, die nicht mich betrifft und von der ich hoffe, dass sie Andere zur Nacheiferung anspornen möchte, glaube ich der Öffentlichkeit übergeben zu sollen. In Baden-Baden, dem berühmten Badeplatze, wo auch ich mich zur Erholung auf einige Wochen aufhielt, hat ein Israelite aus Straßburg, mit Namen Benjamin Levi den Grund zur Herstellung einer Synagoge dadurch gelegt, dass er aus eigenen Mitteln mit einem Kostenaufwande von circa 7.000 Franks einen Saal auf 6 Jahre gemietet und ihn mit allen Requisiten zur Abhaltung des Gottesdienstes ausgestattet hat. Im Laufe dieser sechs Jahre, so hofft Herr Benjamin Levi, werden sich wohl die Mittel finden, einen eigenen Tempel für die Israeliten zu erreichten. Möchte sich derselbe durch die Lauheit unserer Glaubensgenossen nicht getäuscht sehen in seiner Hoffnung! Jedenfalls hat dieser auch sonst als höchst wohltätig geschilderte Mann durch diese schöne Handlung nicht bloß einem dringenden religiösen Bedürfnisse für die zahlreichen Glaubensgenossen, die alljährlich den berühmten Badeort besuchen – in Baden selbst wohnt nur ein Israelite, ein Restaurant – abgeholfen, wenigstens vorerst, sondern auch die Ehre seines Glaubens gerettet, die es gewiss fordert, dass da, wo alle Bekenntnisse, die griechisch-unierte und die englische Kirche, wie die katholische und protestantische für Russen, Engländer und Franzosen prachtvolle Tempel durch die Munifizenz ihrer respektiven Anhänger besitzen, endlich auch die Israeliten ein Haus finden, so sie Gott in ihrer Weise verehren können. Wer einerseits die Gefahr kennt, die besonders in Badeorten mit ihren raffinierten Lebensgenüssen manchen Besuchenden umstrickt, und andererseits den Jammer ins Auge fasst, der hier den leidenden so oft niederdrückt, der wird das schöne Werk des edlen Spenders zu würdigen wissen, der dort im andächtigen Gebete in der versammelten Gemeinde vielleicht Rettung, hier den von Jammer und Schmerz Niedergedrückten Trost zu bieten geeignet ist.    Die Behörden der Stadt wussten es auch zu würdigen, sie wohnten alle der vom Herrn Levi veranstalteten solennen Einweihungsfeier bei. Vor zehn Jahren soll man dort dem zum Ankauf eines Hauses nötig gewesenen und deshalb nachgesuchten städtischen Bürgerrechte von Seiten des Herrn von Rothschild in Frankfurt noch entgegengetreten sein. Auch ein Fortschritt. Et tamen movetur!"

   
Suche nach einem Vorsänger und Schächter (1867)   

Baden-Baden Israelit 26041876.jpg (25607 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. April 1876: "Für Baden-Baden wird zur Versehung der Vorsänger- und Schächterdienste während der Sommermonate ein taugliches Subjekt gesucht. Eintritt Anfang Juni dieses Jahres. freie Kost und Wohnung und auf ungefähr 3-400 Mark sich belaufende Nebengefälle. Näheres bei Gastwirt Hörz daselbst."   

   
Über den Synagogenbaufonds - Stand der Finanzen (1878)  

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. August 1878: "Baden-Baden. Es sind von mehreren Seiten, die sich für das Fortbestehen und Gedeihen des hiesigen israelitischen Betsaales interessieren, Anfangen an mich ergangen, wie viel Kapitel dieser bezügliche Fonds, welcher bereits im Jahre 1867 von Herrn Rabbiner Schott in Bühl gegründet wurde, besitzt. 
Soviel mir bekannt, und wie aus einem im Betsaal jetzt in meinen Händen befindlichen Buches von Jahre 1868 ersichtlich, ergibt sich eine Brutto-Einnahme, ohne Zuzug von Zinsen, bis zum Jahre 1875 eingeschrieben, 5706 Gulden, 22 Kreuzer. Vom Jahre 1875 bis dato ist nichts mehr eingeschrieben, wohl aber sind diverse Spenden auf Abschnitt aus dem hiesigen Badeblatt ohne Datum im Betsaal aufgeklebt. Außer diesem Kapitalstock befindet sich zum Zweck der Erhaltung des Betsaals hier ein solcher in Mannheim, worüber aber zurzeit keinen Aufschluss geben kann.   
Es wäre daher der Zeit angemessen, dass die betreffenden Verwaltungen einmal hierüber öffentlich Rechenschaft ablegen würden und dies, wie es geziemt, jedes Jahr wiederholt, damit die verehrlichen Spender von ihren Gaben jederzeit Einsicht nehmen können. Ich bitte um Unterstützung in dieser Sache. Karl Dreifuß."

  
Suche nach einem Vorsänger und Schächter (1878)  

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Mai 1878: "Vorsänger und Schächter gesucht für die Sommermonate in Baden-Baden. Hirsch Herz, Gastwirt."  

   
Über die Gottesdienste im Betsaal und die Vorsänger in Baden-Baden (1879)  

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Juli 1879: "Baden-Baden, 19. Juni (1879). Die Zahl der jüdischen Kurgäste nimmt hier täglich zu. Man merkt dies leider mehr aus der Fremdenliste, als am Tische der beiden israelitischen Wirte, weil viele in den christlichen Hôtels trefene (nicht koschere) Kost genießen, obschon man in den jüdischen Wirtslokalen in jeder Hinsicht gut bedient wird und eine komfortable Einrichtung darin findet. Jeder der Wirte hat aus Rivalität einen besonderen Schochet, namens Kaufmann und Rosenberg. Der Letztere betet zugleich im Betlokale vor, wenn es am Sabbat Minjan gibt, was am vorigen Sabbat Paraschat Schelach Lecha in dieser Saison erstmals der Fall war. Am Freitagabend waren Männer, Frauen und Jünglinge beim Gottesdienst. Die Miete des Saales im Parterre des Hôtels Baldreit kostet 5-600 Mark im Jahr und die Ausstattung der Betraumes (kleinen Heiligtums) ist sehr einfach, doch aber würdig. Für die Regelmäßigkeit des Gottesdienstes an Schabbat und Feiertag sollte von Seiten des Rabbinats und des Vorstandes der gute Anfang eifriger gepflegt werden. Die Gastwirte auch dürften dafür tätig sein, da mancher gute Jehudi noch lieber und länger an dem schönen Kurort verweilte, wenn er weiß und sieht, dass auch das religiöse Bedürfnis in jeder Hinsicht befriedigt wird. In der Kaufmann’schen Restauration liegt auch der ‚Israelit’ zum Lesen auf."

  
Ein orthodoxer Kurgast ist nicht zufrieden mit der Einrichtung des Betsaales (1879)  

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Juli 1879: "Baden-Baden. Zur Korrespondenz in Nr. 27 Ihrer geschätzten Zeitschrift aus dem oben erwähnten berühmten Badeorte habe ich etwas nachzutragen, was nach meiner Meinung in erster Linie dem Rabbinat und dem Vorstande obliegt, wenn das religiöse Bedürfnis in jeder Hinsicht wahrhaft befriedigt werden soll. Ist es doch für jeden Denkenden klar, dass die Synagoge in einem Badeorte nur für wahrhaft streng gläubige Jehudim ein Bedürfnis ist, denn unsere Neologen suchen an solchen Plätzen aller andere eher auf, als die Synagoge. Nun fehlt aber dem kleinen Heiligtum (Betsaal), dessen Mietzins die Gäste durch freiwillige Spenden aufbringen, der Tikun Gadol, die ‚großartige Einrichtung’, die der Talmud Sukka 51b vom Tempel in Jerusalem erwähnt und von welcher die Mischnah zu allererst berichtet bei ihrer Schilderung des großartigen nationalen Festes. Es fehlt nämlich in der Synagoge zu Baden-Baden ein gesonderter Raum für die Frauen, sodass daselbst die Frauen auf der rechten, die Männer auf der linken Seite des Tempels ihre Plätze einnehmen, was nach rabbinischem Recht nicht erlaubt ist. Es ist in Folge dessen auch schon oft vorgekommen dass Kurgäste an den Ehrfurchtgebietenden Tagen /zwischen Neujahr und Jom Kippur) den Badeort verlassen haben, um in einer benachbarten Gemeinde eine Synagoge aufzusuchen, die nach den Anforderungen unseres heiligen Gesetzes eingerichtet ist. (Wir haben zu der Korrespondenz in Nr. 27 hinzuzufügen, dass auch in der jüdischen Restauration Hirsch-Herz der ‚Israelit’, und zwar bereits seit 15 Jahren, aufliegt. – Redaktion)."

  
Auf Grund der starken Zuzüge jüdischer Familien nach Baden-Baden erwies sich der Betsaal im Hotel Baldreit bald als zu klein, was ein Ausbleiben von jüdischen Kurgästen zur Pessachzeit im Frühjahr und zu den Hohen Feiertagen im Herbst zur Folge hatte. Um dem entgegenzuwirken, wurde am 27. April 1883 eine Stiftung zur Bestreitung der Miete für den Betsaal und für sonstige religiöse Bedürfnisse gegründet. Die Überschüsse aus dieser Stiftung sollten für den Bau einer Synagoge verwendet werden.  
       
Im Laufe der 1890er-Jahre konnte man die Planung und den Bau einer Synagoge in Angriff nehmen. Ein Grundstück hierfür wurde in der Stephanienstrasse 5 gefunden. Die Israelitische Gemeinde verpflichtete den jüdischen Architekten Prof. Ludwig Levy von der Baugewerbeschule Karlsruhe, der bereits zahlreiche Synagogen in verschiedenen Stilen entworfen hatte. Die Synagoge des Kurorts sollte in rein neoromanischem Stil errichtet werde. Der badische Großherzog selbst nahm lebhaften Anteil am Entstehen der neuen Synagoge.   
      
Grundsteinlegung der Synagoge (1898)  

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 5. August 1898: "Karlsruhe, 22. Juli (1898). Der 20. dieses Monats war ein Ehrentag für die junge israelitische Gemeinde in Baden-Baden. Denn an diesem Tage fand die feierliche Grundsteinlegung ihres Synagogenbaues statt. Schon seit vielen Jahren empfang man das Ungenügende des räumlich beschränkten Betsaales und man trug sich daher mit dem Gedanken, ein der herrlichen Bäderstadt würdiges Gotteshaus zu errichten. Da die Zahl der in Baden-Baden ansässigen Israeliten eine geringe war, so musste man an die Mithilfe wohltätiger, daselbst weilender Kurgäste appellieren. Um die Beschaffung eines Synagogenbaufonds machte sich besonders verdient der verstorbene Herr Oberrat Willstätter von Karlsruhe sowie die Gemeindevorsteher Herr Julius Mayer und Herr Rothschild. Nachdem die in Baden-Baden wohnenden Israeliten die Rechte einer Gemeinde erhalten hatten, ging man, dank der Tatkraft des Herrn Vorstehers Julius Mayer, an die Verwirklichung der längst gehegten Idee. Herr Professor Levy dahier, der bekannte Erbauer der Synagogen zu Kaiserslautern, Pforzheim, Barmen und Straßburg, wurde mit der Anfertigung des Synagogenbauplanes beauftragt. Am 20. dieses Monats fand nun unter der Teilnahme der Gemeindemitglieder, vieler Kurgäste und von auswärts erschienenen Ehrengästen die feierliche Grundsteinlegung in einer herzerhebenden Weise statt. Unter den anwesenden Ehrengästen bemerkten wir Herrn Regierungsrat Dr. Mayer von hier als Vertreter des großherzoglichen Oberrats sowie die Rabbiner Dr. Fürst von Mannheim, Dr. Appel von hier, Dr. Rawicz von Offenburg und den als Kurgast in Baden weilenden Herrn Dr. Stößer von Stuttgart. Herr Rabbiner Dr. Mayer von Bühl, zu dessen Bezirk die Stadt Baden gehört hielt die feierliche Ansprache, und Herr Vorsteher Julius Mayer verlas die von ihm verfasste Urkunde, die eine Geschichte der israelitischen Gemeinde Baden und des Synagogenbaues enthält. Bei Vollziehung der üblichen drei Hammerschläge, sprachen Herr Regierungsrat Dr. Mayer, sämtliche anwesende Rabbiner, Herr Professor Levy und einzelne Ehrengäste (darunter auch Christen) erhebende Worte. Am Abend fand für die Festteilnehmer ein von der Gemeinde Baden gegebenes Festmahl statt, das durch zahlreiche geistvolle Reden seine Würze empfing. Die israelitische Gemeinde Baden darf auf das wohl gelungene, von ihr veranstaltete Fest mit  Befriedigung blicken, sie hat bewiesen, dass, wenn sie auch die jüngste, doch nicht die geringste unter den Gemeinden Badens ist. Möge die opferfähige, kräftig emporstrebende Gemeinde, die sich die Sympathien weiter Kreise erworben hat, überall wirksame Unterstützung finden, dass sie das begonnene Werk würdig zu vollenden vermag."  

Interesse der Großherzogs am Synagogenbau (Februar 1899)     

BadenBaden AZJ 1899 H6 10021899.jpg (29262 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 10. Februar 1899: "Baden(-Baden), 2. Februar. Wie wir hören, hat sich der Großherzog von Baden während seiner Anwesenheit hier auch lebhaft für das Fortschreiten des Synagogenbaues, den er wiederholt besichtigte, interessiert. Vor der Abreise wurde der Synagogenrat zur Audienz befohlen, um die Abschrift der Urkunde, welche anlässlich der Grundsteinlegung eingemauert wurde, zu überreichen. Der Großherzog sprach seine volle Anerkennung für den schonen Bau aus und betonte seine Befriedigung über das Erstehen einer Synagoge in Baden(-Baden), wodurch auch den Fremdeninteressen gedient sei. Auch gab der Großherzog sein Interesse für die israelitische Gemeinde der Stadt Baden(-Baden) kund, wodurch sich die hiesigen Israeliten sich hochgeehrt fühlen."
Derselbe Artikel erschien auch in der orthodox-konservativen Zeitschrift "Der Israelit":   
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Februar 1899: "Baden. Wie berichtet wird, hat sich der Großherzog von Baden während seiner Anwesenheit hier auch lebhaft für das Fortschreiten des Synagogenbaues, den er wiederholt besichtigte, interessiert. Vor der Abreise wurde der Synagogenrat zur Audienz befohlen, um die Abschrift der Urkunde, welche anlässlich der Grundsteinlegung eingemauert wurde, zu überreichen. Der Großherzog sprach seine volle Anerkennung für den schönen Bau aus und betonte seine Befriedigung über das Erstehen einer Synagoge in Baden, wodurch auch den Fremdeninteressen gedient sei. Auch gab der Großherzog sein Interesse für die israelitische Gemeinde der Stadt Baden kund, wodurch die hiesigen Israeliten sich hoch geehrt fühlen."

Die örtliche Presse registrierte sehr wohlwollend, dass die Synagoge wie ein Kirchenbau wirkte mit ihrem romanischen Rundbogenportal, dem kreuzförmigen Grundriss mit Querhaus und den zwei Treppentürmen, die mit spitzen Turmhelmen gedeckt waren. Das Badener Tagblatt schrieb am 18. August 1899: "Professor Levy folgte einer glücklichen Idee, indem er für die hiesige Synagoge nicht den sonst für derartige Bauten beliebten, aber exotischen maurischen Stil, sondern einen einheimischen, kernigen deutschen Stil gewählt hat, wie ihn die großen rheinischen Dome, z.B. in Speyer, Worms und Mainz zeigen."  
       
Am 16. August 1899 fand die Einweihung der Synagoge statt. Sie war mit Flaggen in den deutschen und badischen Farben geschmückt. Der Platz vor dem Gebäude war durch eine Menge von Pflanzen wie in einen Garten verwandelt. An den Festlichkeiten nahmen auch zahlreiche nichtjüdische Bürger regen Anteil. Bezirksrabbiner Dr. Mayer aus Bühl hielt die Festpredigt.. Wie sehr sich die Baden-Badener Juden ihrer Heimatstadt und dem badischen Herrscherhaus verbunden fühlten, kommt in der Rede des Synagogenrats Julius Mayer zum Ausdruck: Er nahm die Einweihungsfeierlichkeiten zum Anlass, um "Seiner Königlichen Hoheit Treue zu geloben zu Kaiser und Reich, Fürst und Vaterland und das Gelöbnis zu erneuern, Gut und Blut zu opfern, wenn das Vaterland es verlangt." Dem Großherzog wurde anlässlich der Einweihung ein Dankestelegramm geschickt.      
  
Die Einweihung der Synagoge am 25. August 1899   

BadenBaden AZJ 25081899.jpg (179726 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 25.8.1899:  "Baden-Baden, 16. August. Die hiesige Synagoge, zu der am 20. Juli vorigen Jahres der Grundstein gelegt wurde, ist heute Nachmittag 1/2 5 Uhr in Anwesenheit eines eingeladenen Publikums feierlich eingeweiht worden. Das Gotteshaus erhebt sich in freier, erhöhter Lage an der Ecke der Stephanien- und Scheibenstraße und ist von dem Karlsruhe Kunstgewerbeschulprofessor Ludwig Levi in romanischem Stil erbaut. Als Material gelangte weißer Mürgthal-Sandstein zur Verwendung. Der Bau bildet mit seinen edlen architektonischen Formen eine Zierde der Stadt und macht auch in seiner inneren Ausstattung einen sehr würdigen Eindruck. Zur Geschichte der israelitischen Gemeinde in Baden-Baden mag kurz erwähnt sein, dass erst seit 1863 hier Juden wohnen, und dass heute die Gemeinde 53 Mitglieder und 190 Seelen zählt. Bei der Einweihungsfeier war der von Fahnenmasten umsäumte Platz rings um die Synagoge durch Topfpflanzen in einen Blumenhain verwandelt. Der Großherzog von baden ließ sich durch den Geheimen Regierungsrat Haape vertreten; außerdem waren Oberbürgermeister Gönner und Bürgermeister Fieser mit zahlreichen Mitgliedern des Stadtrats, Vertreter sämtlicher Behörden und ein großes Publikum aus allen Kreisen der Bevölkerung erschienen. Professor Levi übergab den Schlüssel des Gebäudes dem Vorstand der israelitischen Gemeinde, Julius Mayer, dieser überreichte ihn dem Geheimen Regierungsrat Haape, der die Glückwünsche des Großherzogs aussprach und die Pforten öffnen ließ. Bei der darauf folgenden religiösen Feier hielt Bezirksrabbiner Dr. Mayer die Festpredigt, die allerseits einen erhebenden Eindruck hervorgerufen hat. Mit einem Weihelied wurde die Feier beendet. Abends war in der städtischen Turn- und Festhalle ein gemeinsames Mahl. Hier begrüßte Rechtsanwalt Dr. Herrmann die Anwesenden und brachte ein Hoch auf sämtliche anwesenden Gäste aus. Kaufmann Julius Mayer, der Vorstand der hiesigen israelitischen Gemeinde, sprach Herrn Professor Levi seinen Dank für den schönen Bau aus, dankte den städtischen und Staatsbehörden für ihr Wohlwollen und gedachte ganz besonders der Güte, mit der der Großherzog die Bestrebungen der israelitischen Gemeinde unterstützt hat. Sein Hoch galt dem Großherzog, der Frau Großherzogin und dem gesamten großherzoglichen Hause. Weitere Trinksprüche wurden ausgebracht von den Herren Homburger-Karlsruhe, Mitglied des Oberrats der Israeliten, Dr. Levin-Freiburg, Ettlinger-Mannheim, Bezirksrabbiner Dr. Mayer-Bühl u.a. An den Großherzog wurde ein Huldigungstelegramm gesandt. Ein Tanzvergnügen bildete den Schluss der schönen Feier. Möge das neue Gotteshaus der israelitischen Gemeinde Glück und Segen bringen."    

Trotz der im Blick auf den Baustil der Synagoge offenkundigen Assimilation der Gemeinde wurde der Gottesdienst nach orthodoxem Ritus gefeiert. Mit Rücksicht auf strenggläubige Kurgäste verzichtete man auf Instrumentalmusik (Orgel, Harmonium) und Frauengesang in der Synagoge. Lediglich für die Hohen Feiertage studierte der Kantor gelegentlich einen Jungenchor ein. Selbstverständlich saßen die Frauen nach der Tradition auf den Frauenemporen, die über die beiden Treppentürme am Eingang des Gotteshauses erreichbar waren. Neben der Synagoge befand sich das jüdische Gemeindehaus. Auch von auswärtigen Kurgästen wurde manches für die Synagoge gestiftet, wo von Max Jonas Meyer berichtet wird, der dafür zum Ehrenmitglied der jüdischen Gemeinde in Baden-Baden ernannt wurde:

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. April 1931: "Regensburg, 14. April. Vor Jahresfrist wurde in Darmstadt ein Mann zu Grabe getragen, dessen Verdienste in diesen Zeilen eine kurze Würdigung erfahren sollen:
Max Jonas Mayer ließ in der Synagoge der Gemeinde Alsbach (Hessen), seiner frommen Gesinnung gemäß, an der Frauenschule ein Gitter anbringen und stiftete dazu noch ein prächtiges Parochet (Vorhang vor dem Toraschrein). In Baden-Baden, wo er des öfteren zur Erholung weilte, schenkte er dem dortigen Gotteshause mehrere wertvolle Kultusgegenstände. Beide Gemeinden ernannten ihn zu ihrem Ehrenmitglied..."         

       
Die Ausschreitungen beim Pogrom am 10. November 1938 gestalteten sich in Baden-Baden in besonders brutaler Weise. Das Pogrom wurde hier wesentlich von der örtlichen SS durchgeführt. Am Morgen des 10. November wurde bereits um 3 Uhr morgens die Synagoge "nach Waffen durchgesucht". Um 8 Uhr raubte die Gestapo die Kultgegenstände; dann wurden etwa 80 jüdische Männer verhaftet und zur Polizei in der Gernsbacher Strasse gebracht. Sie erhielten den Befehl, sich zu einem Zug durch die Innenstadt zu formieren. Nach einem zweistündigen Marsch, begleitet von SS-Leuten, erreichte der Zug gegen 12 Uhr die Synagoge, wo sich eine große Menschenmenge versammelt hatte. Viele der Männer wurden vor dem Betreten der Synagoge misshandelt, angespuckt und geschlagen. In der Synagoge mussten sich die Männer Schmähreden von SS-Führern anhören. Der jüdische Lehrer Arthur Flehinger wurde gezwungen, aus Hitlers "Mein Kampf" vorzulesen. Man verlangte von den jüdischen Männern, das "Horst-Wessel-Lied" einzuüben und sich ohne Kopfbedeckung in der Synagoge aufzuhalten. Sie wurden gezwungen, Freiübungen zu machen und anschließend ihre Notdurft auf dem Hof der Synagoge zu verrichten. Um 14 Uhr führte man die Männer aus der Synagoge in das nahe gelegene jüdische Hotel Central (Stephanienstrasse 2). Kurz nachdem die Juden die Synagoge verlassen haben, wurde von SS-Leuten und möglicherweise auch von Mitgliedern der Gestapo mit Benzin Feuer in der Synagoge gelegt. Ein Teil der Kultgegenstände war schon am Vormittag aus der Synagoge getragen und bei der Dienststelle der Gestapo deponiert worden. Die Synagoge brannte völlig aus. In den folgenden Wochen wurde sie abgebrochen. Die Kosten für den Abbruch (ca. 9.000 RM) musste die Israelitische Gemeinde bezahlen. Dieser Betrag wurde schließlich mit dem Verkauf des Grundstücks, bei dem 1.000 RM erzielt wurden, verrechnet. 
      
Das Grundstück der Synagoge blieb nach 1945 unbebaut und wurde als Parkanlage, später als Parkplatz verwendet. Ein Ged enkstein für die Synagoge befindet sich im jüdischen Friedhof im Stadtteil Lichtental. Auch am ehemaligen Synagogenplatz wurde vor wenigen Jahren ein Gedenkstein aufgestellt.  
      
      
      
Fotos / Pläne 
Historische Fotos / Pläne: 
Anmerkung: Die Ereignisse am 10. November 1938 in Baden-Baden haben durch die vorhandenen Bilddokumente eine größere "Popularität" erhalten als die Ereignisse in anderen Städten. Die Fotos wurden bislang in zahlreichen Publikationen veröffentlicht. Originale der Fotos (insbesondere Zug der jüdischen Männer durch Baden-Baden), von denen unten nur ein Teil aufgenommen wurden, befinden sich in den Stadtgeschichtlichen Sammlungen Baden-Baden, vgl. Schindler s. Lit.).   

BadenBaden Synagoge 004.jpg (86353 Byte) 
BadenBaden Synagoge 003.jpg (84863 Byte)  BadenBaden Synagoge 001.jpg (42512 Byte) 
Entwurf des Architekten Ludwig Levy 
für die Synagoge in Baden-Baden:
 Frontansicht
Dass.: Seitenansicht (Quelle: 
Schindler s. Lit. S. 40-41; 
Bauamt Stadt Baden-Baden)
Die Synagoge Baden-Baden
(Quelle: Hundsnurscher/Taddey 
s. Lit. Abb. 9)
     
Postkarten mit der Synagoge Baden-Baden    
Baden-Baden Synagoge 140.jpg (85201 Byte)  BadenBaden Synagoge 017.jpg (264410 Byte)   Baden-Baden Synagoge 141.jpg (89290 Byte)   
 (in hoher Auflösung eingestellt,
Quelle: Sammlung Hahn)
 (Oben Karte wie links, nicht koloriert, gelaufen 1912; Quelle für beide Karten oben: William L. Gross, Tel. Aviv, Israel;
erhalten über www.synagogen.info
     
Baden-Baden Synagoge 236.jpg (76310 Byte) Baden-Baden Synagoge 235.jpg (72689 Byte) Baden-Baden Synagoge 173.jpg (70289 Byte)
Oben (farbig) und unten (ähnliche Perspektive schwarz-weiß)
Blick über Baden-Baden mit der Synagoge im Vordergrund (siehe Ausschnitt) 
auf einer 1926 geschriebenen Ansichtskarte (Quelle: Sammlung Hahn)
  
Rechts: Artikel aus dem Badischen Tagblatt Nr. 51 vom 2. März 2006 über das 
Aquarell des Buchbinders Paul Mohr (1892-1950) aus dem Jahr 1933. Das Foto 
befindet sich seit 2006 im Stadtmuseum Baden-Baden.
      Baden-Baden Synagoge 1301.jpg (571022 Byte)  Baden-Baden Synagoge 1301a.jpg (67592 Byte)         
        
        
 Die Ereignisse am
10. November 1938
in Baden-Baden
BadenBaden Synagoge 015.jpg (66151 Byte)  BadenBaden Synagoge 050.jpg (24902 Byte) 
  Gymnasialprofessor Flehinger muss in 
der Synagoge Abschnitte aus Hitlers 
"Mein Kampf" vorlesen
Zug der jüdischen Männer 
durch Baden-Baden
   
     
BadenBaden Synagoge 013.jpg (127191 Byte)  BadenBaden Synagoge 014.jpg (86010 Byte)  BadenBaden Synagoge 011.jpg (33196 Byte) 
Zug der jüdischen Männer durch Baden-Baden  Brand der Synagoge - Außen- und Innenaufnahme  
     
BadenBaden Synagoge 012.jpg (29654 Byte)  BadenBaden Synagoge 020.jpg (18752 Byte)  BadenBaden Synagoge 010.jpg (35039 Byte) 
Kolorierte Darstellung 
(Quelle) 
Briefmarke der deutschen Bundespost 
1988 mit der brennenden Synagoge 
Baden-Baden 
Gedenkbrief Jad Vashem zum 
Gedenken an die Pogromnacht 1938 
        

   
   
Fotos nach 1945/Gegenwart:  

Fotos um 1985  
(Fotos: Hahn) 

BadenBaden Friedhof06.jpg (112647 Byte)  BadenBaden Friedhof03.jpg (114364 Byte)  
  Gedenkstein für die zerstörte Synagoge 
im jüdischen Friedhof in Baden-Baden
In den Gedenkstein sind Bodenplatten 
aus der zerstörten Synagoge eingearbeitet
     

Fotos 2003/04:
(Foto: Hahn, Aufnahmedatum: 2.9.2003* bzw. 5.8.2004)

Baden-Baden Synagoge 510.jpg (83018 Byte) Baden-Baden Synagoge 340.jpg (68751 Byte) Baden-Baden Synagoge 511.jpg (75266 Byte)
Das Grundstück der ehemaligen Synagoge; auf Fotos rechts ist in der 
Mitte der Gedenkstein zu sehen
Der Gedenkstein für die 
zerstörte Synagoge
   
  BadenBaden Friedhof 155.jpg (76858 Byte)  
  Gedenkstein für die zerstörte Synagoge im jüdischen Friedhof in Baden-Baden* (rechts von 2021)  
     

Fotos 2021:
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 31.5.2021)   

   
   Das Grundstück der ehemaligen Synagoge mit dem Gedenkstein   
     
     
Denkmal für die "Opfer der Judenverfolgung"
(Foto: S. Frohwein, Aufnahme vom 23.5.2020)
   
     
Das Denkmal befindet sich seit 1988 im Bäderviertel am Willy-Brandt-Platz. Inschrift: "Zum Gedenken an die Opfer der Judenverfolgung des 3. Reiches. Unsere jüdischen Mitbürger wurden am 10. November 1938 am Ende der Reichskristallnacht im Hof des Polizeigebäudes (Sofienstraße 40) zusammengetrieben und mussten anschließend die Schändung ihrer heiligen Schriften und die Zerstörung ihrer Synagoge an der Stefanienstrasse erleben. Es fand sich niemand, der diesem Geschehen Einhalt geboren hätte. Stadt Baden-Baden 10.11.1988. Das Geheimnis der Versöhnung liegt in der Erinnerung".   
     

   
   
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte  

Dezember 2014: Ausstellung über "Stolpersteine" im Stadtmuseum    
Artikel in Baden TV vom 31. Dezember 2014: "Stolperstein-Ausstellung im Stadtmuseum verlängert
Baden-Baden (pm) Gedenken und Erinnern liegt den Menschen am Herzen – das beweist die momentane Sonderschau zu den Stolpersteinen Baden-Badens, die auf großes Interesse bei Jung und Alt stößt. Deshalb hat sich das Stadtmuseum entschlossen, die Sonderausstellung 'Weil eine Zahl keinen Namen hat. Ein Stein. Ein Mensch. Eine Stimme – Stolpersteine in Baden-Baden' bis 12. April 2015 zu verlängern.
Die Ausstellung erzählt von 18 Menschen, die Nachbarn waren und das Leben der Stadt prägten, bevor sie Opfer eines Willkürstaates wurden. In Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg und SWR2 gibt die Ausstellung den Verfolgten des NS-Regimes aus Baden-Baden eine Stimme. Neben ganz persönlichen Gegenständen, die den Verfolgten am Herzen lagen oder eine zentrale Erfahrung ihres Lebens dokumentieren, wird die Schau durch kurze Hörproben, durch 'Stolpersteine zum Hören', ergänzt.
Es ist eine Ausstellung zum Mitmachen: Besucher des Stadtmuseums sind eingeladen, sich mit eigenen Beiträgen an dem gemeinsamen Erinnerungsbuch 'Unerzählte Geschichten' zu beteiligen und ihre Gedanken an die Jahre zwischen 1933 und 1945 oder die der Groß- und Urgroßeltern zu notieren. Außerdem sind sie aufgerufen, eine Pinnwand innerhalb der Ausstellung mitzugestalten: 'Mit welchen Augen sah Ihre Familie Baden-Baden zwischen 1933 und 1945?" 
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Juni 2019: Rabbiner Surovtsev schreibt einen Stadtführer zur jüdischen Geschichte der Stadt
Artikel von Michael Rudolphi in den "Badischen Neuesten Nachrichten" vom 7. Juni 2019: "Rabbiner schreibt Stadtführer. Jüdische Geschichte ist in Baden-Baden präsent
Daniel Naftoli Surovtsev ist ein weltoffener Mann. Von Abkapselung oder gar Abschottung hält der Rabbiner gar nichts. Das beherzigt er auch in seiner Arbeit für die Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) Baden-Baden, die er seit gut zweieinhalb Jahren betreut. Surovtsev versucht, die etwa 700 Mitglieder umfassende Jüdische Gemeinde Zug um Zug zu öffnen und in die Öffentlichkeit der Bäderstadt zu integrieren.
Offenheit ist ein wichtiges Anliegen. Ob Spielgruppe für Kinder, Teilnahme an der Interkulturellen Woche oder Feiern wie das Laubhüttenfest – für den jungen Rabbiner haben die jüdische Kultur und Tradition einen festen Platz im städtischen Leben. Dazu gehört für Surovtsev ebenso, die jüdische Vergangenheit der Bäderstadt wieder stärker ins Bewusstsein zu rücken. Seine frisch publizierte Broschüre soll dazu beitragen: 'Jüdische Spuren in Baden-Baden. Der besondere Stadtführer' hat der Rabbiner das Heft betitelt, mit dem er in die Geschichte eintaucht.
Amerikanischer Student ist ein Ideengeber. 'Ein amerikanischer Student hat mich auf die Idee gebracht', verrät Surovtsev im BNN-Gespräch. Der junge Mann sei bei ihm zu Gast gewesen und habe erzählt, dass er an einer Dissertation über die Historie jüdischer Hoteliers und Gastronomen arbeite. Ein weiterer Zufall hat Surovtsevs Idee befeuert: Im Bestand der Synagogen-Bibliothek hat er ein altes Gebetsbuch entdeckt, in dem sich der Stempel eines Baden-Badener Hotels befindet, das Anfang des 20. Jahrhunderts damit für die koscheren Mahlzeiten auf der Speisekarte warb.
Der Rabbiner wird in Archiven fündig. Mit seiner Broschüre wollte Surovtsev zudem einen Beitrag zum zehnjährigen Bestehen des Rabbinerseminars zu Berlin leisten, an dem er seine Ausbildung absolviert hat. Der Rabbiner fing an zu recherchieren und wurde schnell fündig. In Archiven und Büchern wie etwa Angelika Schindlers 'Der verbrannte Traum' gibt es zahlreiche Hinweise auf ein früher reiches jüdischen Leben in Baden-Baden.
Die Broschüre listet 15 Stationen auf, die in einem Stadtplan markiert sind und Zeugnis geben von der jüdischen Vergangenheit.
Hotels boten koschere Mahlzeiten an. Surovtsev weist darauf hin, dass in der Stadt nicht nur viele jüdische Bürger gelebt haben, sondern das Oostal auch eine beliebte Destination für jüdische Gäste aus aller Welt war. Demnach zählte Baden-Baden seit Mitte des 19. Jahrhunderts zu den drei europäischen Top-Zielen dieser Reisegäste – unter anderem weil mehrere Hotels und Restaurants auf jüdische Besucher spezialisiert waren und koschere Mahlzeiten anboten.
Die zerstörte Synagoge steht im Fokus. Dreh- und Angelpunkt des 'besonderen Stadtführers' ist die ehemalige Synagoge, die die Jüdische Gemeinde 1899 in der Stephanienstraße 5 errichtet hat. SS-Leute brannten das Gotteshaus in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 nieder. Heute erinnert ein Gedenkstein an die zerstörte Synagoge.
Prominente jüdische Hotels waren beispielsweise das 'Central', Stephanienstraße 1, und das 'Tannhäuser' am Sonnenplatz. Sie galten als die traditionsreichsten und renommiertesten jüdischen Hotels in der Stadt. Jüdische Bürger bereicherten zudem das wirtschaftliche Leben der Stadt.
Leseinstitut prägte das kulturelle Leben. In der Sophienstraße führten sie einige Geschäfte. Die heutige alte Hof-Apotheke in der Lange Straße gehörte früher Julius Wohl, Mitglied der Jüdischen Gemeinde, und das Gebäude des heutigen Modehauses Wagener beherbergte früher das Kaufhaus Lipsky. Eine wichtige Rolle im jüdischen Kulturlebens spielte das Leseinstitut, das Dawid Rafael Marx im Konversationshaus (heute Kurhaus) etabliert hatte: Es war ein beliebter Treffpunkt des intellektuellen Publikums.
Die Broschüre 'Jüdische Spuren in Baden-Baden. Der besondere Stadtführer' von Rabbiner Daniel Naftoli Surovtsev ist in einer Auflage von 300 Stück erschienen. Das Heft ist bei der Israelitischen Kultusgemeinde Baden-Baden, Sophienstraße 2, erhältlich. Bis jetzt liegt er noch nicht an öffentlichen Stellen aus.
Auf Wunsch bietet der Rabbiner Führungen zu den Stationen seines Stadtführers an. Kontakt per E-Mail:  rabbiner@ikg-bad-bad.de".
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Februar 2020: Zur Diskussion um eine künftige Synagoge und die Erinnerungskultur in der Stadt 
Leserbrief von Gertrud Mayer in goodnews4.de vom 3. Februar 2020, in dem es unter anderem heißt: "...In der Werderstr. 24 war das Israelische Erholungsheim für Frauen und Mädchen. Das leitende Ehepaar Lina geb. Katz und Ludwig Geismar wurden abgeholt und umgebracht. Die Familie Fried: Hans und Johanna, Anna und Emil, Frieda und Sigmund, Marianne, Dr. Eugen und Clara Baer wurden als Juden erst enteignet, dann nach Gurs in Frankreich deportiert. Hans Fried wurde nach Auschwitz gebracht und ermordet. Ihre Wohnung war die Villa Roosevelt, Kaiser-Wilhelm-Str. 1, seit Beginn der 1940er Jahre Hauptquartier der Baden-Badener Gestapo. Da gibt es hier und heute eine besondere Nachbarschaft, quasi einen Sprung auf die andere Straßenseite zur Werderstr. 2: den Platz der jüdischen Synagoge als Notbehelf, vermietet von der Bäder- und Kurverwaltung Baden-Württemberg. Die Synagoge soll einen neuen, würdigen Standort bekommen – an der Fürstenbergallee. Diese Idee ist an Geschmacklosigkeit und seelischer Kälte nicht mehr zu überbieten. Die Baden-Badener Juden führte der Transportweg nach Dachau durch diese Straße. Wo gehört nun die neue, wiedererbaute Synagoge hin? Auf ihren angestammten Platz in der Stephanienstr. 5! Dort stand sie, bevor sie niedergebrannt wurde, auch von der SS in Zivil. Die Verlegerfamilie Hambruch-Ertl-Piesker-Richters beharrt bisher auf dem Besitz des Grundstückes, dessen Erwerb rechtlich dubios ist und schändlich als Parkplatz für die Zeitungsmitarbeiter genutzt wird..."  
Link zu diesem Leserbrief  
 
März 2020: Zehnte Verlegung von "Stolpersteinen" in Baden-Baden 
Artikel in Badenonline vom 26. Februar 2020: "Gunter Demnig kommt mit Stolpersteinen nach Baden-Baden.
In diesem Fall tut es mal gut, wenn einem Steine in den Weg gestellt werden. Künstler Gunter Demnig kommt am 4. März zum zehnten Mal zu einer Verlegung von „Stolpersteinen“ nach Baden-Baden. In Deutschland und vielen anderen Ländern Europas erinnern seit den 1990er Jahren sogenannte Stolpersteine an die Opfer der Nazidiktatur. Inzwischen hat Demnig über 75.000 dieser kleinen Mahnmale verlegt..." 
Link zum Artikel  

   
     

Links und Literatur

Links:  

bulletWebsite der Stadt Baden-Baden 
bulletWebsite der Israelitischen Kultusgemeinde Baden-Baden  
bullet Kurzvorstellung der Gemeinde Baden-Baden bei jgm-net  
bulletZur Seite über den jüdischen Friedhof in Baden-Baden (interner Link) 
bullet"Hörstolpersteine" aus Baden-Baden in der Website von SWR 2    
bulletJüdische Geschichte in Baden-Baden und einzelne Beiträge zu ganz Baden auf der Homepage www.bad-bad.de
Pogrom 1938 in Baden-Baden 

Synagoge Baden-Baden
Kurt Bürkle, Nazi-Bürgermeister
Jüdischer Friedhof in Baden-Baden
Zwangsarbeiter in Baden-Baden
Die Gestapo in Baden
Die Geschichte der Juden in Baden
Jüdische Gemeinden in Baden
Gedenkstätten in Baden-Württemberg
Rudolf Höß, Kommandant von Auschwitz  

Literatur:   

bulletFranz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden. 1968. S. 37ff.
bulletOskar Stiefvater: Geschichte und Schicksal der Juden im Landkreis Rastatt, in: Um Rhein und Murg 5 (1965) S. 42-83.
bulletGerhard L. Durlacher: Ertrinken. Eine Kindheit im Dritten Reich. Europäische Verlagsanstalt. Hamburg. 1993.  (Der Autor wuchs als Kind jüdischer Eltern in Baden-Baden auf. 1937 ging die Familie nach Holland... Der Verfasser erhielt den Anne-Frank-Preis und den holländischen AKO-Literaturpreis). Buchbesprechung
bulletBadenBaden Buch 01.jpg (86472 Byte)Angelika Schindler: Der verbrannte Traum. Jüdische Bürger und Gäste in Baden-Baden. Bühl 1992. (mit weiteren Literaturangaben).
bulletJoseph Walk (Hrsg.): Württemberg - Hohenzollern - Baden. Reihe: Pinkas Hakehillot. Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust (hebräisch). Yad Vashem Jerusalem 1986. S. 254-258.  
bulletsynagogenbuch-1.jpg (32869 Byte)Joachim Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt, Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial, Jerusalem. Stuttgart 2007.   
bulletMohr Lit 020.jpg (18107 Byte)Günther Mohr: "Neben, mit Undt bey Catholischen*. Jüdische Lebenswelten in der Markgrafschaft Baden-Baden 1648-1771. Böhlau-Verlag Köln u.a. 2011. 248 Seiten. ISBN 13: 978-3412207397.  Website des Verlags  mit Informationsseite zur Publikation   
Die Studie widmet sich den Lebensmöglichkeiten von Juden und Jüdinnen in der katholisch geprägten Markgrafschaft Baden-Baden und damit Fragen der ländlichen Gesellschaft und Kultur in Südwestdeutschland. Es entsteht ein neues Bild des Landjudentums in seinen vielfältigen Kontakten zur christlichen Nachbarschaft und mit einem überraschenden Selbstbewusstsein. Das Buch analysiert u.a. die Aufnahme der Juden in den Schutz, die wirtschaftlichen Aktivitäten von Juden und Christen, ihr spannungsreiches Verhältnis ­zueinander, innerjüdische Verhältnisse sowie Fragen der jüdischen Religion. Dabei stehen immer die ­wechselvollen Schicksale einzelner Protagonisten im Vordergrund. 
bulletSynagogen Lit 201305.jpg (108213 Byte)Christiane Twiehaus: Synagogen im Großherzogtum Baden (1806-1918). Eine Untersuchung zu ihrer Rezeption in den öffentlichen Medien. Rehe: Schriften der Hochschule für jüdische Studien Heidelberg. Universitätsverlag Winter Heidelberg 2012. 
Zum Betsaal und zur Synagoge in Baden-Baden S. 175-192.  

    
     


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Baden-Baden  Baden. Jews were already visiting the local mineral springs in the 17th century, but permanent residence was only permitted in 1862 after the emancipation of Baden Jews. The community grew rapidly to 156 in 1895 and 435 in 1925 (total 25,692). A splendid synagogue in the Romanesque style was completed in 1898 and a cemetery was consecrated in 1921. The national convention of Agadat Israel was held in Baden-Baden in 1921 and most of the Jewish organizations in Germany had offices there. Antisemitism intensified after Worldwar I, often driving away Jewish vacationers and reducing the Jewish population to 260 in 1933. In 1937 health facilities and public parks were closed to the Jews. The Zionist Organization engaged in widespread activity throughout this period. Sixty-five Jews left Baden-Baden between 1933-38, including 27 to Western Europe. On Kristallnacht (9-10 November 1938), around 80 Jewish men were brought to the synagogue and one was forced to read from Mein Kampf. Most were then sent to the Dachau concentration camp after being beaten. The synagogue was burned and Jewish stores and homes were pillaged. In all, 154 Jews left the city by 1942. Of these, 46 were later trapped and deported, as were the 114 sent to the Gurs concentration camp in southern France directly from the city on 22 October 1940. 
    
The community was reestablished after the war and numbered 53 in 1976.  
      
        

                   
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Stand: 30. Juni 2020