Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Zur Seite über die jüdische Geschichte in Bad Wimpfen
  

   
Bad Wimpfen (Kreis Heilbronn) 
Ritterstiftskirche der Benediktinerabtei
Antijüdische Darstellungen: "Ecclesia und Synagoga" sowie die "Judensau"

Übersicht:  

bulletZur Geschichte der Ritterstiftskirche  
bulletErklärung zu der Darstellung einer "Judensau"    
bulletFotos / Darstellungen 
bulletLinks und Literatur   

   

Zur Geschichte der Ritterstiftskirche             
    
Die Kirche des ehemaligen Ritterstiftes St. Peter stammt aus drei Bauperioden. Das Westwerk ist ein letzter Rest einer romanischen Zentralkirche aus dem 10. Jh. In der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts wurde mit dem Bau einer gotischen Kirche begonnen. Sie konnte erst im Laufe des 15. Jahrhunderts vollendet werden. An die Kirche wurde, ebenfalls in drei verschiedenen Abschnitten, ein gotischer Kreuzgang angebaut, der vermutlich breiteste gotische Kreuzgang der Welt.   
   
   
Erklärung zu der Darstellung einer "Judensau"    
      
Bei den Darstellungen einer "Judensau" handelte es sich um obszöne Spottdarstellungen, die erstmals im Mittelalter vor allem an Kirchen, aber auch an anderen Gebäuden angebracht waren. Zu sehen sind bei solchen Darstellungen Juden, die wie Ferkel an den Zitzen eines Mutterschweines gierig Milch saugen oder sich am After des Schweines zu schaffen machen. Dass es sich um Juden handelt, ist leicht an ihren damaligen Kennzeichen zu sehen, dem "Judenring" auf der Kleidung oder dem trichterförmigen "Judenhut". Die bekannteste "Judensau"-Darstellung findet sich an der Schlosskirche von Wittenberg. Von ihr liegt auch eine Beschreibung Martin Luthers vor, in der auch er die jüdische Religion verhöhnt. 
     
Durch das "Judensau"-Motiv wurden Juden und ihre Religion in übelster Weise beleidigt und verletzt. Denn das Schwein gilt für Juden ein unreines (unkoscheres) Tier, weshalb man jeden Kontakt mit diesem Tier vermeidet. Mit den Bildern wird Juden Sodomie, Verkehrtheit des Glaubens, Ausschweifung und Sünde vorgeworfen. Die "Judensau" ist eines der übelsten Machwerke des christlichen Antijudaismus.
   
Erst in jüngster Zeit haben sich Kirchen in einzelnen Erklärungen von dieser Art der Darstellung ausdrücklich distanziert, u.a. die Evangelische Kirche von Berlin-Brandenburg in einer Synodalerklärung von 24. April 1990 eine Synodalerklärung zur Erneuerung des Verhältnisses der Kirche zum Judentum, in der es heißt: "In kirchlichen Kunstwerken haben vielfach antijüdische Einstellungen Ausdruck gefunden. Darauf muss bei Führungen und Verwendung von Abbildungen geachtet werden. Es geht u.a. um die bildliche Darstellung antijüdischer Legenden ("Hostienschändung" - z.B. auf den sieben Tafelbildern in Heiligengrabe), um Verwendung diffamierender Symbolik ("Judensau" - z.B. im Kreuzgang des Domes in Brandenburg/Havel und an der Stadtkirche in Wittenberg) und um antithetische Bildwerke von Kirche und Synagoge (z.B. am Dom in Magdeburg). Besonders bei Darstellungen der Passionsgeschichte werden die Feinde Jesu in Gesichtszügen und Kleidung als Juden gekennzeichnet, nicht aber Jesus und seine Jünger (z.B. auf dem Havelberger und Naumburger Lettner). Sofern die Kunstwerke an ihrer Stelle verbleiben, sollte der Betrachter durch Hinweise (auch in Form von Tafeln) auf Schuld und Betroffenheit der Kirche aufmerksam gemacht und zu neuer Sicht angeleitet werden."
  
Andere Darstellungen der "Judensau" gibt es in Erfurt (Dom), Lemgo (St. Marien), Xanten (Dom), Magdeburg (Dom), Köln (Chorgestühl im Dom und St. Severin), Uppsala (Dom), Basel (Münster), Brandenburg (älteste Darstellung; Dom), Eberswalde, Remagen (Torbogen), Metz (Kathedrale), Colmar (Münster St. Martin), Gnesen (Kathedrale), Aerschot (Notre Dame), Zerbst (Nikolaikirche), Wien. 
In Bayern gibt es sie in Heilsbronn (Münster), Cadolzburg, Regensburg (Dom), Bamberg (Dom) und an anderen Orten.  
  
Zur "Judensau" in Bad Wimpfen:  Bei der "Judensau" an der Kirche handelt es sich nicht um ein Original. Dieses wurde 1994 oder wenig später im Reichsstädtischen Museum Bad Wimpfen aufgestellt. Die jetzt an der Kirche vorhandene "Judensau" wurde um 1995 neu in Sandstein gehauen. 
Die originale "Judensau" wurde als Wasserspeier um 1270 in etwa 7,5 m Höhe an der Kirche angebracht. 
  
Eine Tafel mit nachfolgendem Text sollte 2005 an der Ritterstiftskirche angebracht werden - der Vorschlag von Wolfram P. Kastner vorgebracht, Institut für Kunst und Forschung, Website www.christliche-sauerei.de   

Hier an der Ritterstiftskirche St. Peter wurde im 13. Jahrhundert
eine Hohnskulptur, eine sog. "Judensau" angebracht.
Dargestellt wird ein Schwein, an dessen Zitzen Juden saugen.
Damit wurden Juden von Christen auf obszöne Weise herabgewürdigt und dem als unrein geltenden Tier gleich gesetzt.

Der im Christentum Jahrhunderte lang verbreitete und geschürte Hass gegen Juden führte zu Vertreibungen, zu Raub, zu Pogromen und schließlich zum Mord an den europäischen Juden durch die Nazis.
Diese Schuld ist unauslöschlich.
Wir werden stets darauf achten, dass die Würde und die Rechte
aller Menschen gleichermaßen gewahrt werden.
Wir werden uns allen Anfängen von Ausgrenzung, Entwürdigung oder Antisemitismus in diesem Land entgegenstellen.

Die katholischen Christen Bad Wimpfens, 2005. 

 
Tatsächlich umgesetzt wurde eine sehr kleine, leicht zu übersehende Tafel mit einem deutlich sachlich-harmloseren Text: 
"Seit dem 13. Jahrhundert haben sich bedauerlicherweise auch im kirchlichen Raum herabwürdigende Darstellungen von Juden in stein-gewordenen Karikaturen verbreitet. Auch hier an der Ritterstiftskirche findet sich aus der Zeit um 1270 eine solche Skulütur in Form eines Wasserspeiers. Gegen derartige Verspottungen sowie die gesamte Entwicklung eines antisemitischen Hasses hat das Zweite Vatikanische Konzil im Jahre 1965 verbindlich festgestellt: 'Im Bewusstsein des Erbes, dass die Kirche mit den Juden gemeinsam hat, beklagt die Kirche ... alle Hassausbrüche, Verfolgungen und Manifestationen des Antisemitismus, die sich zu irgendeiner Zeit und von irgendjemandem gegen die Juden gerichtet haben'. Der aufrichtige Dialog mit dem jüdischen Volk, der sich dieser Geschichte stellt, ist für die Kirche der Gegenwart und Zukunft eine herausragende und dringliche Aufgabe."  
 

    
    
Fotos  

Ansichten der 
Ritterstiftskirche 
Wimpfen Stiftskirche 101.jpg (66537 Byte) Wimpfen Stiftskirche 102.jpg (73456 Byte)
   Das Eingangsportal mit
 den Doppeltürmen 
 Teilansicht des gotischen 
Teiles der Kirche 
      
Wimpfen Ekklesia 01.jpg (30059 Byte) Wimpfen Stiftskirche 100.jpg (72396 Byte) Wimpfen Synagoga 01.jpg (29132 Byte)
"Synagoga und Ecclesia": Im Tympanon über dem Südportal der Ritterstiftskirche St. Peter finden sich als allegorische Frauengestalten die der Ekklesia und der Synagoge, letztere (rechts) als hinsinkende Frau mit einer Binde um die Auge und einer herabgefallenen Krone; Gebotstafeln entgleiten ihrer linken Hand.
   
Die "Judensau"  Wimpfen Judensau 103.jpg (67236 Byte) Wimpfen Judensau 102.jpg (58466 Byte)
       
   
    Wimpfen Judensau 101.jpg (45455 Byte) Wimpfen Judensau 100.jpg (37317 Byte)
     
 Fotos vom Mai 2021
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 13.5.2021) 
   
     
 Die Inschriftentafel (siehe oben)    

     
      

Links und Literatur

Literatur:   

bulletOliver Gußmann: Das sogenannte "Judensau"-Motiv - eine Kurzinformation. Online zugänglich
bulletWalther Bienert: Martin Luther und die Juden. Frankfurt a. M. 1982.
bulletThomas Bruinier: Die "Judensau". Zu einem Symbol des Judenhasses und seiner Geschichte. Forum Religion 4/1995, 4-15.
bulletIsaiah Shachar: The "Judensau". A Medieval Anti-Jewish Motiv and its History. London 1974. (grundlegende Untersuchung)
bulletWilfried Schouwink: Der wilde Eber in Gottes Weinberg. Zur Darstellung des Schweins in Literatur und Kunst des Mittelalters. Sigmaringen 1985.
bulletHeinz Schreckenberg: Das "Judensau"-Motiv, in: ders.: Die Juden in der Kunst Europas. Ein historischer Bildatlas. Göttingen 1996, 21 und 343-349.

Links: 

bulletUmfassende Website zu Thema "Judensau"   
bulletSeite zur jüdischen Geschichte / Synagoge in Bad Wimpfen (interner Link)  
bulletWikipedia-Artikel zur Stiftskirche St. Peter in Bad Wimpfen   
bulletWikipedia-Artikel zum Thema "Judensau"   

  
    

      

 

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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 30. Juni 2020